Читать книгу Dann klappt's auch mit dem Nachbarn - Petra Nouns - Страница 10

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Ein Vierteljahr war es alt, das Zeitungsabonnement, das ihr David zum fünfunddreißigsten Geburtstag geschenkt hatte. Sie hatte sich über das kultivierte Geschenk gefreut und es weder unpersönlich noch einfallslos gefunden.

Sie schloß die Haustür auf und ging zum Briefkasten, aus dem das dicke Zeitungspaket wie jeden Donnerstag quoll. Nach dem Abendessen würde sie sich, gemütlich im Wohnzimmer auf dem Sofa lümmelnd, der Lektüre widmen, wie jeden Donnerstagabend, wenn nichts Unvorhergesehenes oder Unabwendbares dazwischen kam. Als Bonbon gönnte sie sich die Rubrik «Heiraten».

Seitdem ihre beste Freundin Karin vor zwei Jahren auf diesem Wege mit Gabriel, ihrem heutigen Ehemann, zusammengekommen war, hatte Anne alle Vorurteile über Bekanntschaftsanzeigen über Bord geworfen. Gabriel war weder gehemmt oder verklemmt noch klein oder dick. Er hatte vielmehr eine Superfigur, ein sympathisches Gesicht, Humor, einen gutbezahlten, sicheren Job und konnte Autos, Fahrräder und jeden Wasserhahn reparieren.

Ihr Interesse an diesen Anzeigen hatte sich in dem Maße gesteigert, wie die Perspektiven mit David schwanden. Sie hätte von Anfang an wissen können, daß es nie Perspektiven gab, aber er hatte zuviel Ähnlichkeit mit ihrem Phantombild gehabt.

Sarah war um acht Uhr pünktlich zu Bett gegangen und durfte noch eine Viertelstunde lesen. Anne genoß es sehr, daß die Kleine nun auch selbst lesen konnte. Heute ging Sarah pünktlich und gut gelaunt zu Bett und entließ Anne nach einem Gutenachtküßchen ganz schnell wieder, weil sie sich auf ihr Buch freute.

Michael hatte seine abendliche Runde mit dem Hund gedreht, war ohne Verspätung um halb neun zurückgekommen und lag nun ebenfalls mit seinem Buch im Bett. Nora sollte, wie es sich für eine fast Sechzehnjährige gehörte, um zehn Uhr zu Hause sein, und da sie im allgemeinen immer pünktlich kam, war die Wahrscheinlichkeit jetzt, um Viertel vor zehn, recht groß, daß der Abend in aller Harmonie ausklingen konnte, der liebgewonnene Donnerstagabend, der Zeitungsabend. Anne machte es sich auf ihrem Sofa gemütlich, und bevor sie sich den Blick in die Heiratsanzeigen erlaubte, absolvierte sie zuerst ihr Pflichtprogramm: die Politik.

Sie kam nicht weit. Nora klingelte, stürmte herein und berichtete aufgeregt über das Neueste vom Tage in der Schule, im Reitstall und in der Tanzstunde. Dann fiel ihr Blick auf die Schlagzeile, und sie wurde stiller.

«Glaubst du, es könnte einen Weltkrieg geben, Mama? Müssen die Amis sich denn überall einmischen? Ich beschrifte morgen ein Laken und hänge es aus dem Fenster. Hast du gesehen, am Haus nebenan hängt auch eins: KEIN KRIEG FÜR ÖL.»

«Ich habe auch Bedenken, daß die Amerikaner eingreifen wollen. Aber zu einem Weltkrieg kommt es sicher nicht. Mach dir keine Sorgen, Mäuschen, so schnell passiert das nicht. Nimm dir einen Teller Suppe, sie ist noch warm. Und dann schnell in die Falle.»

«Und was ist mit dem Laken?»

«Also weißt du, dieses Zurschaustellen der eigenen kleinen Meinung und die Laken helfen wenig.»

«Was hilft denn sonst?»

«Es ist die Aufgabe der Politiker, das herauszufinden. Und wenn ich Politikerin wäre, müßte ich mir höchstwahrscheinlich auch etwas Besseres einfallen lassen, als Bettlaken aus dem Fenster zu hängen.»

