Читать книгу Erik der Rote - Schiff und Schwert - Preben Mørkbak - Страница 11

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„Mit seinem Freund

möge man Freund sein,

mit ihm und dessen Freund;

aber mit dem Freund des Feindes

sollte kein Mann

Freund sein.“

Hávamál, Island, 10. Jahrhundert

Im 13. Jahrhundert niedergeschrieben

„Gehen soll man,

nicht als Gast

angewurzelt sitzen bleiben

im selben Haus,

wenn man vergisst

aufzubrechen aus

dem Heim eines anderen.“

Hávamál, Island, 10. Jahrhundert

Im 13. Jahrhundert niedergeschrieben

Es wurde ein grimmiger Winter.

Alles zeigte sich anders als Erik es erwartet hatte. Das Land, die Leute, der Hof, sein Vater und das Meer. Die See fror zu. Sein Vater wurde krank. Der Hof bot ihm Schutz. Die Leute verrohten. Das Land gefiel ihm.

Bereits als der Winter auf die Wiese hinaufgekrochen kam und sowohl die Geräusche wie auch die Geschäftigkeit dämpfte, hatte sich sein Vater niedergelegt. Viele Tage lang hatte er im Fieber vor sich hin gedöst, während alle mechanisch umherliefen und das Schlimmste befürchteten.

Zwei dunkelhäutige Mädchen hatten abwechselnd bei ihm gesessen. Ihr Wohlwollen für diese Tat wurde nicht bezweifelt, obwohl Torvalds Güte ihnen gegenüber kaum ausgeprägt gewesen war.

Nach dem Fieber hatte der große Mann bleich und erschöpft auf dem Stroh gelegen und in die Nische der Bettstatt gestarrt. Er lag in dem, was er inzwischen sein neues Haus nennen durfte. Er sprach ausschließlich mit Ulf und nur über Haus und Hof. Er wollte nicht, dass das Fieber wiederkam.

Dafür hätte es viele Gründe gegeben. Dem ehemals so stattlichen Großbauern aus Jæren ging es schlecht damit, auf dem Stroh zu liegen und alles seinem Verwalter zu überlassen. Auch ging es ihm schlecht damit, dass der Nachbar, Schild-Bjarne, eben diesem Verwalter neue Ideen in den Kopf gesetzt hatte. Zudem machte es ihm Sorgen, dass nun alle auf dem Hof wussten, dass er friedlos war und nur seinen Verwalter hinter sich hatte. Und schließlich quälte ihn noch, dass der Verwalter allein dem ungestümen Wesen seines Sohnes ausgesetzt war.

Dennoch war es ständig Ulf, der Befehle von der fiebererfüllten Schlafbank bekam, und jeden Tag trat er hinaus ins Helle, um zu verkünden, welche Order drinnen im Dunkeln geäußert wurde.

Erik verhielt sich schweigsam. Das Wichtigste für ihn war die Neuigkeit, dass sein Vater eine mögliche Übersiedlung in die Gegend nördlich der sieben Klippen akzeptiert hatte. Die Krankheit bekümmerte ihn natürlich, doch in seinen Knochen und in seinem Brustkorb spürte er, dass sein Vater eines Tages wieder aufstehen würde. So war es immer in ihrer Familie gewesen. Alle standen wieder auf. Und was seinen Vater anbelangte, kam es Erik vor, als wäre dieser unsterblich.

Torhal war indes tief besorgt gewesen. Er hatte alles Mögliche über die Ungnade von Thor vorgebracht, das durch das Gerede, neues Feuer zu entfachen, entstanden sei. Und er hatte seine Unsicherheit darüber geäußert, in allen Dingen auf Schild-Bjarne zu hören. Außerdem war er über die Aussicht auf eine Übersiedlung besorgt, bei der nur Ulf Befehle erteilte, die obendrein aus dem Inneren eines dunklen und bedrückenden Raums kamen.

