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c) Schwebende Wirksamkeit durch Widerruflichkeit und Nichtigkeit wegen Übersicherung

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Ein Vertrag ist lediglich schwebend wirksam, solange er unter den Voraussetzungen von §§ 312b, 312g oder 495, 355 BGB widerrufen werden kann. Wird der Widerruf erklärt, ist der Vertrag endgültig unwirksam.

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aa) Ein Sicherungsvertrag kann unter den situativen (§ 312b Abs. 1 BGB) und persönlichen (§§ 13, 14 BGB – Verbraucher und Unternehmer als Parteien) Anwendungsbereich des Außergeschäftsraum- (Haustür-) geschäftewiderrufsrechts nach § 312g fallen. Widerruflich ist der Vertrag nur, wenn er als Außergeschäftsraumgeschäft auch in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fällt. Das könnte daran scheitern, dass es bei einem Sicherungsvertrag am Tatbestandsmerkmal der entgeltlichen Leistung des Unternehmers fehlt, das § 312 Abs. 1 BGB seit dem 13.6.2014 (Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU) aufstellt. Entgeltlich ist aber nur der Kredit, nicht der Sicherungsvertrag (vorst. Rn. 169). Jedoch genügt die mittelbar im Kreditvertrag liegende Entgeltlichkeit, um den Sicherungsvertrag als Außergeschäftsraum-Geschäft ansehen zu können[1], wie dies richtigerweise auch für die Bürgschaft (näher unten Rn. 1011) nahe läge. Kann das Tatbestandsmerkmal der Entgeltlichkeit auf diese Weise überwunden werden, könnte die Anwendung von § 312g über das Widerrufsrecht aber noch daran scheitern, dass Inhalt des Sicherungsvertrags nicht eine entgeltliche Leistung des Unternehmers, sondern eine Leistung des Verbrauchers – nämlich zur Bestellung der Sicherheit – ist. Aber diese Leistung des Verbrauchers ist ein Hilfsgeschäft für die im Kredit liegende Hauptleistung des Unternehmers, typischerweise der Bank. Auch insoweit kann die Mittelbarkeit als genügend angesehen werden und die Tradition der Widerruflichkeit des Sicherungsvertrags fortgeführt werden[2].

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bb) Unter den persönlichen Voraussetzungen von § 13 BGB (Verbraucher) ist ein Kreditvertrag gemäß § 495 BGB widerruflich. Widerruflich ist allemal der Verbraucherdarlehensvertrag, der bei grundpfandrechtlicher Besicherung zugleich Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist (vgl. auch vorst. Rn. 174), sodass die Frage, ob auch der Sicherungsvertrag widerruflich ist, nur Bedeutung erlangt, wenn der Grundeigentümer nicht zugleich Darlehensnehmer, wohl aber Partei des Sicherungsvertrages ist (Interzession, oben Rn. 66). Richtiger-, aber umstrittenerweise ist der Sicherungsvertrag ebenso wie ein Schuldbeitritt als widerruflich anzusehen[3] (im Einzelnen unten Rn. 1009 ff., 1253). Der XI. Zivilsenat des BGH, der den Sicherungsvertrag als Haustür– (Außergeschäftsraum-)geschäft angesehen hatte, verneint jedoch mit lapidarer Begründung den sachlichen Anwendungsbereich von Verbraucherkreditrecht (unten Rn. 1254). Sieht man den Sicherungsvertrag dem entgegen als Verbraucherkreditgeschäft an, folgt daraus zugleich seine Widerruflichkeit nach § 495 und Formbedürftigkeit nach § 492 Abs. 1 BGB, wenn die gesicherte Forderung aus einem Darlehensvertrag entsteht, und nach § 506 Abs. 1, wenn der gesicherte Vertrag einen Zahlungsaufschub enthält[4]. Dagegen bezieht sich die Pflicht, die zu bestellende Sicherheit im Darlehensvertrag mit dem Verbraucher gem. § 492 Abs. 2 i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB resp. im Teilzahlungsvertrag gem. § 506 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB anzugeben (unten Rn. 1252), nicht auf Immobiliardarlehensverträge, sondern nur auf Allgemein-Darlehensverträge (§ 491 Abs. 2 Satz 1 BGB).

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cc) Anfängliche Übersicherung, die als Sittenverstoß nach § 138 Abs. 1 BGB wegen ihrer Blockadegefahr für andere potentielle Sicherungsnehmer relevant werden kann (vgl. unten Rn. 1208), bemisst sich aus dem Wertverhältnis zwischen gesicherter Forderung und Sicherungsgegenstand, bei einem Grundpfandrecht also dem Grundstück. Bei einem Singulargrundpfandrecht bewirken aber Rangfolge und Zwangsvollstreckungsverfahren (vorst. Rn. 109 und nachf. Rn. 478), dass das Grundstück nicht für andere Sicherungsnehmer blockiert ist. Denkbar wäre eine Blockadesituation allenfalls bei einem Gesamtgrundpfandrecht (nachf. Rn. 422), wenn nur eines oder weniger Grundstücke des Sicherungsgebers (Grundeigentümer) dem Sicherungsbedürfnis des Sicherungsnehmers genügen würden (vgl. auch unten Rn. 533) oder wenn das Grundschuldkapital die gesicherte Forderung erheblich übersteigt, wenngleich auch hier Rang und Versteigerungsverfahren Raum für die Besicherung durch andere Gläubiger lassen. Die für die Bürgschaft entwickelten Grundsätze zum krassen Missverhältnis zwischen Verbindlichkeit und finanzieller Leistungsfähigkeit (unten Rn. 940, 944) sind wegen der Beschränkung auf das Grundstück nicht anwendbar[5], denkbar aber im Falle der weiten Sicherungszweckerklärung (vorst. Rn. 178). Bei einer solchen ist außerdem eine nachträgliche Übersicherung vorstellbar (unten Rn. 1211 ff.), wenn sich der Bestand gesicherter Forderungen nachhaltig vermindert. Rechtsfolge ist in diesem Fall der Freigabeanspruch des Grundstückseigentümers.

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