Читать книгу Strike Out für die Liebe - Paris Sanders - Страница 6
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Andrew
Sam stapfte vor mir her, zumindest versuchte sie es, denn die Turnschuhe, die sie trug, waren nicht gerade das, was ich als Wanderschuhe bezeichnen würde. Natürlich hatte sie mich mit ihren Blicken fast ermordet, als ich vorschlug, vorzugehen, um ihr den Weg zu bahnen. Egal. Sie hatte eine tolle Figur. Das musste man ihr lassen. Lange, schlanke, wohlgeformte Beine und ein knackiger Po, der in den engen Jeans hervorragend zur Geltung kam. Ihre langen, blonden Haare hatte sie zu einem Zopf geflochten, der bis zur Mitte ihres Rückens hing. Sie war attraktiv. Leider, denn das war der Grund für das ganze Fiasko.
Attraktiv hin oder her, ich hielt mich auf Distanz, drei Schritte hinter ihr. Darauf bedacht, jeden Körperkontakt zu vermeiden.
"Schau mal, was für ein Mammutbaum!", rief der Typ vor uns. Der Mann war gekleidet, als sei er auf einer Safari, in olivgrüner Weste, Wanderstiefeln und Cargohosen. Er deutete auf einen Baumstamm, der neben dem Weg lag.
"Wow!", rief ein anderer. Mir war es lieber gewesen, als sie sich alle in Schweigen gehüllt hatten. Sollte ich jetzt auch meine Begeisterung über jeden Ast und jede Pflanze äußern, die hier herumlagen?
"Ich bin gespannt, was wir heute essen. Was für ein Menü habt ihr geplant, Big Bear, wird’s heute Ameisen oder Grashüpfer geben?" Mister Safari lachte. Ich konnte den Typen jetzt schon nicht leiden.
"Wahrscheinlich eher Kräutertee", sagte Big Bear, ohne sich umzudrehen. Der Indianer hielt sich am Rand, wanderte immer mal wieder von vorn nach hinten, um sicherzugehen, dass niemand verloren ging. Sein Kamerad, Black Panther, führte die kleine Gruppe. Panther war eher der schweigsame Typ. Nicht ganz so groß wie Big Bear, aber mindestens ebenso muskulös, mit nachtschwarzen, kurz geschnittenen Haaren.
"Alles klar bei euch?", fragte Big Bear. Sam nickte, ich ebenfalls. Keiner von uns sagte etwas. Der Indianer musterte Sam kurz, dann deutete er auf mich. "Pass auf deine Partnerin auf", sagte er.
"Ich versuche es, aber sie will meine Hilfe nicht", gab ich zurück. Big Bears Worte hatten sich vorwurfsvoll angehört, so als sei es meine Schuld, dass die Ice Queen keine richtigen Schuhe dabei hatte.
"Vielleicht liegt das ja an dir und nicht an ihr. Schon mal daran gedacht?", fragte er, dann drehte er sich um und ging wieder nach vorn. Klasse. Jetzt musste ich mir auch noch von einem Indianer weise Ratschläge geben lassen. Als nächstes würde er von mir verlangen, Sam auf Händen zu tragen, nur damit sie sich keine Blasen holte.
Ich wartete, bis er außer Sicht war, dann kramte ich einen meiner Powerriegel aus der Hosentasche. Die Bemerkung über das Essen hatte mich daran erinnert, dass mein Körper Nahrung brauchte. Ich musste mein Gewicht halten, wenn ich keine Muskelmasse verlieren wollte, und das bedeutete, in regelmäßigen Abständen etwas zu mir zu nehmen.
Das Papier raschelte, als ich den Riegel auspackte. Sam, die extrem gute Ohren haben musste, blieb abrupt stehen und drehte sich zu mir.
"Du hast etwas zu essen dabei?" Ihre Stimme klang, als sei es ein Verbrechen.
"Ich muss mein Gewicht halten." Ich zuckte mit den Schultern. "Willst du auch was?" Ich hielt ihr einen der Riegel hin. Es sollte schließlich niemand behaupten, ich würde mir keine Mühe geben, nett zu ihr zu sein. Sam machte einen Schritt zurück, als hielte ich ihr eine Schlange hin.
"War ja klar, dass du auch hier lügst und betrügst."
"Ich lüge und betrüge, weil ich einen Powerriegel dabeihabe? Spinnst du?"
"Was denn sonst? Alle anderen werden das essen, was wir sammeln. Du aber hast etwas mitgebracht, das du heimlich isst."
"Heimlich? Hallo, will hier jemand einen Müsliriegel?" Sämtliche Teilnehmer stoppten, wandten sich zu uns um und sahen uns an.
