Читать книгу Isle of Ely - Gesamtausgabe - Paula Bergström - Страница 14

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Die Beerdigung fand im kleinen Kreis statt. Einige enge Freunde des Viscounts of Ely hatten sich eingefunden, aber niemand, mit dem er seine Zeit an den Spieltischen verbrachte. Auch eine Vielzahl von Freunden, die an den jährlichen Silvesterfeiern teilnahmen, hielt es nicht für nötig, ihm die letzte Ehre zu erweisen. Jetzt, nachdem bekannt geworden war, dass er Haus und Hof verspielt hatte, hatten seine sogenannten Freunde noch mehr Grund, ihm den Rücken zuzukehren. Er war nur am Spieltisch einer von ihnen, das zeigte sich hier und heute auf seinem letzten Weg.

Caitlin nahm die Beileidsbekundungen der wenigen Freunde, die alle nicht ihre waren, mit stoischer Ruhe entgegen. Mit Timothy an der Hand, der einen schwarzen Anzug trug und mit wissendem Blick zu verstehen schien, was geschehen war, stand sie am Grab ihres ungeliebten Mannes und nahm in aller Stille von ihm Abschied. Auch wenn er kein guter Ehemann gewesen war, so gebot es ihr Stolz, sich von ihm zu verabschieden, wie es die Konventionen vorschrieben. Brigham war ihr Mann gewesen und der Vater ihres Kindes.

»Wir sollten gehen.« Es war Daniel, der ihren Arm berührte, und seine Stimme, die sie aus ihren Überlegungen riss. Caitlin schaute sich irritiert um. Die Menschen hatten den Friedhof bereits verlassen, nur noch einige Dienstboten waren geblieben.

»Ich komme sofort nach.«

Mit einem Blick bat sie noch um etwas Zeit für sich selbst und Daniel ergriff die Hand des kleinen Timothy. »Komm, mein Junge. Lassen wir deine Mutter einen Augenblick allein.«

*

Timothys Hand in seiner fühlte sich warm und fest an. Daniel war äußerst beeindruckt, wie wohlerzogen dieser kleine Bursche doch war. Obwohl gerade erst einmal vier Jahre alt, schien er bei der Beerdigung für seine Mutter eine Stütze zu sein. So gern Daniel ihr auch beigestanden hätte, er konnte es nicht. Die Etikette verbot es, dass er sie in aller Öffentlichkeit berührte oder ihr sonst irgendwie nahe kam. Es gab schon genug Gerüchte, nachdem bekannt wurde, dass er der rechtmäßige Besitzer von Ely Manor war.

»Ah, mein lieber Duke, so sieht man sich also wieder. Ist es nicht eine Tragödie, die der lieben Caitlin widerfahren ist?«

Daniel blieb stehen und wandte sich um. »Lady Ireland. Danke, dass Sie erschienen sind.«

»Aber natürlich. Brigham und ich waren alte Freunde. Er war der beste Freund meines Mannes, Gott hab ihn selig. Was wird das arme Mädchen nur machen, jetzt wo Ihnen Ely Manor gehört? Hat sie überhaupt Geld, sich ein neues Zuhause zu suchen? Ihr Mann soll sie ja völlig mittellos zurückgelassen haben.« Ihr Gesicht drückte echte Besorgnis aus, doch Daniel erkannte, dass das alles nur gespielt war. Für die privilegierte Gesellschaft gab es nichts Betörenderes, als sich am Unglück anderer zu weiden und sich darüber das Maul zu zerreißen.

»Lady Ireland, ich bitte Sie, das ist kein Thema in Gegenwart dieses Jungen. Er soll hiervon nichts mitbekommen. Es ist schon schwer genug für ein Kind, seinen Vater zu verlieren. Da muss er sich nicht noch mit derartigen Problemen befassen. Aber Sie dürfen versichert sein, dass ich Lady Caitlin nicht einfach auf die Straße setzen werde. Sie wird in der nächsten Zeit als mein Gast weiterhin auf Ely Manor wohnen«, erklärte Daniel in ruhigem, wenn auch bestimmtem Ton.

»Was? Sie beide allein in einem Haus?«, rief sie aufgeregt und ihre Augen zogen sich zu engen Schlitzen zusammen.

»Mylady, Sie dürften unbesorgt sein. Ich habe bereits nach meiner Schwester, Lady Dawn, und meiner Mutter, schicken lassen. Die Dowager Duchess of Greatstoke wird sicherlich als Anstandsdame ausreichen und Lady Caitlin zur Seite stehen.« Daniels Stimme hatte einen Ton angenommen, der deutlich machte, wie unangemessen er diese Unterhaltung fand.

