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Ein Duell, das nicht stattfindet

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Schirach überlebte politisch auch eine weitere, selbst verschuldete Auseinandersetzung, die fast mit einem Duell geendet hätte – und das noch dazu mit einem alten Freund und Kameraden aus der Zeit der Knappenschaft in Weimar: Hans Donndorf. In der Silvesternacht 1929/30 hatte Schirach die Frau aufgesucht, die Donndorf, inzwischen SA-Mann und Angestellter der großherzoglichen Schatullenverwaltung, heiraten wollte, eine gewisse Elfriede M., und mit ihr geschlafen. Auf die heftigen Vorwürfe seines Weimarer Jugendfreundes reagierte Schirach mit einem Schreiben in zynisch-herablassendem Ton:

»Du bist scheinbar erzürnt, weil das kleine Mädchen, das Du als Madonna verehrt hast, eine höchst gewöhnliche kleine Katze ist. Daß Du diese Deine Enttäuschung so ungerecht in einen Groll gegen mich verwandelst, ist nun sehr töricht. Schließlich war es ihre Sache und Angelegenheit des Gewissens, ob sie Dir treu war oder nicht. Du warst mit ihr nicht verlobt, so war zwischen ihr und mir keine Schranke. Ich möchte nicht durch diesen Brief den Anschein erwecken, als legte ich der Episode irgendwelche tiefere Bedeutung bei. Für mich war das kleine Mädchen (ich habe sogar ihren Namen vergessen!) eine amüsante Nichtigkeit. Auch für Dich hoffe ich, daß Du so reif werden mögest, daß Du eines Tages über die ganze Angelegenheit so herzlich lachen kannst wie ich.«147

Donndorf beschimpfte Schirach daraufhin als »Judenjüngling«, dieser wiederum forderte im Gegenzug für diese Beleidigung Genugtuung durch ein Pistolenduell mit dreimaligem Kugelwechsel, das aber zwischen Parteiangehörigen verboten war. Donndorf revanchierte sich mit einem Parteigerichtsverfahren, bei dem ein weiterer alter Bekannter aus Weimar, Hans Severus Ziegler, Stellvertretender Gauleiter in Thüringen aus dem Weimarer Netzwerk, gegen Schirach aussagte. Die Beziehung zwischen den beiden war aufgrund »mancherlei Motive«, die nicht näher ausgeführt wurden, getrübt, sodass Ziegler Schirach schließlich vorwarf, seine Machtstellung in der Partei in »abwegiger Weise« zu missbrauchen.148 Letztlich musste Schirach, der gegen Donndorf noch eine »Verrufserklärung« angestrengt hatte, auf einen Vergleich eingehen, da er überdies in Parteikreisen der Feigheit beschuldigt wurde, nachdem er sich bei einer von angeblich kommunistischen Jugendlichen gestürmten Versammlung an der Universität Jena in ein Hinterzimmer geflüchtet hatte.

In der Retrospektive lassen sich alle diese Vorhaltungen und Gerüchte nicht mehr verifizieren, aber in der Dichte zeigen sie doch, dass Schirach in dieser Frühphase seiner Karriere ein selbstbewusstes und auch herrisches Auftreten hatte und einen aufwendigen Lebensstil führte – und das, obwohl er, wie er selbst 1931 in seinem SA-Führerfragebogen angab, auf »Aufwandsentschädigungen« der SA bzw. NSDAP angewiesen war. Bereits damals fuhr er immerhin einen Mercedes-Benz 8/38 – unklar ist aber, ob die viertürige Limousine oder das fünfsitzige Spezial-Cabriolet.


Das palastartige Wohnhaus des Malers Franz von Defregger in der Münchner Königinstraße 31: Die Schirachs wohnten hier ab 1932 im Parterre.

In seiner Münchner Studentenzeit wohnte Baldur von Schirach, wie erwähnt, in einer Dreizimmerwohnung bei Hugo Bruckmann, der auch Major der Reserve war, in der Leopoldstraße 10149, 1932 war er dann in der Königinstraße 31 gemeldet.150 Schirach logierte hier im Parterre des palaisartigen Wohnhauses des erfolgreichen Osttiroler Genre- und Historienmalers Franz Defregger, das der Architekt des Neuen Rathauses in München, Georg Hauberrisser, geplant hatte. Im ersten Stock hatte der Maler Carl Theodor von Piloty eine opulente Wohnung mit kleinformatigen Repliken seiner großen Museumsgemälde – wie etwa des berühmten »Seni vor der Leiche Wallensteins« –, die auch Adolf Hitler in Schirachs Wohnung bewunderte, in der sich ebenfalls Piloty-Kopien befanden. Schließlich erwarb auch der »Führer« selbst eine dieser Repliken.151

Schirach

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