Читать книгу Die 33 schönsten Flussradwege in Deutschland mit GPS-Tracks Download - Oliver Kockskämper - Страница 10

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Tour 4, Oder-Neiße-Radweg

Von Zittau nach Ueckermünde

Radweg der Sachsen, Preußen und Pommern – mit dieser Umschreibung wird der Oder-Neiße-Radweg gerne beworben. In der Tat ist unsere Radreise entlang dieser geschichtsträchtigen Flüsse ein Erlebnis der besonderen Art. Wir können auf tschechischem Boden starten, durchradeln drei Bundesländer und haben immer wieder die Möglichkeit, einen Abstecher zu unserem Nachbarland Polen zu unternehmen. Neben diesem internationalen Flair erwarten uns erlebenswerte Landschaften und sehenswerte Städte.

Flussradwege Info:

630 km, durchgehende Beschilderung.

Keine nennenswerten Steigungen. Die Route führt meist abseits des Straßenverkehrs über separate Rad- oder Feldwege, daher perfekt für Familien. Gelegentliche Passagen auf schwierigen Untergründen wie Schotter oder Sand.

Start: Zittau (km 0) oder Liberec bzw. Novo Ves

Ziel: Ahlbeck

Info: Tourismusverband Oberlausitz – Niederschlesien e.V.,

Tel.: 03591/487721

www.radwandern-oberlausitz.de

Zittau ist ein toller Ausgangspunkt für eine Radwanderung, denn die Altstadt macht so richtig Appetit auf mehr. Berühmt ist das Zittauer Fastentuch, das wir in der Kirche Zum Heiligen Kreuz finden. An der Klosterkirche sollten wir uns den sogenannten Hefftergiebel ansehen. Mehr über unseren Startort erfahren wir im Stadtmuseum, das im ehemaligen Franziskanerkloster untergebracht ist. Schon lange gibt es an der Stelle des heutigen Zittau eine Siedlung, denn einst verlief hier die Handelsroute nach Böhmen. König Ottokar II. definierte 1255 schließlich die Stadtgrenzen. Die Wehrmauer wurde einfach dort gezogen, wo er um die Stadt herum ritt. Ein Teil der Befestigungsanlage ist noch heute erhalten, so auch die Fleischerbastei von 1633. Rund um den Marktplatz stehen die schönsten Häuser, das Rathaus und der Marsbrunnen.


Blumenpracht in Zittau

Tipp: Wer´s perfekt haben möchte, beginnt die Radreise im tschechischen Isergebirge bei Nova Ves, denn hier an der Quelle der Neiße startet seit 2001 der offizielle Oder-Neiße-Radweg. Ob wir die Berg- oder die Talvariante bis Liberec wählen, ist nicht zuletzt eine Frage der Kondition.

Die Hauptattraktion von Liberec steht weit oberhalb des Ortes – aus 1.012 m Höhe winkt das ausgefallen gestaltete Hotel Jested. Im historischen Zentrum des Wintersportorts Liberec können wir uns das Rathaus, das 1583 erbaute Schloss, die Wallenstein-Häuser und die Barockkirche des Heiligen Kreuzes ansehen.



Wilde Schönheit oder schön verwildert?

Los geht´s in Zittau (oder schon in Tschechien, s.o.). Durch Hirschfelde, Ostritz und am Berzdorfer See vorbei erreichen wir Görlitz. Ludwigsdorf, Rotenburg oder Podrosche sind Orte, die nicht jedem geläufig sind. Dann doch eher Bad Muskau, Forst oder der einst aus dem Verkehrsfunk bekannte Ort Guben.

Vor gar nicht allzu langer Zeit wäre es undenkbar gewesen – heute ist es Alltag: Mit wenigen Pedaltritten können wir im Dreiländereck nach Polen oder nach Tschechien gelangen. Ist auch folgende Geschichte undenkbar? Dem Heiligen Hubertus erschien an dieser Stelle ein weißer Hirsch mit einem leuchtenden Kreuz zwischen dem Geweih. An jener Stelle, wo Hubertus den Hirsch weihte, entstand der heutige Ort Hirschfelde. Auch, dass der eiserne Vorhang fällt, war lange Zeit undenkbar! Wer sich lieber dem „Weltlichen“ widmet, sieht sich die prachtvollen Umgebindehäuser – teils mit Fachwerk – an. Dann steuern wir die evangelische Kirche oder den schmucken Marktplatz an.

Kurz vor Ostritz sehen wir uns das Klosterstift St. Marienthal an. Es wurde 1234 gegründet und ist damit das älteste Zisterzienserinnen-Kloster Deutschlands.