»Aber Ihre Familie ist mit Lady Caitlin überhaupt nicht bekannt. Sie ist die Tochter einer Hure, hat man Ihnen das denn nicht gesagt?« Hektische rote Flecken bildeten sich auf dem Gesicht der Frau, die ihn anblickte, als wäre er dem Wahnsinn nahe.

»Sie selbst haben es mir erst kürzlich zugetragen, doch ich muss Sie leider berichtigen. Lady Caitlin ist die Tochter einer Freundin meiner Mutter, und Sie wollen doch nicht behaupten, dass meine Mutter mit Huren verkehrt, Lady Ireland.«

Die Baroness griff sich hektisch an den nicht mehr ganz faltenfreien Hals. »Bei Gott, natürlich nicht. Ich gebe nur weiter, was man mir zugetragen hat.«

»Dann sollten Sie in Zukunft vorsichtiger sein mit den Menschen, die Ihnen Gerüchte zuflüstern, Mylady. Sie sollten sich von der Echtheit der Informationen überzeugen, damit Sie selbst keine Gerüchte in die Welt setzen. Wenn ich mich empfehlen darf.« Er verbeugte sich, setzte seinen Hut auf und nahm Timothy bei der Hand, um von der kleinen Kapelle Richtung Herrenhaus zu laufen.

*

Schwarz war eine Farbe, die Caitlin nicht stand. Vielleicht lag es an ihrem blassen Teint, aber sie hasste ihr Spiegelbild. Sie würde keine Trauerkleidung tragen. Zwei Tage hielt sie für angemessen, egal was die Etikette vorschrieb. Warum sollte sie um einen Mann trauern, der sie ins Verderben gestoßen hatte? Der sie geschlagen und verletzt hatte? Für lange Trauer blieb ihr keine Zeit. Sie musste sehen, dass sie so schnell wie möglich ihren Schmuck zu Geld machte, damit sie sich ein eigenes Haus leisten konnte. Auf das Personal würde sie in Zukunft verzichten müssen, dafür hatte sie kein Geld übrig. Solange sie ihre Leute auf Ely Manor gut versorgt wusste, war Caitlin beruhigt. Sie würde mit Daniel darüber sprechen müssen. Nach der Trauerfeier am gestrigen Nachmittag hatte sie ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen und so beschloss Caitlin, ihn zu suchen.

Sie klopfte an die Tür der Bibliothek. Als seine tiefe Stimme sie hereinbat, schlug ihr Herz aufgeregt.

»Euer Gnaden, dürfte ich Sie einen Moment stören?« Sie betrat den Raum, schloss die Tür hinter sich.

Daniel stand an einem der Bücherregale und blätterte in einem Buch, das er zuschlug und zurück an seinen Platz stellte. »Ich möchte dich bitten, mich Daniel zu nennen. In wenigen Stunden werden meine Schwester Dawn und meine Mutter hier eintreffen. Ich habe ihnen geschrieben, dass wir gute Freunde sind, es wäre befremdlich, wenn wir nicht vertraut miteinander umgingen. Ich werde dich Caitlin nennen. In Anbetracht unseres …« Daniel hielt plötzlich inne, fuhr sich mit der Hand durch das dichte schwarze Haar.

»Du meinst, in Anbetracht unseres Kusses ist es eine logische Schlussfolgerung?«, beendete Caitlin seinen Satz und hob eine Augenbraue. »Wir sollten es als das werten, was es war: eine Neujahrsbekundung. Nicht wahr, Daniel?« Ihr Ton ließ ihm keine andere Wahl, als zuzustimmen.

»Ich möchte dich sprechen …« Das vertraute Du kam ihr ganz einfach über die Lippen, so als wären sie sich schon lange bekannt.

»Bitte entschuldige, dass ich dich unterbreche, Caitlin, aber bevor es irgendwelche Missverständnisse gibt: Ich habe beschlossen, dass ich dir anbiete, weiterhin hier auf Ely Manor zu leben. Natürlich zusammen mit Timothy. Du brauchst also nicht zu packen und dich nach einem neuen Haus umsehen. Das hier ist dein Zuhause und so soll es auch bleiben«, bestimmte er.

