Читать книгу Strike Out für die Liebe - Paris Sanders - Страница 8

Sam

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Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen wir auf einer Lichtung an. Durch die Bäume drang fahles Licht, das dem ovalen Platz eine schummrige, düstere Atmosphäre verlieh. Irgendwo hinter all den Blättern und Zweigen ließ sich die Sonne erahnen. Bald würde sie untergehen.

Ich unterdrückte ein Zittern. Hier gab es bestimmt jede Menge wilde Tiere. Bären, Berglöwen, Wölfe. Alles Gefahren, von denen man in einer Großstadt verschont blieb und die in der einsetzenden Dämmerung bedrohlicher wirkten.

"Wie toll", rief einer der anderen Teilnehmer. Der Typ in den dunkelgrünen Cargohosen mit der passenden Weste. Ich hatte seinen Namen vergessen, sobald die Vorstellungsrunde beendet war. Irgendwie fand ich es gut, dass jemand Enthusiasmus zeigte, vor allem, weil er mir vollkommen abging. Das Einzige, was ich jetzt toll fände, wäre mein Bett in meiner New Yorker Wohnung. Das hier dagegen fand ich einfach nur schrecklich.

"Ja, es ist wunderschön", stimmte Mary zu. Obwohl sie mindestens fünfzig Jahre alt sein musste, sah sie nicht so aus, als hätte ihr der Marsch besonders viel ausgemacht. Und nicht nur darum beneidete ich sie. Warum konnte ich mich nicht freuen? Warum fand ich die Natur nicht auch wunderschön?

Es lag nicht nur daran, dass ich mit Andrew hier war. Nein, es lag an mir. Ich war ein Stadtmensch. Die Natur jagte mir Angst ein. Trotzdem riss ich vorsichtig den Blick vom Boden los und schaute mich um. Vielleicht konnte ich mich ja doch ein wenig für meine Umgebung begeistern.

Die Lichtung war grasbewachsen, auf allen Seiten von Bäumen umgeben. Ich konnte das Rauschen eines Baches hören, was wohl der Grund war, weshalb wir hier unser Lager aufschlagen würden. Ich seufzte. Es hatte keinen Zweck. Es war beeindruckend, all das Grün um uns herum. Aber die Nacht würde schrecklich werden. So viel war jetzt schon sicher. Auf dem harten Boden schlafen, ohne Schlafsack oder auch nur ein Dach über dem Kopf? Genau meine Vorstellung von der Hölle.

Big Bear klatschte in die Hände. Der Mann grinste, er sah aus, als habe er eine kostenlose Reise in ein Luxushotel in der Südsee gewonnen. Für ihn war das Alles ganz offensichtlich ein riesiger Spaß.

"Setzt euch." Er deutete auf die Mitte der Lichtung. "Wir besprechen jetzt, was zu tun ist, und wer welche Aufgaben in den jeweiligen Teams übernimmt."

Gehorsam ließen sich alle in einem Kreis nieder. Ich neben Andrew, dessen Anwesenheit mir unangenehm bewusst war. Seine Knie berührten mich fast. Er war mir viel zu nah. Auch wenn es nicht seine Schuld war, wir saßen alle dicht beieinander. Mary auf meiner linken Seite befand sich mindestens genauso nah bei mir wie Andrew. Ich konnte ihn riechen! Schweiß vermischt mit dem Duft seines Aftershaves. Eine Mischung, die überraschend gut roch. Nach Mann, harter Arbeit und ...

"Ich möchte, dass eines klar ist", unterbrach Big Bear meine Gedanken. "Wir sind hier in der Wildnis. Das ist kein Familienausflug auf den Campingplatz und auch keine Vergnügungsreise. Die Natur ist unerbittlich. Sie verzeiht keine Fehler. Weshalb du mit mir mitkommen wirst", er zeigte auf Andrew. "Wir werden die Verpackung deiner Müsliriegel vergraben, und zwar mindestens einen Kilometer vom Camp entfernt. Bären haben extrem gute Nasen."

"Oh?", sagte Mary. "Bären? Es gibt hier Bären?" Sie blickte panisch um sich, als würde jeden Augenblick ein Grizzly aus dem Unterholz brechen. Mir ging es ähnlich. Mein Pulsschlag beschleunigte sich, ich schluckte, in dem Versuch, die aufsteigende Panik zu unterdrücken.

