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Streamen – was ist das?

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Die Signale der Fernsehsender wurden in den ersten Jahren über Antennen zu den Haushalten transportiert. Jedes Haus besaß mindestens eine davon auf dem Dach, und wer über Europas Städte blickte, sah auf einen (für uns heute) weniger schönen »Antennenwald«. Atmosphärische Störungen führten manchmal zu Ausfällen, und Pechvögeln passierte das, genau in dem Moment, als die deutsche Fußballmannschaft im Endspiel der Weltmeisterschaft gegen England in Rückstand lag.

In den 80er Jahren wurden die Signale zusätzlich durch die unter der Erde verlegten Kabel zu den Haushalten gebracht und zunehmend über Satelliten mitsamt den notwendigen Schüsseln, die meist auf dem Balkon oder am Fenster angebracht waren. Insbesondere mit dem Kabel ließen sich verhältnismäßig viele Sender übertragen. Dadurch wurde es möglich, dass private Anbieter eine Chance bekamen. Je mehr sich besonders in großen Städten die Kabel durchsetzten, um so weniger wurden die Antennen auf den Hausdächern, was dem Stadtbild nicht gerade schadete.

Diese drei Arten der Übermittlung sind heute noch aktuell, wobei allerdings über Antenne die Signale nicht mehr analog, sondern ebenfalls digital ausgestrahlt werden (das sogenannte DVB-T).

Die Daten des Internets wurden zu Beginn mittels Telefonleitungen übertragen. Ein Modem wandelte zuhause die Bits und Bytes um, sodass sie für den Computer zur Verfügung standen. Auf diesem Weg wurden die Informationen auf den Rechner heruntergeladen. Es wäre schon in den Anfangsjahren möglich gewesen, Musik auf den heimischen PC zu übertragen, denn die Lieder lagen bereits auf einer CD in digitaler Form vor. Allerdings war die Masse der Daten so groß und die Übertragungsrate so klein, dass es tagelang gedauert hätte, die neueste CD von Madonna auf den Computer zu bekommen. Erst eine Erfindung, durch die sich die Musikdaten komprimieren lassen, das sogenannte MP3, ermöglichte den Transport von Musik über das Internet. Zusätzlich stieg die Datenrate immer weiter an. Mitte der 90er Jahre dauerte es kaum mehr als fünf Minuten, einen Song herunterzuladen. Dieser wurde dann auf dem Rechner abgespielt, auch wenn er nicht mehr mit dem Netz verbunden war. 1999 machten sich das ein paar junge Studenten zunutze und bauten ein System auf, bei dem sich Nutzer die Musikdaten von den Computern anderer herunterladen konnten. Napster ermöglichte dadurch die kostenlose, aber illegale Übertragung von Musik – ein Schreckensszenario für die Plattenfirmen und die Künstler. Viele Gerichtsprozesse später gab das Unternehmen das Angebot auf. Zudem klappte der Transfer nicht immer reibungslos, und als Apple mit dem legalen iTunes Store an den Start ging, luden sich zunehmend mehr Musikfans ihre Platten auf diesem rechtlich einwandfreien Wege auf ihre Computer.

Was den Technikern mit der Musik geglückt war, gelang dann ebenfalls mit Filmen, die natürlich eine viel größere Datenmenge besaßen. Auch hier wurde ein Kompressionsformat entwickelt. Aber die Geschwindigkeit für diese Menge an Bits und Bytes war Anfang des neuen Jahrtausends immer noch nicht wirklich ausreichend. So kam eine Gnadenfrist für die Filmindustrie, die ahnte, dass gleichfalls die illegalen Verbreitungswege ihr Geschäftsmodell zerstören könnten, wenn es technisch möglich sein würde. Auch darum versuchte sie den Fehler der Musikindustrie zu vermeiden, die nicht verstanden hatte, dass die Fans ihre Lieder gerne bequem und sofort auf den Rechner haben wollten. Diese Erkenntnis der Filmindustrie führte dazu, dass Filme und Serien sehr bald legal im Netz zum Download angeboten wurden. Was natürlich Kriminelle nicht daran hinderte, trotzdem ihre Server in fernen Ländern aufzustellen, um die neuesten Blockbuster illegal zum Anschauen anzubieten.

Je schneller das Internet wurde, desto attraktiver wurde eine andere Art Filme auf dem Computer anzuschauen. Beim Streaming werden die Daten nicht auf dem Rechner gespeichert, sondern sofort, wenn sie den Empfänger erreicht haben, abgespielt. Es bedarf lediglich die Zwischenspeicherung von wenigen Daten, damit es bei schwankender Geschwindigkeit der Übertragung zu keinen Ausfällen kommt. Während beim Herunterladen der Nutzer erst einmal abwarten muss, bevor alle Informationen auf dem Computer sind, beginnt ein gestreamter Film mehr oder weniger sofort.

Das Material liegt auf den Servern der Anbieter und kann dort jederzeit abgerufen werden. So wie wir seit langer Zeit daran gewöhnt sind, dass wir den Wasserhahn aufdrehen und uns augenblicklich das kühle Nass zur Verfügung steht, können wir nun den Play-Button drücken, und der Film wird abgespielt.

Wasser und Strom waren vor zweihundert Jahren noch keine Selbstverständlichkeit. Und auch das Telefon gehörte erst ab den 60ern mehr oder weniger in jeden Haushalt. Das Radio und das Fernsehen besaßen von Anfang an diese Qualitäten. Mit dem Drücken eines Knopfes stand es uns zur Verfügung. Einmal abgesehen davon, dass zumindest das Fernsehen in der Anfangszeit nicht rund um die Uhr ausgestrahlt wurde (die Älteren werden sich an das Testbild erinnern, das das Publikum in der Nacht begrüßte), verfügte auch das lineare Programm spätestens ab den 70er Jahren die gleiche Selbstverständlichkeit, wie sie der Wasserhahn besaß. Doch das klassische Fernsehen war und ist fremdbestimmt. Zwar beeinflusst der Zuschauer, wann er den Knopf drückt, aber er kann nicht festlegen, was er zu sehen bekommt. Das Streamen gibt dem Nutzer dies sehr wichtige Element in die Hand: die eigene Entscheidung, was er wann schauen will. Dafür steht ihm der Film nur so lange zu Verfügung, wie er ein Abonnement abgeschlossen hat, denn die Daten befinden sich nicht mehr auf seinem eigenen Computer.

Die Netflix-Revolution

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