«So redet ihr alle, alle – ihr elenden Spießer –, und nichts passiert!»

Nora klemmte sich ihren haarigen Kater unter den Arm und ging ohne Suppe ins Bett.

«Das mit dem Laken kommt nicht in Frage, hörst du?» rief Anne noch hinterher. Keine Antwort.

«Hast du verstanden?» Immer noch keine Antwort.

Dann versuchte Anne es mit «Gute Nacht!», denn nie entließ sie eines ihrer Kinder ohne Gruß.

«Gute Nacht», maulte Nora hinter verschlossener Tür aus ihrem Zimmer.

Die Harmonie des Abends war nun doch ein wenig angeknackst. Anne tröstete sich damit, daß sie nun gleich zum Lieblingsteil überging und den Pflichtteil der dicken Zeitung wegließ.

Sie durchblätterte die Zeitung von hinten, schlug die vertraute Doppelseite auf, und ihr Blick fiel auf die größte Anzeige, die sie je gesehen hatte. Sie nahm fast die Hälfte des für Männer reservierten Teils der Seite ein! Oben links und unten rechts lachte ihr ein Comic-Löwe im Hermelinpelz entgegen. Diese nette Disney-Figur öffnete augenblicklich ihr Herz. Sie legte ihr Phantombild bereit und machte sich über den Text her.

WILLKOMMEN IN

MEINEM KÖNIGREICH!

Sie sind eine außergewöhnliche Frau und schätzen die Nähe und Freundschaft zu außergewöhnlichen Menschen? (Ja!) Wir sollten uns einmal die Hand und vielleicht auch das Wasser reichen. (Ein emanzipierter Mann!) Wir haben vieles gemeinsam: Großzügigkeit, ein warmes Herz, Sinnlichkeit und Phantasie, und wir lieben Kinder. (Ja, ja, ja!) Mein Buch wird zu diesem Thema nächstes Jahr fertig. (Ein Autor, wie aufregend)

Es ist mir nicht wichtig, ob Sie im August, wenn ich zweiundvierzig werde, jünger oder älter sind als ich. (Wie sympathisch!)

Besonnenheit und Leichtsinn, Ruhe und Dynamik, Einfachheit und Luxus, Vernunft und Gefühl, Bescheidenheit und Unbescheidenheit sind meine Charakterzüge. (Wenn Sie das wirklich miteinander verbinden können, Hut ab!)

Ich bin fast immer vergnügt und lache gerne.

Ich bin einszweiundneunzig groß und wiege dreiundachtzig Kilo. Augenfarbe: Braun.

Daß ich von Autos fast nichts verstehe, kleine Parklücken scheußlich finde und doch ein unverbesserlicher Jaguar-Fan bin (eigentlich mache ich mir ja nichts aus Autos, aber Jaguar ...), sehen Sie mir milde nach. Daß ich Geiz, Pedanterie, Scheinheiligkeit, schmale Lippen, Zigarettenqualm und Alkohol bis auf Champagner nicht mag, begrüßen Sie. (Versteht sich von selbst.) Es leuchtet Ihnen ein, daß ich die Atmosphäre von antiken Einweihungsstätten und Spielbanken mag; daß ich die umbrische landschaftliche Idylle ebenso liebe wie New York City. (Claro!)

Sie mögen Menschen, und wenn aus einer Begegnung nur eine gute Freundschaft wird, betrachten Sie dies auch als Geschenk. (Wie schön, er ist feinfühlig genug, um aus einem Anzeigenkontakt nicht gleich einen Heiratsantrag zu machen.) Zwar komme ich als ganzheitlich denkender Unternehmer-Freak mit Fortüne (Ohne Fortüne könnte er sich wohl kaum eine Anzeige dieser Größe leisten) bislang am besten mit Freiberuflern aus, insbesondere mit Unternehmern, Medizinern, Künstlern (Na ja, man gönnt sich ja sonst nichts) und Lebenskünstlern, aber ich weiß: Interessante Menschen gibt es überall in allen Lebensbereichen. Schicken Sie mir schnell ein schönes Foto. (O Schreck, woher soll ich das auf die Schnelle nehmen? Karin anrufen!)

