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„DU BRAUCHST SOLCHE LEUTE, DIE MEHR VON DIR HALTEN, ALS DU EIGENTLICH KANNST – DANN WÄCHST DU ÜBER DICH SELBST HINAUS“

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Du hast Mathias Rebitsch bei eurer Durchsteigung der Rofan-Ostwand das erste Mal persönlich getroffen. Aber ein Begriff war er dir bereits vorher?

Dem Namen nach habe ich ihn natürlich schon gekannt. Der Hias war einer der führenden Bergsteiger in den Vierzigerjahren. Es hat einige Leute gegeben, die gut klettern konnten, aber er war einer der Besten. Er war mit seinen Erstbesteigungen in den Laliderer Wänden, im Wilden Kaiser oder im Rofan derjenige, der neue Maßstäbe gesetzt hat. Der Hias war im Gebirge außergewöhnlich gut. Er war aber auch sehr humorvoll, sehr herzlich und vor allem redegewandt. Ich habe ihn wirklich gern gemocht.

Nach dieser gemeinsamen Tour habt ihr euch öfter getroffen?

Ja, daraus hat sich dann eine Freundschaft entwickelt.

Seid ihr auch noch zusammen geklettert?

Nein, wenn wir im Gebirge waren, sind wir eher gewandert. Einmal habe ich ihn nach Grindelwald mitgenommen, zum 50-Jahr-Jubiläum der Erstdurchsteigung der Eiger-Nordwand. Der Hias mit seinem Wissen war ja maßgeblich daran beteiligt, dass 1938 Heckmair, Vörg, Harrer und Kasparek die Wand machen konnten.

Er war im Jahr davor mit Ludwig Vörg in der Wand. Nach einem Wettersturz mussten sie oberhalb des „Todesbiwaks“ den Rückzug antreten.

Und 1938 war er dann nicht dabei, weil er auf Expedition ging, zum Nanga Parbat. Aber er war derjenige, der die Eiger-Nordwand genau gekannt hat, der auch die Eigenheiten der Wand gekannt hat. Er wusste, da muss man klettern, aber da ist durch die eingelagerten Eisfelder auch viel Eiskletterei dabei. Deswegen nahmen Heckmair und Vörg zwölfzackige Steigeisen mit, durch die sie die Eisfelder schnell und sicher hinter sich brachten. Aus Rebitschs Nachlass habe ich tolle Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus der Eiger-Nordwand erhalten.

Sind das die Bilder, die Ludwig Vörg gemacht hat?

Das nehme ich an, denn der Hias ist abgebildet. Die Qualität ist natürlich mäßig, das Wetter war ja auch schlecht. Sonst wären sie nicht zurückgegangen.

Damals, im August 1937, waren sie überhaupt die Ersten, die aus dem zentralen Wandteil lebendig zurückkamen. Alle anderen

… sind gestorben. Sedlmayr ist gestorben und Mehringer und wie sie alle hießen. Angerer, Rainer, der Hinterstoißer und der Kurz – alle sind sie gestorben. Hias hat mir später selbst erzählt, wie sie 1937 ein paar Tage vor dem eigentlichen Versuch schon einmal aufgebrochen waren und eine Leiche fanden.


Hias Rebitsch im Ersten Eisfeld der Eiger-Nordwand

Andreas Hinterstoißer.

Genau, den fanden sie am Wandfuß. Sie wollten den Toten nicht liegen lassen und haben ihn hinuntergebracht, anstatt einzusteigen. Das hat Hias natürlich schon nachdenklich gemacht. Er war ja eigentlich nicht unbedingt ein harter Typ. Er hatte eben auch eine weiche, nachdenkliche Seite. Was mir an Rebitsch imponierte, war, was er alles gemacht hatte. Und dass er Hirn und Humor hatte. Als es ihm später gesundheitlich nicht mehr so gut ging, kam er öfter zu uns ins Zillertal. Wir fuhren in die Seitentäler hinein, in die Floite oder in den Zillergrund, und Hias erzählte von seinen früheren Begehungen und Lausbubenstreichen. Immer wieder sagte er: Mensch, da oben war ich auch einmal. Er hatte ja fast alle Routen im Zillertal wiederholt.


Hias Rebitsch im „Schwierigen Riss“ der Eiger-Nordwand

Von wo war er denn?

