Читать книгу (Fitness)Training einfach erklärt - Peter Regli - Страница 31
Оглавление1 Hören Sie endlich auf zu motivieren
Was Sie nachher mehr wissen
In diesem Kapitel erfahren Sie, welche Faktoren eine Rolle spielen, damit Menschen bereit sind mehr zu leisten. Motivieren heißt letztlich Rahmenbedingungen setzen, welche ein eigenmotiviertes Handeln ermöglichen.
Geben Sie Sinn und nicht Motivation
Vergessen Sie alles, was Sie bisher über Motivation gelesen und gehört haben. Ja, Sie haben richtig gelesen. Es ist nicht die Aufgabe von Ihnen als Trainerin oder Trainer, die Kunden zu motivieren. Wo kämen wir denn hin! Sie müssen verstehen, was Menschen dazu bringt, Leistungen (siehe Kapitel 2) zu bringen, überdurchschnittliche Leistungen. Sorry, da reicht es nicht, von extrinsischer oder intrinsischer Motivation zu sprechen und damit den Eindruck zu erwecken, dass Sie etwas vom Thema Motivation verstehen. Worthülsen haben selten Wirkung. Sie müssen vielmehr verstehen, was den Menschen antreibt. Nur weil Sie die Bedürfnispyramide von Maslow kennen, verstehen Sie noch lange nichts von Motivation, weil Maslow die Bedürfnisse in sein Modell gepackt hat und nicht Motivation; auch wenn das leider oft synonym verwendet wird. Viele Trainerinnen und Trainer wollen motivieren, wissen aber nicht wie. Versuchen wir, uns dem Thema anzunähern.
Definition
Motivation ist die Gesamtheit der Motive, die zu Handlungen führt. Dies beruht auf emotionaler und neuronaler Aktivität des Menschen in seinem Streben nach Sinn und Zielen.
Ohne Sinn findet Training nicht statt
Es gibt viele Konzepte, die darauf zielen, Menschen zu motivieren oder mindestens zu mehr Leistung oder Leistungsbereitschaft zu animieren. Letztlich hängt die Leistung oder das Engagement der Menschen davon ab, ob sie sich mit den Zielen (siehe Kapitel 9) identifizieren können und den Sinn des Warums erkennen.
Der Begriff Motivation kann in zwei Teile gegliedert werden: das Motiv und die dazu gehörende Aktion. Der Wortkombination Motiva(c)tion trägt dem wunderbar Rechnung – der Begriff wurde vom bekannten deutschen Gastronomen Klaus Kobjoll geprägt. Motive lassen sich in zwei Gruppen teilen: die primären und die sekundären Motive. Erstere sind angeboren, beispielsweise Hunger oder Durst. Letztere sind erworben, beispielsweise Attraktivität oder Macht. Haben Sie etwas von Training gelesen?
Motivation ist das Verhalten von Menschen, zielgerichtet sein Handeln so auszurichten, dass eine emotionale Balance oder ein Resultat erreicht werden. Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Die Motivation wird umso höher, je mehr der Mensch von seinem Handeln profitiert. Der Kittelbrennfaktor taucht aus dem Nebel auf.
Goal Setting Theorie nach Locke und Latham
Die beiden Amerikaner legen das zentrale Element schon in den Titel. Die deutsche Übersetzung Zielsetzungstheorie zeigt es deutlich. Ziele motivieren Menschen zu großen Leistungen. Die Ziele müssen so herausfordernd sein, dass sie nur mit großer Anstrengung erreicht werden. Große Anstrengung heißt im Fitnesscenter oder auf dem Trainingsplatz regelmäßiges Training bis zur muskulären Erschöpfung, schwitzen inklusive. Die Ziele müssen dabei klar und präzise formuliert sein. Nach Locke und Latham sind es fünf Merkmale, die Ziele aufweisen müssen:
Zielbindung – die Entschlossenheit, das Ziel zu erreichen.
Aufgabenkomplexität – weniger Komplexität führt zu besserer Qualität.
