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Manifest: Rückmeldungen sind wichtiger als Noten

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Lernprozesse brauchen gute Bedingungen, um sich entfalten zu können. Zu diesen Bedingungen gehören Wohlbefinden, Selbstvertrauen, Sinnerfahrung, Kompetenzerleben, Herausforderung, soziale Eingebundenheit, Begleitung durch geschulte Fachpersonen, attraktive Lernumgebungen, Bewusstsein für das eigene Lernen und Feedback. Lernprozesse können aber auch behindert werden: durch Angst, Frustration, Komplikation, Ablenkung, Störung, Verunsicherung der Lernenden.

Noten beenden und behindern Lernprozesse. Sie erschweren es Lernenden, sich auf ihren Lernprozess zu fokussieren, und lenken die Aufmerksamkeit auf eine Bewertung, die alle fürs Lernen wichtigen Bedingungen erschüttert. Wer bewertet wird, zweifelt an sich selbst, sieht den Sinn des Lernens in dieser Bewertung statt im Aufbau von Kompetenz, im Lernen, im Sinnerleben.

Schule soll zu einem Ort werden, an dem Kinder gestärkt werden und sich entwickeln können. Im Unterricht erhalten sie Zugang zu vielfältigen Lernmöglichkeiten. Sinnvolle Routinen schaffen einen Rhythmus, Lernprodukte stellen aus, was Lernende können. Untereinander geben sie sich Feedback und lernen, wie das funktioniert – in Gesprächen mit Lehrenden erhalten sie Rückmeldungen, die sich auf ihre Arbeit und ihren Arbeitsprozess beziehen. Diese Gespräche sind eine Möglichkeit, um genaue Kritik so zu äußern, dass sie für alle annehmbar ist und ihnen dabei hilft, sich weiterzuentwickeln. Noten braucht es dazu keine: Sie schaffen Abhängigkeiten und Machtverhältnisse, welche Schulen und Lehrpersonen belasten und daran hindern, ihren Aufgaben nachzukommen.

Schulen orientieren sich an ihrem demokratischen Auftrag. Dazu gehören auch Standards, die beschreiben, welche Ziele Lernende erreichen sollten. Diese Zielerreichung steht in der täglichen Arbeit im Vordergrund. In motivierenden, sinnhaften Formen nähern sich Schülerinnen und Schüler ihren Zielen. Wenn sie diese nicht erreichen, merken sie es und werden aufgefordert, weiterzuarbeiten und andere Wege zu finden, die Vorgaben zu erfüllen. Noten braucht es dazu nicht: Sie zeigen entweder eine Zielerreichung an und überlagern dabei die Freude über die eigene Leistung – oder sie markieren einen Lernrückstand, der aber lediglich provisorisch ist. Im nächsten Lernschritt wird er aufgeholt, das Defizit muss nicht sichtbar gemacht werden. Noten mildern die Freude über gute Leistungen und erschweren es, Defizite anzupacken und aufzuholen.

Rückmeldungen hingegen stellen individuell erbrachte Leistungen in den Vordergrund, ermutigen, drücken Wertschätzung aus und machen Verbesserungsvorschläge. Sie laden ein, übers Lernen und Arbeiten mitzudenken, in Gespräche einzutreten, Verantwortung zu übernehmen. Feedback ist ein erster Schritt, um mit Lernenden gemeinsam über ihre Leistungen nachzudenken, eine Art Sprungbrett hin zu offenen Dialogen. Deshalb müssen Rückmeldungen mehr sein als verkappte Beurteilungen, als einseitige Einschätzungen von Lehrenden. Fragen sind darin wichtiger als Mitteilungen, Wahrnehmung von Stärken wirksamer als Korrekturen von Defiziten.

Eine Schule ohne Noten (E-Book)

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