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Kapitel 5 Das Haus am See I

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Schatten begannen meinem Leben erneut das Licht zu rauben, der Albtraum war wieder triumphal in mein Schlafzimmer eingezogen. Immer wieder der gleiche Schmerz, die gleiche Angst und Hoffnungslosigkeit, der gleiche Traum, die Hände klebrig und voller Blut.

Seitdem ich in München lebte, musste ich ihn nachts wieder und immer öfter durchleben, ohne für mich ersichtlichen Auslöser oder Grund. Es gab einfach keine einleuchtende Erklärung.

Aber jetzt, heute, an diesem sonnigen Morgen wollte und konnte ich keine Überlegungen mehr über die vergangene Nacht anstellen, wollte mich nur auf die kommenden beiden Tage freuen. Ich stand noch immer barfuß auf meiner Terrasse und genoss den Ausblick über die Dächer der Innenstadt.


Immer wieder hatte ich „mein geliebtes Wochenende am See” wegen anstehender Prüfungen verschieben müssen, aber heute würde nichts dazwischen kommen. Zurück in der Wohnung griff ich ganz automatisch zum Telefonhörer und wählte.

„Emma hier, schön Deine Stimme zu hören, bis gleich!“

„Vielen Dank für ihre Antwort, das Gerät …“

Der fast schon antike Anrufbeantworter meines Onkels gab mir immer die gleiche Antwort. Schon seit Jahren hatte dieser einen „Rund-um-die-Uhr-Job“ inne, blinkte getreu Aufmerksamkeit heischend grün vor sich hin und war von ihm persönlich besprochen worden. Das passte so gar nicht zu seiner gestrengen Anwaltsaura, wunderte mich und vergnügte ihn. Patrick nahm nur ab, wenn er wusste, wer auf der anderen Seite sprach und selbst dann nicht immer. Jetzt nahm er nicht ab, wie er so oft nicht abnahm.

Ich rief ihn manchmal einfach nur an, um seine Stimme zu hören, - und um das Band vollzuquatschen. Das wunderte ihn, vergnügte aber mich.

Ich war noch ein wenig unruhig, weil ich schlecht geschlafen hatte. Ungeduldig sah ich dem Wiedersehen mit Patrick und Jonah entgegen. Ins Herz geschlossen hatte ich sie beide, so fest. Schnell zog ich mir nach der Dusche etwas über, packte meine Sachen und hüpfte die vielen Treppen zu meinem Wagen hinunter.


Die Autobahn zum Starnberger See war faktisch wie leer gefegt, außer mir war kaum jemand so früh unterwegs. Die Natur zeigte sich wohlgestimmt und das fröhliche Flimmern und Flüstern der Blätter im Wind beruhigte mich, je näher ich meinem Ziel kam. Die Sonne streichelte sanft wärmend meine Hände und ich ließ meine Gedanken frei. Wettete zwischen mir und mir, welcher davon zuerst ankommen würde. Mit meiner Vermutung lag ich richtig und somit war mein Vorsprung, vor mir selbst, nicht mehr einzuholen. Gewinnen ist ein herrliches, Herrschen ein mächtiges und Macht ein göttliches Gefühl.


Patricks Anwesen lag abseits auf einem hügeligen Seegrundstück, inmitten eines großen, verwildert wirkenden Parks. Die nächste Ortschaft war etwa drei Kilometer entfernt, direkte Nachbarn gab es keine. Das ganze Anwesen war von hohen, spiralförmig wachsenden Zypressen umgeben. Dicht an dicht stehend, hielten sie jeden Blick auf die Residenz ab.

Mit einem Fingerdruck ließ ich das automatische Eingangstor öffnen und fuhr direkt bis zum Haupthaus. Es war ein großzügiges Backsteingebäude, Teil einer ehemaligen Ziegelfabrik. Der äußerliche, einst völlig verwunschene Eindruck hatte mir eigentlich gefallen, passte jedoch wenig zu den Bewohnern dieses Hauses. Efeu hatte in der Tat etwas zu Märchenhaftes. Patrick stimmte meiner Beobachtung zu und überließ es mir, die Renovierung der Fassade zu organisieren. Meine erste richtige, praxisnahe Aufgabe! Der Pflanzenbewuchs musste entfernt, die Steine abgestrahlt und neu verfugt werden. Gemeinsam mit den Arbeitern legte ich Hand an und versuchte, mir Tricks aus deren langjähriger Erfahrung anzueignen. In jedem Fall entwickelte ich den gleichen Bärenhunger und fiel abends todmüde ins Bett. Nach der Fertigstellung präsentierte sich das Mauerwerk leichter, jünger, also moderner und gefiel - was noch viel wichtiger war - seinen Bewohnern.


