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Kapitel 7 – Welch’ romantischer Porno– Mittwochabend, 6. Dezember 2017

»Romantischer Porno«, schrie Belle in das Kamera-Mikrofon. »Ich sage dir, das ist die eine Nische – das wird erfolgreich werden.« Ich sprach mit Belle via Videokonversation – wie so oft. Ich nickte, während ich die Sachen fürs Wochenende zusammenpackte, denn ich fuhr zu meinem Vater. Er hatte eine Penthouse-Wohnung am Stadtrand in der Reichenbach-Allee. Eine Siedlung, in der sich kaum jemand eine Wohnung leisten konnte. Die Wohnungen waren modern, hip und ich fand sie schrecklich-schnöselig. Seine neue, jüngere Freundin Tracy fuhr darauf ab. Womöglich hatte er sich die Hütte deshalb zugelegt. Er war nie daheim – stattdessen war er immer auf Geschäftsreisen und Meetings. Das war schon damals so und sicher war das der Grund dafür, dass meine Eltern sich getrennt hatten. Doch das war gut, schließlich konnte Mama so mit ihrer besten Freundin Carla Singer zusammenziehen und sich eine eigene Katzenfarm und ein Tanzstudio anschaffen.

»Romantic Porn? Was meinst du damit?« Ich schüttelte den Kopf.

»Na, Frauenpornos. Mehr Gefühle.«

»Gefühle in Pornos?«

»Echt, Sweetheart, da hast du offensichtlich noch keine Erfahrungen. Du tummelst dich nur in der Mainstream-Pornobranche rum, hab ich recht?«

»Ich schaue mir die Clips an, die du mir schickst.« Hektisch faltete ich mein Lieblingspulli zusammen und packte ihn in die Tasche.

»Was ich meine, sind Badewannenvideos. Und Frauen, die mit stundenlanger Verführung zum Orgasmus gebracht werden. Ich spreche von Massagen und Tantra-Clips«, erklärte Belle begeistert.

»Du solltest etwas darüber schreiben. Eine Kolumne oder so«, schlug ich vor. »Oder eine Abschlussarbeit«, sagte ich und erinnerte mich selbst daran, dass ich allmählich anfangen sollte, meine Abschlussarbeit zu schreiben.

»Mal sehen«, seufzte Belle und drehte sich auf den Rücken. »Aber die Bezeichnung ›der romantische Porno‹ wird der Hit.«

»Wie kommst du darauf? Hat Mandy dich auf ein Valentinstags-Set mitgeschleppt? Die Gefühlstour?« Mandy war eine ihrer Porno-Freundinnen. Der organisatorische Teil ihres Teams.

»Schon.« Wusste ich es doch. Es war so einfach, Belle von einer Sache zu überzeugen. »Aber darum geht es nicht. Es geht um das Label. Wie findest du es?«

»Was genau?«

»Pornos mit Gefühlen. Frauenfilme, romantischer Porno. Wie findest du das?« Sie nahm eine blonde Strähne ihres Haars und spielte damit.

»Schön. Ist gut. Muss sich noch durchsetzen.«

»Oh, daran glaube ich. Weißt du, wir gehen alle sehr liebevoll miteinander um. Wie in einer großen Familie. Die Darstellerinnen werden wie Prinzessinnen behandelt und um uns wird sich gesorgt. Hinter der Kamera. Ich glaube, es ist nicht allzu schwer, dieses Feeling auch vor die Kamera zu bringen.«

»Glaubst du?« Ich musste ihre Träume infrage stellen, denn Belle neigte dazu, das naive, kleine Ding zu sein und ich wollte sie vor Enttäuschungen bewahren.

»Ich hoffe es.«

»Tust du?«

»Was die Leute sehen wollen, wird gedreht und dafür werden Ladys wie ich gebucht. Und ich möchte mehr für romantische Pornos gebucht werden.«

»Ist das überhaupt die richtige Bezeichnung?«, fragte ich und nahm mein Handy, um nach romantischen Pornos zu suchen. Doch mein Internet gab auf und ich legte das Handy beiseite.

»Klar, wie würdest du es denn sonst nennen?«, fragte Belle.

»Gib der Sache kein Label und gut ist«, riet ich ihr. »Und versuch es.«

»Was?«

»Versuch es durchzuziehen.« Ich sah in die Kamera und lächelte. »Ich glaube, du packst das. Du hast ja immer alles gepackt, was du wolltest.« Ich legte das letzte Kleidungsstück in den Koffer, warf mich aufs Bett und nahm den Laptop auf den Schoß.

»Danke, Sweetheart.« Belle sah in die Kamera und warf mir einen virtuellen Luftkuss zu. »Ach und: Hast du dir schon überlegt, wann du nach Berlin kommst?«

»Vielleicht nächstes Wochenende?«, schlug ich vor und war mir nicht einmal sicher, ob ich nächstes Wochenende Zeit hatte. Hier gab es so viele Dinge, die mich aufhielten. Meine Abschlussarbeit, zum Beispiel – und die verwirrenden Gefühle zu ihrem Bruder, die sich langsam wieder aufbauten.