Das war die Stunde Null! Der Löwe hatte gebrüllt, Anne eröffnete ihren Anzeigenreigen. Sie ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wieviel Vorsicht bei animalischen Bezeichnungen angebracht war.

Nachdem sie mit Karin einen Fototermin für den nächsten Tag ausgemacht hatte, setzte sie sich an ihren PC, schaltete das Schreibprogramm an und goß sich ein Glas Wein ein.

Wieder und wieder las sie den Text, um in optimaler Weise auf jede Zeile eingehen und soviel wie möglich zwischen ihnen entziffern zu können.

Groß und schlank, Erfolgsmann, in den frühen Vierzigern. Diesen Anforderungen wurde er offenbar gerecht.

Anne konzentrierte sich auf den kinderlieben Autor mit Fortüne, Phantasie, Geschmack und Tiefgang und setzte mit Bedacht die Worte auf den Bildschirm. Sorgsam mischte sie eine glatte Emulsion aus Intelligenz, Charme, Wärme und Witz. Für die Intelligenz plazierte sie einige Fremdwörter, die sich beim besten Willen nicht durch deutsche Wörter ersetzen ließen. Den Charme machte ein koketter Hinweis auf das Foto aus, von dem sie inständig hoffte, daß es ein Volltreffer werden würde. Wärme vermittelte das, was sie über ihre Kinder schrieb. Witz flocht sie ein, indem sie leichtfüßig behauptete, seinen Jaguar mühelos in jede Parklücke setzen zu können.

Bis tief in die Nacht bastelte sie an ihrer Antwort, die diesem König der Tiere gerecht werden sollte. Am nächsten Tag, noch bevor sie die Kinder weckte, überflog sie ihren Brief noch einmal und wußte, daß er gelungen war.

Für fünfzehn Uhr war sie mit Karin verabredet, einer kühlen Blonden mit trockenem Humor, schwarzem Realismus und herzerfrischender Ehrlichkeit. Annes und Karins Verhältnis zueinander war goldrichtig, um gegenseitig Fotos für Anzeigenantworten zu machen.

Sie, kannten sich, seitdem Karin mit zwölf Jahren in Annes Klasse gekommen war. Karin hatte Annes Hochs und Tiefs seit dieser Zeit als treue Beobachterin verfolgt. Ihre Wege hatten sich zwar getrennt, als Anne die Schule und ihr Elternhaus verließ, aber sie hatten sich immer wieder getroffen, bei Hochzeiten, Beerdigungen, Scheidungen, Geburten, Lebenskrisen und manchmal auch ohne Anlaß. In den letzten Jahren war ihre Beziehung derart gereift, daß sie sich fast regelmäßig auf ein Tässchen oder ein Gläschen trafen.

Im Brühler Schloßgarten trafen sie sich, um spazierenzugehen und so lange zu entspannen, bis Anne sich fotogen fand.

Der Film mußte verknipst werden, bevor die Sonne verschwand, und so liefen sie kreuz und quer durch den Schloßgarten, wo Anne zwischen den beschnittenen Buchsbaumhecken und auf der barocken Treppe posierte.

«Schlag mal die Beine übereinander. Nein, nein, doch nicht, das wirkt zu affektiert. Ja, so ist’s prima! Laß die Beine so ixig, das ist unglaublich sexy – und ein bißchen kapriziös. Das wird deinem Unternehmer mir Fortüne gefallen. Du kannst ja unter das Foto schreiben: ‹In meinem Vorgarten.› Laß die Haare auf einer Seite nach vorn fallen, ja, genau so. Super! Warte, ich muß noch scharf stellen, dauert noch etwas, brauchst dich noch nicht zu verkrampfen.»

Anne mußte lachen. Der Auslöser klickte ein paarmal.

«Hast du die Anzeige bei dir?»

«Nein, liegt zu Hause auf meinem Schreibtisch. Ich zeig sie dir bei Gelegenheit.»

