Читать книгу Die letzte Blüte Roms - Peter Heather - Страница 9

1 »In diesem Zeichen wirst du siegen«

Оглавление

Die Geschichte des christlichen Römischen Reichs begann mit einem Traum. Im Herbst des Jahres 312 zog Konstantin mit seiner Armee nach Süden über die Alpen und weiter in Richtung Rom, um seinen direkten Rivalen Maxentius anzugreifen. Am Vorabend der großen Schlacht

erhielt Konstantin im Traum den Rat, die Schilde seiner Soldaten mit dem himmlischen Zeichen Gottes zu versehen, bevor sie in den Kampf zogen. Er tat, wie ihm geheißen: Mit einem schrägen Buchstaben Chi, dessen Spitze oben umgebogen war, markierte er Christus auf ihre Schilde. Mit diesem Zeichen gerüstet, griff die Armee zu den Waffen.1

Am 28. Oktober trug Konstantin einen überwältigenden Sieg davon, und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Der siegreiche Kaiser bedankte sich bei seinem göttlichen Beschützer, indem er eine Christianisierung einläutete, die die politische und religiöse Kultur des spätrömischen Kaiserreichs veränderte, bis sie nicht mehr wiederzuerkennen war. Konstantins Vermächtnis war der Grundstein des Imperiums, das Justinian am 1. August 527 erbte. In seinem Werk Bauten beschreibt Prokop ein monumentales Reiterstandbild im Herzen Konstantinopels, das Justinian von sich selbst aufstellen ließ:

In der linken Hand hält er einen Globus, durch den der Bildhauer andeutet, dass dem Kaiser alles Land und alle Meere unterworfen sind, aber er trägt weder Schwert noch Speer noch irgendeine andere Waffe: Ein Kreuz steht auf dem Globus, den er trägt; allein durch das Kreuz erhielt er sein Reich und war siegreich im Krieg.2

Nach Konstantins Traum wurde nika – »siege!« oder »erobere!« – zur Parole des römischen Heeres, das durch die Symbole des christlichen Gottes geschützt war. Dieses Nebeneinander von »christlich« und »Krieg« ist uns so vertraut, dass wir beinahe übersehen, welch fundamentales Paradox dahintersteckt. Als Christus gefragt wird, wie man reagieren soll, wenn jemand einem etwas Böses tut, antwortet er, so berichten die Evangelien: »Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin!«3 Wenn wir uns genauer anschauen, wie es kam, dass römische Armeen in der Spätantike ihre Siege im Zeichen des Kreuzes errangen, können wir besser nachvollziehen, warum die Kriegsführung für die Ideologie und für das Funktionieren von Justinians Reich eine solche Schlüsselrolle spielte.

Die letzte Blüte Roms

Подняться наверх