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Hybrid Events – Live und Digital verschmelzen in einer spannungsgeladenen Einheit

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COLJA DAMS


CEO Vok Dams Events & Live-Marketing, Wuppertal

Hybride Eventformate sind nicht neu. Durch die Covid-19-Pandemie katalysierten Entwicklungen von Digitalisierung haben Hybrid Events jedoch einen regelrechten Boost erlebt und spielen die zentrale Rolle im Live-Marketing. Während analoge und physische Live-Events vor allem durch direkten und persönlichen Kontakt und multisensuale Ansprache punkten, steht bei digitalen Formaten bisher meist die Reichweite im Fokus. Das ergibt sich vor allem daraus, dass digitale Formate in aller Regel orts- und zeitunabhängig genutzt werden und nahezu immer und überall verfügbar sind. Weitere Argumente sind Nachhaltigkeit (zum Beispiel die Reduzierung von Emissionen durch Reisen zu physischen Treffen), Effektivität und Effizienz (beispielsweise durch die Reduzierung der Reisezeit zu physischen Treffen) sowie Convenience (es ist bequemer die Veranstaltung auf dem eigenen Monitor zu verfolgen). Hybride Events und entsprechende Konzepte verbinden das Beste aus beiden Welten: Die Aspekte physischer Events (Multisensualität, persönlicher Dialog) und die Vorteile der digitalen Kommunikation (Reichweite, Nachhaltigkeit, Effektivität und Effizienz, Convenience) begegnen sich auf Augenhöhe. Als „Hybrid“ bezeichnet man etwas, das gebündelt, gekreuzt oder vermischt wird. In der Technik versteht man unter „Hybrid“ ein System, bei welchem zwei Technologien miteinander kombiniert werden. Dabei betont die vorangestellte Bezeichnung „Hybrid“ ein aus unterschiedlichen Arten oder Prozessen zusammengesetztes Ganzes. Die Besonderheit liegt darin, dass die zusammengebrachten Elemente für sich schon Lösungen darstellen, durch das Zusammenbringen aber neue erwünschte Eigenschaften entstehen können (Vgl. Wikipedia.de, Eintrag zu „hybrid“: https://de.wikipedia.org/wiki /Hybrid).

Und ebendies ist auch die Besonderheit von Hybrid Events. Es sind eben nicht nur Events, bei denen sich sowohl Live- als auch digitale Elemente finden, sondern es sind Eventformate, bei denen das Digitale mit dem physischen Vor-Ort-Erlebnis zu einem neuen Ganzen verbunden wird. Hat man in der Vergangenheit gern noch jederlei Einbindung von digitalen oder virtuellen Elementen in eine Veranstaltung, seien es Social Media-Posts oder digitale Abstimmungs-Apps, als hybrid bezeichnet, so zeigt sich heute, dass Hybrid Events weit mehr sind. Sie ermöglichen eine gleichzeitige Teilnahme vor Ort (physical attendance) und aus dem (Home-)Office (digital attendance), sie verschmelzen digitale mit Vor-Ort- und Live-Formaten zu einer neuen Einheit und ermöglichen echte Interaktionen zwischen Teilnehmenden und Veranstaltenden – unabhängig davon, ob diese physisch anwesend oder digital zugeschaltet sind. Damit haben Hybrid Events eine ganz neue Stufe in der Event-Evolution erreicht. Augenhöhe, Interaktion, Simultanität und Flexibilität sind die Kernbegriffe der neuen Hybrid Events. Durch die Kombination der unterschiedlichen Eigenschaften von „Live“ und „Digital“ lassen sich Synergien, aber auch ganz neue Veranstaltungsformte und Kommunikationsstrategien schaffen.

Auch wenn dies vielleicht zunächst einfach klingt, ist es in der Umsetzung doch ein großer und häufig unterschätzter Schritt. Hybrid Events benötigen ein Technik-Know-how, das ebenfalls als ein Hybrid zwischen IT und Eventtechnik-Expertise bezeichnet werden kann. Techniker*innen müssen die interaktiven Notwendigkeiten mit den digitalen Möglichkeiten durchdenken, entsprechende Zugänge sicherstellen, sodass eine zeitgleiche Kommunikation zwischen den Teilnehmenden vor Ort und vor den Bildschirmen ermöglicht wird. Auf dieser technischen Basis baut das Event-Konzept auf.

