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Kapitel 2 Daniele!

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Sein dunkelblondes Haar war immer leicht zerzaust, was auf eine gewisse Dynamik schließen ließ. Seine Augen waren hell und blau, was ihm Frische verlieh. Sein Körper verströmte Lebenskraft im Überfluss, seine Bewegungen aber waren behutsam, fast vorsichtig. Sein Blick stand niemals still, fragte neugierig. Die energisch geschwungenen, nach oben gerichteten Mundwinkel verliehen seinem Gesicht einen stets lächelnden Ausdruck.


Daniele!


Er war der Sohn unserer Nachbarn, italienischer und zugleich zweifelhafter Herkunft. Sie waren ausgesprochen wohlsituiert und vergrößerten ihr Gut kontinuierlich. Natürlich hatten sie meinem Vater auch etliche Angebote gemacht, welche er immer und bestimmt ablehnte. „So viel Geld kann auch der cleverste Geschäftsmann nicht mit Wein verdienen“, meinte mein Vater und so hatten alle bezüglich der Herkunft des Geldes eine Vermutung.

Als ich etwa 14 Jahre alt war, kauften seine Eltern das Nachbargut auf. Zwei Jahre lang verhinderten die großen Entfernungen jedes auch nur zufällige Treffen. Unsere Familien duldeten sich, wollten aber nicht über eine unvermeidbare Bekanntschaft hinausgehen.


Zur High-School wurden wir beide auf ein renommiertes College in Perth geschickt, wobei wir diese Gemeinsamkeit erst feststellten, als wir uns - auf dem Weg dorthin - im Bus zum ersten Male wirklich trafen.

Zunächst hatte ich ihn nicht bemerkt, da ich mit geschlossenen Augen vor mich hin träumte. Das tat ich gerne und vor allem, um nicht gestört zu werden. Das Schuljahr hatte bereits seit einer Woche begonnen. Den Platz neben mir hielt ich, für eine meiner Freundinnen, mit meiner Tasche besetzt. Als diese dann hochgehoben und der Platz selbstverständlich eingenommen wurde, stellte sich bei mir bereits die Vorfreude auf das kommende Gespräch ein. Vielleicht hätte ich zuerst die Augen öffnen sollen, um mich besser wappnen zu können.

„Ich hoffe du bist nicht zu sehr enttäuscht?“, sagte er fragend auf meinen Gesichtsausdruck hin. „Ich bin Daniele und du bist Emma, richtig?“

Mit einer, ihm sehr eigenen Unverfrorenheit verwickelte mich Daniele in ein dauerndes, „monolog-lastiges“ Gespräch, während ich vor Aufregung in der Hauptsache leider nur wie ein Fisch nach Luft schnappte, was er wiederum überhaupt nicht zu bemerken schien. Gemeinsam mit seiner Familie war er gerade erst von einer Italienreise zurückgekehrt und berichtete mir auf amüsante Art davon. Seine bunte Art zu erzählen war mir neu, aber wirklich getroffen hat mich seine Stimme, die tief in mir etwas ins Gleichgewicht brachte. Die ungewollte, körperliche Nähe im Bus empfand ich als beruhigend und aufregend zugleich. Ich war mir der leichten Verunsicherung sofort gewiss, genoss diesen Moment und hoffte er würde nicht zu schnell vergehen.

Von diesem Zeitpunkt an trafen wir uns häufig. Auf der Fahrt nach Perth und zurück ins Valley, in den Pausen und beim Sport. Wir spielten leidenschaftlich gerne Tennis und wurden aufgrund unserer jeweiligen Bravour in die Schulmannschaft aufgenommen. Die regelmäßigen Turniere besuchte ich dann mit großem Eifer, welcher bereits Argwohn bei meiner Mutter auslöste.

Ich hatte mich verliebt. Wir hatten uns verliebt.

Anfänglich, und noch ein bisschen länger, lebten wir diese Liebe heimlich, nur für uns und ließen unsere Eltern und Geschwister nicht daran teilhaben. Irgendwann wurde uns beiden klar, dass dieses Gefühl tief, echt und nicht des Versteckspiels würdig war.

Daniele drängte darauf, mich seinen Eltern vorzustellen.

Die Ähnlichkeit mit seiner Mutter war verblüffend und ich merkte schnell, dass zwischen ihnen eine komplizenhafte Einigkeit bestand. Da sein Vater als Kapitän oft auf Reisen war, kümmerte sich seine Mutter zu Hause um die Familie und das Geschäft. Ich denke nicht, dass sie uns sehr ernst nahmen, aber ich für mich wusste, dass Daniele die Liebe meines Lebens war.

Dank meiner Schwester Lilly, war unsere Beziehung in meiner Familie bald ebenfalls kein Geheimnis mehr. Natürlich wurde Daniele freundlich empfangen, aber meine Eltern zeigten sich mir gegenüber enttäuscht, da ich ihnen gegenüber solange geschwiegen hatte.

„Oh Emma, - es ist mir nur rausgerutscht, wirklich, ich wollte nichts verraten”, entschuldigte sich Lilly.

Mein ohnehin schon angeschlagenes Vertrauen zu ihr bekam einen weiteren Riss, da ich ihr einfach nicht glauben wollte. Lilly hegte für Daniele eine beachtliche Sympathie und das machte mich latent eifersüchtig.

„Macht nichts, ganz ehrlich, eigentlich hast du mir eher geholfen.“ Den kleinen Erfolg über mich versuchte ich, so ein wenig zu schmälern. Lieber hätte ich allerdings die Entschuldigung abgelehnt, sie im Gegenzug kleingebrüllt, zweimal gegen ihr Schienbein getreten und sie dann einfach stehen lassen. Aber das entsprach nicht meinem Charakter, leider.

Etwas schwerer wog das Gefühlschaos, das diese Offenbarung hinter sich herzog. Meine Mutter grämte sich, weil ich ihr nicht vertraut hatte, mein Vater war ungehalten, da ich seiner Kontrolle entglitt, Lilly sehr erfreut, da sie Daniele nun oft sehen würde und Tim hielt sich wie immer aus allem raus. Ich war wütend auf mich selbst, weil ich nicht ehrlich gewesen war und weil ich daran nichts mehr ändern konnte.

Für eine Weile fehlte mir jeglicher Weitblick und ich musste jede Menge Mut aufbringen, meine Position aufrechtzuerhalten.

Wie so oft glätten sich die Wogen mit der Zeit und wurden dann fast zu glatt. Besonders meine Mutter, ganz zu schweigen von meiner Schwester, entwickelte geradezu ein Faible für Daniele.

Meine Idee, dieses Auslandsjahr mehr oder weniger gemeinsam zu bestreiten, galt auch eben dieser Glätte, auf welcher ich auf keinen Fall ausrutschen wollte.

Daniele plante, in Florenz Önologie zu studieren. Seine Eltern fanden diese Aussicht mehr als grandios und organisierten ihm einen Aufenthalt bei Freunden, welche ebenfalls ein Weingut bewirtschafteten.


Wir stellten uns das ungeheuer romantisch vor und wollten uns so oft wie möglich besuchen kommen. Das aber war vorerst unser Geheimnis und gut behütet - dachte ich.

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