Mein aktuelles Fassadenprojekt an der Uni war diesmal ökologisch vielversprechend und ich brannte förmlich darauf, es mit ihnen gemeinsam zu besprechen. In einer Gruppe von vier Pfefferbäumen, zentral im Park gelegen, schwebte eine Glasterrasse, auf welcher wir es uns zumeist zu diesem Zwecke gemütlich machten. Unter dieser Plattform hatte meine Tante vor langer Zeit unzählige, verschiedenartige Blumen gepflanzt, sodass ein Meer aus Farben, Formen und Düften die Betrachter betörten.

Patrick und Jonah nahmen mein Studium genauso ernst, wie ich und gaben mir trotz ihres Laienstatus stets ihre volle Aufmerksamkeit. Sie überstanden mir zuliebe sogar lang gezogene, technische Erklärungen und Details und lobten meine geometrischen Zeichnungen, als eine neue Art moderner Kunst aus. Die Frage, ob sie so richtig hinhörten, muss ich allerdings verneinen. Vor allem, nachdem ich in einem meiner „Plädoyers” absichtlich grobe Schnitzer eingebaut hatte, welche sie mir ganz selbstverständlich und wie gewöhnlich munter zunickend, dennoch abnahmen.


Am Haupthaus angekommen, stellte ich den Motor ab, stieg aus und begann damit, mein Gepäck zu entladen. Gewöhnlich befand ich mich, sobald ich das Eingangstor öffnete, in Begleitung von Sean. Mit munterem Gebell pflegte er meine Ankunft ausgiebig anzukündigen und das Auto bis zum Parkplatz zu verfolgen.

Nicht, dass mich die bisher spärliche Begrüßung ungehalten werden ließ, aber es war so ungewöhnlich ohne Sean, so still, beunruhigend leise.

Seltsam, wo er nur war?

Die Wochenenden hier am See waren bis genau jetzt ohne jede Unvorhersehbarkeit verlaufen.

„Sollte dir jemals etwas befremdlich erscheinen, geh‘ sofort zum See, Emma.“ Mit diesem Satz leitete mein Onkel, so ganz nebenbei, die Erstbegehung des unterirdischen Verbindungstunnels, vom Bootshaus zur Dependance, ein. Ich wunderte mich damals nicht nur über diesen Geheimgang, sondern auch über seine ernste Wortwahl, ging aber nicht weiter darauf ein. Über ein, „Aber warum …?“, kam ich nicht hinaus, den Gesichtsausdruck Patricks im Visier. Er hasste Fragen, vor allem die, die er nicht beantworten wollte.


„Befremdlich“, dieser Begriff beschrieb die augenblickliche Atmosphäre treffend. Ob es nun daran oder an meiner unleugbaren Übermüdung lag, meine auf der Autofahrt fast zur Ruhe gekommener Nervosität entzündete sich erneut und schlug Alarm.

„Patrick, Jonaaaaah? … Seaaan? ... Wo seid ihr denn? Das ist nicht lustig!“


Laut begann ich ihre Namen zu rufen und beschleunigte meine Schritte in Richtung Opferplatz. Den Namen hatten wir uns als Kinder ausgedacht. Wer gegen die Regeln verstieß, musste sich an diesem Ort immer von etwas Geliebtem trennen.

In der Nähe der Pfefferbäume angelangt, vernahm ich ihre Stimmen. Sie klangen entfernt und verzerrt, fast der Auflösung nahe. Sie mussten tatsächlich versucht haben das Wasser zu erreichen, denn nur dort, im Tunnel, konnten sie ja im Notfall Schutz suchen. Ich versuchte mich zu konzentrieren, die Wortfetzen zu verstehen, den akustischen Kontakt aufrechtzuerhalten. Aber ich schaffte es nicht, er brach ab.


Wieder Stille. Diese Stille war keine gute Stille.

Sicher, beide zeichneten sich durch eine besondere Art von Humor und eine Seelenverwandtschaft mit E. A. Poe aus, ich nannte sie heimlich sogar Edgar und Allen, aber das war jetzt doch am Rande der Erträglichkeit. Oder hatte der übertriebene Sicherheitsaufwand etwa doch einen Sinn bzw. Nutzen gehabt?


Es gab eigentlich nur einen sicheren Ort, den sie durch den Verbindungstunnel aus erreichen konnten. Neben dem Wohnhaus und dem Bootshaus gab es noch eine weitere Konstruktion auf dem Gelände, die „verborgene Dependance“. Da fast niemand von ihrer Existenz wusste, standen meine Chancen, das dortige Brunnenzimmer vor ihnen zu erreichen, gut. Nur Jens und Antonia, meine allerliebsten Kollegen aus der Arbeitsgruppe "Climadesign", wir hatten sie ja letztes Jahr gemeinsam bepflanzt, wussten darüber Bescheid und die befanden sich definitiv nicht hier.


Ein mannshoher Lattenzaun, bestehend aus senkrecht stehenden, verspiegelten Panzerglasplatten, stand vor der Dependance, bewachte sie geradezu.