Er war ein Brixlegger. In Innsbruck studierte er, Chemie, später machte er auch Forschungsfahrten in die Anden und schrieb ein schönes Buch darüber, „Die silbernen Götter des Cerro Gallan“. Er lebte in Innsbruck und war eigentlich immer alleinstehend. Er war einfach ein außergewöhnlich netter, angenehmer, lustiger Gesprächspartner. Mit dem Hias wurde dir nie langweilig. Auf der Anfahrt zu diesem Eiger-Jubiläum, wir sind über den Arlberg gefahren, erzählte er mir, dass er da und da oben war, nur die Namen hat er nicht mehr gewusst. Er hatte so viel gemacht. Er war ja auch in Chamonix.

Er war ein richtiges Vorbild für dich.

Ja. Der Hias hat einen höheren Stellenwert gehabt als alle anderen. Wobei ich auch Hermann Buhl, den ich ja leider nicht mehr kennengelernt habe, bewunderte, aber irgendwie war ich näher beim Rebitsch – einfach weil ich ihn kannte.

Wie war dein Verhältnis zu Ernst Schmid?

Der Ernst war eben die Generation vor dem Rebitsch. Rebitsch und Buhl waren sich näher, standen auch in einer gewissen Konkurrenz zueinander. Buhl war in den späten Vierzigerjahren der junge, aufstrebende Star. Ernst Schmid war schon auch ein ähnliches Kaliber, aber natürlich nicht so gefinkelt wie später ein Rebitsch. Bei ihm reden wir vom dritten und vierten, auch mal vom fünften Schwierigkeitsgrad. Allerdings in der Rosskopf-Nordwand, die Ernst Schmid erstbegangen hat, auch schon vom sechsten Grad. Aber zwischen einem Schmid-Sechser und einem Rebitsch-Sechser gibt es dann doch leichte Unterschiede. Der Ernst war auch deshalb für mich interessant, weil er mit dem Fiechtl kletterte. Hans Fiechtl war ein Münsterer, vom Ausgang des Zillertals. Den Fiechtl habe ich auch sehr geschätzt.

Aber nicht mehr erlebt.

Nein, er ist ja schon 1925 abgestürzt, unter mysteriösen Umständen im Sockeldurchstieg am Totenkirchl, den er im Jahr zuvor erstbegangen hatte. Da hat man gemunkelt, dass er mit der Frau eines Gastes ein Verhältnis hatte und dass der ihn dann vom Seil abgeschnitten hätte. Wie dem auch sei – das waren ganz interessante Burschen. Der Fiechtl hat bei uns im Zillertal sehr schwere Erstbegehungen gemacht, die kaum wiederholt wurden.

Zum Beispiel?

Er war der erste Bergführer im Zillertal, der wirklich extreme Touren kletterte. Vorher waren schon auch Leute unterwegs, die von mir aus den Normalweg auf den Löffler, auf den Möseler oder auf den Feldkopf gingen. Aber der Fiechtl suchte sich dann die ganz schweren Sachen. Auf der Ostseite des Mörchners machte er eine Erstbegehung, die nie wiederholt wurde. Er hat 1911 die Feldkopf-Ostnordostkante erstbegangen, er hat die Feldkopf-Nordostwand erstbegangen, eine ganz seriöse Tour, schwer, vor allem gefährlich, weil sie so brüchig ist. Und unzählige weitere.


Peter Habeler mit dem „Rofan-Papst“ Ernst Schmid

Im Kaiser war er ja auch sehr aktiv.

Zum Beispiel machte er mit dem Dülfer die Westwand am Predigtstuhl. Hans Dülfer war vielleicht ein bisschen der feinere Typ. Und später dann die „Fiechtl/Weinberger“ auf den Nordgipfel des Predigtstuhls. Alles schwere Freikletterrouten. Er hatte sehr viel Kraft. Und wenn es irgendwann einmal nicht ging, zog er kurz seine Schnapsflasche heraus und machte wieder weiter.

Jetzt aber nochmals zurück zu Ernst Schmid. Ihr habt dieselbe Leidenschaft geteilt?