Ostritz zählte einst zum sogenannten „Schwarzen Dreieck“. In den 1970er bis 1990er Jahren wurde hier im Dreiländereck die Umwelt massiv zerstört. Dies lag teils an der schwefelhaltigen Braunkohle, die nach dem Abbau und der Verstromung in der Region zu saurem Regen führte. Im Rahmen der Expo 2000 wandelte sich das Bild völlig – da wurde Ostritz eine Energieökologische Modellstadt.

Der Berzdorfer See ist auch ein Zeuge des Braunkohle-Abbaus. Wo einst die mächtigen Bagger wühlten, ist ein Naherholungsgebiet entstanden. Die ersten Badegäste werden für 2011 erwartet.


Rast mit Weitblick

Die Altstadt von Görlitz ist einfach toll – sie steht zu Recht komplett unter Denkmalschutz und markiert damit das größte Flächendenkmal Deutschlands. Höhepunkte sind die Dreifaltigkeitskirche, das Heilige Grab (in üppigem Grün eingebettete Reproduktion aus dem 15.Jahruhundert der Heiligen Stätte in Jerusalem) die barocken Bürgerhäuser, die Frauenkirche und die Landskronbrauerei, in der wir an einer Führung teilnehmen können. Für das moderne, zusammenwachsende Europa steht die ebenso moderne Brücke, die Görlitz seit 2004 mit dem benachbarten Zgorzelec in Polen verbindet.

In strahlendem Weiß lacht uns die Kirche von Ludwigsdorf an, während im Ortsteil Niederludwigsdorf am Mühlengraben seit 1305 eine Wassermühle erwähnt wird.

Während sich Görlitz „östlichste Stadt Deutschlands“ nennt, schmückt sich Rothenburg mit dem Attribut „östlichste Kleinstadt“ des Landes zu sein. Ein Besuch des Heimatmuseums ist ebenso lohnenswert wie der im Park, denn zur rechten Zeit blühen hier Azaleen und Rhododendren.

Noch mal „östlichste“? Nun gut, Zentendorf zählt als die östlichste Gemeinde Deutschlands, die eigentlich „Neißeaue“ heißt.

Tipp: Ein Besuch der Kulturinsel Einsiedel (bei Zentendorf) ist Pflicht.1989 wurde auf diesem Eiland von Jürgen Bergmann „Künstlerische Holzgestaltung“ in die Praxis umgesetzt. Neben den ausgefallenen Exponaten ist vor allem der Abenteuerspielplatz eine Wucht. Veranstaltungsräume, Bühnen und Verpflegungsmöglichkeiten machen die Kulturinsel zu einem Ausflugsziel für Jung und Alt.

Einen der größten Landschaftsparks Europas können wir mit dem Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau genießen. Er wurde zu Recht zum UNESCO-Kulturerbe erklärt. Vermutlich auch nicht zuletzt, weil ein Teil des Parks auf polnischem Boden liegt. Zu verdanken haben wir das alles dem Landschaftsarchitekten Herrmann von Pückler-Muskau. Mitten in den über 830 ha Grün liegt das tolle Neue Schloss, das 1653 für Fürst Pückler am See errichtet wurde. Sehenswert sind aber auch das Alte Schloss, die Turmvilla, die Jacobuskirche und die historische Gasse mit dem Namen „Schmelze“.

Technikfans kommen in Forst wieder auf ihre Kosten. Das Brandenburgische Textilmuseum erklärt uns den Weg von der Faser bis zum fertigen Produkt. Bunt, aber eben nicht in Textil, geht es im Kräutergarten und im Rosengarten mit seinen rund 40.000 Rosenstöcken zu.

Als Perle des Barock gilt die katholische Stiftskirche St. Marien in Neuzell. Nicht weit entfernt liegt die Klosterbrauerei mit verführerisch frischem Bier.

Um die Altstadt von Guben zu entdecken, müssen wir hinüber auf die polnische Seite. Diesseits des Flusses finden wir das ausgefallene Technische Museum der Hutindustrie, das Museum in der Sprucker Mühle und das Deutsch-Slawische Kulturzentrum.

Weiter geht´s von Guben via Groß Breesen und Eisenhüttenstadt nach Frankfurt (Oder). Lebus, Groß Neuendorf und die Oderauen stehen auf dem Programm bis Schwedt.

Der Name ist Programm: Beim Örtchen Neißemünde fließt die Neiße in die Oder.

Auch bei Eisenhüttenstadt ist der Name Programm: Rund um das „Eisenhüttenkombinat Ost“ (EKO) baute die DDR die erste sozialistische Stadt. Die damalige Planstadt steht heute unter Denkmalschutz.

„Kleiststadt“ – diesen Titel darf Frankfurt (Oder) ganz offiziell führen, weil 1777 der berühmte Literat Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist hier geboren wurde. Ein Kleist-Museum erzählt mehr aus dem Leben und Wirken des umstrittenen Künstlers. Vom schicken Oderturm aus können wir die Innenstadt und den Lennépark überblicken. Dabei fällt die St. Marienkirche auf, ist sie doch die größte Hallenkirche im Stile der Backsteingotik.