Feedback – verhilft zu mehr Effektivität.
Partizipation – Ziele sollen gemeinsam vereinbart werden.
Selbstwirksamkeit – je höher diese ausgeprägt ist, desto höhere Ziele werden gewählt.
Mit Hilfe dieser herausfordernden Ziele sind Menschen bereit, mehr zu tun als bisher. Die SMART-Formel hilft, gute und effektive Ziele zu setzen:
spezifisch
messbar
attraktiv/angepasst
realistisch
terminiert
Die Kunden werden mit konstruktivem Feedback unterstützt, die vereinbarten Ziele zu erreichen. Womit sich die Frage aufdrängt, ob eine Trainerin oder ein Trainer im Fitnesscenter ein Motivator sein soll oder besser ein Coach. Coaching heißt in meinem Verständnis drei Dinge: betreuen, begleiten und beraten. Haben Sie etwas von Motivation gelesen?
Der Rubikon-Prozess und das Römische Reich
Der Rubikon-Prozess ist Teil des Zürcher Ressourcen Modells nach Maja Storch und Frank Krause. Dieses wurde in den 90er-Jahren entwickelt. Auch hier, wie bei der Goal Setting Theorie, stehen nicht motivierende Faktoren im Zentrum, sondern Ziele. Die Kunden sollen sich über ihre Ziele im Klaren sein, eigene Ressourcen dafür aktivieren, damit sie zielorientiert ins Handeln kommen. Keine einfache Sache, vor allem nicht, wenn keine Ziele definiert werden, welche den Namen verdienen.
Der Rubikon-Prozess besteht aus fünf sich folgenden Phasen und dem Rubikon. Damit aus Wünschen konkrete Handlungen entstehen.
Rubikon-Prozess nach Maja Storch und Frank Krause, eigene Darstellung.
Der Rubikon-Prozess trägt den Namen des norditalienischen Flusses Rubikon, welcher für Julius Cäsar 49 vor Christus eine zentrale Rolle spielte: „Der Würfel ist gefallen.“ Damit war klar, dass er sich entschieden hatte, gegen Rom zu marschieren. Seinem Wunsch nach mehr Macht entsprechend. Anhand eines Beispiels aus der Welt der Fitnesscenter wird (hoffentlich) klar, worum es letztlich geht.
Bedürfnis: Herr Muster hat ein schleichendes Unbehagen mit der aktuellen Situation. Es ist etwas zu tun, aber was? Der Wunsch: „Ich möchte etwas gegen mein Übergewicht machen.“
Motiv: Herr Muster hat einen Wunsch, welcher noch nicht so weit ist, dass Handlungen abgeleitet werden. „Es wäre schön, einige Kilos weniger auf den Rippen zu haben.“
Im Moment ist das noch sehr vage. Wer will schon nicht sein Gewicht optimieren, wenn er etwas zu klein ist für das Gewicht, das er mit sich trägt? Aber zum Tun ist es noch ein weiter Weg. Genau hier befinden sich die jährlichen Vorsätze. Aus eigener Erfahrung, keine Regel ohne Ausnahme, wissen Sie, dass die wenigsten Vorsätze in die Tat umgesetzt werden. Jetzt ist das Überschreiten des Rubikons wichtig, für Herrn Muster ebenso wie für die jährlichen Vorsätze. Es ist an der Zeit, Ziele zu definieren.
Intention: Jetzt definieren wir zusammen mit Herrn Muster ein handlungsorientiertes Ziel. „Ich lege bis zum 10. 9. 2015 fünf Kilogramm Muskelmasse zu und reduziere gleichzeitig meinen Körperfettanteil um 5 Prozent.“ Hier die Probe, wie Sie jedes Ziel kontrollieren:
spezifisch: Ja, Herr Muster will sein Übergewicht reduzieren.
messbar: Ja, in Kilogramm und Prozenten.
attraktiv/angepasst: Ja, es ist attraktiv und individuell angepasst.
realistisch: Ja, wenn Herr Muster die nötigen Handlungen unternimmt.
terminiert: Ja, der Tag ist genau definiert.
