Читать книгу Bernemann sitzt auf der Düne - Peter Biqué - Страница 9
4.
ОглавлениеNachdem Bernemann sein Eis vernichtet hatte, erhoben auch wir uns, um unser Zimmer aufzusuchen. Mutter Gretchen stand hinter ihrer Theke und hantierte an der Kaffeemaschine herum.
»Sag mal, Mutter Gretchen, wie war das denn letzte Woche mit diesem Polizeieinsatz?«
Die Wirtin wandte sich uns zu. »Naja, ich hab das mal zuerst gar nicht gemerkt. Dieser Kriminelle ist wohl auf gut Glück ins Haus gekommen, und plötzlich wimmelte hier alles von Polizisten.«
»Und warum war ausgerechnet unser Zimmer der Ort des Geschehens? Sind die Zimmertüren denn nicht abgeschlossen?«
»Normalerweise schon. Aber das Zimmer war letzte Woche nicht belegt, und ich wollte schon alles auf eure Ankunft vorbereiten. Da stand die Tür für ein paar Minuten offen. Das Zimmermädchen hat zwischendurch schnell noch ein anderes Zimmer saubergemacht. So wie es aussieht, hat sich der Kriminelle diese Zufälligkeit zunutze gemacht. Er hatte aber ohnehin keine Chance zu entkommen. Wie gesagt – es wimmelte nur so von Polizisten.«
»Offenbar hat der Typ hier irgendwo seine Pistole versteckt.«
»Ja, offenbar«, sagte sie. »Aber die Polizei hat nichts gefunden.«
»Naja«, brummte ich, »wir gehen mal auf unser Zimmer. Nachher kommen wir zum Abendessen runter.«
»Bis dann«, sagte sie.
Im Zimmer schaute ich mich erst einmal gründlich um. Natürlich schaute ich mich erst einmal gründlich um, wenn ich darüber informiert worden war, daß man hier möglicherweise eine Pistole versteckt hatte. Wer hätte so etwas im idyllischen Ostfriesland erwartet? Ich jedenfalls nicht. Und Bernemann sowieso nicht.
Es gab einen sehr hohen und sehr wuchtigen Kleiderschrank, der fast bis zur Decke reichte. Rechts eine Abteilung, wo man Hosen, Jacken und Kleider aufhängen konnte, und links viele kleine Fächer für Unterwäsche und Socken und Blusen und Hemden und meinetwegen auch für Baseballkäppis. Der Schrank war so hoch, daß man das oberste Fach nicht einsehen konnte, wenn man kein Zweimetermann war. Da ich nur eins dreiundachtzig messe, mußte ich mich auf die Zehenspitzen stellen, um das oberste Fach einsehen zu können, und selbst dann mußte ich noch ein wenig in die Höhe hopsen.
›Oh Mist!‹ dachte ich. Da oben, ganz hinten in der Ecke, lag tatsächlich eine schwarzglänzende Beretta 9 mm Parabellum. Du lieber Himmel, wie war denn das möglich? Hier waren angeblich ganze Hundertschaften von Polizisten durchs Zimmer getrampelt – und denen allen sollte die Waffe des Kriminellen entgangen sein? Ich konnte es kaum fassen. Ich wollte es nicht glauben. Mit Rücksicht auf den kleinen Kumpel Bernemann sagte ich erst einmal nichts. Ich platzierte einen Stapel Socken in das oberste Fach vor die ominöse Knarre, und damit ließ ich es vorläufig gut sein. Bernemann konnte dieses Fach ohnehin nicht erreichen.
Morgen, dachte ich, morgen rufe ich Kommissar Hasenleder an, und dann würde diese leidige Angelegenheit endlich erledigt sein.
Wir gingen zum Essen, verputzten gigantische Portionen von Krabben und Spiegeleiern und Bratkartoffeln, und Bernemann spülte das Zeug mit riesigen Gläsern Kirschsaft hinunter, während ich drei oder vier friesisch-herbe Pils in mich hineinstürzte. Es war alles in allem ein sehr nahrhaftes und äußerst befriedigendes Abendmahl. Bernemann und ich – wir schliefen dann beide vor dem Fernseher ein.