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Kapitel 8: Fastfood

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Um Nanobert kräuselte sich die Wasseroberfläche. Bis zur Hüfte stand der Prinz im Sumpfwasser und hielt das Kaninchen vor sich. Das Tier zitterte. „Tut mir leid, Kumpel, aber in so einer kritischen Lage muss jeder seinen Beitrag leisten.”

Sachte plätscherte Nanobert mit den Fingern im Wasser.

„Na los”, murmelte er, „es ist angerichtet.” Er schnalzte mit der Zunge. „Futter, Futter!… Lecker, lecker Futter!… Wo darf ich servieren, hm?”

Der Angriff kam von hinten, überraschend und tückisch. Nanobert riss seine Hand beiseite und die Schlickschlange schoss ins Leere. Zwei weitere glitschten aus dem Sumpf; ihre Giftmäuler schnappten nach dem Kaninchen. Hastig hob Nanobert es außer Reichweite; die Schlangen verfehlten die Beute und glitten ins Wasser zurück. Doch schon wurde die trübe Brühe immer unruhiger. Etliche Schlangenköpfe hoben sich an die Luft. Nanobert blickte schnell um sich. Ringsum wimmelte es von schleimig-schlängelnden Kreaturen. Immer wenn sie sich zum Sprung bereitmachten, zogen sie ihren Körper wie zu einer Spiralfeder zusammen, deren Spannung sie dann unvermittelt lösten und sich zu ihrem Ziel katapultierten. Das gab dem Prinzen bei den ersten Angriffen Zeit zu reagieren, doch allmählich nahm die Zahl der Angreifer bedenklich zu. Nanobert strebte im Sumpf in eine bestimmte Richtung. Die Schlangen folgten ihm und attackierten immer wieder das Kaninchen in seiner Hand. Inzwischen war es ein schlaffes Fellbündel. Nanobert nahm an, dass es vor Schrecken ohnmächtig geworden war. Obwohl es nicht mehr zappelte, setzten die Schlickschlangen ihre Beißattacken fort.

Nanobert bekam Mühe, die Angriffe abzuwehren und das Kaninchen stets knapp aus der Gefahrenzone herauszuhalten. Rasend vor Wut und Angriffslust verfolgten ihn die Reptilien, es mussten mittlerweile Dutzende sein. Nanobert hoffte, dass sie nicht zu früh merkten, wohin die Reise ging, doch die Schlickschlangen waren blind für alles andere als ihre Beute.

Da! Dort klaffte die Lücke zwischen den Bäumen, die Nanoberts Ziel war! Er verdoppelte seine Anstrengungen und kämpfte weiter gegen den trägen Morast an. Die Schlangenmeute zischte vor unbändiger Gier und bewegte sich mehr über als unter Wasser.

Nanobert trat durch die Baumlücke, fetzte einige Ranken beseite, verschaffte sich freie Sicht.

Er sah seine Schwester über dem Drachennest schweben, im Maul des Drachenweibchens. Dolchzähne hielten ihre Beine umschlossen und sie ruderte mit den Armen. Die Drachenjungen unter ihr reckten begeistert ihre Hälse empor.

Nanobert zögerte nur eine Sekunde. Hinter ihm rauschte der Schwarm der Schlickschlangen heran.

„Milliane! Fang!”

Nanobert dachte kurz an seine Erfolge beim Zwergschleuderball, holte aus und schickte das bewusstlose Fellbündel auf eine Reise in hohem Bogen durch die Luft.

Das Sumpfwasser um Nanobert schien zu explodieren, als die Reptile in einem wild wimmelnden Schwall, als wären sie eine einzige, fette, vibrierende Schlange, dem Kaninchen folgten und geradewegs auf das Drachennest zuflogen.

Drachenmäuler klappten auf.

Millianes Hände pflückten das Kaninchen aus der Luft. Gleichzeitig verlor die Prinzessin den Halt, denn die Drachenmutter hatte sie losgelassen. Mitsamt dem Kaninchen klatschte Milliane ins Sumpfwasser.

Prinz Nanobert stand schwer atmend im Morast und betrachtete das grausige Schauspiel, das sich ihm bot: Schlangenleiber flogen direkt in die Mäuler der Drachen hinein, deren Kiefer erbarmungslos zuschnappten. Die kleinen Drachen erwischten nur selten einen der fliegenden Leckerbissen, doch die Eltern reichten ihre Beute schnell an den Nachwuchs weiter. Die Jungdrachen kauten und schmatzten.

Wie Vögel, die Würmer fressen, dachte Nanobert, gegen seinen Willen fasziniert von diesem Festmahl für Drachen.

„Das ist widerlich!” Milliane watete neben ihn, das Kaninchen im Arm. Sie war schmutzig und triefend nass und damit war die Geschwisterähnlichkeit wiederhergestellt.

Nanobert zuckte die Achseln. „Das ist nur natürlich. Fressen und gefressen werden.”

„Du hast sie direkt in die Falle getrieben!”

„Es sind nur fiese Reptilien.”

„Aber sie können nichts dafür, dass du sie fies findest.” Milliane wischte Tränen aus ihren Augen. „Es ist ihre Natur.”

„Eben.” Nanobert strich sich nasse Haarsträhnen aus der Stirn. „Das meine ich doch. Alles ist Natur. Ich habe nur etwas nachgeholfen.”

„Indem du das Kaninchen zu Tode erschreckt hast!”

„Was hätte ich sonst tun sollen? Etwa dich als Köder benutzen? Nächstes Mal mach’ ich das! Jetzt hör aber auf!”

Milliane weinte. „Ich meine ja nur: Ich finde das so grausam. Ich möchte so etwas nicht sehen.”

Nanobert warf einen Blick zum Drachennest hinüber, wo das Mahl noch in vollem Gange war. „Dann sieh nicht hin.”

„Tu ich auch nicht!” Sie verbarg ihre Nase im Fell des Kaninchens.

„Egal, ob du zuschaust oder nicht, es geschieht trotzdem. Millionen Mal am Tag.”

„Ist mir egal. Hauptsache, ich muss es nicht ansehen!” Trotzig wandte sich Milliane ab und knuddelte das Kaninchen.

„Milli”, sagte Nanobert nach einer Weile. „Milli …”

„Hm?”

„Sollten wir nicht allmählich von hier verschwinden?”

Es war still geworden. Die Fressgeräusche waren verstummt, nur gelegentlich musste ein Drachenjunges aufstoßen. Die Sumpfwasseroberfläche lag spiegelglatt.

„Das Kaninchen kommt wieder zu sich.” Milliane lächelte gerührt. „Sein Herzchen klopft ganz laut!”

„Milli …”

„Ein Glück, dass du es nicht zu Tode erschreckt hast!”

„Milliane!”

„Was ist denn?”

Nanobert deutete auf den männlichen Drachen. „Dein Pflegevater will was von dir.”

Milliane folgte dem Fingerzeig ihres Bruders. Der größte Drache schaute ernst herab. Es gab keinen Zweifel, wem sein Blick galt.

Patrick und die Grubengnome

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