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Allaire, 21. Januar 1895

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Vielleicht hat es auch mit der Dreyfus-Affäre zu tun, dass Staatspräsident Casimir-Perier zurückgetreten ist. An seiner Stelle wurde bereits Monsieur Faure als Nachfolger gewählt. Ich hoffe es klingt nicht sensationslüstern, aber das Petit Journal bietet seinen Lesern erneut Einblick in die Angelegenheit Dreyfus. Es ist wie eine Kette, wenn ich die Hefte der letzten Ausgaben nebeneinanderlege. Erst der Gerichtssaal mit der Verurteilung, dann die Degradierung auf dem Kasernenhof und jetzt das Gefängnis, in dem Alfred Dreyfus auf seine Deportation wartet. Die Reise nach Guayane wird in den nächsten Wochen auf ihn zukommen. Die Hauptstadt Cayenne habe ich in meinem Atlas gefunden. Ich habe also doch nachgeschaut. Irgendwo vor der Küste Guyanes muss auch die Teufelsinsel liegen. Es wird dort nicht angenehm sein, ansonsten wäre es kein Gefängnis für Staatsverbrecher. Ich ringe mit mir. Ich überlege ernsthaft einen Brief zu schreiben, einen Brief an Lucie Dreyfus. Ich bin leider hier in Allaire auch im Exil und kann mich mit niemandem beraten, obwohl ich nicht wüsste, wer mir in dieser Angelegenheit Rat geben könnte, Mutter bestimmt nicht und Victor würde es sofort ablehnen, es mir sogar verbieten, da bin ich ganz sicher. Vielleicht hat Madame Dreyfus ja genug Beistand und würde einen Brief von einer Fremden als Belästigung empfinden. Natürlich sind wir uns fremd, kennen uns eigentlich gar nicht. Sie würde sich auch bestimmt fragen, warum mein Brief erst jetzt kommt und nicht schon im letzten Oktober gekommen ist. Nein, ich kann es nicht tun, jetzt nicht, wenn dann vielleicht in einem Jahr. Dann bin ich auch längst wieder mit Victor zusammen und wir können gemeinsam entscheiden, ob es richtig ist. Vielleicht befürwortet Victor es ja dann auch. Wenn ich den einen Brief schon nicht schreibe, dann werde ich Victor wenigstens über das berichten, was in Frankreich über die Affäre gesprochen wird.

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