Читать книгу Mut braucht eine Stimme - Peter Holzer - Страница 16
Warum entscheiden sich Menschen für unnötige Hetze?
ОглавлениеSo weit, so verständlich. Was ich aber gar nicht verstehe, ist, warum sich Menschen auch dann für Hetze, Hektik, Stress und Druck entscheiden, wenn er gar nicht nötig ist. Wie viele Menschen könnten in ihrer Freizeit kürzertreten und tun es trotzdem nicht? Man könnte sich doch einmal für ein Wochenende gar nichts vornehmen und schauen, worauf man spontan Lust hat. Doch die Realität sieht anders aus. Wie viele Menschen stressen sich im Job dermaßen, dass sie nach einem 14-Stunden-Büro-Power-Tag zu Hause am Esstisch weiterarbeiten und am Ende erschrocken feststellen, dass die Kinder schon längst schlafen?
Wem das zu anstrengend ist, ertränkt sich alternativ in Alkohol oder lässt sich auf dem Sofa vom inhaltsleeren TV berieseln. Bloß keine unverplanten Momente in der Freizeit! Stattdessen belegt man jede freie Stunde mit irgendwelchen Aktivitäten, mit der Begründung, dass es doch wichtig sei, die Schwiegermutter, Freunde, Geschäftspartner, Nachbarn … zu treffen. Dass jetzt dringend eine Gegeneinladung dran sei, nachdem die Schulzes schon zweimal hintereinander zum Grillen eingeladen hätten. Wie viele Menschen stecken in einem Schraubstock, den sie sich nicht nur selbst angelegt haben, sondern den sie selbst auch noch immer enger schrauben, bis es wehtut? Viel zu viele!
Selbst schuld (II)
Nachdem ich mich vom ersten Schock erholt habe, frage ich meinen Freund Gerd: »Warum machst du das eigentlich – deine Freizeit so zu verplanen?«
Stille. Schweigen.
Mein Gesprächspartner findet keine Antwort.
Schließlich druckst er herum: »Das gehört halt dazu. Wir haben nun mal einen großen Freundeskreis. Wenn du eingeladen werden willst, musst du eben auch eine Gegeneinladung aussprechen …«
Dass er den Stress selbst wählt, dass er sich also dafür entscheidet und sich nachher über seine eigene Entscheidung beschwert, ist ihm allerdings nicht bewusst. Das schlichte Lösungsangebot »Dann hör doch auf damit, wenn es dich so sehr stört« wollen diese Menschen meist nicht hören. Ein Satz aus dem Film »Fight Club« bringt diese Lebenshaltung für mich auf den Punkt. Brad Pitt sagt in einer Szene: »Von dem Geld, das wir nicht haben, kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die wir nicht mögen.« Und solange Menschen so leben, bleibt alles, wie es ist. Der Tornado wütet weiter und wird immer bedrohlicher.