Erik hatte das Ganze nicht ernst genommen. Er war sich seiner Sache sicher: Sie sollten den kompletten Hof nach Norden verlegen. Wie sie genau vorgehen sollten, wusste er nicht. Aber sicher war er. Erik hatte vorläufig nichts weiter unternommen, um seinen neu gewonnenen Verbündeten auszuhorchen. Er war versucht, mit Ulf ein eingehendes Gespräch zu führen, doch seine gebrochene Nase hatte ihm gesagt, dass es klüger wäre, abzuwarten.

Er hatte Ulf unten am Strand auf einem Stein sitzen sehen, der einem Mast in einem Land voll Eis ähnelte. Er war bereits auf dem Weg zu ihm gewesen, hatte aber geahnt, dass dabei nichts Gutes herauskommen würde. Gleichzeitig hatte er eine Art Mitgefühl für den vormals so derben Verwalter empfunden, der nun dasaß und überlegte, wie er alles zusammenhalten und Erik und Torhal auf Abstand halten konnte.

Erik war äußerst zufrieden damit, dass er und Torhal an sich gehalten hatten und dieselben Tätigkeiten ausübten, die die anderen Kerle ausschlugen. Ab und zu brachen sie für einige Tage auf, kehrten aber immer mit Jagdbeute zurück. Deshalb hatte Ulf nie nach ihrem Tun und Handeln gefragt. Torvald lag still auf seinem Krankenlager, und Erik wusste, dass Ulf seinen Hausherrn nicht über seine Ausflüge unterrichtete. Die Leute auf dem Hof betrachteten das Ganze mit Verwunderung und Verwirrung.

Alle schienen sich darüber bewusst zu sein, dass Ulf sich aus Vorsicht auf Abstand hielt und es für ihn eine demütigende Sache gewesen wäre, wenn Erik mit List und Drohungen seinen Willen bekommen hätte. Auf dem Gehöft wussten alle, dass Versöhnung nicht die Sache des Verwalters war, aber sie wussten auch, dass er niemals Torvald im Stich lassen würde, mit dem ihn sein Schicksal verband.

Just an diesem Abend beobachtete Erik aus der Entfernung Ulf, wie er allein dasaß. Unbeirrt näherte sich Steilbart und stellte sich neben Erik. Steilbart war, wie so viele andere aus dem nördlichen Norwegen, ein kräftig gebauter Mann. Er hatte viele Jahre lang treu auf Torvalds Hof gedient. Keiner wusste, wie sein richtiger Name war, daher wurde er wegen seines langen, herabhängenden Bartes eher recht als schlecht Steilbart genannt. Erik war überrascht, als sich der große Mann an ihn wandte. Steilbart war als zurückhaltend bekannt.

- Nun sitzt Ulf dort und denkt darüber nach, dass er auf Gedeih und Verderb mit dir leben muss, Erik. Torvalds unbändigem Sohn. Er kann sich nicht von dir trennen, so wie ein Widder mit seinen Zecken leben muss.

Erik drehte sich verwundert zu dem sonst so schweigsamen Steilbart um, der sich plötzlich aufführte, als sei er sein Vater.

- Ulf bereitet sich auf jenen Tag vor, an dem Torvald Asvaldsson nicht länger Hausherr ist. Ich habe dem Verwalter deines Vaters oft beim Arbeiten zugesehen, daher weiß ich, dass seine Hände nicht friedfertig herumfummeln können. Du musst damit rechnen, ihm in die Augen zu blicken, wenn jener Tag kommt, denn er ist ein Mann der Tat. Das Nachdenken hat er immer deinem Vater überlassen. Jetzt ist alles neu und ungewohnt für ihn.

- Bist du böse auf ihn, Steilbart, weil so viele Worte aus deinem Mund kommen?