In der Zeit, als wir im Rofan zu klettern begannen, in den späten Fünfzigerjahren, Anfang der Sechziger, war er immer dort anzutreffen. Er konnte damals natürlich nicht mehr klettern, dafür war er schon zu alt. Er war schwer geworden, hat gut gegessen, mochte auch ein Glasl Roten nicht ungern. Er war ein Sir, das muss ich dazusagen. Er schaute uns einfach zu und zeigte uns die Routen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie der Ernst Schmid einmal mit mir – und ich weiß nicht mehr, wer alles dabei war, wahrscheinlich die ganze Crew von der Glasfachschule –, wie wir unterhalb dieser ganzen Wände herumgingen, von der Rofan-Ostwand beginnend bis hinüber zum Sagzahn, und er zeigte uns jeden Einstieg und erzählte von seinen Routen und seinen Begehungen. Das war herrlich. Auch die Abende mit ihm auf der Bayreuther Hütte genossen wir, wenn er ins Reden kam, uns aber auch an seinem klettertechnischen Wissen teilhaben ließ. Ich weiß noch, dass er einmal erwähnte, dass er bei einer Erstbegehung als Seilerster ausrutschte. Das war an der Ostseite des Sagzahns, in einem Dreier, die ganze Seilschaft stürzte ab, und alle – und das glaube ich dem Ernst, der Ernst hat nicht geflunkert – hingen sie noch an einem Haken. Irgendwie rappelten sie sich halt wieder zusammen, sie waren zum Teil verletzt, und seilten dann ab. Da sperrten wir natürlich als junge Burschen die Ohren auf und machten uns unsere eigenen Gedanken.

Wegen seiner vielen Erstbegehungen hieß er „Rofan-Papst“?

Deswegen Rofan-Papst. Wie gesagt, die Rofan-Ostwand, dann machte er mit dem Franz Nieberl die Nieberlschlucht. Zu seinen schwersten Erstbegehungen gehört die Rosskopf-Nordwand und, gemeinsam mit Fiechtl, das „Ypsilon“ in der Seekarl-Nordwand. Das war ein lange nicht lösbares Problem, ein nach außen hin offener Riss. Und er legte auch eine wunderschöne Route durch den Rofanturm. Er war da oben einfach zu Hause. Ernst war von Beruf Fahrdienstleiter in Brixlegg. Das hat er immer so nett erzählt, dass er halt hie und da, wenn sie biwakieren mussten, weil sie nicht rechtzeitig hinunterkamen, in der Früh ganz schnell zum Bahnhof nach Brixlegg hinunterlaufen musste, damit er die Züge wieder einweisen konnte.

Zusammen mit ihm geklettert bist du nie.

Nein, mit ihm nie. Aber er hat sehr viel in uns bewegt und hat uns darin bestärkt, dass das Klettern einfach eine bärige Geschichte ist. Und das ist schon wichtig. Er war, genau wie Hias Rebitsch, ein ganz hervorragender Motivator. Du brauchst solche Leute, die mehr in dir sehen, als du vielleicht sogar bist. Die mehr von dir halten, als du eigentlich kannst – dann wächst du über dich selbst hinaus.

Namen wie Riccardo Cassin oder Walter Bonatti waren dir damals aber auch ein Begriff.

Natürlich, das waren Legenden. Bonatti allerdings hörte in meinen Augen zu früh mit der Bergsteigerei auf. Aber trotzdem war er eine Figur, die im Alpinismus etwas bewegte, vornehmlich durch seine Alleinbegehungen. Cassin war interessant, weil ich seine Touren sehr schätzte. Er hat sich aus der Fülle von Möglichkeiten die schönsten herausgesucht: die Nordostwand des Badile, den Walkerpfeiler an den Grandes Jorasses, den Cassin Ridge am Mount McKinley. Unglaublich schöne Erstbegehungen. Er schaute sich das an, und dann zog er es durch. Damals waren eben auch noch ganz andere Möglichkeiten für Erstbegehungen gegeben. In unserer Zeit war das alles schon weg. Wir wiederholten halt dann diese Routen und freuten uns, wenn wir auf einen von Cassin geschlagenen Haken trafen. Ich hatte später auch Kontakt mit ihm und mit seinem Sohn, dem Tono. Sie hatten ihre Fabrik am Comer See.

Wen hast du sonst noch bewundert?

