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Notenfreier Unterricht an Grundschulen …

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Wir müssen weder weit reisen noch vergangene Zeiten heraufbeschwören: Unterricht ohne Noten ist zu Beginn der Schulerfahrung für Schülerinnen und Schüler im deutschsprachigen Raum heute Realität. In Basel etwa werden Leistungen bis zur vierten Klasse nicht mit Noten beurteilt. An ihre Stellen rücken Aussagen, die beschreiben, ob Anforderungen oder Lernziele erreicht wurden. Diese Aussagen werden teilweise auch symbolisch dargestellt, etwa mit Gesichtern oder Farbcodes. Zusammengefasst kann man den notenfreien Unterricht an Schweizer Primarschulen wie folgt umschreiben: Lehrpersonen geben Schülerinnen und Schülern Rückmeldungen darüber, ob sie das können, was sie gemäß den Vorgaben können sollten. Sie nehmen so auch Förderbedarf wahr und bieten den Kindern Unterstützungs- oder Begabungsförderungsunterricht an. Die Eltern werden im Rahmen von Entwicklungsgesprächen einbezogen, in denen besprochen wird, wie das Kind mit den Anforderungen umgeht und wie es sich entwickelt. Was wegfällt: Diskussion, Rechtfertigung und Begründung von Noten. Dadurch rücken Lernen und Kompetenzen von Kindern in den Mittelpunkt.

Wer Unterricht mit Noten erlebt hat, wird stets versuchen, Informationen aus Gesprächen oder Codierungen in Noten zu übersetzen. So erscheinen differenzierte Rückmeldeverfahren schnell als unnötig, als intransparent oder aufwendig. Doch für die tatsächliche Arbeit mit jungen Schülerinnen und Schülern in der Primarstufe und für ihre Wahrnehmung von Schule ändert sich die Perspektive radikal: Die Notwendigkeit, Prüfungen durchzuführen, mit denen sich Ziffernnoten belegen lassen, entfällt. Vielmehr können Lernende ermutigt werden, Lernziele zu erreichen, den Anforderungen zu genügen oder sie zu übertreffen. Lehrpersonen geben Rückmeldungen, die aber nicht aus Urteilen bestehen, sondern dazu einladen, sich selber einzuschätzen und die Anforderungen wahrzunehmen.

Gleichwohl sind diese Bestrebungen umstritten. Eltern und Teile der Bildungspolitik erwarten von Schulen Noten, die sie mit Leistungsfähigkeit und Wettbewerb assoziieren. Immer wieder äußern sie die Vermutung, eine Schule ohne Noten würde Kinder schlecht auf gesellschaftliche und berufliche Aufgaben vorbereiten, sie sei zu weich.

Kommende Generationen werden aber auf Schulerfahrungen zurückblicken, in denen Leistungen nicht bewertet wurden, sondern in denen verbindliches Feedback gegeben wurde und Gespräche über Lernzielerreichung stattfanden. Sie dürften eine andere Wahrnehmung von Schule und dem eigenen Lernprozess entwickeln.

Was an diesen Grundschulen geschieht, entspricht Lernerfahrungen, die Kinder vor der Schule machen. Im Kindergarten und zu Hause lernen sie selbstverständlich, entwickeln sich in einigen Bereichen schneller, in anderen langsamer als Gleichaltrige. Sie erhalten vielfältige Rückmeldungen auf ihr Lernen und beziehen diese mit ein. Diese Rückmeldungen bestehen aber nie aus Noten, nur ganz selten aus Beurteilungen. Schulen nehmen diese Grunderfahrungen auf und lösen sich von Notensystemen, die auf Kinder willkürlich und unverständlich wirken.

Das erste Beispiel zeigt: Kinder lernen ohne Bewertungen. Sie arbeiten und leisten auch in der Schule viel, ohne dass sie dafür benotet werden.

Eine Schule ohne Noten (E-Book)

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