Diese meterhohen, handbreiten Glassoldaten waren einzeln in Fundamente eingelassen und rundum beweglich. Wenn sie sich - einer vertikalen Jalousie gleich - schlossen, bildeten sie einen „unsichtbaren“ Schutzwall. Unsichtbar, da sie die umherliegende, prächtige Natur perfekt reflektierten und so ein Teil von ihr wurden. Mit organischen Solarzellen beschichtet, dienten sie des Weiteren auch als Sonnen- oder Windenergiespeicher und konnten sich, je nach Lichtverhältnis, wie Lamellen um bis zu 90 Grad drehen.

Der versteckt dahinterliegende, terrassenförmige Bau lag in einer abschüssigen, ehemaligen Grube der Ziegelei, war weit in die Wand hinein gebaut worden und zum großen Teil von gezielt gesetzten Pflanzen, wie Pilzen, Nachtschattengewächsen, Kräutern, Gemüse und Obst, bedeckt. Wer auch immer sich jemals hierher zurückziehen musste, war mit allem Lebensnotwendigen ausgestattet. Das Vorhaben, den Bau völlig mit der Natur verschmelzen zu lassen, war gelungen.


Von den Pfefferbäumen aus war es nicht weit bis zu den Glas-Soldaten, aber ich musste auf halbem Wege umkehren, zu meinem Auto zurück, um die Fernbedienung an mich zu nehmen. Dank dieser setzten sich die Lamellen dann wie von Zauberhand in Bewegung und die so entstandenen Öffnungen gewährten mir für einen Moment Einlass, bevor sie sich erneut automatisch schlossen.

Leisen Schrittes trat ich in das Haus ein und schlich vorsichtig immer tiefer in den Berg. Nur noch wenige Meter vom Ziel entfernt vermeinte ich, wieder Stimmen zu vernehmen.


„Patrick, Jonah?”, rief ich wieder, die Tür zum Brunnenzimmer öffnend.


Zu spät. Es gelang mir leider nur zu spät, die Anwesenden zu erkennen. Nebeneinander, mit dem Gesicht zur Wand knieten mein Onkel und mein Cousin auf dem unebenen, kalten Steinboden. Die auf dem Rücken gefesselten Hände schränkten ihre Mobilität ein. Die ebenfalls gefesselten Füße beraubten sie schließlich jeglicher Bewegungsfreiheit. Ihre Köpfe waren unter schweren Stoffsäcken begraben, wie bei einer Hinrichtung. Kein Laut entkam ihren Lippen. Keine körperliche Regung zeigte mir, dass sie meine Stimme erkannt hatten.


Zu beiden Seiten standen bewaffnete Wachen, die entsicherten Waffen im Anschlag. Ihre Gesichter waren vermummt und sie agierten untereinander nur mit Zeichen. Ausschließlich in schwarze Kleidung gehüllt, ließen sie kein Stückchen Haut sehen. Mit einer fast unmerklichen Kopfbewegung nickte mich Patricks Bewacher herein. Da ich keine andere Wahl hatte, kam ich der Aufforderung nach.


Stille, Gefahr und Angst vergifteten den Raum.

Ich begann zu schwitzen, obgleich mir kalt war. Meine flache Atmung ging schnell. Ich tat mich schwer, meine Angst unter Kontrolle zu halten.

Das Brunnenzimmer war durch einen unterirdischen Gang mit dem Bootshaus am Steg verbunden, einem Geheimgang. Patrick hatte ihn rein zufällig ausgemacht, konnte aber nie klären, wozu er dem Besitzer der Ziegelei gedient hatte. Jonah und ich gaben uns wild romantischen und abenteuerlichen Spekulationen hin. Wer weiß, vielleicht hätten wir sogar Recht bekommen. Wie dem auch sei, „geheim“ bedeutete in jedem Fall, dass niemand davon wusste. Deshalb konnte ich mir auch absolut nicht erklären, wie die Eindringlinge ihn so einfach hatten ausfindig machen können. Nach deren Verhalten zu urteilen, verfolgten sie eine präzise Mission und in ihren Augen stand kein Bedauern.


Nach meinem Eintreten gelangte der dritte Mann in mein Blickfeld. Er saß als Einziger auf einem Stuhl. Seine Haltung war aufrecht, schon fast steif und seine helle Kleidung herrschaftlich, wie aus vergangenen Zeiten. Langsam wandte er sich mir zu. Ich hatte, wenn auch nur für einen kurzen Moment, die Möglichkeit sein altes Gesicht zu betrachten. Irgendwie kam er mir bekannt vor, irgendwo hatte ich dieses Gesicht schon gesehen. Aber etwas stimmte mit seinem Gesichtsausdruck nicht, sein Blick war so starr, so kalt.


Für einen kurzen Moment abgelenkt, sah ich den Schlag nicht kommen. Der Hieb traf mich unverhofft, die Ohnmacht tief und die Zeit verging.


Nichts. Ich konnte nichts hören, es war nichts zu hören. Schon die geringste Veränderung meiner Position brachte ihn dazu, sich in mir aufzubäumen und löste ein unwiderrufliches Gefühl von Unwohlsein hervor. Der Schmerz. Er schien immer intensiver zu werden, um dann im Moment der Unerträglichkeit wieder abzuflauen. Ich musste mich wieder und wieder übergeben, was mir jeweils nur kurz Erleichterung verschaffte.


