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d) Abstraktes Schuldversprechen, Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung

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aa) Zwar weisen Grundschuld und Hypothek im wirtschaftlichen Ergebnis letztendlich kaum Unterschiede auf (vorst. Rn. 114), doch kann die mangelnde Akzessorietät zwischen Forderung und Grundschuld für den Gläubiger vorteilhafter sein, weil er die Grundschuld auch bei Tilgung der gesicherten Forderung in der Hand behält und sie bis zur Befriedigung anderer Ansprüche zurückbehalten kann. Aber es gibt Wege, auch die Hypothek trotz Tilgung des gesicherten Kredits in der Hand des Gläubigers zu belassen. Wenn die Hypothek akzessorisch zur Forderung ist, so muss der Gläubiger nur dafür sorgen, dass die gesicherte Forderung – und damit die Hypothek – trotz Kredittilgung möglichst lange in seiner Hand bleibt. Da der Gläubiger das Erlöschen der Kreditforderung durch Erfüllung nicht verhindern kann, muss er sich eine andere Forderung schaffen, die trotz der Tilgung bestehen bleibt und die durch die Hypothek gesichert wird. Den dazu geeigneten Weg stellt das Gesetz durch die Vereinbarung eines abstrakten Schuldversprechens gem. § 780 oder -anerkenntnisses gem. § 781 BGB zur Verfügung, z.B. durch die Erklärung des Eigentümers, der nicht zugleich persönlicher Schuldner ist, die persönliche Haftung für den Betrag der Grundschuld zu übernehmen[1]. Die unabhängig vom Schuldgrund einer Leistung versprochene Forderung aus Anerkenntnis oder Versprechen besteht weiter, auch wenn die zugrundeliegende Forderung, hier der Kredit, erlischt, und folglich besteht auch die Hypothek, akzessorisch mit der abstrakten Forderung verbunden, fort. Auch bei einer Sicherungsgrundschuld kann dieser Weg aus der Sicht des Gläubigers angezeigt sein[2], um zu vermeiden, dass der Rückübertragungsanspruch ausgelöst wird (nachf. Rn. 215) und um volle Valutierung zu gewährleisten. Aber der rechtliche Grund für den Bestand der abstrakten Forderung ist weggefallen, sodass Anerkenntnis oder Versprechen gem. § 812 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 kondiziert werden können[3]. Der Gläubiger erhält also nicht mehr als ihm zusteht. Nur trägt der Schuldner die Beweislast für die Voraussetzungen der Kondiktion. Während der Gläubiger in der Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gem. § 1147 (nachf. Rn. 461) die anspruchsbegründenden Voraussetzungen und damit im Allgemeinen die Entstehung der durch die Hypothek gesicherten Forderung im Bestreitensfalle zu beweisen hat – insbesondere die Darlehenshingabe[4] –, ist er dessen durch die Begründung der abstrakten Forderung enthoben. Vielmehr ist es nun der Schuldner, der im Rahmen der Kondiktion die Beweislast dafür trägt, dass die gesicherte Forderung nicht entstanden oder erloschen ist. Darin liegt die Umkehr der Beweislast. Sie kommt dem Sicherungsnehmer vor allem bei weiter Zweckerklärung (vorst. Rn. 176) zustatten, wo streitig sein kann, ob eine bestimmte Forderung zum Sicherungsumfang gehört, und im Zusammenhang mit der Vollstreckungsunterwerfung (gleich nachf. Rn. 191). Sollte die gesicherte Forderung, das Darlehen, verjährt sein, bleibt das Schuldversprechen gem. § 216 Abs. 2 Satz 1 BGB bestehen[5].

