Читать книгу Satt statt stark - Petra M. Jansen - Страница 12
Der Mythos lebt
ОглавлениеHaarig, bissig, blutig nimmt er bei Vollmond seine grausame Gestalt an um zu morden. Blut steht für Fruchtbarkeit und Leben. Wehe, die Sonne geht auf und scheint ihm ins Gesicht. Dann ist es aus mit der Finsterkeit. Fell glätten, abstreifen und lächelnd in den Tag hinein. Fabelwesen, die mit einer Silberkugel „erlegbar“ sind. Oder es kommt tatsächlich noch ein Vampir. Scheiße, Mensch! Da wird bei Tageslicht aus der Bestie glatt ein Mensch. Na so was? Nachts findet sie statt, nur nachts. Die Verwandlung von Gut ins Böse, was für ein Stress. Nicht menschlich, nicht tierisch, was denn nun? Her mit den Vampiren, sie rammen die Zähne in den Hals und saugen das Vieh aus. Gut so. Denn das Mittelalter ist vorbei, ebenso die Sagen, die uns Menschen in früheren Zeiten in Angst und Schrecken versetzt haben. Klauen griffen nachts nach ihnen, die Jungfrau wurde im Schlaf vernascht. Raus das Blut aus den Adern, abgesaugt vom bösen Wolf. Pure Steel! “Only pure steel” – kann den Mythos töten. Aber wenn, dann wenigstens für alle Zeiten. So sagt es die Überlieferung.
Kraulen wir derweil dem Katzenweib die Tatzen, wer weiß? Vielleicht verwandelt sie sich des Nachts in ein keifendes, beißendes Ungeheuer? Katzen sind sowieso dämonisch klug und sagenumwobene Fellwesen. Hündisch sind sie nicht, aber ihre Seele ist fein rein. Katzenkrallen rammen sich dir exakt dann in deine Haut, wenn du nicht folgst und brav untertan bist. Ohne Vorwarnung erfolgt der Hieb der Katzentatzen. Fabelwesen waren sie auch schon immer. Heute quellen sie in jede virtuelle Community bis zum Erbrechen. Kotzen Formen, kacken Rosen, schnurren Hymnen. Echt jetzt? Ich glaube eher, wir haben alles was am Sträußchen!
Tiere sind Tiere, sie lieben genau den, der gut für sie sorgt. Sie lieben den, der ihnen Wohlergehen gibt und das Lebewesen respektiert. Keine Dämonen. Keine Fabelwesen. Keine Mythen. Einfach Tier. Seien wir einfach Mensch. Ohne Aberglaube und falschen Mythen. Realitätsfremd. Gebeutelt durch unseren eigenen Mist, den wir nicht verarbeiten können. Wenn’s dann ganz eng wird im Kopf, streicheln wir Katzentatzen und erfinden Gruselmonster. Tatsächlich jenseits von Gut und Böse. Mittendrin in der Psychiatrie.