Читать книгу Das große Buch der Berg-Krimis Dezember 2019 - Peter Haberl - Страница 12

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Seidl überlegte, was er tun sollte. Vielleicht war es das Beste, jetzt einfach nach Hause zu fahren. Nach München. Warum sich länger als unbedingt notwendig in der Gegend aufhalten, zumal er in seinem Ferienhaus kein richtiges Alibi hatte.

Er war innerlich stark aufgewühlt, überlegte hundertmal, ob er nicht irgendeinen Fehler gemacht, irgend etwas übersehen hatte.

Ganz ruhig bleiben!, forderte er sich selbst auf. Du kannst jetzt nichts weiter tun, als abwarten, dass es irgendwo einen lauten Knall gibt. Nichts wird in deine Richtung deuten. Fahr nach München. Veronika wird fragen, warum ich so früh zurückkehre, sie wird sich etwas wundern und ich werde irgendeine Ausrede erfinden. Es wäre das erste Mal, dass sie an irgend etwas zweifelt.

Seidl drehte leise das Radio an, während er mit - wie üblich überhöhter Geschwindigkeit - die schmale Bergstraße entlangbrauste.

Er blickte kurz in Richtung des Sees. Das Sonnenlicht spiegelte sich darin, ließ ihn leuchend blau erscheinen. Dahinter die schneebedeckten Gipfel. Eine Postkartenkulisse.

Dann erreichte er die Tankstelle vom Krainacher. Eine kleine, freie Tankstelle, die sowohl von ihrer tatsächlichen Lage als auch von ihrer wirtschaftlichen Situation her nahe am Abgrund stand.

Die Tankanzeige zeigte an, dass der SLK eigentlich noch nicht wieder neuen Kraftstoff brauchte, aber Seidl kam der Gedanke, dass ein Besuch beim Krainacher eine gute Gelegenheit war, sich in Erinnerung zu bringen.

Für den Fall, dass es doch Ermittlungen gab, die ihn in den Kreis der Verdächtigen mit einbezogen.

Er fuhr vor die Zapfsäule, stieg aus, tankte den SLK bis oben hin voll.

Dann ging er zum Krainacher herein, der mit ölverschmierter Latzhose hinter der Kasse stand. Seidl nahm noch eine Zeitung, damit die Rechnung nicht so lächerlich gering blieb.

"Servus, Herr Doktor!", sagte der Krainacher. "Sie sind schon wieder auf dem Rückweg?"

Natürlich hatte der Krainacher mitbekommen, in welcher Fahrtrichtung Seidl unterwegs war. Schließlich bestand seine Hauptbeschäftigung darin, aus dem Tankstellenfenster auf die Straße zu blicken.

"Ja, ja", murmelte Seidl.

"Aber am Wetter kanns net liegen! Das ist doch heute ausgezeichnet für die Jahreszeit!"

"Ich brauche den Sonntag noch, um meine Steuersachen zu ordnen."

"Mei, da woaß i, wovon Sie red'n!", nickte der Krainacher mitfühlend. "Wenn Sie mich fragen, dann nimmt die Bürokratie auch wirklich überhand! Finden's net auch?"

"Sicher."

In diesem Moment fuhr ein Traktor vor eine der Zapfsäulen. Der Fahrer stieg ab, tankte nach.

Seidl verabschiedete sich vom Krainacher und ging hinaus.

Den Traktorfahrer kannte er. Es war der Bernrieder-Bauer.

"Servus! Gut, dass ich Sie treffe!", rief der Bernrieder und kam auf ihn zu. "Meine Mathilda steht kurz vom Kalben und ich hab das Gefühl, da stimmt was net..."

"Sie wissen, dass ich..."

"Ja, i woaß! Sie sind mehr für den medikamentösen Aspekt der Tiermedizin zuständig!" Seidl zuckte zusammen. Der Krainacher sprach das aus, als handelte sich um eine ganz normale Dienstleistung. Schon Jahrelang sorgte Seidl dafür, dass das Vieh des Krainachers etwas schneller wuchs, als die Natur das eigentlich vorgesehen hatte.

"Ich würde Sie net fragen, wenn der Huber da wär!"

'Der Huber', das war der hiesige Tierarzt. Ein Mann mit Prinzipien und ein Tierarzt im klassischen Sinn. Dafür aber auch ein vergleichsweise armer Hund!, ging es Seidl durch den Kopf.

"Ich sehe mir Ihre Mathilda an!", versprach Seidl.

Warum nicht?, überlegte er. Eigentlich müsste ich dem Krainacher dankbar sein - bietet er mir doch ein perfektes Alibi an.

Das große Buch der Berg-Krimis Dezember 2019

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