Читать книгу Isle of Ely - Gesamtausgabe - Paula Bergström - Страница 15
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ОглавлениеMit schnellen Schritten verließ Daniel die Bibliothek. Noch eine Sekunde länger und er hätte Caitlin in seine Arme gezogen und ihren Mund in Besitz genommen. Völlig unpassend, wo sie gerade erst ihren Mann zu Grabe getragen hatte. Sie schien durcheinander, aber er wusste, dass sie eine starke Frau war. Wer eine Ehe mit einem brutalen Mann überstand, der konnte so einiges überstehen.
Er machte sich auf die Suche nach Burns, weil es einige Dinge gab, die er mit ihm besprechen wollte. In einer kleinen Kammer neben der Küche, die Burns als Büro diente, fand Daniel ihn.
»Euer Gnaden, Sie hätten läuten sollen.« Burns sprang überrascht auf.
»Bitte, ich wollte mit Ihnen vertraulich sprechen und mich einmal hier unten umsehen.«
»Bitte nehmen Sie doch Platz«, bot Burns ihm seinen Platz hinter dem kleinen Schreibtisch an, doch Daniel wehrte ab. »Nein, bitte, mir reicht dieser Stuhl. Nehmen Sie Platz, Burns, es ist Ihr Büro.« Daniel setzte sich auf den Holzstuhl vor dem Schreibtisch und sah sich wohlwollend um. »Zunächst einmal möchte ich mich auch im Namen von Lady Caitlin bedanken, dass das Personal sich an der Suche beteiligt hat. Ohne Ihre Hilfe hätten wir den Viscount of Ely so schnell nicht gefunden. Dann möchte ich Sie darüber informieren, dass Lady Caitlin und der kleine Timothy weiterhin hier leben werden. Sie haben sicherlich bereits vernommen, dass das Anwesen mir überschrieben wurde, jedoch wird es weiterhin das Zuhause der Viscountess und ihres Sohns sein.«
Daniel glaubte, sich zuerst zu täuschen, doch es war eindeutig, dass Burns erleichtert ausatmete.
»Wenn ich mir erlauben darf zu sprechen, Euer Gnaden …«
»Bitte, Burns, sprechen Sie.«
»Ich bin aufs Äußerste erleichtert, das zu hören. Sie wissen sicherlich von den … Vorkommnissen, die Mylady hier ertragen musste …« Daniel nickte leicht. »Daher bin ich sehr froh, dass Mylady weiterhin ein Dach über dem Kopf hat, das ihr so vertraut ist. Wenn ich mir die Frage erlauben darf, werden auch Sie hier wohnen?«
Daniel nickte. »Ja, das werde ich und morgen reisen meine Schwester Lady Dawn und meine Mutter die Dowager Duchess of Newbury an. Sie werden als Anstandsdamen dienen. Ich beabsichtige, das Personal im vollen Umfang zu übernehmen. Es muss sich also niemand Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen. Sollte weiteres Personal notwendig sein, haben Sie freie Hand, Burns, jemanden einzustellen. Mein Kammerdiener John wird morgen ebenfalls eintreffen.«
Burns nickte ergeben. »Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen, Euer Gnaden. Ich beabsichtige, einen weiteren Hausdiener zu beschäftigen, zumindest für die Zeit, in der mehr Personen als üblich im Haus sind.«
»Sehr gut, Burns. Ich bin mit Ihrer Arbeit und Übersicht sehr zufrieden.«
»Danke, Euer Gnaden. Die Haushaltsbücher wurden bisher jedes halbe Jahr von Miss Gray, der Hausdame, zur Prüfung vorgelegt. Beabsichtigen Sie, die Vorgehensweise so beizubehalten?«
Daniel dachte einen Moment darüber nach. »Ich werde das mit Lady Caitlin besprechen und gebe Ihnen Bescheid. Ihnen noch einen schönen Abend. Ich werde mich jetzt zurückziehen, damit ich für morgen gewappnet bin. Meine Mutter kann manchmal ein wenig anstrengend sein, besonders nach einer so weiten Reise.«
Burns erhob sich und verbeugte sich leicht. »Benötigen Sie für heute Abend einen Kammerdiener, Euer Gnaden? Ich könnte Ihnen zur Verfügung stehen.«
»Nein, danke. Ich komme allein zurecht.« Daniel musterte den hochgewachsenen, stattlichen Mann, dessen Schläfen schon grau waren. Er wurde den Gedanken nicht los, einen Freund gefunden zu haben, auch wenn sie nicht des gleichen Standes waren.
