Читать книгу Isle of Ely - Gesamtausgabe - Paula Bergström - Страница 10
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Оглавление»Meine Liebe, darf ich dir unseren Gast vorstellen? Daniel Greatstoke, den Duke of Newbury.«
Caitlin fuhr überrascht herum, als sie die Stimme ihres Mannes vernahm, und blickte den Unbekannten neugierig an. Ihm musste die Stimme gehören, die sie oben an der Treppe vernommen hatte. Natürlich hatte auch sie von den Gerüchten gehört, dass der Duke als Colonel in der britischen Armee gedient hatte und bei der Schlacht von Ladysmith im Zweiten Burenkrieg, der zurzeit geführt wurde, sein Leben verloren hatte. Sie reichte ihm die Hand, die der Duke ergriff und einen Handkuss andeutete. Die Wärme seiner Hand spürte sie selbst durch den Stoff ihres Handschuhs.
»Mylady, ich bin entzückt, Ihre Bekanntschaft zu machen.« Er richtete sich auf und blickte sie intensiv an. Seine Augen schimmerten grünblau, so ganz wollte Caitlin sich da nicht festlegen. Doch mit Bestimmtheit konnte sie sagen, egal ob grün oder blau, die Farbe war intensiv. Etwas an seinem Blick war … sonderbar. Durchdringend, als blickte er bis in ihre Seele. Seine dichten, feingeschwungenen Brauen zog er ein wenig zusammen, als dachte er über etwas nach. Falten bildeten sich auf seiner Stirn. Die Haut war gebräunt, trotz des Winters, aber er hatte ja auch Wochen in Afrika verbracht. Feine dunkle Bartstoppeln zierten sein Kinn und er trug keinen Bart, wie es bei den Männern in Mode war. Sein langes schwarzes Haar trug er im Nacken zusammengebunden. Das war schon wieder aus der Mode gekommen, doch der Duke of Newbury hielt sich wohl nicht an Konventionen, so wie es aussah.
»Euer Gnaden, es gab Gerüchte …« Caitlin war so feinfühlig und ließ ihren Satz unvollendet.
»Ja, die gab es«, bestätigte er und nickte, »aber sie haben sich als das herausgestellt, was sie sind – Gerüchte eben. Ich wurde lediglich verwundet.«
»Oh!« Caitlin hielt eine Hand vor den Mund. »Ich hoffe doch nicht, dass es eine bleibende Verletzung ist.«
»Nein, zurzeit bin ich auf die Hilfe eines Stocks angewiesen, doch die Verletzung an meinem Bein wird mit der Zeit heilen. Ich bin erst vor drei Wochen aus dem Süden Afrikas zurückgekehrt«, gab er preis.
»Afrika«, murmelte Caitlin leise und ließ das Wort über ihre Zunge gleiten. »Ein bestimmt aufregendes Land.«
»Das kann ich nur bestätigen.« Daniel hatte endlich ihre Hand losgelassen und Caitlin wandte sich wieder ihrem Gemahl zu.
»Seine Gnaden wird heute Nacht unser Gast sein. Ich habe Miss Gray beauftragt, eines der Gästezimmer herzurichten«, erklärte Brigham nicht gerade begeistert.
»Welch eine Ehre«, erwiderte sie und schenkte Daniel ein Lächeln, das ernst gemeint war.
»Bitte entschuldigt mich, ich muss den Viscount of Brighton mit seiner Gattin begrüßen.« Brigham ließ Caitlin einfach stehen und sie fuhr sich mit der Hand über den Hals. Daniels Gegenwart machte sie nervös.
»Darf ich Ihnen eine Erfrischung reichen lassen?«, fragte sie daher, um Konversation zu betreiben.
»Nein, danke. Ich trinke zurzeit nicht viel. Die Medikamente.«
»Oh, wie nachlässig von mir. Ich denke, dass Ihr verletztes Bein es nicht zulässt, einen Walzer zu tanzen – würden Sie mir den Gefallen erweisen und mich auf die Terrasse begleiten?«
Überraschung glomm in Daniels Blick auf und er schaute zu den bodenlangen Fenstern, wo man allerdings nur in die dunkle Nacht blicken konnte. »Wenn Sie darauf bestehen, Mylady.«
Er bot ihr seinen Arm und Caitlin hakte sich ein. Sie verließen den Ballsaal durch eine der Terrassentüren, die auf einen kleinen Balkon hinausführte. Es war bitterlich kalt, sofort bereute Caitlin ihre Bitte. Doch sie hielt es keinen Augenblick länger in dem überhitzten Raum aus.
