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bb) Das Problem der Doppelleistungsgefahr

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§ 1138 kann also zur Entstehung einer forderungslosen Hypothek führen. Wie ist es aber, wenn die Forderung durchaus besteht, nur dem Zedenten nicht zusteht? Dieser Fall tritt ein, wenn die Abtretung nach § 1154 nichtig ist (z.B. nach § 105 Abs. 2 BGB), später aber gutgläubiger Erwerb des Grundpfandrechts stattfindet: Der Erwerber ist nicht zugleich Inhaber der Forderung geworden, diese steht vielmehr immer noch dem geschäftsunfähigen Zedenten zu. Gleiches kann durch das Handeln eines Vertreters ohne Vertretungsmacht nach § 177 BGB eintreten sowie in folgendem, gleichgelagertem Beispiel: Einer Bank wurde eine Buchhypothek bestellt, die sie einem Zessionar überträgt, dieser an einen weiteren Zessionar. Die Bank ficht ihre auf Abtretung der Forderung gerichtete Willenserklärung (§§ 1154 Abs. 3, 873, 398, vorst. Rn. 296) der ersten Übertragung wirksam an mit der Folge rückwirkender Nichtigkeit gem. § 142 und der weiteren Folge, dass der erste Zessionar nichts erworben hatte und von Anfang an als Nichtberechtigter anzusehen ist. Der spätere Zessionar erwirbt die Hypothek trotzdem vom ersten, in Wahrheit nichtberechtigten Zessionar gem. §§ 1138, 892. Wem aber steht die Forderung zu, deren Bestand durch die Anfechtung ihrer Abtretungserklärung beim ersten Übertragungsgeschäft natürlich unberührt bleibt? Bleibt man bei dem Grundsatz, dass der gutgläubige Erwerb von Forderungen ausgeschlossen ist, wäre die Bank Inhaberin der Forderung geblieben und der spätere Zessionar gleichwohl Inhaber der Hypothek geworden. Könnte der Grundeigentümer also von der Bank wegen der Forderung, vom Zessionar wegen der Hypothek in Anspruch genommen werden, besteht also die Gefahr der Doppelleistung? Ist zur Vermeidung dieser Gefahr der gutgläubige Erwerb der Forderung systemwidrigerweise zuzulassen? Dieses Problem ist höchst umstritten.

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Man könnte erwägen, der erste Gläubiger (die Bank) müsse sich den Grundbucheintrag als Umstand zurechnen lassen, der Vertrauen auf die Zuordnung der Forderung zugunsten des gutgläubigen Erwerbers schafft, und er verliere deshalb die Forderung an den gutgläubigen späteren Zessionar. Aber diese Erwägung führt zu dem problematischen Ergebnis eines gutgläubigen Erwerbs der Forderung. Die Lösung ist[1] vielmehr in dem Umstand zu suchen, dass die kraft guten Glaubens gem. § 1138 erworbene Hypothek ein nicht akzessorisches Sicherungsrecht, nämlich in Wahrheit eine Grundschuld ist (vorst. Rn. 317), und dass deshalb die Grundsätze, die zur Vermeidung der Doppelleistung bei nicht akzessorischen Sicherungsrechten gelten, heranzuziehen sind. Danach hat der Grundeigentümer Anspruch auf Übertragung der Sicherheit, wenn die gesicherte Forderung wegfällt (vorst. Rn. 241). Diesen Anspruch kann er der Forderung zurückbehaltend entgegensetzen, braucht auf die Forderung also nur Zug um Zug gegen Übertragung der Sicherheit zu leisten (§§ 273, 404, vorst. Rn. 267). Sind aber Inhaber der Sicherheit und Inhaber der Forderung verschiedene Personen, kann der Forderungsinhaber seine Forderung nicht durchsetzen, weil er außerstande ist, die Sicherheit zu übertragen, die er nicht hat. Solange der Forderungsinhaber nicht zugleich Sicherheiteninhaber wird, ist er folglich dauernd dem Zurückbehaltungsrecht des Grundeigentümers ausgesetzt, die Forderung ist entwertet. Bei nicht-akzessorischen Sicherheiten wie Grundschuld und Sicherungstreuhand (unten Rn. 1285) ist der Eigentümer also gegen Doppelleistungen geschützt. Ist das als Hypothek bezeichnete Grundpfandrecht aber in Wahrheit ebenfalls nicht akzessorisch, sondern Grundschuld, gilt nichts anderes. Der Grundeigentümer braucht auf die Forderung, die nicht dem Hypothekar zusteht, nicht zu leisten, wenn er dafür nicht das Grundpfandrecht erhält. Die Gefahr der Doppelleistung besteht nicht. Dann aber gibt es auch keinen Grund, den gutgläubigen Erwerb der Forderung zuzulassen. Sie bleibt vielmehr bei ihrem Inhaber[2]. Sind Eigentümer und Schuldner nicht identisch und nimmt der Forderungsinhaber den Schuldner in Anspruch, braucht dieser, wenn er Partei des Sicherungsvertrags ist, nur gegen Rückübertragung des Grundpfandrechts an sich selbst oder an den Eigentümer zu leisten. Zur Rückübertragung ist der bloße Forderungsgläubiger aber außerstande, sodass er die Forderung nicht durchsetzen kann. Auf der anderen Seite muss der Eigentümer, der nicht Partei des Sicherungsvertrags ist, die Verwertung dulden, ohne Anspruch auf Abtretung der gesicherten Forderung zu haben (vorst. Rn. 268).

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