Sie hatte die Anzeige bewußt nicht eingesteckt, weil sie diese, ähnlich wie einen Liebesbrief, als einen Teil ihrer Intimsphäre empfand. Außerdem befürchtete sie, daß die pragmatische Karin sich über den ausschweifenden Text lustig machen würde. Karin war absolut unromantisch veranlagt und hätte Annes Impuls, diesem Anzeigenschreiber zu antworten, sicher nicht nachvollziehen können. Anne störte ihre schroffe Art manchmal. Aber sie bewunderte Karin dafür, daß sie frei schien von Ballast wie alter Angst oder Scham.

Karin wäre im Traum nicht eingefallen, sich für die Blamagen anderer zu schämen. Sie schämte sich grundsätzlich nicht, nicht für sich und schon gar nicht für andere. Deshalb hatte sie auch keine Angst vor Menschen, weder vor Bekannten noch vor Fremden.

Als Anne einmal in einem Konzertsaal unter einem entsetzlich hartnäckigen Schluckauf litt, hatte Karin sie auf eine so eigenwillige Art gerettet, daß Anne sich für eine halbe Sekunde in Karin verliebt hatte.

Sie hatte vor sich hin gehickst, mit jedem Hicks war sie lauter geworden, zumindest kam es ihr so vor. Verzweifelt hatte sie Karin von der Seite angeschaut. Diese blickte ungerührt geradeaus, aber Anne schwitzte unter den Blicken aller hinter ihr sitzenden Brahmsliebhaber. Karin wartete für ihren Trick nicht den nächsten Applaus ab. Sie wandte sich mitten im Pianissimo zu Anne und drückte ihr einen festen, gar nicht kurzen Kuß mitten auf die Lippen. Anne starrte fassungslos auf Karins teuflisches Lächeln.

Während in Anne die Schamesröte aufstieg, erfaßte sie den Zweck des Überfalls, kniff Karin kichernd in den Oberschenkel, lehnte sich sodann entspannt zurück und lauschte dem Konzert bis zum Ende mit total entspanntem Zwerchfell. Manchmal war Karin wirklich große Klasse.

Nach einem abschließenden Cappuccino im Schloßcafé verabschiedete sich Anne:

«Ich muß los, die Kinder warten, und ich will den Film noch schnell entwickeln lassen. Dank dir für deine Geduld. Hoffentlich ist was Brauchbares dabei. Ich ruf dich an, Tschüs!»

«Ja, erzähl mir, wie’s weitergeht mit deinem Löwen!»

Anne fuhr zurück in die Innenstadt, gab den Film ab, und innerhalb einer Stunde hatte sie die Abzüge. Das Ergebnis war niederschmetternd wie immer. Von sechsunddreißig Fotos waren drei brauchbar, und zwar die auf der Treppe.

Es schien, als ob Anne schon beim Posieren gewußt hätte, daß sie sich für diese Aufnahmen schämen würde. Sie ärgerte sich maßlos, daß ihr Lächeln auf Fotos noch mehr als in natura dem ihrer Mutter ähnelte. Und es war nicht nur das verkrampfte Lächeln, das sie entstellte.

Anne hatte sich in der Zeit, als sich ihre Oberweite in beängstigendem Ausmaß entwickelte, einen runden Rücken angewöhnt.

Sie ließ die Schultern nach vorn fallen, knickte den Brustkorb ein und meinte, auf diese Weise ein bis zwei Körbchengrößen wegmogeln zu können. Dabei zog sie unwillkürlich den Kopf ein wie eine Schildkröte, was sie nicht normalbrüstiger, sondern vielmehr duckmäuserisch wirken ließ.

Zwar hatte sie mittlerweile eine makellose Haltung geübt, ertappte sich aber ab und zu immer noch dabei, wie sie in sich zusammensank. Die schlimmsten Fotos zeigten sie mit hilflosem Lächeln und eingezogenem Hals an die Schloßmauer gelehnt oder auf einer Parkbank.

Sie verließ das Fotogeschäft, nahm ihren per Hand ins reine geschriebenen Brief aus der Handtasche und steckte das schönste der Treppenfotos in den sorgsam gewählten anthrazitfarbig gefütterten Umschlag.