Ich habe Edmund Hillary sehr geschätzt, ich schätze ihn heute noch, weil er etwas getan hat, was außergewöhnlich ist. Aber vor allem, weil er einfach ein feiner Mann ist, der sich stark für die Sherpas eingesetzt hat. Der es nicht nur beim Bergsteigen beließ, sondern sich beim Bau von Schulen und Krankenhäusern engagierte. Nicht etwas für sich selbst, sondern für andere schuf. Und ansonsten – irgendwie waren ja alle meine Kletterpartner ein bisschen meine Vorbilder. Man lernt ja von jedem etwas dazu. Das ist ganz wichtig. Ob ich mit einem Fankhauser Horst klettere, mit dem Rebitsch Hias oder mit Otti Wiedmann oder mit dem Reinhold – ich lerne immer etwas dazu. Es ist entscheidend, dass man zu dem Zeitpunkt, wo das Klettern geformt wird, gute Lehrmeister hat. Das ist das Um und Auf. Wenn du da gute Leute hast wie einen Sepp Mayerl oder wie einen Reinhold, dann nimmst du von jedem etwas Positives auf. Und ich hatte das Glück, einige sehr gute Lehrmeister zu haben. Das sind genauso meine „Helden“, wie ich umgekehrt vielleicht ein Vorbild für sie bin, weil ich mit ihnen geklettert bin.

Den anderen, mit denen du nicht geklettert bist, Cassin zum Beispiel, Bonatti – denen hast du nachgeeifert? Oder in Ehrfurcht zu ihnen aufgeschaut?

Man schaut zu diesen Leuten auf, das ist gar keine Frage. Ihre Leistungen waren natürlich unerreichbar, Emilio Comici oder Tita Piaz, Gervasutti. Erstbegeher, die lange vor uns schon diesen Wunsch, diesen Drive, diese Motivation gehabt haben, ins Gebirge zu gehen und schwere Touren zu machen. Wir wiederholten dann vieles, manchmal konnten wir vielleicht die Zeit noch verbessern. Und ein paar neue Routen konnten wir auch noch legen.

Peter Aschenbrenner kanntest du auch?

Ja, er hat viel im Kaiser gemacht. Den Peter lernte ich auch wieder zufällig kennen, als er einmal nach Mayrhofen kam. Ich hörte immer gern seine Schilderungen, vor allem von den Nanga-Parbat-Expeditionen – er war ja da dreimal dabei. Er war sicher sehr gut, er war ein umsichtiger Mensch.

1932 und 1934 war er als Bergsteiger dabei, und 1953, bei der Erstbesteigung durch Buhl, war er der bergsteigerische Leiter.

Genau, und der Überchef war Herrligkoffer. Der Peter hatte sehr viel Erfahrung, und es hat mir eben auch wieder imponiert, dass er sehr sachlich und sehr ruhig, aber doch sehr lebendig von seinen Unternehmungen sprach. Er redete oft im Radio. Ich kann mich gut erinnern, ich bin einmal in Innsbruck mit dem Auto mitten auf der Straße stehen geblieben, weil ich den Aschenbrenner Peter reden hörte. Ich fuhr dann rechts ran, war eh ein Verkehrshindernis. Manfred Gabrielli, der lang im ORF tätig und ein außergewöhnlich guter Interviewpartner war – kein Bergsteiger, aber sehr belesen im alpinen Geschehen –, führte ein eindrückliches Gespräch mit ihm über diese fürchterliche Katastrophe 1934 am Nanga Parbat, als so viele Leute umkamen. Der Wieland, der Merkl, der Welzenbach, alle blieben sie oben am Mohrenkopf, weil sie einfach nicht mehr konnten. Diese Geschichte kannte ich natürlich, das hatte man gelesen. Und sich gefragt, was haben die falsch gemacht? Warum sind sie da oben umgekommen?

Schneider und Aschenbrenner konnten noch absteigen

… und haben überlebt.

Und wurden nachher furchtbar angegangen. Es wurde ein „Ehrengericht“ einberufen, weil sie angeblich die anderen im Stich gelassen hätten.

Das hat doch nichts mit Im-Stich-Lassen zu tun! Die anderen waren einfach nicht mehr fähig, einen Schritt zu tun. Die Alternative wäre gewesen, dass Schneider und Aschenbrenner sich hingesetzt hätten und mit ihnen gestorben wären. Aber zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen das Bergsteigen ins Politische umgemünzt wurde.

Peter Aschenbrenner war auch Hüttenwirt am Stripsenjochhaus.