Sie standen sich nah gegenüber, doch Caitlin wünschte sich, sie könnte sich setzen. Ihr Blick blieb an seinen fein geschwungenen Lippen hängen, deren Farbe so dunkelrot wie reife Trauben war.

»Ich halte mich nicht immer an gewisse Anstandsregeln, auch mag meine Mutter keine ehrbare Frau gewesen sein, doch leider kann ich dein Angebot nicht annehmen. Allein mit dir hier zu leben, bringt nicht nur mich in Verruf, sondern auch ganz besonders dich …«

»Ich habe bereits Vorsorge getroffen. Durch die Anwesenheit meiner Schwester und meiner Mutter sorge ich für den nötigen Anstand. Dawn wird dir gefallen, sie hat deinen Freigeist, ihr werdet euch wunderbar verstehen«, erklärte Daniel und berührte die schwarze Spitze am Kragen ihres Kleides.

»Daniel, wenn deine Mutter erfährt, wer und was ich bin …«

»Du bist die Tochter einer alten Freundin meiner Mutter. Niemand wird Zweifel an deiner Herkunft hegen, wenn die Dowager Duchess of Newbury für dich Partei ergreift.«

»Warum tust du das für mich? Wir kennen uns nicht, ich bin eine Unbekannte für dich. Also warum?«, fragte Caitlin ein wenig atemlos, weil sie diese ganzen Zusammenhänge erst einmal ordnen musste.

»Du bist eine Frau in Not und brauchst Hilfe. Ich biete dir diese Hilfe an.«

»Aber Ely Manor gehört jetzt dir …«

»Wie eine Menge anderer Häuser. Castle Newbury, mein Anwesen im Norden, wird zurzeit umgebaut, daher werde ich einige Zeit hier verweilen. So haben wir eine gute Gelegenheit, uns mit der Zeit besser kennenzulernen. Du benötigst Schutz, den ich dir bieten kann.« Sein Ton war geschäftsmäßig, ließ wenig Raum für Privates.

Caitlin wünschte sich, es gäbe einen anderen Grund, einen der von Herzen kam. Doch sie wusste, dass dies nur Wunschdenken war. Ein Duke würde keine Frau wie sie heiraten. Sie taugte höchstens zur Mätresse, das war der übliche Weg. Auch wenn Caitlin mittlerweile einen Titel trug, als Daniels Ehefrau kam nur eine Jungfrau mit einem ehrbaren Stammbaum infrage. Sie musste ihn vergessen und nur das in ihm sehen, was er war: ein Freund, der ihr seine Hilfe anbot.

»Ich benötige keinen Schutz«, meinte sie daher bestimmt und wollte sich abwenden, doch Daniel ergriff ihren Arm, zog sie an sich.

»So darfst du nicht denken. Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, was mit deinem Mann geschehen ist? Er ist ermordet worden! Warum? Hast du mal darüber nachgedacht? Wir müssen den Mörder finden, damit du und Timothy in Sicherheit seid.«

Erschrocken dachte sie über seine Worte nach. »Timothy? Warum sollte er in Gefahr sein? Er ist ein kleines Kind.«

Hilflos blickte sie in sein Gesicht, als erhielte sie dort die Antwort auf ihre Fragen.

»Caitlin, du bist so eine gute Seele, die nicht an das Schlechte im Menschen glaubt. Auch wenn der Grund und Boden mittlerweile mir gehört, was zu Brighams Todestag kaum jemand wusste, so hat er doch einen Titel zu vererben, der jetzt an Timothy geht. Was ist, wenn der Mörder es auf den Titel abgesehen hat?«

Caitlin verstand sofort, was Daniel damit andeutete. »Ich bin bisher davon ausgegangen, dass Brigham wegen seiner Spielschulden ermordet wurde. Die Polizei ermittelt in diese Richtung. Aber was, wenn diese Annahme falsch ist?«

»So sieht es aus. Das Beste ist, wenn du mit Timothy hier bei mir bleibst. Ich kann dich beschützen, auch wenn ich noch ein wenig durch meine Verletzung eingeschränkt bin, werde ich alles in meiner Macht Stehende veranlassen, um dir Schutz zu gewähren.«

»Ich verstehe nicht, warum du mir beistehst«, murmelte sie leise.

Daniel, der immer noch ihren Arm berührte, schluckte hart. »Dann solltest du einmal genauer darüber nachdenken.« Er beugte sich vor, küsste ihre Schläfe, dann ließ er sie los und verschwand zur Tür hinaus.

Isle of Ely - Gesamtausgabe

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