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Ein nicht einfacher Arztbesuch

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Dann kam der Tag, an dem er die Kastration über sich ergehen lassen musste.

Wenn ich ihn hätte fragen können, hätte er den Eingriff mit Sicherheit abgelehnt. Trotzdem haben wir ihn kastrieren lassen. Warum?

Der Arzt sagte uns, dass kastrierte Kater länger leben würden, weil sie ihrem Trieb nicht mehr unterliegen würden, der sie für Gefahren blind mache.

Da wir an einer Straße wohnten, glaubten wir, das Leben unseres Katers durch diese brutale Maßnahme besser schützen zu können.

In vielen Ländern war die Kastration selten. Dort verfuhr man so, dass man scheinbar überflüssiges Leben eliminierte.

Was ist grausamer? Das Töten kleiner Kätzchen oder die Kastration. Wie hätte er wohl auf diese Frage geantwortet?

Ich glaubte, dass er Mord und Totschlag niemals gewollt habe. Dafür hätte er wohl mit seinem Handicap leben wollen.

Nach dem Eingriff lag er oft schlafend bei uns auf der Couch. Schon bald hatte er sich dort erholt, und sehnsüchtig schritt er langsam zurück in sein Revier.

Arztbesuche mochten wir genauso wenig wie Jerry, aber leider gab es da noch einen zweiten wichtigen Termin.

Schon lange Zeit vorher erinnerten uns die auf dem Kalender markierten Tage an diese unangenehme Pflicht.

Obwohl uns die Notwendigkeit der Arztbesuche klar war, kamen wir uns doch vor wie hinterhältige Verräter, die zunächst versuchten, mit Liebesbezeugungen wie Streicheleinheiten das getäuschte Tier in die Nähe der Transportbox zu locken, um dann das nicht ganz ahnungslose Opfer mit Heimtücke und diversen Kunstgriffen durch die kleine Öffnung des Katzenkäfigs zu schleusen, wobei regelmäßig ein sanftes Nachhelfen erforderlich war, um die freiheitsliebende Seele für kurze Zeit in Gefangenschaft zu nehmen.

Die sterile, ärztliche Praxis, die unserem Jerry ja schon bekannt war, ließ Furcht in seinem Blick aufblitzen. Mit großen Augen schaute er zunächst uns hilfesuchend an und dann das mit diversen, unbekannten Gerätschaften hantierende, freundlich lächelnde Personal, das in ihm zunächst nur ein gewisses Misstrauen erweckte, bis er dann wohl die Notwendigkeit gekommen sah, sich an seine Vorfahren, die großen Raubkatzen, erinnern zu müssen, um mit drohendem Fauchen, Beißen und aller Kraft und Finesse den festen Griffen seiner vermeintlichen Peiniger zu entkommen, was ihm zum Schrecken des medizinischen Personals auch gelang.

Entspannt, dem festen Griff entkommen, alles aufmerksam musternd, so bewegte er sich über das blitzblanke, weiße Linoleum des Behandlungsraums.

Die überforderte Tierärztin schaute mich vorwurfsvoll an, obwohl ich doch eigentlich der Falsche war, also nicht gemeint sein konnte.

Sie hatte vor, ihre Angriffstaktik risikoärmer für sich und ihre Assistentin zu gestalten.

Als Halter genieße ich das Vertrauen des Tieres, meinte sie, wenn ich es ebenfalls festhielte, wäre das Setzen der Spritze problemloser; ich müsste allerdings kräftig zupacken.

Zu dritt wollten wir nun versuchen, Jerry in die Zange zu nehmen. Ich war allerdings nicht in der Lage, mehr als einen sanften Druck auf meinen Kater auszuüben, schließlich wollte ich keinen Vertrauensbruch. Ich sprach ihm gut zu, und er wartete angespannt auf das, was da auf ihn zukommen sollte. Mit einem leisen Jaulen tat er kund, dass wir ihm weh taten, als er die Nadel unter seiner Haut spürte.

Damit war unser Jerry gechippt und erfüllte alle Bedingungen, die für eine Reise ins europäische Ausland erforderlich waren.

Der Microchip, den er jetzt unter der Haut trug, enthielt einen fünfzehnstelligen Code, der in vielen Tierheimen und beim Tierarzt ausgelesen werden konnte. Unser Kater war jetzt eindeutig zu identifizieren. Er konnte nun seinem EU-Heimtierausweis und seinem Impfpass zugeordnet werden.

Das war zwingend erforderlich, denn wir wollten, was Jerry noch nicht ahnte, mit ihm in unserem Wohnmobil nach Spanien reisen. Falls er sich einmal aus dem Staub machen sollte, was wir ihm eigentlich nicht zutrauten, dann könnten wir als Halter ermittelt werden, denn das winzige Implantat, der Microchip, enthielt auch die Halterdaten.

Unser Kater Jerry

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