Es bereitete mir große Mühe, meine Umgebung zu fokussieren. Die Augen geschlossen zu halten, verminderte die Anstrengung. Ich war einfach noch nicht soweit, ich musste noch weiter im Nichts ruhen.

Die Zeit hatte keine Bedeutung für mich. Das Schweben in einer ungewissen Ebene ist frei von solchen Zwängen. Es ist, als ob sich der Körper nicht für die zu gehende Richtung entscheiden kann und lieber in der Anonymität verbleibt. Schlaf- und Wachzustände wechselten einander ab, wie ein kontinuierlicher Programmwechsel.


Allmählich erholten sich meine Sinne und mein Kopf begann zu wollen. Erste Laute drangen wieder in mein Ohr und ich öffnete die Augen, um zu sehen. Das Licht war diffus, warme Abendluft strömte durch das leicht geöffnete Fenster und undefinierbare Gespräche schwangen im Zimmer. Jonah saß neben meinem Bett auf einem Sessel und schlief fest. Sein Kopf war leicht zur Seite geneigt, die gefalteten Hände stützend unter dem Kinn und die Beine leicht angewinkelt. Das stets nach hinten gekämmte, dunkle Haar fiel unordentlich in sein Gesicht.


Ich war in meinem Zimmer am See. Hatte mein neues Projekt gefallen? Der Versuch mich des Vergangenen zu entsinnen, brachte nichts Ungewöhnliches hervor. Nach der Fahrt muss ich mich kurz hingelegt haben und jetzt schliefen wohl alle.

Meine Lippen formten seinen Namen. JONAH. Ich rief nach ihm, aber keine Stimme verließ meinen Hals, nur ein erbärmlich leises Stöhnen. Der Schlaf holte mich wieder ein.

Der Sessel war leer, die Tür geschlossen. Es war wieder Tag und die Sonne schien direkt, durch das immer noch leicht geöffnete Fenster, auf mein Bett. Ich schlug die Decke zurück und versuchte mich aufzusetzen. Ein leichtes Brummen war im Kopf verblieben und ich hatte großen Durst. Eine ungeöffnete Flasche Mineralwasser stand auf dem Tisch vor dem Fenster. Behutsam stand ich auf und ging zum Fenster, öffnete es ganz und atmete die frische Morgenluft ein. Während ich aus dem Fenster blickte, schenkte ich mir ein Glas Wasser ein.


Der See schimmerte aufgeregt und ich konnte gerade noch Patricks Segelboot unter Motor auslaufen sehen. Instinktiv rief ich ihm Worte zu, welche die Entfernung nie hätten überbrücken können. Freude durchfloss meinen ganzen Körper und ich nahm mir vor, so schnell wie möglich zum Steg zu gelangen.

Nach dem Öffnen der Tür stieg mir der Geruch von frischem Kaffee in die Nase und ich sog ihn gierig ein. Rasch die Treppe runter, dem Duft nach. In der leeren Küche angelangt, erwarteten mich ein gedeckter Frühstückstisch und eine Nachricht. Da meine Energiereserven bereits wieder erschöpft waren, setzte ich mich und begann zu lesen.


„Emma. Schön, dass du wach bist“ unterbrach mich Jonah, in den Raum eintretend. Er fasste genießerisch in mein Haar und küsste mich fest auf die Wange. Das hatte er schon als Kind immer so gemacht, er liebte mein lockiges, kupferbraun leuchtendes Haar. Sean legte sich, wie gewöhnlich, auf meine Füße und stellte sich schlafend.

„Du hast gestern in meinem Sessel geschlafen, was war eigentlich los? Ich fühle mich auch jetzt noch nicht richtig wohl.“

„Lass uns erst gemeinsam Kaffee trinken und dann reden wir.“

Stark, süß und mit viel Milch, aber vor allen Dingen musste er heiß sein, mein Kaffee.


Es war schön mit Jonah zusammen zu sein. Für ihn war ich die kleine Schwester, die er nie haben durfte. In seiner Gegenwart fühlte ich mich besonders gelöst. Er verfügte über die angeborene Gabe, Menschen unmittelbar in einen angenehmen Wohlfühl-Zustand zu versetzen und konnte so den vielfältigen Lebenssituationen entspannt gegenübertreten.


„Auf Augenhöhe“ war sein Limit - nicht darüber und nicht darunter. Seinem Gegenüber kam selten der Zweifel, ob er in Wirklichkeit nicht doch anders dachte. Diese einnehmende Eigenschaft brachte ihm die Sympathien von Menschen ein, die zumeist nur dies gemeinsam hatten.