"Es besteht kein Grund zur Panik", sagte Big Bear. "Hier gibt es nur Braunbären. Sie sind nicht so aggressiv wie Grizzlys und meiden normalerweise die Nähe von Menschen. Es sei denn, sie werden von Essensgerüchen angezogen." Zehn Augenpaare richteten sich auf Andrew. "Deshalb werden wir die Verpackungen vergraben."

"Sind die denn biologisch abbaubar?" Die Frage kam von dem Typen in Grün. Ich verdrehte die Augen. Auch ich war gegen Umweltverschmutzung, aber in diesem Fall? Was mich betraf, war es vollkommen egal, ob das Zeug hundert oder tausend Jahre brauchte, bis es abgebaut war. Die fünf Fetzen Papier würden den Wald nicht umbringen. Aber Bären könnten uns umbringen oder verletzen oder zu Tode erschrecken. Oder ... Okay, ich atmete ein paar Mal tief ein und aus, in dem Bemühen, mich wieder zu beruhigen. Noch war kein Tier in Sicht und ich war sicher ... Nein, ich hoffte, Big Bear wusste, was zu tun war, um uns seine Namensvettern vom Hals zu halten.

Big Bear zuckte mit den Schultern. "Manchmal muss man solche Aspekte der Sicherheit opfern." Ich hätte ihn am liebsten umarmt.

Neben mir murmelte Andrew: "Das musste ja von Safari kommen." Ich warf ihm einen Blick zu. "Er sieht doch aus, als würde er Großwild jagen", raunte Andrew.

Ich zog eine Grimasse. "War ja klar, dass du dich über jeden lustig machen musst", sagte ich und drehte mich von ihm weg, um Big Bear weiter zuzuhören und um zu verbergen, dass ich lächeln musste. Der Spitzname passte einfach zu gut, aber das würde ich Andrew ganz bestimmt nicht sagen.

"Gut. Nachdem das geklärt wäre, möchte ich euch um Folgendes bitten. Jedes Team wird sich eine Unterkunft für die Nacht bauen. Black Panther hilft euch dabei. Außerdem werdet ihr versuchen, ein Feuer in Gang zu setzen und essbare Pflanzen und Wurzeln sammeln." Big Bear blickte nach oben. Dorthin wo hinter all den Zweigen und Blättern die Sonne sein musste. "Wir haben noch etwa zwei Stunden Zeit. Das ist nicht viel, aber ihr schafft das schon. In der Wildnis müsst ihr lernen, Prioritäten zu setzen. Als Erstes wird die Unterkunft gebaut, denn ein voller Magen wird euch nicht vor dem Erfrieren oder vor einer ernsten Unterkühlung schützen. Dann wird Feuermaterial und Essbares gesammelt, danach macht ihr Feuer. Ihr geht immer in dieser Reihenfolge vor. Jeden Tag. Ohne Ausnahme. Verstanden?"

"Ja, natürlich. Klar", erklang es in der Runde.

"Okay." Big Bear und Black Panther standen auf.

"Ich zeige euch, wie man die einfachste und schnellste Art von Unterschlupf baut. Zumindest wenn man sich wie hier in einem Wald befindet und genügend Material zur Verfügung steht", sagte Black Panther.

"Oh, toll. Ich kann es kaum erwarten", murmelte ich ironisch. Obwohl ich diese Worte nur leise vor mich hingesprochen hatte, sah Black Panther mich durchbohrend an. Ich konnte fühlen, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. Trotzdem hielt ich dem Blick stand, der Typ sollte nicht denken, ich sei so leicht einzuschüchtern. Nach ein paar Sekunden, in denen ich mich immer unbehaglicher fühlte, fuhr er mit seinen Instruktionen fort. "Ihr bleibt immer zusammen. Ich möchte nicht, dass einer meint, sich allein vom Lager entfernen zu müssen. Bleibt in Rufweite. Im Wald verliert man schnell die Orientierung, vor allem, wenn man normalerweise in einer Stadt lebt." Ein weiterer Blick traf mich. "Es gibt jede Menge abgestorbene Äste. Es besteht also kein Grund, von den Bäumen welche abzubrechen. Als Erstes solltet ihr Stangen sammeln, die als Basis für den Unterschlupf dienen. Wir bauen heute eine ganz simple A-Form. Dafür benötigt ihr einen etwa zwei Meter langen Ast, der idealerweise einen Durchmesser von circa zehn Zentimetern hat. Dazu braucht ihr noch etwa dreißig Äste, die zwischen einem und einem halben Meter lang sind. Sie können etwas dünner sein. Wenn ihr das habt, sucht ihr euch eine Stelle, wo ihr euer Nachtlager errichten wollt, und wartet auf weitere Instruktionen. Und jetzt los. Wir haben nicht viel Zeit."

