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Kapitel 6: Sumpfmorast
ОглавлениеEtwas hatte sich verändert. Nanobert hielt inne und schaute sich um. Trübe Tropfen platschten von seinem Kurzschwert in ihre morastige Heimat zurück. Der Sumpf, durch den er stapfte, die urwüchsigen Bäume, die um ihn aufragten – alles schien ähnlich wie bisher. Er sah nach oben. Die Dämmerung setzte ein. Ob er wohl Milliane noch finden würde, bevor es dunkel wurde? Das Drachennest bei Nacht zu finden war bestimmt um einiges schwieriger, und außerdem wuchs die Gefahr für seine Schwester, je mehr Zeit verstrich …
Was war anders geworden?
Und während er still im Sumpfwasser verharrte, kam ihm die Erkenntnis.
Natürlich! Er musste sich nicht mehr ständig gegen Schlickschlangen zur Wehr setzen!
Er blickte sich um. Wo waren die Biester? Hier und dort kräuselte sich die Wasseroberfläche, aber es gab eindeutig weniger Schlangen um ihn als vorher. Sie jagten ihn nicht länger.
Was bedeutete das? Konnte es sein, dass … Einige Sekunden stand er regungslos und durchdachte die Idee, die ihm in den Sinn gekommen war. Jäger und Beute, überlegte er. Es geht hier um Jäger und Beute.
Nanobert begriff: Die Schlickschlangen mieden die Drachen! Das hieß, er näherte sich dem Drachennest! Er nahm alle Kraft zusammen, hob sein Schwert und bahnte sich einen Weg.
Sein letzter Hieb zerfetzte die letzten Pflanzenranken. Prinz Nanobert ließ schwer atmend den Arm mit der Waffe sinken.
Vor ihm lag das Drachennest.
Nanobert erblickte eine Sumpflichtung und in deren Zentrum ein großes Gebilde aus Dornenästen, und darin befanden sich vier schuppige Monstren, und ein weiteres schuppiges Monstrum kauerte etwas abseits im Morast, und alle fünf hatten ihre Blicke auf ihn gerichtet, und dann sah er noch seine Schwester, die mit im Nest saß und ihm zuwinkte, während sie gleichzeitig die kleineren Drachen an den Bäuchen kitzelte. Die Kleindrachen grunzten vor Vergnügen. Der zweitgrößte Drache überstrich Nest, Jungtiere und Milliane mit Flammenzüngeln.
„Hallo, Nanobert”, rief Milliane, „höchste Zeit, dass du kommst. Es wird heiß hier im Nest. Die Eltern werden allmählich ungeduldig. Ich fürchte, lange kann ich sie nicht mehr damit hinhalten, dass ich mit ihrem Nachwuchs rumknuddele. Weißt du, eigentlich bin ich nämlich ihr Abendessen.”
Nanobert rang nach den richtigen Worten. „Du … du spielst mit Drachen?”
„Natürlich. Tiere mögen es, wenn man freundlich zu ihnen ist. Dann werden sie zutraulich und lassen sich sogar den Bauch kraulen. Nicht wahr, Kleiner?”
Das Drachenjunge gurrte und wand sich genüsslich unter Millianes Handgriffen.
Die Drachenmutter zischte.
„Nanobert!” Milliane stieß die Worte leise und präzise zwischen den Zähnen hervor. „Wir kommen hier niemals weg, wenn die Viecher nichts zu fressen kriegen!”
Drachenschwänze und -zungen ringelten sich um Millianes Gelenke.
Nanobert flüsterte zurück: „Schau mich nicht so an, als ob ich eine Lösung wissen müsste!”
Der Prinz umwatete langsam das Drachennest, sein Schwert wachsam erhoben.
Der Drachenvater reckte seinen Hals hoch empor und ließ ein flammendes Fauchen entfleuchen.
„Keine Angst, Dicker, ich will deiner Sippschaft nichts tun.” Nanobert schlich weiter durch den Morast und vollendete den Kreis, immer vom Blick des Drachen verfolgt.
Der Prinz steckte sein Schwert ein. Er begutachtete das Gelände um das Drachennest: schlammumspültes Wurzelwerk, kaum trockenes Land. Nanobert rieb sich das Kinn, dann blickte er dorthin zurück, woher er gekommen war. „Warte hier auf mich.”
„Was anderes bleibt mir ja wohl auch kaum übrig!”
Ihr Bruder öffnete seinen Tornister und -
„Nanobert! Was hast du vor?”
„Nur das, was du wolltest.” Er schaute über die Schulter zu seiner Schwester im Drachennest zurück. „Den Drachen was zu fressen verschaffen.” Er zog aus seinem Tornister das blauweiß gestreifte Kaninchen.
Drachenaugen blitzten auf, gespaltene Zungen schlabberten gierig. Milliane schrie auf.
Den Flammenatem des Drachenvaters im Rücken stürzte sich Nanobert, das Kaninchen hoch erhoben, in den Morast.