Читать книгу Die Geschichte des Lebens in 100 Fossilien - Paul D. Taylor - Страница 11
Embryonenrätsel Die Doushantuo-Fossilien
ОглавлениеIM FOSSILIENBESTAND SIND Tiere ohne Skelett sehr selten, da Weichtiere nur unter außergewöhnlichen Bedingungen erhalten bleiben. Die Orte, an denen Fossilien gefunden werden, nennt man Lagerstätten. Die 580 bis 560 Millionen Jahre alte Doushantuo-Formation in China ist eine der bemerkenswertesten Lagerstätten der Welt. Dort sind Weichkörperfossilien in feinsten Details konserviert; sogar einzelne Zellen lassen sich mit leistungsstarker Scantechnik ausmachen. Diese ungewöhnliche Konservierung ist der Phosphatierung, also der Ersetzung absterbender Zellen durch Salze, die widerstandsfähiger gegenüber Zerfall und Zerstörung sind, zu verdanken. Die so entstandenen Fossilien helfen den Paläontologen, die Lücken bei der Rekonstruktion der Entwicklung tierischen Lebens zu schließen.
Vor etwa 540 Millionen Jahren, in der Kambrischen Explosion, tauchten plötzlich fossile Skelette komplexer, vielzelliger Tiere auf. Dieser rapide Anstieg der Tiervielfalt könnte jedoch eher die Ausbildung harter Skelette widerspiegeln denn eine Diversifizierung des Lebens selbst. Analysen der DNA (der Bausteine, die alle bekannten Lebewesen besitzen) erhärten dies. Demnach hat die Entwicklung der Tiere vor etwa 780 Millionen Jahren ihren Ursprung in einem einzelligen Organismus, der sich mit einer peitschenähnlichen Struktur fortbewegte. Zwischen dem Beginn tierischen Lebens und dem eindeutigen Erscheinen von Tieren in den dokumentierten fossilen Funden besteht eine große Lücke, deshalb sind die Doushantuo-Fossilien so wichtig.
In der Doushantuo-Formation findet man wunderschön erhaltene Fossilien, die erstaunlicherweise den Embryonen moderner Tiere ähneln. Sie bestehen aus nebeneinanderliegenden Zellen, was auf eine flexible Membran hindeutet, im Gegensatz zur festen Membran von Algen oder Pilzen. Die Anzahl der Zellen ist stets eine Zweierpotenz (1, 2, 4, 8 usw.), wie es für die embryonale Zellteilung charakteristisch ist. Die Zellen sind zudem größer als andere Zelltypen. Diese sehr alten Weichkörperfossilien werden ganz unterschiedlich interpretiert. Es wurde sogar bezweifelt, dass sie die ältesten Tierfossilien sind. Im Laufe der Debatte hat eine Wissenschaftlergruppe einige Fossilien in einem Teilchenbeschleuniger, dem Synchrotron, untersucht. Die Bilder haben, wie dieses hier, eine beispiellose Auflösung und zeigen nicht nur die Struktur der sich multiplizierenden Zellen, sondern im Innern durchweg auch einen Kern. Stimmt dies, so können es keine Embryonen sein. Um was handelt es sich aber dann? Manche denken an eine parasitäre Lebensform, die ihre Zellen in einer Zyste vermehrte, die dann als „Sporen“ diese sprengten und so die nächste Generation verbreiteten.