Читать книгу Isle of Ely - Gesamtausgabe - Paula Bergström - Страница 12

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Caitlin erwachte und der Kamin in ihrem Zimmer brannte wieder. Gladys, das Hausmädchen, hatte ihre Arbeit bereits erledigt und dafür gesorgt, dass es in ihrem Zimmer wieder warm wurde, nachdem alles Holz für die Silvesterparty gesammelt wurde und die Zimmer nicht weiter beheizt werden sollten. Sie drehte sich zur Seite und blickte zum Fenster hinaus. Graue Wolken trieben am Himmel, ab und an kam die Sonne hervor. Wie spät es wohl sein mochte? Da es bereits hell wurde, schätzte Caitlin, dass es auf jeden Fall Zeit für ein Frühstück war.

Sie rief nach May, damit sie sich ankleiden konnte. Caitlin wählte ein sehr schlichtes Kleid aus, denn auch wenn sie einen Gast im Haus hatten, sah sie darin keinen Grund, sich herauszuputzen.

»Guten Morgen«, grüßte sie Daniel, der ebenfalls schon am Esstisch saß, als sie den Raum betrat.

»Guten Morgen, Mylady.« Er erhob sich und wartete, bis Burns Caitlin den Stuhl zurechtgerückt hatte.

»Guten Morgen, Burns. Ist mein Mann schon auf?«

»Bedaure, Mylady, bisher ist der Viscount noch nicht erschienen.«

Burns schüttete ihr eine Tasse Kaffee ein. Er kannte ihre Gewohnheiten genau.

»Euer Gnaden, ich hoffe, Sie haben gut geschlafen«, wandte sich Caitlin an Daniel, nachdem sie den ersten Schluck des schwarzen Goldes zu sich genommen hatte. Sie brauchte mindestens eine Tasse Kaffee, bevor sie überhaupt funktionieren konnte.

»Ich muss zugeben, dass ich sehr gut genächtigt habe. Mein Zimmer ist äußerst angenehm. Darf ich annehmen, dass ich es Ihrem Sinn für Schönheit zu verdanken habe, in einem so wundervollen Zimmer zu schlafen?«

Caitlin lächelte über das Kompliment, senkte jedoch den Blick. Sie hatte mehr Puder als sonst auflegen müssen, damit der dunkle Fleck auf ihrer Wange nicht auffiel. Der Bluterguss an ihren Rippen färbte sich mittlerweile dunkellila und bereitete bei jeder Bewegung höllisch Schmerzen, hinzukam, dass das Korsett sie zusätzlich einengte. Caitlin hatte es nicht so stramm schnüren lassen, ihre Wespentaille war ihr auch ansonsten egal.

»Ich muss mich für meinen Mann entschuldigen, es ist nicht üblich, dass er so lange schläft, wenn wir Gäste haben. Burns, würden Sie bitte nach meinem Mann sehen?«

»Sehr wohl, Mylady.« Burns verließ den Raum und nun fühlte Caitlin sich noch unwohler. Sie hatte nicht bedacht, dass wenn Burns den Raum verließ, sie sich hier allein mit Daniel befand.

»Wie geht es Ihnen, Caitlin?«, fragte Daniel leise und griff nach ihrer Hand.

»Danke, gut. Es ist alles in bester Ordnung«, versuchte sie, ihn glauben zu machen.

»Caitlin, so kann das nicht weitergehen. Sie müssen etwas unternehmen«, flüsterte Daniel.

»Ich kann nicht.«

Im gleichen Moment flog die Tür auf und ein kleiner Junge kam in den Raum gelaufen.

»Mamy, Mamy, Lizzy hat mir erzählt, dass wir ein ganz neues Jahr haben.«

Schnell sprang Caitlin auf und nahm den jungen Mann auf den Arm. »Timothy, du sollst nicht rennen. Sieh nur, wir haben einen Gast. Sei ein guter Junge und begrüße den Duke of Newbury.« Sie stellte den Jungen auf die Beine und er ging langsam auf Daniel zu.

»Guten Morgen, Sir, Euer Gnaden. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.« Er hielt Daniel die kleine Hand hin.

»Guten Morgen, junger Mann. Mit wem habe ich die Ehre?« Daniel ergriff seine Hand, schüttelte sie beflissen.

»Mein Name ist Timothy Taitend, Sir, ich werde der achte Viscount of Ely und dieses Haus einmal erben.«

Daniel zog überrascht eine Augenbraue hoch.

»Timothy, bitte setz dich, damit du frühstücken kannst.« Caitlin folgte ihrem Sohn mit Blicken, fand ihn außerordentlich süß. Er trug eine schwarze Hose mit einem weißen Hemd und einer silbernen Weste. Er sah entzückend aus.