Eigentlich war alles wie immer. Der Hund lag unter dem Tisch, er saß frisch geduscht mit nassen Haaren neben mir und dennoch wurde die Idylle durch etwas getrübt. Ich verspürte so ein leicht ungutes Gefühl, was sich dann von meiner Mitte aus strebsam weiter ausbreitete. Heute Morgen konnte ich einfach keinen Frieden finden und begann nochmals, über den Ablauf des gestrigen Tages nachzudenken. Ich hatte wieder diesen Traum gehabt und war dann mit dem Auto hier hergefahren.


„Wo ist eigentlich dein Vater?”, fragte ich.

„Er ist mit einem Freund zu einer Tagestour aufgebrochen.“

„… einem Freund? Was für ein Freund? Ich habe hier noch nie einen Freund gesehen. Weder von dir noch von deinem Vater. Also werde ich später das Vergnügen haben? Und dann noch eine Tagestour? Entschuldige Jonah, aber wir hatten uns doch ausdrücklich für dieses Wochenende verabredet.“


Die Gewissheit traf mich wie Blitz. Dieser helle Anzug, diese Haltung - hatten so etwas Exotisches. Koloniales Flair. Vielleicht Afrika? Ein Foto, ich glaubte mich zu erinnern, Personen mit diesem Kleidungsstil auf Saras Fotos bereits gesehen zu haben.


„Bitte lies doch kurz die Nachricht zu Ende, Emma, sie ist von Vater.“

Er schrieb mir, dass es ihm leidtäte, dass wir unser Gespräch verschieben müssten, da er sich um einen alten Geschäftsfreund zu kümmern hatte.

Jonah ließ sich Zeit, frühstückte genüsslich. Er wusste, dass ich mich über kurz oder lang wieder erinnern würde.


Warum waren wir alle im Brunnenzimmer gewesen, wer waren diese Männer und weshalb all diese Waffen und Bedrohung? Die Erinnerungen begannen sich zusammenzusetzen und das Geschehene spulte sich wieder vor meinem inneren Auge ab. Mit einem Ruck stand ich auf und lenkte meine Schritte zum Wohnzimmer. Eine der Wände war von der Decke bis zum Boden ausgefüllt mit Büchern, Bildbänden und Zeitschriften. Vielleicht würde ich wirklich in einem von Sarahs zahlreichen Fotoalben einen Hinweis finden? Eine andere Chance gab es nicht.

Die Fotosammlung, die Arbeiten Sarahs waren in den ganz oben liegenden Fächern, der imposanten Bücherwand im Wohnbereich, eingeordnet. Nun mehr als zwanzig Jahre alt wurden sie, außer von mir, nur selten betrachtet. Eine seitlich bewegliche Leiter auf Rollen diente der relativ bequemen Büchersuche, fast wie in einer richtigen Bibliothek. Ich musste weit hochsteigen, da die erste Regalfläche in etwa fünf Meter Höhe lag. Da ich nicht genau wusste, in welchem Band ich fündig werden würde, begann ich einfach, einen nach dem anderen nach unten zu tragen. Aber es waren einfach zu viele Bücher, Alben, gebundene Sammlungen, Collagen und zu viele Stufen, hoch und runter. Schließlich blieb ich einfach oben stehen und begann, das in der Nähe stehende Sofa zu bewerfen. Jonah war mir gefolgt und schien ungehalten.


„Emma, was soll das, was willst du mit Mutters Arbeiten?“

„Ich habe den Mann schon einmal gesehen, den alten Herrn auf dem Stuhl. Und ich denke, ihn auf einem Foto gesehen zu haben.“

„Emma, jetzt komme erst mal runter und beruhige dich!“ Ich folgte seiner Aufforderung und wurde mit einer warmen Umarmung belohnt.

„Am besten wir machen das jetzt so, ich steige nach oben, reiche dir, was du brauchst und du legst alles auf den Tisch.“


Nach und nach, Buch für Buch leerten wir den oberen Bereich. Und dann, nur einen belanglos winzigen Augenblick lang verspürte ich Misstrauen. Ein kaltes, stechendes Gefühl, welches direkt zum Herzen führt. Aus dem Augenwinkel heraus meinte ich gesehen zu haben, dass Jonah, anstatt mir ein bestimmtes Buch zu reichen, es in Richtung Wand hatte verschwinden lassen. Ich ließ mir nichts anmerken. Ich war vorsichtig, setzte mich an den Tisch und begann, die Kreationen meiner Tante zu durchkämmen.

„Emma, der Mann aus deinen Albträumen sitzt auf einem Stuhl? Das wusste ich nicht.“

„Nein, nicht der. Ich meine den Mann von gestern, im Brunnenzimmer.“


Sara war Fotografin gewesen und hatte mit ihrer Leica jeden Menschen, mit dem sie auf ihren Reisen auch nur ein Wort gewechselt hatte, festgehalten.

