Читать книгу Entwickle deine Fotografie! - Pia Parolin - Страница 14

1.5 DIE F-LISTE

Оглавление

Man muss etwas dafür tun, dass die Muse einen ereilt, man muss ein Möglichkeitsfeld schaffen, die stillen Nachmittagsstunden abwarten, in denen sie überraschend vorbeikommen kann.

Axel Heil (deutscher Kunstprofessor)

Um mehr in die Tiefe zu gehen und etwas Neues zu schaffen, entwickelst du dein Gespür, hörst mehr in dich hinein und vergegenwärtigst dir deine eigene Lebensgeschichte und Erfahrungen. Die Basis für eine künstlerische und kunstvolle Umsetzung deiner Fotografie trägst du nämlich in dir. Wenn du ein bisschen nachforschst, kommen die Themen fast von selbst zu dir.

In der Praxis kannst du das konkret so machen: Spüre instinktiv ein Thema in dir, verdeutliche es und lasse es wachsen. Dann grenzt du das Thema ein. Es reift in dir zu einem konkreten Projekt heran. Du recherchierst nach Stichworten, Aufsätzen, Diskussionen, anderen Sichtweisen. Du erkundest, was schon gemacht wurde, denn du willst nicht das Rad neu erfinden oder »aus Versehen« etwas machen, was es vielleicht schon in ähnlicher Form gibt.

Wenn du ausreichend Material gesehen und gelesen hast, bekommst du das Gefühl, du hast den Überblick. Du beginnst, eine klare eigene Meinung und Abgrenzung deines Themas zu haben. Du hast erst mal genug von anderen gelernt, was sie bezüglich des Themas erarbeitet haben. Dir beginnt vielleicht sogar der Kopf »überzulaufen«. Gib dir die Zeit, das Aufgenommene innerlich zu verarbeiten, weiterzudenken und mit deinen eigenen Gedanken, Ideen und Erfahrungen zu vernetzen. Ideen ergänzen sich, neue Wege eröffnen sich. In dieser Phase nimmst du möglichst wenig Neues auf, da du dich sonst verzettelst. Du möchtest deine eigene Richtung für dein Projekt finden. Also beginne sie zu gehen. Und dann: Bleib dran!

Der Ablauf folgt einer F-Liste:

1 Festlegung: Thema festlegen und passende konkrete Stichwörter dazu finden.

2 Fütterung: Du fütterst dein Gehirn, deine Kreativität. Du suchst ausführlich nach allem, was du zu den Stichwörtern finden kannst, und zwar themenübergreifend und interdisziplinär. Nicht nur die Fotografie, sondern auch Psychologie, Soziologie, Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie – alles ist willkommen, weil es in dir neue Gedankengänge reifen lässt und es dir ermöglicht, neue Brücken zu schlagen.

3 Fermentation: Ende der Suche und Umwandlung des Aufgenommenen – wie bei einer Fermentation lässt du alles in Ruhe geschehen. Du verdaust das Erarbeitete, lässt die äußeren Einflüsse wirken. Du nimmst dir Zeit, alles zu verstehen. Es kann sich setzen, und du verarbeitest es. Indem du dir Zeit gibst, werden neue Verknüpfungen gebildet, gewollte und unerwartete.

4 Freilassung: Du suchst Auszeiten, in denen du deinen Gedanken freien Lauf lässt und dich die Muse küssen kann. Dabei kommen oft die neuen Ideen zum Vorschein, und das, was du bereits eingespeist hast, reift zu etwas Neuem heran. Du bleibst auch offen dafür, dass sich dein Thema so lange wie möglich entwickeln kann, und zwar in Richtungen, die du in der Konzeption noch nicht gesehen hast oder ahnen konntest.

5 Fotografieren: Mit dem Neuen im Kopf gehst du an dein fotografisches Thema heran und lässt dich treiben. Lass es laufen, gerate in einen Flow und trage alles intuitiv in deinem Foto oder Projekt zusammen. Das Erarbeitete und deine Persönlichkeit fügen sich zu einer Einheit.

6 Fortsetzung: Bleibe an deiner Idee dran, setze sie fort, auch wenn du glaubst, dir fällt nichts mehr dazu ein. Gib nicht auf, denn manche Dinge reifen langsam heran: Erst mit der Zeit erhalten sie die Tiefe, die sie wirklich interessant macht.

Diese Liste ist eine einfache kurze Anleitung, um deine Fotografie zu entwickeln. Damit kannst du sofort loslegen. Sinnvoller ist aber, du verstehst die Details besser und entwickelst ein Konzept. Das erkläre ich im Laufe des Buchs.


1–12 Um das richtige Gleichgewicht aus Input von außen und eigenen Gefühlen und Gedanken zu finden, folge ich den einzelnen Punkten in meinem Workflow. Sie bewirken, dass ich irgendwann klar und deutlich die Abgrenzungen sehe und eine konkrete Idee von dem bekomme, was ich fotografieren möchte. So wie diese Gruppe Mädchen, die ein Video für TikTok aufnahmen und zunächst lockere Abfolgen ihres Tanzes improvisierten, die sie dann immer besser zu einer neuen, netten Choreografie zusammenstellten. Ich hielt mich zuerst unauffällig in der Nähe auf, machte dann ein paar Bilder, kam noch näher; sie schienen sich nicht an mir zu stören. Am Ende zeigte ich ihnen, dass ich nur unerkennbare Silhouetten fotografiert habe, und sie fanden es großartig.

AUFGABE

Folge der F-Liste für dein aktuelles Thema. Das geht auch im Kleinen für einen Nachmittag: Suche dir ein einfaches Thema und gehe Schritt für Schritt anhand der Liste vor. Wenn es sich gut anfühlt, kannst du es zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreifen und fortsetzen und etwas Größeres daraus machen.

Entwickle deine Fotografie!

Подняться наверх