»Wie alt sind Sie, Master Timothy?«, fragte Daniel und trank von seinem Tee.

»Vier Jahre und sechs Monate. Ich habe im Sommer Geburtstag. Es dauert jetzt nicht mehr so lange. Mögen Sie den Sommer, Euer Gnaden?«

Daniel schaute ihn irritiert an. »Ja, ich mag den Sommer. Du bist ein sehr aufgewecktes Bürschchen, mein Lieber.« Daniel fuhr dem Kleinen über die Haare.

Burns betrat das Speisezimmer und blickte Caitlin besorgt an. »Mylady, wenn ich Sie kurz sprechen dürfte.« Er sah vielsagend zu Timothy.

»Tim, sei so lieb und lauf in die Küche. Miss Rogers hat dort bestimmt einen Kakao für dich.«

»Oh ja.« Timothy sauste los, rannte in die Halle.

»Du sollst nicht rennen!«, rief Caitlin ihm nach, doch ihre Worte fanden kein Gehör.

»Burns, sprechen Sie.«

»Ihre Lordschaft ist nicht in seinem Zimmer«, brachte Burns stockend hervor.

»Dann ist mein Mann schon ausgeritten? Bei diesem Wetter?«, fragte Caitlin überrascht.

»Nein, Mylady. Das habe ich bereits überprüft. Alle Pferde sind im Stall. Das Bett Ihrer Lordschaft ist unbenutzt. Es sieht so aus, als hätte er die Nacht nicht in seinem Zimmer verbracht.«

»Bitte rufen Sie Thomas. Ich will hören, was er uns zu sagen hat.«

»Sehr wohl, Mylady.« Burns wandte sich um und verließ den Raum.

»Kommt es öfter vor, dass Ihr Mann nicht zu Hause schläft?«, fragte Daniel nach und es schien ihm egal, ob Caitlin die Frage als indiskret bezeichnen würde.

»Ja, schon. Aber nur, wenn er abends ausgeht. Nicht, wenn er zu Hause feiert.« Unruhe machte sich in Caitlin breit. Was konnte vorgefallen sein, dass Brigham das Haus verlassen hatte? Eigentlich sollte es ihr egal sein, nach dem, was er ihr gestern Abend angetan hatte, doch sie wurde den Verdacht nicht los, dass Daniel Greatstoke nicht ein Neujahrsgast war, sondern etwas ganz Bestimmtes verfolgte.

»Warum sind Sie hier, Daniel?«, fragte Caitlin geradeheraus. Sie hielt seinem Blick stand und überlegte, als er nicht sofort antwortete. »Ist es Geld, das Sie wollen?« Er wäre nicht der erste Mann, der hier auftauchte, und sein Geld einforderte, das Brigham an den Spieltischen verloren hatte.

»Ihr Mann ist nicht in der Lage zu zahlen«, erklärte Daniel und trank in aller Ruhe seinen Tee.

Seit mehr als fünf Jahren war Caitlin verheiratet und diese Szenen hatten sich immer wieder abgespielt. Keine Ahnung, wie lange sie das noch ertragen konnte. Aber um Timothys Willen musste sie hier ausharren. Ely war sein Erbe und das konnte sie ihrem Kind nicht nehmen.

»Mein Mann ist nie in der Lage zu zahlen und dann zaubert er doch irgendwo Geld her. Ich denke, das ist der Grund weshalb er das Haus schon früh verlassen hat. Er wird Geld besorgen, um Sie auszuzahlen. Was hat er verpfändet? Seine kostbaren Pferde? Die Gemälde oder gar meinen Schmuck?« Wut kochte in Caitlin hoch. Es war immer dasselbe. Was müsste sie nun wieder aufgeben, damit Brigham am nächsten Abend erneut am Spieltisch Platz nehmen konnte?

»Ely. Taitend hat Ihren gesamten Besitz verpfändet. Ich habe den Schuldschein bereits vor über einem Jahr bei einem Pokerspiel gewonnen. Da ich in den Krieg zog, hat sich mein Erscheinen verzögert, doch nun ist es an der Zeit, die Schulden einzutreiben.«

Seine Stimme klang hart, der Ausdruck auf seinem Gesicht ebenfalls. Geschockt verharrte Caitlin auf ihrem Stuhl, nicht in der Lage, sich zu bewegen. Ely! Sie würden das Herrenhaus und ihren gesamten Besitz verlieren. Alles, wofür sie die Schmerzen ertragen hatte, fiel jetzt einem anderen zu. Das konnte einfach nicht wahr sein.

Leise räusperte sie sich, weil vor Unglauben ihre Stimme zu versagen drohte. »Ich denke, dass es keinen Sinn hat, meinen Schmuck oder andere Wertgegenstände zu verkaufen«, sinnierte sie leise.