„Kommunikationskontrolle“ nannte sie diese Manie, „Klick-Tick“ mein Onkel. Sie bereiste besonders gern und ausgiebig Afrika, wo sie, bei einem Aufenthalt in Kapstadt, dann den scheuen Patrick kennenlernte. Immer auf der Suche nach neuen Inspirationen, immer in Bewegung. Die Porträts aber waren nur eine persönliche Marotte gewesen, denn ihr Spezialgebiet war die Food-Fotografie. Gemeinsam mit einer Köchin hatte sie ungestört in ihrer „Studioküche“, hier im Haus, gearbeitet. Diesen Raum, rundum mit den Porträtaufnahmen der Reisen tapeziert, mit einem weiß-schwarzen Schachbrettboden ausgelegt, mit professionellen Edelstahlmöbeln ausgestattet und bereichert durch ein beachtliches Sammelsurium an Geschirr, kannte ich nur von Bildern.

Da ich jetzt bei der Suche über keinen weiteren klaren Anhaltspunkt, außer meiner Intuition, verfügte und der sogenannte Glückstreffer sich nicht einstellte, beschloss ich methodisch vorzugehen. Zunächst sortierte ich alle professionellen Aufträge aus. Hiernach wollte ich mich den privaten Familienbänden, dann den Reisedokumentationen und zum Schluss der immens umfangreichen Porträt-Sammlung widmen. Als ich mir des Ausmaßes bewusst wurde, schien mir das alles auf einmal sinnlos.


Und Jonah tat gerade so, als ob er mich nicht verstehen würde. Er behauptete, sie hätten mich im Garten gefunden, ausrechnet am Opferplatz. Da ich ohnmächtig gewesen wäre, hätten sie mich gemeinsam in mein Zimmer getragen und ins Bett gelegt. Dessen konnte ich mich beim besten Willen nicht entsinnen. Ich sah nur die absurde Szene im Brunnenzimmer, bevor alles dunkel wurde. Entfernte ich mich von der Realität? Sah ich Dinge, die nicht stattgefunden hatten und Menschen, die keiner kannte?


Jonah war so ruhig und gelassen, beinahe entspannt. Konnte sich jemand so verstellen? Jemand, dem ich glaubte, jemand, dem ich vertraute und den ich brauchte.

Ging die Fantasie ab und zu mit mir durch die Welt spazieren oder begann sie, ein wichtiger Teil meines Wesens zu werden? Ich wusste genau, dass ich von meinem Naturell her ein Realist, von der Vernunft gesteuert, also ein Kopfmensch war. Ganz offensichtlich aber stimmte etwas nicht, sie wollten etwas vor mir verbergen. Oder war es nur Jonah, der sich verstellte? Ich musste mich bis heute Abend gedulden und warten, bis mein Onkel wieder mit dem Boot einlief. Ablenkung war jetzt gefragt.


„Jonah, herrlich diese Aufnahmen von Süditalien. Weißt du, den besten Kaffee trinkt man in Neapel. Ich habe jetzt richtig Hunger bekommen.“

„Da bin ich aber erleichtert, Emma - ich habe dich kaum wiedererkannt. Lass uns in die Küche zurückgehen und das Frühstück vernichten.“ Er legte sanft seinen Arm um meine Schultern und ich konnte nichts dagegen tun, es war mir plötzlich unangenehm.


Wie lange können nur Minuten sein, wenn man sie schon überlebt sieht. Die enorme Spannung in mir stand im Kontrast zum einträchtig, idyllischen Milchkaffeeszenarium in der Küche, welches sich verdächtig in die Länge zu ziehen drohte. In meinen Gedanken war ich schon wieder ganz oben, auf der obersten Stufe und doch hatte ich Angst in die Tiefe, bis hin zur Wand zu sehen. Ich konnte es kaum erwarten, endlich alleine zu sein. Denn dann würde ich erneut auf die Leiter steigen und suchen, was ich nicht hätte finden sollen.

„Nur Kaffee? Iss doch wenigstens etwas Kuchen, du musst sicherlich sehr hungrig sein. Die halbe Nacht über hast du dich immer wieder übergeben.“

„Lieb von dir. Aber ich fühle mich nicht wohl, bin erschöpft. Wenn es dir nichts ausmacht, gehe ich hoch in mein Zimmer. Übernimmst du die Runde mit Sean für mich?“

„Kein Problem Emma. Schlaf noch ein wenig, ich komme später nach dir sehen.“

Meinem Vorhaben war ich nicht unbedingt näher gekommen, aber ich hatte mich zumindest von seiner Gegenwart befreit. Keine Sekunde länger - hätte ich ihn ertragen können.


Oben in meinem Zimmer angelangt, beschloss ich, die Tür leicht geöffnet zu lassen. Sollte Jonah zurück zur Bibliothek gehen, würde ich ihn hören können und versuchen, sein Vorhaben unbemerkt zu beobachten. Ging er nicht, dann würde ich selbst in der Bibliothek nachsehen, sobald er mit Sean das Haus verlassen hatte.

Zu aufgeregt, um zu bedenken und zu müde, um abzuwägen, machte ich mich daran, alles Unwesentliche für einen Moment lang auszublenden. Nur auf Geräusche, Schritte, Laute achten. Nur nicht einschlafen. Aber außer einem zaghaften Geklirr war nichts zu vernehmen und eben diese sanfte Geräuschmonotonie raubte mir die Gegenwart, ließ mich in den Schlaf sinken.