Knapp vor der Leerung um achtzehn Uhr dreißig ließ sie ihn in den Briefkastenschlitz gleiten, und sofort wurde ihr angst und bange bei dem Gedanken, einem Fremden ihre Einsamkeit offenbart zu haben. Sie hätte vielleicht besser ein Postfach eröffnen sollen für diesen Zweck. Aber wer antwortet schon einem Postfach? Lange hatte sie überlegt, nur ihre Telefonnummer und ihren Vornamen anzugeben, aber der Gedanke daran, daß eines der Kinder das delikate Telefongespräch entgegennehmen würde, hatte bei ihr größtes Unbehagen ausgelöst. Abgesehen davon, daß die Kinder nichts von ihrem Anzeigenkontakt wissen sollten, war sie überzeugt, daß sie in deren Anwesenheit keinen vernünftigen oder gar witzigen Satz hervorbringen würde. Deshalb hatte sie nur mit Namen und Anschrift um schriftliche Antwort gebeten.

Und wenn es sich nun um einen perversen Schwerverbrecher handelte, der seine Opfer per Anzeige anlockte? Welcher Gefahr hatte sie sich und ihre Kinder ausgesetzt! Sollte sie den Briefkastenentleerer abpassen, bestechen und den Brief wieder herausnehmen?

Der gelbe Postwagen fuhr vor, ein junger Mann sprang heraus, lachte Anne an, klemmte in atemberaubender Geschwindigkeit seinen großen Leinensack in die Halterung des Briefkastens, und der Inhalt rutschte hinein. Anne drehte sich rasch um und stieg in ihr Auto.

Als sie in der Grothestraße parkte und ihr Blick wie gewohnt die Jugendstilfassade zu den Balkons ihrer Wohnung hinaufwanderte, glaubte sie ihren Augen kaum zu trauen:

KEIN KRIEG FÜR ÖL! hing, auf ein nagelneues Bettlaken gekleckst, von Noras Balkon herunter.

Sie freute sich täglich, wenn sie nach Hause kam, über diese Fassade und über ihr Glück, auf dem Kölner Wohnungsmarkt diese riesige Fünfzimmerwohnung gefunden zu haben, obwohl der Dauerauftrag für die Miete an jedem Monatsende schmerzte. Diese Wohnung war einfach wie geschaffen für Annes Familie. Außer Wohnzimmer, Küche, Diele, Bad, Stuckdecken, gigantischen Fenstern und einer Flügeltür zum Verlieben hatte jeder sein eigenes Zimmer. Noras Raum und das Wohnzimmer hatten Balkons zur Straße, Annes Schlafzimmer einen kleinen dritten zur Rückseite. Ein Traum.

«Nora! Nora?»

Sie war nicht zu Hause. Wütend ging Anne in Noras Zimmer, stieg über Maltöpfe und Reitutensilien zum Balkon und nahm das Laken vom Geländer ab.

Sie war sich nicht sicher, was ihr peinlicher war. Der Umstand, daß das Laken von ihrem Balkon hing, oder der, daß sie es jetzt abnahm. Hätte sie es hängen lassen, so hätte sie sich mit guten Argumenten rüsten müssen, um dem vorlauten, möglicherweise die Republikaner wählenden Nachbarwiderling von rechts unten beim Mülleimerausleeren die Stirn bieten zu können. Dem fühlte sie sich nicht gewachsen.

Während sie das Laken schnell zusammenknüllte, blickte sie wie eine Ladendiebin nach rechts und links, während sie an den Knoten der Aufhängung zerrte.

Rechts befand sich ihr Wohnzimmerbalkon, links der Nachbarbalkon, von dem auch ein Laken mit dem Schriftzug KEIN KRIEG FÜR ÖL hing und auf dem der Nachbar, diesmal mit bekleidetem Oberkörper, stand und herüberschaute.

Sein blaues und sein braunes Auge trafen sie direkt ins Gewissen. Er mußte jetzt wohl annehmen, sie sei FÜR Krieg am Golf.

Sie ließ das Laken augenblicklich los, es entfaltete sich im Wind und schon baumelte es wieder an diesen verflucht festgeknoteten Schlaufen. Fluchtartig verließ Anne Noras Balkon.

Dann klappt's auch mit dem Nachbarn

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