Legen diese technischen Voraussetzungen die Basis, so sind nun Eventspezialisten und Kommunikationsexperten gefragt. Denn ein Hybrid Event ist keine Aneinanderreihung von digitalen Format-Feuerwerken, sondern benötigt, mehr noch als ein klassisches Event, eine stringente Dramaturgie, eine smarte Storyline und durchdachte Formate. So stellt ein Hybrid Event neue und besondere Anforderungen an Eventdesigner und Konzeptioner. Hier stehen die Interaktionsmöglichkeiten und Involvierungsformate klar im Vordergrund. Ein Hybrid Event muss Augenhöhe zwischen den Teilnehmenden herstellen, egal, ob sie aus dem Homeoffice, dem Urlaubsort, dem Büro oder vor Ort teilnehmen – ihnen müssen gleichwertige Erlebnisse und Involvierungsmöglichkeiten geboten werden. Interaktion untereinander muss angeregt und ermöglicht werden, Involvement der Teilnehmenden eine aktive Auseinandersetzung mit den Kernbotschaften und Eventzielen forcieren. Dies erfordert neue Formate, neue Konzepte und ein Hybrid aus digitalen und Live-Formaten, das die Teilnehmenden immer wieder aktiviert und einbindet, sodass gar nicht erst die Gefahr aufkommt, dass sie sich als passive Empfänger*innen oder bloße Zuschauende zurücklehnen oder ablenken lassen. Das betrifft natürlich vor allen Dingen, aber nicht nur, die Teilnehmenden an den Bildschirmen, die noch mehr als die Teilnehmenden vor Ort im „Working Mode“ bleiben und nebenher von eingehenden Emails und möglichen anfallenden Arbeitsaufträgen abgelenkt werden. Daher steht das Hybrid Event immer auch ein Stückweit in Konkurrenz zu den sonstigen Anforderungen an die Teilnehmenden und muss kontinuierlich und in verschiedenen Formatangeboten stets die Bereitschaft wecken, sich auf das Event einzulassen und aktiv teilzunehmen. Teilnehmende müssen also noch stärker in das Geschehen eingebunden werden, als es sonst die Regel ist. Hybride Events stellen die Zielgruppe und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Inhalte müssen an diese Bedürfnisse angepasst sowie spannend, unterhaltsam und professionell umgesetzt werden.

#1 Involvement benötigt integrierende Aktivierung

Um das Involvement der Teilnehmenden sicherzustellen und immer wieder zu ermöglichen, benötigt es Formate und Elemente, welche die Teilnehmenden sowohl im digitalen als auch im Raum vor Ort aktiv einbinden und zu Aktionen auffordern. Dabei muss die Integration von digitalen Elementen so in den Eventablauf eingebunden werden, dass die Unterschiedlichkeit zwischen Live und Digital aufgelöst wird. Die Grenzen zwischen digitaler und physischer Teilnahme vor Ort müssen aufgehoben werden, digitale und live Formate integrativ ineinander verwoben und als integrierend erlebt werden. Gelingt dies, so steigert das die Wirkung im Vergleich zu reinen Live-Events enorm und das weit über den eigentlichen Veranstaltungszeitraum hinaus. Denn digitale Elemente spannen auch lange nach der Veranstaltung einen kommunikativen Rahmen. Auf aktive Integration muss daher eins der Hauptaugenmerke von Hybrid Events liegen.

#2 Interaktion benötigt Augenhöhe

Wie bei physischen Events ist auch bei Hybrid Events die Partizipation der Teilnehmenden ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Ein Hybrid Event muss deswegen immer wieder die Interaktion mit den Teilnehmenden suchen. Dies gelingt allerdings nur dann, wenn Augenhöhe der Teilnehmenden untereinander ermöglicht und immer wieder in den Fokus genommen wird. Dafür eignen sich Formate, welche die Interaktion zwischen digitalen und physisch-anwesenden Teilnehmenden nicht bloß ermöglichen, sondern immer wieder einfordern. Dies kann durchaus auf spielerische Weise geschehen. Da ein wesentlicher Aspekt von Live-Events auch immer der Wunsch nach Austausch und Netzwerken ist, gilt es gerade solche interaktiven Formate zu kreieren, die ebendies ermöglichen und fördern. Daher bieten sich Co-Creation-Formate besonders für Hybrid Events an.

Dabei ist eines besonders zu beachten: Die einzelnen Formate für die unterschiedlichen Teilnehmergruppen müssen dabei nicht gleich aber gleichwertig sein. So werden die Teilnehmergruppen in „physical attendance“ oder „digital attendance“ unterschiedliche Erlebnisse haben und unterschiedliche Formate nutzen, die besonders auf ihr gewähltes Teilnahmeformat einzahlen und die jeweiligen Themen in unterschiedlicher Form darstellen.

#3 Insight benötigt authentischen Mehrwert

Menschen gehen auch deshalb zu Veranstaltungen, weil sie dort besondere Insights und Einblicke gewinnen. Diesen Motivator gilt es auf Hybrid Events zu stärken, um auch die Aufmerksamkeit der digitalen Teilnehmenden zu binden. Ein gelungenes Hybrid Event bietet den Teilnehmenden exklusive Insights und einen spürbaren Mehrwert. Hierbei ist wichtig, dass der Exklusivitätscharakter zwar spürbar ist, immer aber auch zum Absender der Botschaften passen muss. Exklusivität, wie man sie vor einigen Jahren noch mit besonders ausgefallenen Buffets oder Dinner-Arrangements zu betonen versuchte, ist auf einem Hybrid Event fehl am Platz. Denn sie verschärft nur ein Ungleichgewicht zwischen den Teilnehmenden vor Ort und den digitalen Teilnehmenden. Ein Unternehmen muss überlegen, welche Art der Exklusivität gut zu Marke und Markenversprechen passt. Authentizität und Bodenständigkeit sind hier wichtige Stichworte. Es gilt, Exklusivität über besondere Insights, über Mehrwert in Unterhaltung oder Netzwerken, über Zugang zu Wissen oder Mitgestaltung zu schaffen. Gerade wenn auch digitale Teilnehmende zugeschaltet sind, liegt es nahe, dass sie Behauptungen oder Insights sofort online recherchieren und überprüfen, daher ist es bei Hybrid Events unabdingbar, dass die Storyline authentisch und passgenau zum Markenkern beziehungsweise dem Unternehmen entwickelt wird. Mehrwert ist mehr als nur Exklusivität – und diesen Mehrwert müssen Konzeptioner von Hybrid Events herausarbeiten und erlebbar machen.