»Es tut mir leid, Mylady. Ich denke, nur die Königin besitzt so viel Schmuck, um den Schuldschein auszulösen.«

Caitlin schloss die Augen. Sie hatte so viel Hoffnung in das neue Jahr gesetzt, doch anstatt besser wurde es sogar noch schlimmer, als würden sich ihre düsteren Träume bewahrheiten.

Burns betrat mit Thomas, dem Hausdiener, das Speisezimmer. Er diente Brigham auch als Kammerdiener, nachdem der letzte seine Stellung vor einigen Wochen gekündigt hatte, weil er den vereinbarten Lohn nicht erhalten hatte.

»Thomas, wissen Sie etwas über den Verbleib meines Mannes? Hat er gestern in seinem Schlafzimmer genächtigt?«, befragte Caitlin den Dienstboten, der sie mit großen Augen anblickte.

»Nein, Mylady. Es tut mir leid. Lord Taitend hat heute in den Morgenstunden meine Dienste nicht benötigt.«

»Haben Sie gesehen, dass er das Haus verlassen hat?«, fragte Daniel streng.

»Nein, Euer Gnaden. Nachdem die Dienerschaft für Ordnung gesorgt hat, sind wir alle schlafen gegangen«, berichtete Thomas.

Burns räusperte sich, bevor er sprach. »Mylady, ich habe bereits das gesamte Personal befragt, niemand hat Lord Taitend gesehen.«

*

Die Tür schloss sich hinter den Dienstboten und Stille legte sich über den Raum.

»Bis wann müssen wir das Haus geräumt haben?«, fragte Caitlin leise in die Stille hinein und Daniel sah, wie sich Tränen in ihren Augen bildeten. Es rührte ihm das Herz.

»Mylady, ich glaube, Sie haben im Moment andere Probleme. Wo wollen Sie denn unterkommen?«

Caitlin sah ihn niedergeschlagen an und hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Brigham hat sich, nehme ich an, noch nicht um eine neue Unterkunft bemüht. Bestimmt ist er gerade auf der Suche danach. Es gibt niemanden, bei dem ich und Timothy unterkommen könnten.«

»Keine Verwandten? Was ist mit Ihren Eltern?«, wollte Daniel wissen.

Sie schien zu überlegen, ob sie ihm vertrauen konnte. Das gab den Ausschlag, dass er nach ihrer Hand griff und sie zärtlich drückte. »Sie können mir vertrauen, Caitlin. Ich bin ganz der Ihre«, sprach er mit leiser Stimme.

Abrupt erhob sie sich, wandte sich dem Fenster zu und starrte hinaus.

Daniel erhob sich ebenfalls, trat hinter sie.

»Ich kenne meinen Vater nicht«, flüsterte sie und während sie sprach, ließ ihr Atem das Fensterglas beschlagen. »Sie kennen sicherlich die Gerüchte um meine Mutter. Leider sind es keine Gerüchte, es ist die Wahrheit. Meine Mutter war eine Hure. Sie starb vor vielen Jahren und ich wuchs bei meiner Tante auf. Auch sie starb, kurz nachdem Brigham mich zur Frau genommen hatte. Sie war der Meinung, dass ich mit meinem Mann, dem Viscount of Ely, das große Los gezogen hätte. Dass es mir in meinem Leben an nichts fehlen würde.«

Sie wandte sich Daniel zu. »Das ist es, was ich bin. Das Kind einer Prostituierten, nur gesellschaftsfähig durch die Heirat mit einem Viscount und seiner Gunst ausgesetzt. Meine Mitgift ist längst verspielt. Ich habe kein Anrecht auf irgendetwas. Selbst mein Kind kann er mir nehmen, wenn er will. Ich habe keine Ahnung, wo wir jetzt unterkommen sollen. In seinen Augen bin ich nichts wert und werde es auch nie sein.«

Daniel hob seine Hand und streichelte ihre Wange. Sie war so wunderschön und weckte Gefühle in ihm, die ihm nicht zustanden, doch er kam nicht dagegen an. Sein Herz schrie in stiller Verzweiflung ihren Namen, auch wenn sie die Frau von Lord Taitend war. Auch wenn er sie nicht besitzen konnte, so konnte er sich auf andere Weise dienlich erweisen. »Nein, Sie sind so viel mehr, Mylady. Und ich werde es beweisen. Danke für Ihr Vertrauen, Ihr Geheimnis ist bei mir sicher.«

Damit wandte er sich ab, ging Richtung Tür. »Ich stelle ein Suchkommando zusammen. Wir werden Ihren Gatten finden.«

Isle of Ely - Gesamtausgabe

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