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Wie gehe ich mit meinem Gegenüber um, wenn er im Schmerz gefangen ist?
Schmerz entsteht durch den Glauben an die Illusion, dass man selbst unschuldig und der andere schuldig sei. Dieser Mensch ist mit seinem Verstand identifiziert und hat daher einen Autoritätskonflikt mit dem Leben selbst.
Nehmen wir nur mal an, Du wärst jener Mensch und würdest nicht erkennen, dass der allumfassende Geist in jedem Augenblick – sei es durch Sonnenstrahlen, Vogelgezwitscher oder eine Begegnung – mit Dir spricht. Stattdessen fühlst Du Dich vom Leben getrennt und wartest wie ein kleines Kind auf Mutter und Vater, damit sie für Dich sorgen, Dich beruhigen oder Dich ablenken. Diese mentale Starre wird als Ohnmacht empfunden und kann vorübergehend überspielt werden, doch früher oder später führt sie zu Konflikten.
Aber wie kann man diese Starre auflösen?
Dein Verstand findet auf diese Frage keine Antwort, denn um den Konflikt zu lösen, muss die Ursache der Unbeweglichkeit erkannt und gefühlt werden. Geschieht dies nicht, bleibt die Situation für alle Beteiligten schwierig, denn es handelt sich hierbei um das unbewusste Verlangen nach Kontrolle und den geheimen Wunsch, Nähe zu entziehen.
Die entscheidende Frage, die Du Dir in Gegenwart eines Menschen in Konflikt stellen solltest, lautet daher:
Wovor fürchte ich mich so sehr, dass ich mein Gegenüber dazu benutze, meinen inneren Konflikt stellvertretend auszuagieren?
Sprich diese Worte bitte laut aus! Und frage Dich jetzt, was Du damit zu tun hast – schließlich bist Du Zeuge eines Menschen in Konflikt und womöglich selbst an ihm beteiligt. Und um Deinen ersten Gedanken den Wind aus den Segeln zu nehmen: Nein, es handelt sich hierbei nicht um Fremdeinflüsse, die Dich von etwas abhalten wollen. Er bestärkt nur ein weiteres Konzept, das Deine Verantwortung als Schöpfer verleugnet. Also noch einmal anders gefragt: Warum lässt Du Dein Gegenüber für Dich dieses Drama spielen?
Ich weiß es nicht.
Nun, dann sage bitte jetzt laut:
Ich bin die Veränderung meiner Erfahrungswelt und verantwortlich für meine Wahrnehmung.
Ich entscheide, mich jetzt in eine höhere Frequenz anzuheben.
Ich bin Liebe und schaue in Liebe auf den Konflikt.
Ich verbinde mich mit meiner inneren Weisheit und harmonisiere mich mit der eben gestellten Frage und Antwort, wie sie auch immer aussehen mag.
Und was kommt Dir?
Ich glaube, ich habe Angst, meine eigene Ohnmacht zu fühlen.
Und Du fürchtest den nächsten Schritt, denn der heißt immer: Vergeben, verbinden, vereinen!
Nein, davor habe ich keine Angst. Ich will es nur nicht.
Du willst etwas durchsetzen und fühlst Dich ohnmächtig, weil Du es nicht kannst.
Aber warum? Und was genau?
Die Antwort kennst Du bereits.
Mich nervt das grad richtig. Warum schaffe ich es nicht, auf mein Gegenüber zuzugehen?
Du willst Kontrolle über die Situation haben und weißt, mit dem nächsten Schritt würdest Du sie verlieren, denn der heißt Liebe! Und Liebe vergibt, verbindet und vereint – immer! Du schaffst es nicht, auf Dein Gegenüber liebevoll zuzugehen, weil Du dann etwas verlierst, womit Du Dich identifiziert hast. In diesem Fall ist es die erfundene Geschichte des unschuldigen Opfers.
Aber er verhält sich doch wie ein Unmensch!
Das mag sein, vielleicht in Deiner Wahrnehmung. Aber tut er das wirklich?
Hm.
Und wo verhältst Du Dich wie er?
Keine Ahnung.
Lass diese Frage in Dein Herz sinken und sei offen für die Antwort! Erzwinge nichts. Die Antwort zu empfangen ist nicht, sie zu wollen und einzufordern oder zu überlegen, wie sie lauten soll.
Wenn ich das tue, sterbe ich.
Welcher Teil in Dir fürchtet zu sterben? Lass uns hier gemeinsam hinschauen und das Gefühl der Angst untersuchen! Stell Dir vor, Du gehst jetzt auf Dein Gegenüber zu und sagst: »Ich entschuldige mich für mein unbewusstes Verhalten, das unseren Streit begünstigt hat. Bitte lass uns gemeinsam eine Lösung finden!« Was genau macht das mit Dir? Wo sitzt die Weigerung?
Im Zentrum meiner Brust! Dort spüre ich Druck.
Was fürchtest Du zu verlieren, wenn Du es tätest?
Meinen Stolz, meine Glaubwürdigkeit … den Respekt … mein Recht!
Recht worauf? Von welchem Recht sprichst Du?
Recht auf Gerechtigkeit!
Und was ist Deiner Meinung nach in diesem Fall Gerechtigkeit?
Er hat mich verletzt und ich möchte, dass er sich dafür bei mir entschuldigt. Und ich will, dass er erkennt, wo er sich selbst und andere belügt.
Und Du meinst, er solle das wirklich tun? Warum? Damit es Dir besser geht?
Ja.
Geht es Dir denn damit wirklich besser?
Nein.
Warum nicht?
Weil unsere Freundschaft kaputtgegangen ist.
Und was noch?
Ich weiß es nicht.
Weil Du die Verantwortung über diese Situation abgegeben hast und Dein Gegenüber mit seinem Verhalten über Deinen Zustand entscheiden lässt. Du fühlst Dich ohnmächtig, weil Du nicht in Deiner Autorität bist. Und die findest Du nicht in der Frequenz des Konfliktes, sondern in einer höheren. Daher verbinde Dich jetzt erneut mit Deiner inneren Weisheit und schaue in Liebe auf Dein Gegenüber.