»Darf ich fragen, was es hier draußen so Interessantes gibt?« Daniel blickte in den Garten hinaus. Der Schnee warf das Licht der Fackeln zurück und erhellte die Nacht.
»Außer Ihnen nicht viel«, antwortete Caitlin kokett und biss sich auf die Unterlippe. Es war nicht ihre Art, mit anderen Männern zu flirten, denn als eine verheiratete Frau war es nicht schicklich, aber dieser Satz war ihr einfach so über die Lippen gerutscht. »Bitte entschuldigen Sie, aber ich habe es dort drinnen nicht mehr länger ertragen. Mir liegt nichts an solchen Festlichkeiten«, gab sie zu und ihre Zähne klapperten dabei laut.
»Ihnen ist kalt. Sollen wir nicht lieber wieder hineingehen?«, fragte Daniel und als Caitlin den Kopf schüttelte, zog er seinen Frack aus, legte ihn ihr über die Schultern.
Er war viel zu groß, doch sie zog den weichen Stoff enger um ihren Körper. Er roch so wundervoll herb. Nach einer Spur von Amber und Muskat, und ja, auch Lavendel. Am liebsten hätte sie ihre Nase in den Stoff vergraben, um den Duft tiefer einzuatmen, damit sie ihn so lange wie nur möglich in Erinnerung behalten konnte, doch das ging natürlich nicht.
»Heute ist Silvester, wir steuern auf ein neues Jahrhundert zu, liegt Ihnen denn nichts daran?«, fragte der Duke überrascht.
»Nein, zumindest nicht, wenn ich ihn mit Leuten verbringen muss, die mir unbekannt sind und die mich danach beurteilen, welches Kleid ich trage.«
»Ihr Kleid ist nach der neusten Mode geschneidert, in einem modisch aktuellen Violett. Ich denke, die Leute werden sich nicht das Maul über Sie zerreißen, sie werden Sie beneiden für Ihren Stil, für guten Geschmack.« Daniel lächelte leicht und zum ersten Mal schien dieses Lächeln echt.
Caitlin lachte leise auf. »Dafür, dass Sie einige Zeit in Afrika weilten, scheinen Sie sehr vertraut mit den neusten modischen Gepflogenheiten zu sein.«
»Meine Schwester betreibt in London ein Geschäft für Damenmode. Glauben Sie mir, mit diesen Gepflogenheiten bin ich bestens vertraut«, gab er leise zu, als verriet er ihr ein Geheimnis.
»Was ist mit Ihnen passiert, warum wurden Sie verletzt?«, wagte Caitlin sich weiter vor, auch um das Thema zu wechseln.
Sofort änderte sich der Ausdruck in seinem Gesicht und er verschloss sich wieder. Man sah ihm an, dass er nicht daran erinnert werden wollte.
»Ich spreche nicht gern darüber. Eine Kugel traf meine Wade. Leider entzündete sich die Wunde und ich bekam Fieber. Es dauerte lange, bis ich wieder laufen konnte«, erklärte er dann doch leise.
»Werden Sie zurück in den Krieg ziehen?«
»Ich denke nicht. Es wird noch Monate dauern, bis ich ganz genesen bin, und ich hoffe, dass bis dahin der Krieg mit den Buren überstanden ist.«
Caitlin hätte noch Stunden hier draußen stehen können, um mit ihm zu plaudern, doch sie fror erbärmlich, sodass mittlerweile ihr ganzer Körper zitterte.
»Wir sollten wieder hineingehen, bevor man noch nach uns sucht«, erklärte Caitlin und reichte ihm die Jacke zurück. »Vielen Dank, Euer Gnaden, Sie sind ein wahrer Gentleman.«
»Bitte, nennen Sie mich doch Daniel«, bot er ihr an.
Als er seinen Frack überzog, berührte er kurz ihren nackten Oberarm und Caitlin zog überrascht die Luft ein. Diese Berührung traf sie unvorbereitet und hinterließ eine Empfindung, als hätte sie sich verbrannt. Hier in der Kälte loderte ihr Oberarm, als stünde er in Flammen, nur durch eine kleine Berührung. Das war absolut indiskutabel. Sie war eine verheiratete Frau und auch wenn Brigham nicht der Ehemann war, den sich eine Frau wünschte, so durfte es in ihrem Kopf und in ihrem Herzen keinen Platz für eine neue Liebe geben, und schon gar nicht den Gedanken an eine belanglose Affäre.