Die Zweiergrüppchen machten sich auf den Weg. Ich sah mich suchend um, doch dann fiel mir ein, dass Andrew mit Big Bear unterwegs war, um die dämlichen Verpackungen zu entsorgen. Klasse. Ich war auf mich allein gestellt, wie immer, wenn ein Mann an meiner Seite sein sollte.

"Ich komme mit dir", sagte Black Panther. "Lass uns gehen."

Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und ging auf die Bäume zu, die die Lichtung umstanden. Ich seufzte. Ich konnte es kaum erwarten, diesen Tag hinter mich zu bringen.

Wenig später war eines klar: Ich hasste es. Ich hasste all die Bäume. Die Stille. Die Tatsache, dass ich keine Ahnung hatte, was für Gefahren hier lauerten. Ich fühlte mich wie ein Fisch, den ein Sturm an Land gespült hatte, vollkommen außerhalb meines Elements. Die Häuserschluchten von New York? Kein Problem. Die Spielhöllen von Las Vegas? Absolut.

Natur, Tiere, Pflanzen? Ein Horrorfilm war nichts dagegen. Und jetzt sollte ich auch noch Holz sammeln für die beiden Unterkünfte, die ich für mich und Andrew herrichten musste, und für das Feuer, das wir danach irgendwie in Gang setzen würden. Oder auch nicht. Aus dem Feuer würde garantiert nichts werden. Andrew war mindestens genauso unbegabt als Pfadfinder wie ich. Da würde ich mein Gehalt drauf verwetten.

Alle anderen in der Gruppe wuselten wie Schüler auf dem Schulausflug herum. Sammelten Äste, Hölzer, halbe Baumstämme und stießen begeisterte Rufe aus, wenn sie einen besonders tollen Fund gemacht hatten.

"Dieser junge Stamm hier ist kerzengerade gewachsen. Ideal für unseren Unterschlupf!", verkündete ein paar Meter von mir entfernt der Typ, den ich bereits drei Mal nach seinem Namen gefragt hatte. Ich war mir ziemlich sicher, dass er Claus hieß, wie in Santa Claus. Leider sah er überhaupt nicht aus wie ein Weihnachtsmann, was auch der Grund dafür war, weshalb ich immer wieder daran zweifelte, ob er wirklich Claus hieß.

Panther nickte, sein Gesicht vollkommen ausdruckslos. Wenn Claus auf ein Lob gehofft hatte, so wurde er enttäuscht. Aber er sammelte eifrig weiter, während ich lustlos ein paar Zweige auf einen Haufen warf.

"Toll. Wir sind nicht mal verheiratet und trotzdem mache ich die Hausarbeit", murmelte ich vor mich hin. Ich feuerte einen weiteren Ast auf den Haufen. "Während Mister Wichtig unterwegs ist, sorgt sich Frauchen um den Haushalt. Wahrscheinlich erwartet er eine fertige Mahlzeit, wenn er wiederkommt. Wenn er sich da mal nicht geschnitten hat."

Panther war mir einen Blick zu. Anscheinend hatte ich den letzten Satz lauter gesagt, als gedacht.

"Stimmt doch", sagte ich in seine Richtung. "Andrew kommt zurück und erwartet ein fertiges Lager. Und wer ist der Idiot, der dafür sorgen muss?" Ich deutete mit dem Daumen auf meine Brust. "Ich."

"Die Energie, die du in etwas hineingibst, wird auch wieder zu dir zurückkommen", sagte Panther.

"Na, dann." Ich feuerte einen weiteren Ast zu den übrigen. "Das wird bestimmt eine tolle Nacht."

Panther zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts mehr. Anscheinend war er schlau genug, um sich nicht mit einer wütenden Frau anzulegen.