Er war fast 20 Jahre Hüttenwirt auf der Strips, Mitte der Dreißiger- bis Anfang der Fünfzigerjahre. Sein Bruder Paul war auch ein guter Kletterer. In Anbetracht seines abenteuerlichen Lebens wurde der „Himalaja-Peter“ ziemlich alt.

Ja, er starb 1998, mit 95.

Mir hat der Peter schon getaugt. Mir hat auch ein Anderl Heckmair getaugt. Das waren Burschen, die das Leben – wenn ich so sagen darf – in vollen Zügen genossen. Und die trotzdem, entweder weil sie so gesund waren oder weil sie so intensiv gelebt haben, lange unter uns waren. Der Anderl wurde 98. Der Harrer 93. Ernst Schmid war 96, Luis Trenker 97. Der Trenker war ja auch eine ganz interessante Person; er hat durch das Fernsehen vielen Menschen den Zugang zum Bergsteigen überhaupt erst ermöglicht. Er war nicht unbedingt ein Paradekletterer, aber er hat ein paar schöne Sachen gemacht. Vor allem seine Filme, wie er die dirigiert hat, wie er damals diesen Film am Matterhorn gemacht hat oder in Amerika den „Verlorenen Sohn“. Für ihn fing das alles im Gebirge an. Er war sich nie zu schade, über das Bergsteigen zu reden, und er stellte es immer positiv dar. Ich kannte den Luis, beim Reinhold habe ich ihn manchmal getroffen. Er mochte den Reinhold und kam öfter nach Villnöss. Anlässlich eines Treffens fragte ich ihn: Luis, kann ich nicht ein Autogramm von dir haben? Er gab mir dann eine Autogrammkarte. Er war ja ein schneidiger Mensch, sah immer gut aus. Hintendrauf schrieb er: „Für Peter, meinen Freund und Bruder. Mit lieben Grüßen – Dein Luis Trenker.“ Die habe ich heute noch. Ich habe sie immer in Ehren gehalten.


Peter Habeler und Luis Trenker bei einer Talkshow in Hamburg


Heinrich Harrer, Anderl Heckmair und Hias Rebitsch bei der Jubiläumsfeier zum 50. Jahrestag der Erstbesteigung der Eiger-Nordwand

Wie gut kanntest du Anderl Heckmair?

Den Anderl kannte ich sehr gut. Leider konnte ich nicht auf seine Beerdigung, da war ich in Nepal. Ich war ein paar Mal draußen bei ihm in Oberstdorf, zu Hause in seinem blauen Salon, da rauchte er, dass du nichts mehr gesehen hast. Auf dem Tisch stand auch immer ein bisschen was, er hatte die besten Schnäpse, und Whisky mochte er auch sehr gern. Er war immer sehr offen und hat gern erzählt.

Die letzten Jahre war das dann schon nicht mehr so. Aber da war er auch schon sehr alt.

Das war dann recht lustig, er wurde ja noch oft interviewt und sagte dann jeweils zur Trudl, die neben ihm saß: Trudl, erzähl du weiter, du weißt das besser. Und das machte sie dann auch, denn sie hatte ihn immer erzählen gehört und übernahm dann praktisch seine Rolle. Ich habe die Trudl länger nicht mehr gesehen, aber ich mag sie sehr. Sie kümmerte sich sehr um den Anderl, pflegte ihn. Wenn die Trudl nicht gewesen wäre, wäre der Anderl sicher nicht so alt geworden.

Ja, es war schön, sie als Paar zu erleben.

Der Anderl war schon in Ordnung. Er war wirklich fast ein Heiliger für uns. Toller Mann.

Habt ihr auch über die Vergangenheit gesprochen, über die politische Vereinnahmung nach der Erstbesteigung der Eiger-Nordwand?

Ja, natürlich. Über seine Zeit als Stammbergführer der Ordensburg, dann an der Ostfront, und wie er es glücklich schaffte, zurück an die Heereshochgebirgsschule in Fulpmes zu kommen und so den Krieg zu überleben. Ich habe mir dann auch die ehemalige Ordensburg angeschaut, in Sonthofen.

Wiggerl Vörg kam gleich 1941 an der Ostfront ums Leben, Fritz Kasparek 1954 beim Bergsteigen in Peru. Heinrich Harrer – was für ein Verhältnis hattest du zu ihm?

