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Er sagte es ihr im Atelier am Nachmittag des folgenden Tages, als sich der Puls bei beiden etwas beruhigt hatte. Die Couch hatte er diesmal aufgeklappt, bevor sie kam, und mit einem sauberen Betdaken von zu Hause bezogen. Kamila, noch ganz entblößt, richtete sich bestürzt und erschrocken auf.

»Und das sagst du mir erst jetzt?«

Auch Jan, ebenso nackt, setzte sich auf.

»Mir war unheimlich nach dir. Ich hatte Angst, dass du gleich die Lust verlieren würdest ...«

Sie fischte wieder ihr Etui irgendwo heraus, zündete sich eine Zigarette an und gestand dann erst.

»Du hast wohl Recht.«

»Ich denke, dass auch sie Recht haben«, sagte Jan, »in der gegebenen Situation, sowie sie mir ein Genosse geschildert hat, der sie wirklich gut kennt, ist es für deinen Mann vorerst eine annehmbare Lösung.«

Sie rauchte schnell und auf Lunge, wie immer, wenn sie sich den Kopf über etwas zermarterte. Dann fragte sie ihn ganz direkt.

»Das hast du aber nicht nur deshalb eingefädelt, damit wir zwei zusammen sein können?«

»Also, Kamila ... wie kannst du so etwas ...«

Das Blut stieg ihm ins Gesicht, und sie merkte, dass sie ihn nicht bloßstellte, sondern beleidigte. Sie drückte ihre Zigarette in einem Blumentopf aus und umarmte ihn.

»Bitte, verzeih mir!«

Aber die Lust hatte sie nun schon verloren. Sie griff nach ihrer Wäsche.

»Er muss das sofort erfahren ...«

Weiter sprach sie nur noch pragmatisch.

»Ich werde sagen, dass du mich nach der Probe abgeholt hast!«

In dem großen Doppelzimmer an der Kaianlage rauchte sie kräftig weiter, als Jan ihrem Mann am runden Tisch erzählte, was er für mitteilbar hielt. Er bat um Verständnis, keine Quelle verraten zu dürfen, versicherte ihm aber, dass er diese Nachricht absolut ernst nehmen könne. Felix Fischer erhob sich nach einer Weile und begann umherzugehen, als ob er an der Fakultät mit Studenten diskutieren würde.

»Eigentlich ist das ja eine Verbannung!«

Hierzu schwiegen die beiden anderen.

»Zudem ist sie so durchschaubar zeitlich festgelegt, dass ich meinen Parteitag verpassen sollte. Das verbietet mir die Moral!«

»Dein Hauptberuf ist es, Vorlesungen abzuhalten«, entgegnete Kamila, »und vielleicht bist du ja tatsächlich gefährdet.«

»Um Himmels willen, warum sollte ich das sein? Ich führe eine normale innerparteiliche Diskussion, ich prüfe das Für und Wider, um dazu beizutragen, die richtige Lösung zu finden.«

»Nur hat die ja schon eine beträchtliche Mehrheit gefunden, und jemand von euren Leuten sieht dich anders ...«

Er überhörte sie und blieb vor Jan stehen.

»Mir kommt das eher wie ein nachrichtendienstliches Spiel vor! Dir nicht?«

Wiederum antwortete sie ihm.

»Die prestigeträchtige Wiener Universität kann das doch nicht vorspielen! Aber sei es nun Zufall oder ein Akt der Solidarität, sie kamen zur rechten Zeit, sieh es also als Wink des Schicksals. Felix! Die Fusion ist doch eine ausgemachte Sache, auch ohne dich!«

»Umso weniger begreife ich daher, warum jemanden eine gegenteilige Meinung stören sollte!«

Da er weiterhin von oben auf ihn herabschaute, fühlte sich Jan genötigt, zu antworten.

»Vielleicht geht es irgendjemandem darum, dass der Beschluss eures Parteitags einstimmig ausfällt.«

»Das ist doch eine Phobie von euch Kommunisten! Aber wir sind die Sozialde-mo-kra-tie, und den Grundsatz, dass Demokratie gleich Diskussion ist, wollen wir auch in den zukünftigen Bund mit euch einbringen. Gerade die Meinung der Minderheit verschafft dem Sieg der Mehrheit Vertrauen!«

Im anderen Teil des Salons begann das Telefon zu klingeln. Der Professor wollte automatisch hingehen, aber Kamila kam ihm zuvor.

»Lass dich nicht stören ...«

Kaum war sie verschwunden, ließ sich Fischer dicht neben Jan nieder, legte ihm vertraulich den Arm um den Hals und fragte eindringlich.

»Genosse Soukup ... oder darf ich auch Jan sagen?«

»Sicher ...«

»Von wem ist diese Nachricht?«

»Sie ist die Reaktion darauf, was ich für euch in Erfahrung bringen sollte ...«

»Von wem?«

»Ich habe mein Wort auch dort gegeben ...«

»Und ist sie aus eurem Politbüro?«

»Ja ...«

»Aus dem ... nicht aus dem Moskauer Lager?«

Jan hatte nie gelernt zu lügen.

»Gewiss war darin eine deutliche Hochachtung Ihnen gegenüber und die Sorge um Sie enthalten ...«

»Sollte mir diese Warnung etwa nur Angst einjagen, um mich lächerlich zu machen?«

»Mir kam sie aufrichtig vor ...«

Fischer fragte nicht weiter. Nach wie vor hatte er jedoch seinen Arm auf Jans Nacken, als Kamila zurückkam.

»Genosse Laštovička ...«

»Nun, was ist denn ...?«

»Genosse Laštovička ist von einem Auto angefahren worden ... Er war auf der Stelle ...«

Sie sprach nicht zu Ende. Fischer ließ langsam seinen Arm von Jans Schultern gleiten und schaute ihm unverhohlen vorwurfsvoll in die Augen.

»Auch schon bei uns!?«

Die Schlinge

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