- Es liegt nicht an mir, und ich glaube, das weißt du. Ich weiß aber auch, dass Ulf Thor um Rat gebeten hat. Dein Vater steht ja mit dem Rotbärtigen auf gutem Fuß, doch glaube ich nicht, dass Ulf das vermag. Dafür ist er zu schweigsam und stürzt sich stattdessen kopfüber in die Arbeit. Ohne Torvalds Befehle ist er verwirrt.

- Du klingst, als hättest du schon meinen Vater aufgegeben. Das könnte ich beinah als bösen Gedanken auffassen. Aber ich bin mir sicher, dass sich mein Vater erholt, und genauso sicher bin ich, dass das meiste besser wird, wenn wir auf das Gelände im Norden umsiedeln.

Sie schauten beide schweigsam zu Ulf hinunter, der sich immer noch nicht bewegte. Es war, als bräuchte Steilbart einen langen Anlauf, bevor er wieder seinen Mund aufmachen konnte.

- Wer wird die Umsiedlung anführen, Erik? Wenn das Wort deines Vaters uns weiterhin im Unklaren lässt, wird dann Ulf diese Entscheidung treffen, so als wäre sie seine eigene? Was würde dein Vater dazu sagen? Was würdest du sagen, wenn Ulf deine Idee nicht ausführt?

- Schlimmer wäre das auch nicht, Steilbart. Ich kann die Umsiedlung anführen.

- Ja, das vermagst du vielleicht. Wenn du auf gutem Fuße mit deinem Vater stehst. Das wirst du am besten wissen. Wenn du nicht ganz sicher bist, kannst du ja darüber nachdenken, ob es vielleicht Ulf ist, der dich beschützen wird. Wenn die Umsiedlung gegen den Willen deines Vaters geschieht, dann wissen Ulf und wir anderen, dass das zum offenen Zwist zwischen dir und deinem Vater führen kann.

Steilbart scharrte mit seinen Schuhen im Gras, als wollte er Kuhdung von seinen Sohlen entfernen. Erik spürte unterdessen jedoch, dass der große Mann sehr gut eine Antwort auf seine vielen Worte gebrauchen konnte.

- Wenn Ulf so sehr im Unklaren ist, wie du sagst, dann vermag er mir das wohl zu sagen.

- Nein. Das ist das, was er nicht kann. Er ist durch einen Eid an Torvald Asvaldsson gebunden. Es wäre Verrat, mit dir über diese Dinge zu flüstern. Es wäre, als entzündete man einen kleinen Funken Zweifel im Verhältnis zwischen dir und deinem Vater. Und diese Glut könnte zu einem Feuer werden, das euch verbrennen und Ulf das Leben kosten könnte.

Steilbart wartete nicht auf eine Antwort. Er drehte sich um und ließ einen leicht verdutzten Erik zurück, der reichlich zum Nachdenken bekommen hatte. Die folgenden Tage schwirrten Steilbarts viele Worte durch seinen Kopf und er dachte darüber nach, ob sich die Leute auf dem Hof die gleichen Gedanken machten. Und ob sie auch fühlten, dass sie an den Platz gebunden waren, mit dessen krankem Hausherrn, seinem schwierigen Sohn und dem nörgelnden Verwalter.

Erik wusste so gut wie jeder andere, dass keiner den Ort verlassen konnte. Es war unmöglich wegen des Eises, der Klippen, der Kälte und der Gefahren in der Fremde. Andererseits kannte er jedoch nicht die Gedanken, die sich die kleine Schar machte, und das ließ ihn nur noch intensiver nachdenken.

Völlig unerwartet tauchte in ihm der Gedanke auf, dass er gewünscht hätte, mit seinem Vater reden zu können.

Ohne dass Erik etwas dafür tun musste, machte sich eine Verstimmung breit. Die Pfeiler des Hochsitzes waren aufgestellt, aber deren Bemalung wirkte matt. Vielleicht, weil der Tag kurz und das Licht schwach war. Vielleicht wegen der bescheidenen Zukunft, die sich für Torvald abzeichnete. Ulf hatte zwar die Tage bis zur Wintersonnenwende als auch bis zur Mittwinternacht gezählt, doch deshalb wurden noch keine Vorbereitungen für das Julfest unternommen.