Präaktionale Vorbereitung: Herr Muster versetzt sich in die Lage, zielorientiert zu handeln. Das kann er, wenn er von Ihnen, liebe Trainerinnen und Trainer, den optimalen, individuellen Trainingsplan erhält. Das ist Ihr wichtiger Anteil zur Zielerreichung des Kunden.
Handlung: Jetzt trainiert Herr Muster so, dass er sein Ziel erreichen wird. Soll heißen, zweimal die Woche bis zur muskulären Erschöpfung. Das, was die Trainerin oder der Trainer in den Trainingsplan gepackt hat.
Schaffen Sie das, Herr Muster und Sie zusammen, dann sind die angestrebten Erfolge programmiert. Wenn Sie noch unsicher sind, bleibt uns nur noch der Blick nach Österreich zu Viktor E. Frankl; ein lohnender Blick.
„Letztlich ist Sinn geben das Einzige, was ich für die Motivation von Menschen tun kann.“
Viktor E. Frankl
Darum geht es – der geniale Viktor E. Frankl
Der aus Wien stammende Viktor E. Frankl hat ein international anerkanntes Konzept entwickelt, welches als Grundgedanke die Freiheit des Willens, den Sinn des Lebens und den Willen zum Sein hat. Die Frage nach dem Sinn spielt auch im Fitnesscenter eine zentrale Rolle. Warum um alles in der Welt soll ich zweimal die Woche bis zur muskulären Erschöpfung trainieren? Frankl geht davon aus, dass nur der Mensch seine Motivation in sich selbst finden kann. Da kann ich Zampano spielen und meinen zu motivieren, so viel ich will. Wenn die Kundinnen und Kunden den Sinn für ihr zukünftiges Tun, trainieren nämlich, gefunden haben, werden sie von selbst ihr Training absolvieren. Helfen sie den Menschen, Sinn in ihrem Training zu finden. Der Rest erledigt sich von selbst.
In den Worten von Viktor E. Frankl tönt das dann so: „Letztlich ist Sinn geben das Einzige, was ich für die Motivation von Menschen tun kann.“ Wo er Recht hat, hat er Recht!
Konsequenzen für die Praxis
Kein Trainingsplan ohne SMARTE Ziele! Dieser Grundsatz ist das Wesentliche, wenn es darum geht, das Richtige zu trainieren. Richtig zu trainieren reicht nicht. Nur wenn ich als Trainer wirklich weiß, was die Kundin oder der Kunde, die Athletin oder der Athlet für Träume hat, von Zielen sprechen sie in der Regel nicht, wird es mir möglich sein, einen individuellen und zielführenden Trainingsplan zu erstellen. Tun wir das nicht, gehört die Kundschaft im Fitnesscenter zu den 93 Prozent der Trainierenden, welche ihre Ziele nicht erreichen. Sie haben richtig gelesen; im Umkehrschluss heißt dies, lediglich 7 Prozent der Trainierenden erreichen ihre Ziele. Eine unfassbar schlechte Quote.
Zum Schluss noch dies …
Motivierendes Tun ist abhängig von individuellen Zielen, welche den Trainierenden einen Nutzen bringen und Sinn verleihen. So sind sie bereit, dafür mehr zu leisten. Sie fokussieren ihr ganzes Handeln auf das Erreichen dieser individuellen Ziele. Es ist folglich eminent wichtig, für alle Trainierenden SMARTE Ziele zu definieren. Schöner Nebeneffekt: Je besser Sie das tun, desto einfacher ist das Erstellen des Trainingsplans.
Die wichtigsten Punkte für die Praxis
Ziele sind der Treiber jeglichen Tuns.
Kein Training ohne Ziel.
Ziele haben eine SMARTE Formel.
Cäsar überwand den Rubikon – Ziele tun es auch.
Geben Sie der Kundschaft Sinn und sie wird eigenständig zum Handeln kommen.