Hinter Frankfurt (Oder) radeln wir durch das (!) Oderbruch, was vielen noch bekannt sein dürfte aus den Fernsehbildern zur Überschwemmung. Bruch wird von Sumpf bzw. Moor hergeleitet. In dem Gebiet mündet auch die Warthe und andere Nebenflüsse in die Oder. Aufgrund der Wassermengen ist diese Niederung seit jeher ein Überschwemmungsgebiet, was man im 18. Jahrhundert durch Trockenlegungen einzudämmen versuchte. Die feuchte Gegend ist quasi ein gedeckter Tisch für Störche, Kormorane und Reiher. Die anschließende Fahrstrecke führt durch das Naturschutzgebiet Unteres Odertal.

Der kleine Ort Stolpe verführt mit einem Herrenhaus und mit Resten der Burg Stolpe zu einem Aufenthalt. Der Bergfried ist noch bestens erhalten.

Kennen Sie schon den „Grützpott“? Nein – mit Essen hat das nicht zu tun! Es ist vielmehr der Wehrturm von Schwedt (Oder), der im 12. Jahrhundert erbaut wurde. Der Aufstieg lohnt sich, um diese herrliche Landschaft zu überblicken. Ein Tabakspeicher aus dem Jahre 1836 dient heute als Heimstatt für die Bibliothek.

Weiter geht´s von Schwedt über Gartz nach Mescherin, wo wir die Oder nach Westen hin verlassen. Penkun, Löcknitz, Blankensee und Hintersee weisen uns den Weg Richtung Neuwarper See. Von Warsin geht es parallel zur Ostseeküste nach Ueckermünde und weiter nach Ahlbeck.

Das Markenzeichen von Gartz ist die Stadtmauer, die mit Storchenturm, Stettiner Tor und Pulverturm noch bestens in Schuss ist. Sie umkreist die Altstadt mit einigen alten Ackerbürgerhäusern und dem im 13. Jahrhundert gebauten Heilig-Geist-Spital. Der Blaue Hut gehörte auch einst zur Stadtumwehrung. Dieser Wachturm war einst 23 m hoch, seit der Zerstörung im 2. Weltkrieg misst er nur noch 9 m. In nettem Fachwerk kommt der Kanonenschuppen daher, der um 1850 als Kanonenlager erbaut wurde. Inzwischen bietet er Platz für Kulturveranstaltungen.

Tipp: Warum nicht einmal das Fortbewegungsmittel wechseln? Mit dem Kanu können wir das Labyrinth der Wasserläufe im Unteren Odertal bestens erkunden. Neben völliger Abgeschiedenheit und Ruhe bekommen wir noch seltene Tierarten geboten, wie den Seeadler oder Biber.

Penkun ist eine der kleinsten Städte in Mecklenburg-Vorpommern. Dennoch gibt es eine lange Geschichte, die nicht zuletzt auch durch das Schloss bestimmt wurde. Dies wurde schon 1198 begonnen und in den folgenden Jahrhunderten mehrfach um- und angebaut. Im ehemaligen Verwalterhaus ist seit 2008 ein Museum untergebracht. Neben dem Schlosssee gibt es noch zwei weitere Seen, in denen wir uns erfrischen können.

Nach einer der kleinsten Städte nun einer der ältesten Orte des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern: Löcknitz wurde in einer bischöflichen Urkunde schon im Jahre 1212 erwähnt. Weithin sichtbar sind die Kirche bzw. deren Turm und der Bergfried der ehemaligen Burg. Ganz in der Nähe liegt der Leichensee. Der soll seinen Namen deshalb führen, weil die Raubritter der Burg ihre beraubten und erschlagenen Opfer in diesen See geworfen haben.


Beste Wege nur für uns

Nachdem wir uns im Blankensee abgekühlt oder in der örtlichen Heimatstube außergewöhnlich übernachtet haben, kommen wir zum Neuwarper See, zum Stettiner Haff und weiter zur Ostsee.

Der mit dem Prädikat „familienfreundliche Stadt“ ausgezeichnete Etappenort unserer Radreise ist Ueckermünde. Auf den Spuren der pommerschen Herzöge können wir uns ins Haffmuseum begeben und dann am Hafen die tolle Kulisse bestaunen. Großer Beliebtheit erfreut sich der Tierpark mit mehreren begehbaren Gehegen. Einer der schönsten Häfen Deutschlands ist ohne Frage die Lagunenstadt Ueckermünde, in der nicht nur maritime Herzen höher schlagen. Zum Abschluss legen wir uns an den strahlend weißen Strand und planen unsere nächste Radwanderung.

Kartentipp:

Oder-Neiße-Radweg,

ADFC-Radreiseführer 1:75.000,

Spiralbindung, ISBN 978-3-87073-644-6

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