In diesem Entschluss sahen sich all diejenigen bestätigt, die eine Art böses Schicksal an Torvald geknüpft sahen, und einige von ihnen begannen zu bereuen, dass sie an ihn gebunden waren. Nur notgedrungen überließen sie sich ihrem Los, behielten sich jedoch zumindest das Recht vor, ihren Unwillen zu zeigen.

Genau zu dieser Zeit begann die üble Nachrede.

Gerüchte über Torvalds mögliches Verbrechen und die Flucht vor seinen Feinden in Norwegen wanderten von Hütte zu Hütte und von Zelt zu Zelt. In den Nächten konnte man ein zischendes Geräusch hören. Es war der Laut von vielen, die durch die Schneidezähne redeten. Ein Geräusch, das keine Zweifel aufkommen ließ, drang aus den Hütten und durch die Zeltwände und mischte sich mit dem Wind und wurde von ihm fortgetragen. Es erzählte jedem, dass auf dem Gehöft in diesem Winter die Zeit für unheilvolle Vermutungen günstig war.

Die Schafe waren in dem großen Zelt eingepfercht, in dem die Knorr auf Stangen den Winter über lag. Die Zeit vor dem ersten Schnee war zu knapp gewesen, um einen Verschlag für die Schafe zu bauen. Und nun versammelten sich die meisten Tiere auf dem engen Platz unter dem Kiel des Schiffes, wo sie jedoch selten allein waren. Wenn die Nacht hereinbrach, konnte man dunkle Schatten über die Wiese hasten sehen. Es wirkte wie ein großes nächtliches Gastmahl, zu dem die Tiere mit ihrem warmen Atem und ihren lauwarmen Ausdünstungen einluden.

Oben am Haus und dem größten der Zelte konnte man andere Schatten sehen. Erik und Torhal wohnten in dem Zelt, und auch sie bekamen Besuch. Nicht selten teilten sie ihren Platz mit Groa, und auch dort drehte es sich meist um den warmen Atem. Aber obgleich bei diesen Gelegenheiten auch leise gesprochen wurde, wechselte man keinerlei böses Wort.

So ging es auf dem Hof den Winter über zu. Jeder versuchte, sich auf seine Weise zu wärmen. Einige, während sie sich mit vielen anderen versammelten, andere, während sie wenige waren. Ulf, während er allein war, und Torvald mit Mühe und Not.

Groas lindernde Behandlungen hatten seit der ersten Einreibung, die sie Erik zuteilwerden ließ, eine sichtbare Wirkung auf ihn gehabt. Während Torhal unablässig davon redete, auf welche Weise zauberkundige Frauen Männer an sich binden konnten, widersprach ihm Erik mit solch einer triumphierenden Miene, die nur ein Abhängiger aufsetzten konnte, der immer noch an seine eigene Freiheit glaubte.

Bereits sehr zeitig im Winter war das Bier aufgebraucht. Dies hatte Auswirkungen auf Ulf, der in Mangelperioden üblicherweise bösartig wurde. Die Leute bekümmerte das, da sie sich davor fürchteten, dass der Verwalter in diesem Winter seine Wut an ihnen auslassen könnte. Es gab viele Vermutungen über die Ursache von Ulfs auffälliger Schweigsamkeit.

Erik sah, wie sich Ulf während der dunklen Tage wie ein mickriger Schatten von Torvald aufführte. Der Verwalter seines Vaters und Schwurfreund tat nicht das Geringste, ohne sicher zu sein, dass Torvald das auch getan hätte. Daher gab es nicht viel, was Ulf in Gang setzte. Und das wenige, was er tat, wurde mit steifen Bewegungen ausgeführt.

