Читать книгу Ab heute singe ich unter der Dusche - Patricia Küll - Страница 12
Danke für die Kündigung
ОглавлениеWäre mir an diesem Tag nicht diese Sendung gekündigt worden, hätte ich die letzten drei Wochen, die meine Mutter noch lebte, pflichtbewusst meine Arbeit getan und meine Sendungen moderiert. Ich wäre nur am Wochenende zu ihr gefahren. So aber hatte ich zehn Tage mit ihr im Krankenhaus. Sie erzählte mir viele Geschichten aus ihrer Kindheit. Diese Zeit kann mir keiner mehr nehmen.
Drei Monate nach dem Tod meiner Mutter wurde ich schwanger. Für meinen Mann und mich war es durch die Ereignisse völlig klar, dass wir zusammengehören. Ich war damals schon 38 Jahre und wurde sehr schnell schwanger. Ich bin bis heute fest davon überzeugt, dass meine Mutter uns unseren Sohn geschickt hat. Er kam vier Tage vor ihrem ersten Todestag auf die Welt. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie viele Tränen ich an diesen Tagen geweint habe. Vor Freude und vor Kummer.
Ein paar Wochen nach dem Gespräch mit meinem Chef bekam ich von ihm einen langen handgeschriebenen Brief, wie leid es ihm täte, dass er ausgerechnet an diesem Tage mit dieser Kündigung gekommen war. Diesen Brief habe ich aufgehoben. Er hat mich im Nachhinein sehr mit der Situation versöhnt. Doch eigentlich bin ich ihm bis heute – ganz im Stillen – sehr dankbar für diese Kündigung zur genau richtigen Zeit.
Vielleicht ist es Ihnen auch schon mal so ergangen, dass Sie dachten, das Schicksal meint es gerade besonders übel mit Ihnen. Es muss ja nicht immer gleich ein »10. August« sein. Da reichen viel geringere Anlässe. Ein Beinbruch am ersten Tag des Skiurlaubs oder eine Steuernachzahlung, die sich gewaschen hat. Manchen Frauen soll schon ein missglückter Haarschnitt ausreichen (habe ich tatsächlich schon mal bei einer Freundin erleben müssen!), um sich voll und ganz vom Schicksal bestraft zu fühlen. Wenn es Ihnen dann gelingt, sich mit dem Glauben, dass es für irgendetwas gut sei, auch wenn Sie im Moment noch keine Ahnung haben, wofür, verankern können, wird Ihnen der »Schicksalsschlag« schon gleich weniger heftig vorkommen.