#4 Potenziale heben

Anders als auf klassischen Events hinterlässt hybride Eventkommunikation im digitalen Raum unzählige Spuren, die durch den Einsatz von moderner Tracking- Software im Rahmen von zum Beispiel Live+ Marketing Automation zurückverfolgt, abgebildet und operationalisiert werden kann.

Auf der quantitativen Seite kann durch die Messung von Zugriffs-, Klick-, Zuschauer- und Downloadraten ein einfacher Überblick über die Effektivität der Kommunikationsbestandteile geschaffen werden. Hierdurch können Inhalte später bestmöglich ausgewertet und an die jeweilige Situation angepasst werden. Auf der qualitativen Seite bieten zum Beispiel Social Media Monitoring-Methoden eine Möglichkeit, Tonalität und Meinungen der Zielgruppe übersichtlich abzubilden, um so einen tieferen Einblick in die Welt und die Bedürfnisse der Interessentengruppen zu erhalten. Live+ Marketing Automation geht dabei noch einen Schritt weiter: Live+ Marketing Automation oder auch Data Driven Marketing ist die Erweiterung der Marketing Automation durch Daten von Events und Live-Marketing. Ziel ist erstens die intelligente Steuerung von Inhalten über alle Touchpoints hinweg, um aktuelle und potenzielle Kunden an jedem Punkt der Customer Journey individuell abzuholen. Zweitens die Transparenz im Sales-Funnel: über die lückenlose Dokumentation wird der Kampagnenerfolg messbar. Und drittens erfolgreiche, datenbasierte Post-Event-Kampagnen. Durch Hybrid Events lässt sich tiefgehendes Konsumentenwissen zusammentragen, welches unter nicht-hybriden Eventbedingungen im Verborgenen und damit nicht nutzbar geblieben wäre. Letztendlich trägt dies gleichermaßen zur Steigerung von Effizienz und Effektivität bei.


#5 Komplexität verlangt Öffnung

Eins wird zunehmend deutlich: es werden sich nur Systeme durchsetzen können, die eine einfache Integration bestehender, spannender Lösungen im Netz ermöglichen. Geschlossene Systeme kommen schnell an ihre Grenzen, sie laufen Gefahr der Vereinfachung oder werden sich an neue Entwicklungen kaum mehr integrativ anschließen lassen. Gerade hier aber liegt ein großes Potenzial, das kommunikativen Mehrwert schafft: durch Schnittstellen und Zusammenbringen unterschiedlicher Systeme und Lösungen, ganz neue Möglichkeiten zu erschließen. Es muss also möglich sein, die besten Anwendungen und Technologien zusammenzubringen und immer wieder neu zusammenfügen zu können. Auf „Open Platforms“ zusammengestellt können so die einzelnen Anwendungen maßgeschneidert ausgewählt und für den jeweiligen kommunikativen Nutzen zusammengebracht werden.

RoE – Return on Event

Die Integration von virtuellen Kommunikationsbestandteilen erfordert auf Seite der Unternehmen zwar zunächst ein Umdenken und Neu-Denken. Allerdings sind auch die Chancen deutlich, denn Hybrid Events generieren zusätzliche Intensität und Reichweite.

Durch ihre zeitliche Unabhängigkeit vom physischen Event können Hybrid Events eigenständige soziale Strukturen schaffen, die vom Spannungsfeld aus „Live“ und „Digital“ zusammengehalten werden und im Idealfall niemals enden. Einmal etabliert können hybride Eventstrategien von Veranstaltung zu Veranstaltung weitergedacht und ausgebaut werden, wodurch der Ressourcenaufwand für Live-Marketing-Maßnahmen sinkt. Ebenso werden durch soziale Netzwerke, mobile Applikationen und Augmented Reality-Anwendungen weitaus größere Lern- und Wissenseffekte erzielt, als dies rein physische Events ohne digitale Bestandteile vermögen. Dank zusätzlicher Aktivierung, höherem Involvement, mehr Interaktion, Interaktivität und Insight stellen Hybrid Events ein höchst wirkungsvolles Kommunikationsinstrument dar, dessen Potenziale, Möglichkeiten und Einblicke in ihrer Gesamtheit nur schwer zu überbieten sind.

Die Zukunft von Messen, Kongressen und Events

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