"Also, ich hätte gern was", kam eine zögernde Stimme. Klar, Mr. Safari.
"Ich auch." Das von einer Frau, die sich als Mary vorgestellt hatte. Mary war mindestens Mitte fünfzig, wenn nicht noch älter. Warum sie sich so ein Survival-Training antat, war mir ein Rätsel.
"Hier, ich habe genug für alle." Ich verteilte meinen Vorrat und kam mir dabei vor, als würde ich an eine Horde verhungerter Kinder Schokolade ausgeben.
Big Bear und Black Panther standen abseits, die Arme vor der Brust verschränkt. Beide hatten ein Pokerface drauf, mit dem sie an einem Spieltisch Millionen verdienen könnten.
Ich hielt Sam den letzten Riegel hin, nur um meinen guten Willen zu zeigen. Große Überraschung. Die Ice Queen schüttelte den Kopf.
"Dann eben nicht." Mit zwei Bissen hatte ich das Teil verschlungen und reihte mich hinter ihr ein. Während wir weiter den kaum wahrnehmbaren Pfad entlangstapften, ärgerte ich mich über die Aktion. Eine Woche, in der ich mich von Pflanzen ernähren würde. Okay, mit viel Glück stand vielleicht auch mal ein Kaninchen oder Fisch auf dem Speiseplan. Falls wir etwas fingen. Bei dem Gedanken an ein Kaninchen, das wir selbst häuten müssten, drehte sich mir der Magen um. Dann eben Fisch. Ich war schon zum Angeln gewesen. Ein- oder zweimal in meinem Leben. Gefangen hatte ich nie etwas, aber einen Fisch könnte ich töten und dann essen. Da war ich mir ziemlich sicher. Mein Blick fiel auf die Fünfzigjährige, die ein paar Schritte von mir entfernt durch den Wald marschierte. Jede Wette, die Frau war Veganerin. Sobald wir ein Tier nur hungrig ansahen, kam von der ein Protest. Im Kopf rechnete ich aus, wie viel Gewicht ich in einer Woche verlieren würde. Mindestens sechs Kilo. Je nach körperlicher Belastung auch mehr. Verdammt!
Ein Ast schlug mir ins Gesicht. Die Ice Queen hatte ihn zurückschnellen lassen. Ein Fluch lag mir auf den Lippen, aber ich schluckte ihn hinunter. Die Genugtuung würde ich ihr nicht geben.
Sam duckte sich unter dem nächsten Gewächs durch, das in ihrem Weg hing. Dann richtete sie sich auf. Zack. Der Zweig knallte mir gegen die Brust.
"Kannst du besser aufpassen?", zischte ich.
"Tut mir leid. Ich dachte, du wärst weiter zurückgefallen. Deine Kondition ist sicherlich nicht die Beste, nachdem du kaum noch Sport treibst." Ihre Stimme klang zuckersüß.
"Ich bin in Topform. Sobald ich wieder spielen darf, wirst du dir deine kleinen Äuglein reiben."
"Träum weiter."
Der nächste Ast sauste mir entgegen. Dieses Mal war ich vorbereitet und trat einen Schritt zur Seite.
"Wir sind ein Team", erinnerte ich sie. "Das bedeutet, wir sollen aufeinander aufpassen."
"Danke, ich brauche dich nicht. Das schaffe ich auch allein."
"Du bist ganz schön feindlich", sagte ich zu ihrem Rücken. "Ich dachte, wir sind hier, um herauszufinden, was für tolle, liebevolle Menschen wir sind."
"Ich weiß schon, was für ein Mensch du bist, und 'toll' oder 'liebevoll' sind nicht die Adjektive, mit denen ich dich beschreiben würde."
"Ach, wie denn dann?" Allmählich wurde ich wütend. Mit zwei großen Schritten war ich neben ihr. "Ich versuche es wenigstens."
"Haha." Ohne mich anzusehen, beschleunigte sie ihre Schritte.
Prima! Sie wollte nicht mit mir reden? Kein Problem. Ich konnte die Klappe halten.
"Dämliche Zicke", knurrte ich.
"Was war das?"
"Nichts. Ich habe nur 'dämliche Zecke' gesagt. Die Biester gibt’s hier überall." Ich drängte mich an ihr vorbei. "Was dagegen, wenn ich die Führung übernehme? Du weißt ja, der Schwächere soll vorneweg gehen."
"Oh, du gibst also zu, dass du konditionell am Ende bist."
"Nein. Das ist nur Taktik. Wenn ich vor dir bin, muss ich dich nicht sehen." Ich lief gegen einen der tiefhängenden Zweige und ließ ihn zurückschnellen. Ein unterdrückter Fluch verriet mir, dass ich getroffen hatte.