*
Im Speisezimmer saß Caitlin allein am Tisch. Daniel war wohl zu beschäftigt, um mit ihr gemeinsam zu Abend zu essen. So zog sie sich auf ihr Zimmer zurück und May half ihr aus den Kleidern. Sie hatte Daniel vermisst. Die wenigen Tage, die sie sich kannten, hatte sie seine Anwesenheit bei Tisch sehr genossen. Er war unterhaltsam und wusste sehr interessante Dinge zu berichten. Gladys, das Kindermädchen, hatte Timothy bereits früh zu Bett gebracht, weil der Junge fast im Stehen eingeschlafen war. So konnte sie noch etwas lesen, um sich von den sorgenvollen Gedanken ein wenig abzulenken, denn ihr Kopf brummte, als wohnte ein ganzes Bienenvolk in ihm.
Als sie auf dem Gang Schritte hörte, öffnete sie ihre Tür und sah Thomas, den Hausdiener, wie er einen Krug Wasser und frische Handtücher trug.
»Thomas, ist etwas geschehen?«
»Nein, Mylady. Euer Gnaden hat nur nach etwas Wasser und frischen Handtüchern verlangt. Ich glaube, er will sein Bein versorgen«, erklärte der Hausdiener.
»Geben Sie mir die Sachen, ich kümmere mich selbst darum.« Caitlin band den Gürtel ihres Morgenrocks fester um ihre schmale Taille und nahm den Krug und die Tücher entgegen. Ohne ein weiteres Wort betrat sie Daniels Zimmer, das drei Türen neben ihrem lag.
»Danke, Thomas, stellen Sie …« Daniel hielt inne, als er Caitlin erblickte, die die Tür hinter sich schloss.
Er saß auf seinem Bett, hatte Weste und Hemd bereits abgelegt, seine Brust war nackt und gab den Blick auf dunkles Brusthaar frei. Caitlin war bemüht, ihn nicht anzustarren, was ihr nur mäßig gelang. »Ich habe gehört, dass du Hilfe brauchst.« Sie ließ sich zu seinen Füßen nieder.
»Ich muss meinen Verband wechseln, doch das solltest du nicht mit ansehen müssen.« Er wirkte verlegen, schien peinlich berührt, so hatte Caitlin ihn noch nicht erlebt.
»Keine Angst, ich werde schon nicht in Ohnmacht fallen, und dich in Verruf bringen«, meinte Caitlin und versuchte sich an einem Lächeln. »Ich werde dir helfen, allerdings musst du dazu deine Breeches ausziehen.« Er trug die Kniebundhosen seit seinem Ausritt am Nachmittag.
»Ähm … also ich glaube, ich werde mein Bein besser selbst versorgen.« Seine Wangen nahmen eine rote Färbung an und Caitlin glaubte nicht, dass es die Wärme des Kamins war, die ihn so erhitzte. »Daniel, bitte. Ich möchte mich für deine Hilfe erkenntlich zeigen, immerhin hilfst du mir ebenso. Quid pro quo.« Sie ließ sich einfach nicht beirren, sah ihn auffordernd an.
»Gut, dann dreh dich bitte einen Moment um.«
Caitlin lächelte, kam aber seinem Wunsch nach. Sie wollte ihn nicht vollends in Verlegenheit bringen. Das Rascheln von Kleidung war zu hören, dann stieg er ins Bett und zog die Decke über seinen Schoß.
»Ich bin so weit.«
Seine Stimme klang merkwürdig dünn. Caitlin drehte sich um und schenkte seinem Unterschenkel die volle Aufmerksamkeit. Achtsam löste sie den Verband und begutachtete die Wunde an der Wade. »Die Kugel wurde fachmännisch entfernt. Und die Wunde scheint sich langsam zu schließen«, kommentierte sie das Gesehene.
»Ja, die Wunde hatte sich entzündet, aber nun ist es fast verheilt. Wichtig ist, dass ich sie jeden Abend säubere und den Verband wechsele, damit sie sich nicht erneut entzündet.«
Endlich schenkte sie Daniel einen Blick und wünschte, sie hätte es nicht getan. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er nackt in seinem Bett lag, und nur die Daunendecke, die über seinen Hüften lag, verhinderte einen Blick auf seinen wohlgeformten Körper und seine Männlichkeit. In seinen Augen glomm ein Feuer, das sie bisher noch nicht gesehen hatte. Das Grünblau seiner Iris schien in allen Schattierungen zu leuchten. Ihr wurde ganz heiß. Das Feuer im Kamin brannte und genauso fühlte sich das Blut in ihren Adern an. Als stünde Caitlins Körper lichterloh in Flammen.
Sie musste sich dringend ablenken, säuberte die Haut um die Wunde herum und verband das Bein mit frischen Wickeln. Obwohl es nur wenige Minuten dauerte, kam es Caitlin wie Stunden vor, bis sie endlich fertig war.
»So, das müsste bis morgen Abend reichen. Du kannst dich für die Nacht anziehen«, erklärte sie knapp.
»Das bin ich schon«, erwiderte Daniel leise und griff nach ihrer Hand. »Komm her zu mir.«
Stumm folgte sie seiner Aufforderung, rückte ein wenig näher zu ihm.