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bb) Die Fälligkeit der Hypothek ist von der Fälligkeit der Forderung abhängig, die Fälligkeit der Grundschuld gem. § 1193 Abs. 1 Satz 1 von deren Kündigung (nachf. 194), die Verwertung von der Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung gem. § 1147 (nachf. Rn. 461, 465). Das Verfahren kann abgekürzt werden, indem sich die Parteien der Möglichkeit bedienen, gem. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO eine notarielle vollstreckbare Urkunde zu errichten, welche die Unterwerfung unter die sofortige (also keines vorgeschalteten Erkenntnisverfahrens bedürfenden) Zwangsvollstreckung in das Grundstück (und im Hinblick auf das Schuldversprechen zusätzlich in das gesamte übrige Vermögen) des Eigentümers enthält. Außerdem kann sich der Gläubiger vom Nachweis der Fälligkeit (vgl. § 726 Abs. 1 ZPO) befreien lassen[6]. Mit dieser Urkunde, versehen mit der auf Antrag zu erteilenden Vollstreckungsklausel und dem Nachweis der Zustellung an den Eigentümer, kann der Gläubiger die Verwertung betreiben, und es ist Sache des Eigentümers, Einwände im Wege der Vollstreckungsgegenklage gem. §§ 797 Abs. 4, 767 ZPO[7] (z.B. in Wahrheit nicht eingetretene Fälligkeit, Verjährung von Grundschuldzinsen[8]) geltend zu machen und gem. § 769 ZPO eine Einstweilige Anordnung zu beantragen oder Klage gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel gem. § 768 ZPO zu erheben oder Erinnerung gem. § 732 ZPO[9] einzulegen. Wegen der an sich zu leistenden Sicherheit für die Einstweilige Anordnung gewährt das Gesetz dem Eigentümer Erleichterung, wie § 767 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu entnehmen ist. Ergibt sich, dass die Vollstreckung aus der Urkunde unzulässig war, erwächst dem Eigentümer der verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch aus § 799a ZPO[10] (ähnlich § 717 Abs. 2 ZPO bei Vollstreckung aus einem nur vorläufig vollstreckbaren Titel[11]). In § 799a ZPO ist die Zulässigkeit der Unterwerfungserklärung als solcher vorausgesetzt[12] (vgl. auch nachf. Rn. 195). Zur Vollstreckung durch einen Erwerber der Grundschuld nachf. Rn. 192.

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Besonderheiten gelten, wenn nicht der ursprüngliche Gläubiger, sondern der Erwerber der Grundschuld und der gesicherten Forderung vollstrecken will. Nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats der BGH[13] darf der Erwerber, der Zessionar, aus der Unterwerfungserklärung nur vorgehen, wenn er in den Sicherungsvertrag, der obligatorischen Grundlage der Grundschuldbestellung (vorst. Rn. 169), eintritt. Andernfalls wäre der Sicherungscharakter der Grundschuld, nämlich die Verwertung von ihrer jeweiligen Valutierung abhängig zu machen, nicht gewahrt. Die Wirksamkeit der Verfügungsgeschäfte, der Abtretungen, bleibt hiervon unberührt[14] (s. auch unten Rn. 1237).

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Eine Variante des Vorgehens liegt in Folgendem: Ist der Zessionar nicht in den Sicherungsvertrag eingetreten, kann die Unterwerfungserklärung beim Zedenten verblieben sein, sodass dieser Gläubiger der Unterwerfungserklärung ist (sog. Titelgläubiger). Er ist an den Sicherungsvertrag gebunden. Der Grundschuldzessionar kann den Titelgläubiger ermächtigen (siehe allerdings Rn. 1559), die Zwangsvollstreckung für den Zessionar zu betreiben, ist aber an die Beschränkungen aus dem Sicherungsvertrag, an die der Titelgläubiger gebunden ist, seinerseits gebunden, z.B. an die Einrede der Nichtvalutierung[15].

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Eine andere Frage ist, ob der Notar, von dem der Zessionar die Erteilung der Vollstreckungsklausel nach §§ 727 Abs. 1, 726 Abs. 1 ZPO verlangt, die Erteilung verweigern kann oder sogar muss, wenn die Unterwerfungserklärung keinen Hinweis auf den Eintritt in den Sicherungsvertrag enthält. Diese Frage hat der VII. Zivilsenat, der für Rechtsbeschwerden im Klauselerteilungsverfahren allein zuständig ist, dahin beantwortet, dass der Notar die Klausel erteilen muss[16] und der Eigentümer sein Recht durch Klage nach § 768 ZPO (Klauselabwehrklage) zu suchen hat (zur Missbrauchsgefahr durch Kreditverkäufe nachf. Rn. 332).