Auch ein sehr gutes. Natürlich, seine Verstrickung in den Nationalsozialismus ist nicht von der Hand zu weisen. Genauso, dass er sich immer gegen eine Aufarbeitung wehrte. Es ist mir aber zutiefst zuwider, wenn die Jungen heutzutage über jemanden schreiben und überhaupt keine Ahnung haben, was damals wirklich lief. Harrer war ja nicht nur beim Dalai-Lama, er machte diese ganzen Expeditionen, zum Amazonas, nach Neuguinea, wo er die Carstenszpyramide erstbestiegen hat, nach Borneo … Und er hat mit der „Weißen Spinne“ ein tolles Buch geschrieben. Das beste Buch, das über die Eiger-Nordwand geschrieben wurde. Das ist ein Klassiker, da kann man immer wieder reinschauen. Das muss ihm einmal einer nachmachen. Ich nehme an, er hat es selbst geschrieben.

Die erste Auflage erschien 1958, da könnte ihm theoretisch noch sein Freund Kurt Maix geholfen haben.

Das Buch, das Kurt Maix zusammen mit Hermann Buhl geschrieben hat, „Achttausend drüber und drunter“, das hat mir auch sehr gefallen. Das war eines jener Bücher, die mich motiviert haben, noch mehr zu machen. Wir konnten ja damals, Ende der Fünfzigerjahre, nicht ahnen, dass wir einmal in den Himalaja und in den Karakorum kommen würden. Der Kurt Maix hat das ganz hervorragend beschrieben, überhaupt nicht abgehoben. Einfach in der Wortwahl, einfach in der Schilderung, aber einfach hervorragend.

Es war wohl so, dass Buhl sein Manuskript selbst geschrieben hat; Maix hat es dann sehr stark überarbeitet.

Das kann schon sein. Buhl hatte eine schöne Schrift. Er konnte gut formulieren, das sieht man an den Tourenbüchern. Auf der Bayreuther Hütte gab es lange ein Tourenbuch, in das Hermann Buhl seine Routen selbst eingeschrieben hatte. Zum Beispiel das Buhldach an der Rofanspitze, 1947, mit dem Schindl Rudi. Wunderschön geschrieben. Das haben wir natürlich gelesen.

Du warst nicht ganz 15 Jahre alt, als Hermann Buhl an der Chogolisa abstürzte.

Was mir an ihm imponierte, war, dass er so gut klettern konnte – wie Rebitsch eben auch. Sie waren auch beide ein wenig Sonderlinge, darin waren sie sich ähnlich. Aber der Hermann hatte auch andere Seiten. Von Ernst Spieß, der in Mayrhofen die Skischule leitete und der für mich ein väterlicher Freund war, erfuhr ich, dass Buhl gern gesungen hat, er konnte auch Gitarre spielen und einen ganzen Saal unterhalten.

Bei Ernst Spieß hast du lange als Skilehrer gearbeitet.

Ja, vor allem hat er mich immer unterstützt. Er setzte mich schon mit 16 Jahren als Hilfsbergführer ein. Ein anderer hätte gesagt: Was, du Bürschl, du gehst mir nicht führen! Er hatte das Vertrauen in mich und ließ mich mit Toni Volgger oder Otto Geisler mitgehen. Er sagte: Peter, du machst das. Ich bekam natürlich weniger Geld, ich hatte ja auch noch keine Qualifikation. Aber ich habe ihn nie enttäuscht. Ich fand das super, dass er mir diese Arbeit ermöglicht hat. Nachdem Ernst die Skischule in Mayrhofen aufgebaut hatte, arbeiteten wir weiter gut zusammen. Er war eigentlich immer darauf bedacht, mich zu fördern. Er ließ mich zum Beispiel in der Wintersaison 1977/78, bevor wir zum Everest aufbrachen, bei voller Bezahlung trainieren.

Du standst für die Skischule also nur teilweise zur Verfügung?

Ich nützte das aus. Ich lief fast jeden zweiten Tag die 1800 Höhenmeter auf den Grünberg. Da waren schnelle Zeiten dabei – 1 Stunde 51 Minuten war meine Bestzeit. 1800 Höhenmeter, da kannst du ganz schön wieseln. Ernst hatte mein Potenzial erkannt, er tat sehr viel Positives für mich. Ich lief damals eigentlich jeden Tag irgendwo hinauf. Körperlich war ich gut drauf.

Das Ziel ist der Gipfel

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