Ein wiederkehrendes Geräusch weckte mich.

Das Haustelefon, es klingelte und klingelte und hörte nicht auf. In der Hoffnung, dass Jonah drangehen würde, setzte ich mich dennoch auf. Die folgende Pause war von nur kurzer Dauer, denn dann klingelte mein Handy.

„Hallo.“

„Patrick hier. Kannst du mich in Tutzing abholen kommen.“

„Patrick? Ja … klar … wann und wohin soll ich kommen?“

„Gleich, ins Seerestaurant.“

„Ok. Komme!“

Ich schnappte mir meine Tasche und rief nach Jonah, aber niemand antwortete. Er war wohl mit Sean unterwegs. Bevor ich losfuhr, wollte ich noch schnell das Regal inspizieren. Tatsächlich, nah der Rückwand fand ich einen kleinen Band. Es waren Aufnahmen eines Familienurlaubs, Patrick, Sarah und Jonah, irgendwo in den Alpen. Allerdings gab nur eine Handvoll Bilder darüber Aufschluss, die meisten Seiten waren leer. Ob sie nun immer so gewesen oder vor einer Stunde ihres Inhalts beraubt worden waren, konnte ich nur mutmaßen.


Meine einzige Hoffnung war jetzt mein Onkel, und der würde in spätestens einer guten Stunde neben mir Platz nehmen. Ohne abzuschließen, hastete ich aus dem Haus zu meinem Auto und los ging die Fahrt. Eigentlich fuhr ich oft und gerne mit dem Auto um den See, gemütlich von einem Ort zum anderen. Aber heute achtete ich kaum auf die schöne Umgebung, konnte mit meinem Blick kein Bild erfassen. Ich hatte nur einen Gedanken - schnell anzukommen.


Es war schwer bis unmöglich Patrick in Diskussionen oder Gespräche zu verwickeln. Hatte er etwas zu sagen, so tat er dies. Keine Erklärungen, Annahmen oder Vermutungen, nur satte Fakten: klar, verständlich, deutlich. Ob dies nun seinem Charakter entsprach, vom übermächtigen Vater herrührte, eine einfache Berufsdeformation oder vom Todestrauma Sarahs beeinflusst war, wusste ich nicht klar zu bestimmen.

Um der Wahrheit näher zu kommen, um zu erfahren, was gestern tatsächlich in der Dependance stattgefunden hatte, musste ich auf seine Initiative hoffen. Mit vielen Fragen kam ich bei ihm nicht weiter.


Der Parkplatz des Seerestaurants in Tutzing war übervoll und langsam wurde es richtig warm. Die Luft begann zu flimmern. Sicher saß Patrick auf der Terrasse am Seeufer und genoss den wundervollen Blick, über den See hinweg zu den Alpen und darüber nichts als stahlblauer Himmel. Wir waren schon oft gemeinsam mit dem Boot hier gewesen. Obwohl er Menschenansammlungen stets mied, schien er sich hier seiner Anonymität sicher.


Da er es vorzog, immer in der letzten Reihe zu sitzen, war es für mich nicht schwierig, ihn schon von weitem auszumachen. „Hinten den Rücken frei und vorne alles im Blick haben“, war eine seiner Theorien. Seine Sicherheit ging ihm über alles. Mit ihm am Tisch waren noch zwei Personen, vielleicht ein Paar. Aus der Entfernung konnte ich sie nicht genau erkennen, da ich sie lediglich von der Seite sah. Hoffentlich saßen sie nicht mit, sondern nur bei ihm am Tisch. Näher kommend stellte ich fest, dass sie miteinander sprachen. Die Frau schüttelte den Kopf, strich sich ihr langes, helles Haar aus der Stirn und wandte ihr Gesicht meinem Onkel zu. Sie schien ihm zu gefallen. Er machte einen ungeheuer gelösten Eindruck, an sich vielleicht nichts Besonderes, in seinem Falle jedoch eher merkwürdig. War das nicht die Frau, mit der ich Jonah in München gesehen hatte? Der hell gekleidete Mann daneben wurde von ihrer Gestalt nahezu vollständig überdeckt.

Durch das Gedränge hindurch hatten sie mich nicht kommen sehen. Als ich endlich in Griffnähe kam, glaubte ich, den Herrn im weißen Sommeranzug wiederzuerkennen. Er blickte nun auch in meine Richtung, stierte geradezu.

Er war es, der Mann auf dem Stuhl im Brunnenzimmer und er sah aus wie, … wie Paul - mein Großvater.

Das machte nicht nur keinen Sinn, sondern das konnte auch nicht sein! Großvater? Aber Großvater war doch verschwunden, tot, irgendwo in Südafrika! Leider sah man mir meist sehr genau an, was ich dachte oder fühlte, da nützte auch das Anlegen eines passenden Lügengewandes wenig. Geschweige denn - … Ich war vollkommen schockiert.