*
Sobald Daniel Lady Caitlin Taitend erblickte, war ihm klar, dass diese Frau ein Geheimnis barg. Vielleicht auch mehr als nur eines. Der Viscount war Ende fünfzig, eventuell auch schon Anfang sechzig, so hatte Daniel eine Frau um die vierzig erwartet, doch Caitlin Taitend hatte nicht einmal die Dreißig überschritten, dessen war er sich sicher. Ihre Ausstrahlung war die einer jungen Frau, die bereits viel erlebt hatte und nicht nur Gutes. Ihr Blick war wachsam, immer auf der Hut. Die wunderschönen braunen Augen stets in Bewegung, als würden sie aus allen Richtungen eine Gefahr wittern. Sie erinnerte ihn an ein scheues Reh, das bereits einmal dem Tod in die Augen gesehen hatte. Ihr Teint war ebenmäßig, es bedurfte nicht viel Aufwand, um sie erstrahlen zu lassen. Sie war eine kleine anmutige Frau, ein wenig kleiner als ihr Ehemann, und ging Daniel gerade bis zur Schulter. Ihre Wespentaille kam gut zur Geltung, was aber vermutlich einem sehr eng geschnürten Mieder zu verdanken war. Obwohl sie das Kleid hochgeschlossen trug, waren die Oberarme frei geblieben und er hatte sie kurz berührt. Diese Berührung brachte ihn aus dem Konzept. Er hatte erfahren wollen, ob die Viscountess of Ely darüber informiert war, dass sie das Anwesen morgen verlassen musste, doch er hatte seine Frage glattweg vergessen. Als sie den Ballsaal wieder betraten, wurde sie von einem Mann zum Tanz aufgefordert, der sie jetzt schon eine gewisse Zeit über das Tanzparkett schob. Caitlin Taitend war eine anmutige Erscheinung und er konnte seinen Blick nicht abwenden, wenn sie an ihm vorbeiwirbelte, selbst wenn es angemessen wäre. Was hätte er dafür gegeben, mit ihr tanzen zu können. Doch dank seines lädierten Beins war dies ein Ding der Unmöglichkeit. Wie gern hätte er sie in den Armen gehalten, auch wenn es nur für die kurze Zeit eines Tanzes gewesen wäre. Nur so konnte er ihr nahekommen, ohne Aufsehen zu erregen.
»Euer Gnaden. Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen.«
Die schrille Stimme riss Daniel aus seinen Gedanken. »Lady Ireland. Es ist lange her, seitdem wir uns zuletzt begegnet sind«, erwiderte Daniel verwundert.
»Viel zu lang. Ich bin froh, Sie gesund und munter anzutreffen.« Sie legte ihre Hand auf sein Revers, strich leicht darüber.
»Ja, ich bin knapp dem Tod entronnen.« Er schob den Kiefer vor, was ihm ein harsches Aussehen verlieh, als wollte er nicht daran erinnert werden.
»Finden Sie diese alljährliche Silvesterfeier nicht auch zu protzig?«, flüsterte ihm Lady Ireland hinter dem geöffneten Fächer zu. »Dieser Viscount of Ely ist doch viel zu alt für seine hübsche Frau und tut alles, damit sie ihn nicht verlässt, dabei ist er nicht mal in der Lage, die Rechnungen für ihre teuren Kleider zu begleichen. Ich finde so etwas skandalös. Sie nicht auch, mein lieber Daniel?«
Diese Vertrautheit, die Lady Ireland an den Tag legte, gefiel Daniel ganz und gar nicht. Er wusste, dass sie auf der Suche nach der richtigen Partie war, doch dafür stand er ganz gewiss nicht zur Verfügung. Lady Ireland war Witwe und ging schon auf die Fünfunddreißig zu. Hinzu kam, dass sie das Gesicht eines Pferdes besaß, was auch nicht dazu beitrug, einen geeigneten Kandidaten zu finden, der sich als Ehemann zur Verfügung stellte.
»Lady Caitlin ist nun mal eine Schönheit«, murmelte er leise und folgte ihrer Gestalt mit seinen Blicken, verlor sie aber in Menge.
»Wie wahr«, seufzte Lady Ireland, als würde sie alles dafür geben, mit Caitlin tauschen zu können. Eine Sekunde später besann sie sich und berührte Daniels Arm. »Sie müssen unbedingt mit mir tanzen, lieber Duke.«
»Ich muss Sie leider enttäuschen, Mylady, aber mein lädiertes Bein macht solche Vergnügungen noch nicht mit. Ich denke, es wird eine Menge Herren geben, die meinen Platz einnehmen werden.« Er verabschiedete sich mit einer kleinen Verbeugung.
»Daniel«, hielt sie ihn auf, »ich wusste gar nicht, dass Sie mit den Taitends gut bekannt sind«, rief sie ihm zu.
»Das bin ich auch gar nicht, Lady Ireland. Ich bin nur durch Zufall hier.«