Читать книгу Das Leben läuft nicht nach Plan - Paloma Olszowka - Страница 11

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In die Zukunft schauen

„Ich zeig' dir mal mein Zimmer“, sagt Antonia, „Dann hast du einen Plan, wie es hier aussieht, falls du hier mal einziehst.“

Sie führt mich durch einen langen Gang, an dessen Ende sich ein großer Aufzug befindet. Wir fahren in die zweite Etage.

Antonias Zimmer ist wunderschön. Ich staune nicht schlecht. Ihre Eltern müssen sehr reich sein, die Möbel sehen teuer aus. Sie hat einen tollen Geschmack: die Einrichtung ist in dunklen Farben gehalten und versprüht einen geheimnisvollen Charme, was einen tollen Kontrast zur lilafarbenen Wand bildet.

In der Mitte des Raumes hängt ein Boxsack von der Decke, auf den ich spielerisch einschlage - noch nie zuvor habe ich einen Boxsack angefasst. Antonia erzählt, dass sie manchmal mit Wutanfällen zu kämpfen und mit dem Sport eine gute Methode gefunden hat, damit umzugehen. Ich traue mich nicht, weiter nachzubohren, was sie in ihrer Vergangenheit erlebt hat - irgendwann, so habe ich die Hoffnung, erzählt sie es vielleicht von sich aus. Antonia lacht beim Anblick, wie ich verzweifelt versuche, auf den Boxsack einschlagen.

„Du musst noch ein bisschen üben…“ Ganz unerwartet beginnt sie, von den Erlebnissen ihrer Kindheit zu erzählen. Sofort merke ich, wie schwer es ihr fällt.

„Weißt du, ich war schon immer etwas anders als andere Frauen. Ich habe mich immer eher als Junge gefühlt. Nicht, dass ich auf Mädchen stehe - knackig finde ich nur die Jungs.“ Sie lacht leise. „Aber ich bin nicht das typische Mädchen, das Bravo liest und jedem dahergelaufenen Typen schöne Augen macht. Ich finde, jeder Mensch sollte so akzeptiert werden, wie er ist. Ich habe es einfach nicht so mit dem Schminken. Bei den Clubtreffen mache ich das nur mit, damit ich nicht so auffalle und besser in dieser Welt Fuß fasse. Ich hoffe so sehr, dass meine Familie irgendwann akzeptiert, wie ich bin. Manchmal habe ich einfach das Verlangen, mich in einen anderen Körper zu stehlen … kennst du das Gefühl?“

Ich bin sprachlos. „Ja“, stoße ich nach einer ganzen Weile hervor. Noch nie fiel es mir so leicht, mich zu öffnen. Plötzlich erzähle ich Antonia von meinem Unfall. Bei ihr habe ich das Gefühl, dass uns ein unsichtbares Band zusammenhält. Nachdem ich ihr von allen Stolpersteinen meiner Vergangenheit berichtet habe, umarmt sie mich ganz fest.

„Du bist gut so, wie du bist: mit deinen schwarzen langen Haaren, deine schönen grünen Augen und deiner zarten Figur.“

Ich grinse. „Ja, vielleicht hast du Recht.“

Antonia knufft mich in den Arm. „Wir sollten jetzt langsam wieder runter gehen, Frau Weiss kommt sicher gleich wieder.“

Mit dem Aufzug fahren wir in die Eingangshalle.

„Solange wir warten, können wir Computer spielen“, schlägt Antonia vor. Sie führt mich in einen Computerraum und fragt, ob ich schon mal Magic Mike im Kino gesehen hätte. Ich schmunzele über beide Ohren. „Der ist ziemlich heiß, der Magic Mike! Eine richtige Augenweide … er hat einen guten Bizeps. Aber der Gaeton ist auch nicht schlecht, oder?“

Ich werde rot. „Ja, kann schon sein…“, antworte ich und wir spielen schließlich das Computerspiel.

Es dauert eine ganze Weile, bis Frau Weiss wiederkommt. Sie findet uns erst, als wir uns bemerkbar machen.

„Vielleicht bis bald…“, seufzt Antonia mir zu und drückt mich zum Abschied.

„Du bist gut so, wie du bist!“, flüstere ich. Wir tauschen schnell Telefonnummern aus. „Ich melde mich, wenn ich wieder zu Hause bin.“

Schnell drücke ich ihr noch einen Kuss auf die Wange. Sind es Tränen, die da in ihren Augenwinkeln schimmern? Vielleicht hoffe ich das auch nur. „Tschüss, bis bald…“ Ich will gar nicht von ihr loskommen. Doch meine Mutter wartet auf mich. Frau Weiss bringt mich zurück in den Raum. Mama bemerkt mich erst gar nicht, bis sie mit gerunzelter Stirn aufblickt und mich fragt: „Und, gefällt es dir hier, Schatz?“

„Ja, supi!“

Frau Weiss verabschiedet sich noch: „Franziska, ich würde mich freuen, falls du bald wiederkommst! Eine schöne Heimreise!“ Meine Mutter und Frau Weiss verabreden, am Telefon weitere Details zu besprechen.

Wir fahren zum Aufzug und ins Erdgeschoss. Beim Öffnen der Aufzugtür fällt mein Blick wieder auf Gaeton und ich gucke verlegen weg.

„Komm, lass uns endlich gehen!“, raune ich Mama an. Draußen vor dem Gebäude angekommen, gestehe ich mir ein, dass er doch ein süßer Typ ist. Vor lauter Aufregung fahre ich vor den Baum und stoße mir die Stirn.

Mama schaut nicht schlecht: „Was machst du denn da? Willst du etwa den Baum küssen?!“

Ich verliere kein Wort mehr darüber, dass ich fast wieder Bauchkribbeln bekommen hätte. Wir fahren nach Hause.

Das Leben läuft nicht nach Plan

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