Dabei wirkte die anfängliche Situation auf der Terrasse so harmlos, wie inszeniert. Gedränge, Hitze, Geplauder, Gelächter, wolkenloser Himmel und ein schimmernder, leicht bewegter See. Und ich? Nur ich konnte dieses sommerliche Schauspiel nicht wahrhaben, nicht genießen.

Empfand es eher einem Film gleich, der nur am Rande meines Blickfeldes sichtbar durchlief. Denn meine gesamte Konzentration, die Blickmitte fing ausschließlich diesen Tisch - mit diesen drei Personen ein.

Jetzt sah man mir die Erschütterung nicht nur an, sondern sie schien mir gar aus dem Antlitz zu gleiten, um einen darunterliegenden Angstzustand zu entblößen. Fassungslos starrte ich meinen Onkel an.


„Emma, ich möchte dir „Jemanden“ vorstellen“ sagte Patrick mit leicht belegter Stimme.

Zögerlich, fast schon mühsam, wendete ich den Blick von Patrick ab, hin zu diesem „Jemand“, der in diesem Augenblick vornüber auf den Tisch sank. Die danebensitzende Frau legte ihre Hand auf seinen Rücken, drückte sanft zu, so als ob sie ihn wecken wolle. Sein Rücken aber zeigte einen dunklen Punkt auf, wo sich Blut ansammelte und nach und nach auf dem hellen Stoff ausbreiteten würde. Geschickt schob sie den offenbar leblosen Körper mit der freien Hand wieder in eine sitzende Position, stand auf und entfernte sich ohne Übereilung.

Mein Onkel erhob sich ebenfalls und steuerte mich mit einem Schubs in Richtung Parkplatz. Dank des Getümmels hatten wir nicht nur kein Aufsehen erregt, sondern dankvollen Gesichtern die begehrten Plätze überlassen!


„Beeil dich und gib mir den Autoschlüssel Emma. Wo hast du denn geparkt. Schnell, verdammt wir haben keine Zeit zu verlieren.“

„Aber wir müssen doch helfen, ich gehe wieder zurück.“

„Zu spät, Emma, nicht stehen bleiben, weiter, komm!


Patrick drängte mich grob auf den Sitz und fuhr zügig in Richtung Starnberg.

„Emma, ich bringe dich nach München zurück, hier bist du nicht mehr sicher.“

„Nicht mehr was? Ich? Was soll das heißen, nicht sicher? Nicht sicher vor wem? Und in München soll ich sicher sein? Wie denn, wenn ich nicht einmal hier mit dir sicher bin! Ich kapiere überhaupt nicht, was hier vorgeht. … der Mann, der Mann ist tot! Ich komme wie besprochen zum See, kann Dich und Jonah nicht finden und werde in eurer Anwesenheit im Brunnenzimmer niedergeschlagen. Jonah erzählt mir dann, das sei alles gar nicht so gewesen. Ohnmächtig, ich, am Opferplatz, das ist doch Quatsch. … einfach so, nach vorne gekippt. Ich hatte mich auf ein Wochenende mit euch gefreut. Du weißt doch, was mir deine Meinung zu meinen Projekten bedeutet. Aber das ist ja jetzt unwichtig. Und am nächsten Morgen fährst du mit dem Boot und einem Freund raus, bestellst mich dann schnell nach Tutzing, - wo ich dich mit meinem Großvater, deinem Vater, seelenruhig am Tisch sitzend vorfinde???!

Das Blut breitete sich auf seinem Rücken aus, alles rot. Als ich endlich kapiere, wer er ist, da ist er wieder tot. Tod und wieder Blut. Du weißt doch genau, dass mich dieser Traum wieder verfolgt. Und wer war denn diese Frau? Erkläre es mir, bitte, ich will es wissen.“

Ich schrie das alles aus mir raus, in der Hoffnung, dass es dann in die Welt verschwand, vielleicht hin zu ihm, aber in jedem Falle weg von mir. An der nächstmöglichen Ausfahrt steuerte er das Auto auf einen Parkplatz. Ich weinte mittlerweile aus Erschöpfung, meine Gegenwehr war gebrochen.


„Lass uns bitte keine Zeit verlieren Emma. Du hast ja Recht. Wir fahren nur kurz nach Bogenhausen, suchen ein paar Sachen zusammen und dann bringe ich dich zu Freunden, einem Ehepaar, nach Heidelberg.“


Ich wusste, dass er ein paar Semester an der Ruperto Carola studiert hatte, bevor er in München promovierte. „Auf dem Weg dahin werde ich versuchen, dir eine Erklärung zu geben. Jetzt muss ich erst Alexander und Lotte erreichen, damit ich uns anmelden kann.“



Lotte und Alexander, von ihnen und seiner Studienzeit in Heidelberg hatte ich schon viel gehört. Es war der einzige Zeitraum, den er gerne beschrieb.

Tief Verborgen

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