"Wow. Ich hätte nie gedacht, dass es so einfach ist!" Mary trat einen Schritt zurück und deutete auf die seltsame Konstruktion, die sie zusammen mit ihrem Partner geschaffen hatte. Auf einem etwa einen halben Meter hohen Baumstumpf ruhte ein langer Ast, der mit einem Ende auf dem Boden lag, mit dem anderen auf dem Baumstumpf. Das Ganze sah aus wie ein niedriges Dreieck. An diesen Ast waren weitere gelehnt, die ein Dach bildeten, das mit Laub bedeckt war. Es war tatsächlich eine Unterkunft, wenn auch eine, die sehr seltsam aussah.

"Und darin willst du schlafen?", fragte ich sie. "Sobald du dich einmal umdrehst, wird das Ganze zusammen fallen."

"Das glaube ich nicht." Mary strahlte noch immer übers ganze Gesicht. So wie sie aussah, könnte man meinen, sie hätte ein langersehntes Geschenk bekommen.

"Wenn du meinst." Ich drehte mich zu Panther und zeigte auf meine halbfertige Konstruktion. Ich hatte bisher kaum mehr als einen unordentlichen Haufen Zweige zustande gebracht, von denen ich hoffte, sie würden sich irgendwie als Unterschlupf eignen.

"Das wird nicht funktionieren", sagte Panther nach einem kurzen Blick auf mein Machwerk.

"Warum? Es sieht stabiler aus als das von Mary!", behauptete ich, auch wenn ich sehen konnte, dass Marys Gebilde wesentlich besser aussah.

"Ja, aber bei ihr ist die Basis besser. Dieser Holzstumpf", Panther deutete auf den schlanken Stamm, der die Konstruktion halten sollte, "wird beim ersten Windstoß umfallen."

"Ach, wird er das?"

"Ganz sicher." Panther drehte sich um und ging zu einem anderen Team. Nachdenklich schaute ich ihm hinterher, dann musste ich grinsen. Ich wusste schon jetzt, wer hier schlafen würde.

Etwa zwei Stunden später hatte ich es tatsächlich geschafft zwei dieser Nachtquartiere zu errichten. Auch wenn Panther nach wie vor den Bau, den ich für Andrew vorgesehen hatte, zweifelnd betrachtete, so hielt er sich doch mit Bemerkungen zurück. Was vielleicht daran lag, dass ich die Konstruktion etwas verstärkt hatte. Gerade so viel, dass Panther nichts mehr zu bemängeln hatte.

Für die Nacht hoffte ich auf viel Wind. Nichts wäre schöner, als wenn Andrew mitten im Schlaf dadurch geweckt würde, dass er plötzlich kein Dach mehr über dem Kopf hätte. Aber selbst wenn das nicht der Fall wäre, ich war mir ziemlich sicher, dass er es nicht allzu bequem haben würde. Nachdem ich erst einmal auf die Idee gekommen war, ihm etwas zu bauen, was nicht unbedingt wettertauglich war, hatte ich weitere Einfälle.

Das Innere sollte mit Moos und Laub ausgepolstert werden, als natürliche Wärmedämmung und Matratze. Natürlich hatte ich viel Sorgfalt darauf verwendet, schließlich wollte ich es so gemütlich wie möglich haben. Andrew dagegen würde womöglich feststellen, dass sich ein paar Dornen in sein Nachtlager verirrt hatten. Aber das würde ihm sicherlich nichts ausmachen, schließlich war er ein Mann, keine Prinzessin auf der Erbse.

Mit wesentlich mehr Eifer als zuvor werkelte ich weiter an meinem Schlafplatz. Ich sorgte dafür, ein weiches Lager aus Moos und Laub zu haben, bedeckte das Dach sorgfältig mit großen Blättern auf die ich eine weitere Lage Laub legte. All das sollte dafür sorgen, dass ich es nicht nur weich hatte, sondern auch warm und trocken. Ich brauchte eine Weile, aber als ich fertig war, regte sich ein stolzes Gefühl in mir. Was als windschiefes Gebilde begonnen hatte, war jetzt ein Unterschlupf, in dem ich vielleicht doch ein Auge zutun würde. Zumindest war die Wahrscheinlichkeit wesentlich höher, als in der Unterkunft, die ich für Andrew errichtet hatte.

Ich grinste. Immerhin war ich da noch am Üben gewesen. Niemand konnte mir vorwerfen, wenn mein erster Versuch nicht so gut wie der zweite war.

Strike Out für die Liebe

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