Gleichzeitig wusste ich, dass ich nicht hierbleiben konnte. Die Probleme würden sich schließlich nicht in Luft auflösen und ich war im Moment nicht in der Lage, sie zu beseitigen. Hier nicht und in Berlin nicht. Vielleicht würde ich in der Lage sein, mit meinen Problemen umzugehen, wenn ich mir ein paar Tage Auszeit in Berlin gönnen würde? Ich würde einfach mal auf die Pausetaste drücken.

Da war noch eine andere Sache, die mir nicht aus dem Kopf ging: Das heiße Spielchen mit Chris. Sollte ich es Belle erzählen? Sie war doch meine beste Freundin und außerdem war Chris ihr Bruder. Es wäre merkwürdig, ihr nicht zu erzählen, dass ich mit ihrem Bruder schlief. Trotzdem traute ich mich nicht.

»Du bist so verkrampft, Minnie, what’s going on?« Sie als meine beste Freundin merkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich konnte es ihr nicht erzählen. Jedenfalls nicht heute.

»Weiß nicht.« Ich zuckte mit den Schultern. »Vielleicht sollten wir auflegen. Ich bin müde«, log ich. Dabei wollte ich nur der Situation entfliehen.

***

Wir legten auf und ich klappte meinen Laptop zu.

Romantischer Porno? Unser Gespräch hatte mich neugierig gemacht. Ich wollte wissen, was damit gemeint war, klappte mein Laptop auf und gab besagten Suchbegriff ein. Was ich fand, war nicht sonderlich überraschend: Pornos vom Feinsten oder eben auch nicht. Die bunte Welt der Pornografie präsentierte mir hier eine breite Vielfalt. Von Soft bis Hardcore, es war alles dabei. Nichts Spezifisches, aber doch ein bunter Mix aus verschiedenen Sparten. Keine Tantra-Massagen, keine Knutsch-Videos. Wenn ich Isabelle richtig verstanden hatte, ging es um Liebe. Es ging darum, den Menschen beim Liebe-Machen zuzusehen, das Sexgefühl auf dem Streifen nachzuspüren. Es ging um Authentizität und Gefühle. Das war es, was Belle wollte. Sie wollte etwas mehr Feingefühl in die Branche und Romantik in die Pornos bringen. Eine große Herausforderung.

Wie wärs mit einem Porno?, überlegte ich und verspürte sanfte Lust. Ein Kribbeln an meinen Schamlippen, das sich schließlich durch meinen gesamten Körper zog. Ich legte mich auf mein Bett und platzierte ein Kissen unter meinen Po, sodass meine Hüfte etwas höher lag als der Rest meines Körpers. Geheimtrick.

Ich zog mir meinen Slip aus und strich mein Tanktop über den Bauchnabel. Erregt streichelte ich kleine Kreise auf meinen Unterbauch und dachte an den scharfen Porno in meinem Kopf. Die Kreise näherten sich meinem Venushügel. Mit jedem Zentimeter, den ich mich hinab näherte, spürte ich das Kribbeln deutlicher. Es erfüllte mich und gab mir ein Zeichen, dass es eine richtig geile Nummer werden könnte, wenn ich mir etwas Mühe gab.

Ich dachte an Isabelles romantische Pornos und ob sie auch mal so etwas in der Art drehen würde. Ich fragte mich, wie sie sich in der Rolle einer zärtlichen Dame, die ihren Lover liebevoll verwöhnt, machen würde. Ob sie ihn mit den unschuldigsten Küssen der Welt aufheizen oder ob sie ihm sogar unter sein Shirt streicheln und seinen Körper liebkosen würde. Wenn Belles Date eine Frau wäre, wie würde sie ihr Date dann berühren? Würde sie die Führung übernehmen oder sich führen lassen? Wann wäre der Zeitpunkt, ihr unters Shirt zu gehen und ihre prallen Brüste zu ertasten, ihre weiblichen Rundungen kennenzulernen? Wenn sich einer für einen romantischen Porno eignen würde, dann wäre es sicher Isabelle. Für so einen Porno würde ich mich sogar als ihre Partnerin zur Verfügung stellen. Früher hatten wir schließlich auch erste Küsse miteinander geübt. Wir badeten zusammen, schliefen nebeneinander und ein paar Mal hatten wir auf Partys miteinander rumgeknutscht. Mit ihr auf zärtliche Art und Weise in der Kiste zu landen war ein Traum und es war meine heißeste Bi-Fantasie.

Plötzlich wollte ich nicht mehr nur allein Spaß haben. Wie wäre es, wenn ich Belle noch mal schrieb? Oder ich schrieb Chris eine heiße SMS. Er stand schließlich auf Sexting. Das habe ich vorgestern Abend herausgefunden, als ich ihm versehentlich den heißen Entwurf einer Sex-SMS geschickt hatte. Seither schrieben wir nur noch sexy miteinander – es ging wild her. Er schrieb mir, wie gern er mich ausziehen und wie gern er mich betrachten würde. Ich schrieb ihm, dass ich den letzten Sonntagmorgen mit ihm wiederholen wollte. Chris wusste, dass es Spaß war. Doch es fühlte sich verboten und gleichzeitig vertraut an. Ich mochte es und er sicher auch. Trotzdem gingen wir nicht weiter. Wir schrieben uns, wie gut wir einander fanden – mehr nicht. Jetzt würde ich einen Schritt weitergehen. Ich öffnete meine Augen und griff nach meinem Handy.

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