»Danke, dass du dich so um mich bemühst.« Er führte ihre Finger an seinen Mund und küsste sie. Ganz sanft und leicht. »Ich muss dir noch etwas sagen, Caitlin. Eigentlich wollte ich damit noch etwas warten, doch ich kann nicht anders. Du bist heute Nachmittag einem Irrtum aufgesessen, als du sagtest, wir wären uns noch nie begegnet. Das stimmt nicht. Ich habe dich schon einmal gesehen. Auf einem Empfang, den Lady Ireland im letzten Herbst gegeben hat. Du warst mit deinem Mann gekommen. Ich habe ihn den ganzen Abend beneidet, denn du hast alle Frauen an diesem Abend in den Schatten gestellt. Du warst die schönste Frau, nein, du bist die schönste Frau, die mir jemals begegnet ist.« Er drehte ihre Hand und küsste den Ballen.
»Bitte, Daniel. Sag so etwas nicht«, flüsterte Caitlin und schloss für einen Moment die Augen. Warum sagte er so etwas zu ihr – wusste er doch, dass sie gerade erst zur Witwe geworden war. So durfte er nicht mit ihr sprechen, und doch tat es so gut, auf eine so liebevolle Art betrachtet zu werden. Es war gefährlich, denn sie war viel zu empfänglich für diese Art von Schmeicheleien.
»Warum darf ich nicht die Wahrheit sagen?«, fragte Daniel trotzig wie ein kleines Kind.
»Weil ich Angst habe, dass das hier außer Kontrolle gerät. Wir sollten vorsichtig sein.«
»Warum? Dein Mann lebt nicht mehr. Er hatte dich nicht verdient und du bist eine junge Frau, die geliebt werden muss.«
»Du kannst mich aber nicht lieben, Daniel. Du bist ein Duke und ich … ich stehe weit unter dir. Ich bin gut genug, das Bett mit dir zu teilen, doch das wäre mir zu wenig. Ich habe ein Kind, für das ich sorgen muss. Ich muss mir etwas einfallen lassen. Das wenige Geld, das Brigham mir hinterlassen hat, wird nicht ewig reichen. Bald wird Timothy auf eine Privatschule gehen und ich muss zusehen, dass ich das Schulgeld verdiene. Es gibt so viel, dass ich beachten muss, ich kann mich nicht in eine Liebelei verlieren, auch wenn ich es gern möchte.« Sie sah ihn traurig an und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen.
»Küss mich«, raunte er ihr zu und zog sie an der Hand dichter zu sich heran.
»Daniel«, wisperte sie, als sie sich ganz nah waren. »Bitte, lass mich gehen.«
»Ich kann nicht, weil ich dich schon so lange begehre. Jede Nacht habe ich von dir geträumt und als ich dich hier antraf, kam es mir wie ein Wink des Schicksals vor.«
Caitlin lächelte traurig. »Ja, vielleicht ist es Schicksal, nur ist es nicht auf unserer Seite.«
»Bitte, küss mich und dann sage mir, dass du mich nicht willst.«
»Du weißt, dass ich dich will. Du bist der aufregendste Mann, der mir jemals begegnet ist. Aber du spielst nicht fair.«
»Ich habe niemals behauptet, fair zu spielen«, flüsterte er an ihren Lippen und nahm sie in Besitz. Er presste seinen Mund auf ihren, küsste sie so zart und sanft, als wäre sie ein wertvolles Gut.
Sein Duft, so angenehm und vertraut, vernebelte ihre Sinne, verzauberte sie. Caitlin musste irgendwo Halt finden und legte ihre Hände auf seine nackte Brust, fühlte die feine Brustbehaarung.
»Oh, Caitlin«, flüsterte er, hauchte feine Küsse auf den Rand ihrer Lippen. »Du sollst mir gehören.«
»Ich kann nicht«, wisperte sie und er hörte eine Traurigkeit in ihrer Stimme, die ihn tief berührte.
Seine Hände streichelten ihren Rücken, als er den Kopf hob und in ihre Augen sah. »Ich weiß, aber irgendwann wirst du mir gehören, das verspreche ich dir. Du hast keine Ahnung, welche Kraft es mich kostet, dich gehen zu lassen.« Er seufzte tief.
»Das bedeutet mir sehr viel, Daniel«, flüsterte sie leise und ließ ihre Hände an seiner Brust hinunterwandern.
Zischend zog er die Luft ein, ließ sie keinen Moment aus den Augen.
»Kein Mann hat mich jemals so zärtlich berührt oder geküsst. Du bist der Erste. Das werde ich niemals vergessen.« Caitlin beugte sich vor und drückte ihm einen zarten Kuss auf die Lippen, dann erhob sie sich. Es kostete sie alle Kraft, die sie aufbringen konnte, Daniel zu verlassen. Noch nie im Leben hatte sie Gott um etwas gebeten, doch in diesem Augenblick betete sie, dass ein Wunder geschehen mochte und sie für ihn mehr war als nur eine Frau in Not.