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cc) Schuldanerkenntnis und -versprechen sowie die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sind legitime Rechtsformenwahlen[17], denen bei Verbraucherbeteiligung auch nicht das Wechsel- und Scheckverbot von § 496 Abs. 3 BGB (analog) entgegensteht[18]. Fraglich ist jedoch, ob die Legitimität auch für die Einbeziehung in den Vertrag durch Allgemeine Geschäftsbedingungen gilt. Das Erfordernis notarieller Beurkundung hindert den Notar nicht, von der Bank gestellte Formulare für die notarielle Urkunde zu verwenden, sodass der sachliche Anwendungsbereich von § 305 Abs. 1 BGB erfüllt ist. Zwar werden Anerkenntnis und notarielle Urkunde im Allgemeinen[19] nicht überraschend i.S.v. § 305c sein[20] und als solche den Eigentümer auch nicht unangemessen benachteiligen[21] (wohl aber möglicherweise bei freier Abtretbarkeit der Kreditforderung nebst Grundschuld[22]), aber unwirksam sind gegenüber zu privaten Zwecken handelnden Sicherungsgebern (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB) gem. § 309 Nr. 12 auch Klauseln, durch die der Verwender – die Bank als Gläubigerin – die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils – des Eigentümers – ändert. Das aber geschieht, insbesondere dann, wenn der Bank auch der Nachweis der Fälligkeit erlassen wird[23] (vorst. Rn. 191). Dass die Beweislastumkehr durch die Verwendung gesetzlicher Rechtsformen eintritt, ändert entgegen dem überwiegenden Standpunkt der Rechtsprechung nichts an der in § 309 Nr. 12 bestimmten Unwirksamkeitsfolge; die gesetzlichen Rechtsformen dürfen für Individualvereinbarungen (§ 305 Abs. 1 Satz 3) verwendet werden, aber in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann ihre Legitimität enden[24]. Darüber hinaus kann aus den besonderen situativen Umständen des Vertragsabschlusses eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 und aus § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB folgen (s. auch vorst. Rn. 176). Dagegen dürfte die europäische Klauselrichtlinie nicht entgegenstehen[25]. Rechtsprechung und überwiegendes Schrifttum teilen die hier vertretene Würdigung jedoch nicht; danach sind auch die Begründung eines Schuldanerkenntnisses und die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ohne Weiteres wirksam[26].

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Ist die vertragliche Regelung, weil sie eine Individualvereinbarung darstellt, wirksam, kann der Gläubiger nur einmal vollstrecken, auch wenn die zugrundeliegende Forderung – vor allem denkbar bei Grundschulden für Kontokorrentverbindlichkeiten (vorst. Rn. 169) – höher ist als der Betrag des Anerkenntnisses[27].

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Für die Sicherungsgrundschuld entsteht ein weiteres Problem, das sich aus der zwingend vorgeschriebenen Kündigung mit sechsmonatiger Frist als Fälligkeits- und Vollstreckungsvoraussetzung nach § 1193 Abs. 1 BGB ergibt (nachf. Rn. 214). Das Schuldversprechen ist dagegen gem. § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig, sodass der Gläubiger des Immobiliarkredits (§ 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB) aus dem Schuldversprechen statt aus der Grundschuld vorgehen könnte und § 1193 BGB leerliefe, der gesetzgeberische Schutz (nachf. Rn. 331) versagte. Die richtige Lösung dürfte darin liegen[28], dem Sicherungsvertrag aufgrund eines Immobiliarkredits ein Subsidiaritätsverhältnis zu entnehmen, nach welchem der Gläubiger zunächst die Vollstreckung aus der Grundschuld zu betreiben hat und erst danach aus dem Schuldversprechen vorgehen darf. Entsprechendes gilt in formell-rechtlicher Hinsicht für die Unterwerfungserklärung aus § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, von der richtigerweise erst nach Kündigung der Grundschuld und Fristablauf Gebrauch gemacht werden darf[29]. Zur Vollstreckungsklausel siehe allerdings vorst. Rn. 192. Vollstreckt der Gläubiger trotzdem aus Unterwerfungserklärung und Schuldversprechen, ist die Vollstreckungsabwehrklage (vorst. Rn. 192 a.E.) begründet, wenn die Kündigungsfrist nach § 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht abgelaufen und außerdem die gesicherte Forderung, das Darlehen, noch nicht zur Rückzahlung fällig ist.

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