Jedes Gespräch zwischen Erik und Ulf mutete aussichtslos an. So verhielt es sich auch an jenem Tag, als Erik mitten während der Arbeit alle zu einer Versammlung mitten auf dem Platz vor dem Haus zusammenrief. Wie die anderen trottete Ulf neugierig zur Stelle hinauf, wo Erik vor dem Eingang zum Haus seines Vaters stand. Und wie bei allen anderen der bleichen Gesichter war seines von erstaunter Bewunderung erfasst, als Erik redete.

Erik sprach darüber, wie weit angenehmer die Freude sei, wenn sie den Erschöpften nach bitteren Erfahrungen erreiche. Er neigte das Feuer zu den Gesichtern hinab und fuhr mit seiner Achtung gebietenden Rede fort, dass ein paar wenige treu Ergebene eine größere Bedeutung für einen Hof hätten als eine große Ansammlung von Doppelsinnigen. Er stampfte ermahnend auf die Erde und erinnerte sie daran, dass der Wolf nahe sei, wenn man seine Ohren sehe, und dass ein Wolf in einer Schafherde gefährlich sei. Er schärfte ihnen drohend ein, dass Lügen ein Land verwüsten könnten und dass nur derjenige, der immer Angst habe, beständig schlechte Neuigkeiten vorhersage.

Nach dem langen, gewaltigen Echo der Stille, die auf die völlig unerwartete Sammlung wohlformulierter Sprüche und Floskeln folgte, legte Erik sein bescheidenstes und wohlwollendes Lächeln auf. Überzeugend und listig erklärte er ihnen, dass er ihnen nun seinen großen Traum darlegen wollte, der alle zu großem Nachdenken und Zufriedenheit anregen werde.

Er behandelte die Schar wie eine erfahrene Buttermagd, die mit neu geschlagener Butter hantierte, als läge in ihrem Tun ein Zauber, bevor sich schließlich alles in eine dichte, zusammenhängende Masse verwandelte. Und trieb auf diese Weise die letzten verbliebenen Tropfen der Flüssigkeit aus ihr hinaus.

Dann erzählte er ihnen von Drangar.

Von dem Ort auf der anderen Seite der Landzunge. Über das Zeichen der sieben verwitterten Klippen im Meer und über Drangar, das ein geschützter Anlegeplatz war. Er hatte die Vorzüge der Hänge und des Wasserfalls aufgezählt, der aus dem Felsen kam. Er zeigte ihnen mehrere Proben des Grases von verschiedenen Stellen, so dass selbst die letzten Zweifler mit offenem Mund staunend nachgeben mussten.

Torhal führte er als Zeugen an, dass sie gemeinsam mit Knechten von Schild-Bjarnes Hof mit dem Bau des ersten Tierstalls begonnen und eine Möglichkeit gefunden hätten, eine Schmiede zu errichten. Deshalb hätten er und Torhal die vielen Ausflüge um die Landspitze herum gemacht. Nach einer wohlüberlegten Denkpause, in der sich das Wasser im Mund wieder sammeln konnte, erinnerte er sie daran, dass jeder Mann durch seine Taten seine Abstammung zeige und durch seine Worte den Grundstock für das Tagewerk liefere und dass er aus dem Geschlecht von Torvald Asvaldsson abstamme.

Jeder konnte sehen, wie sich sein Mund bei diesem Wortschwall mit Wohlbehagen formte. Er gab zu verstehen, dass es kein Zufall sei, dass er es war, Erik, der entschlossen handele. Sie würden schon sehen, dass er Recht habe, und sie würde einsehen, dass keinem damit gedient sei, wenn ein Hof ohne Hausherr sei.

Hiernach erklärte er, es sei sein Wunsch, dass sie die Tagewerke aufteilten. Die Hälfte der Leute vom Hof sollte sich in den helleren Stunden mit dem Aufbau auf Drangar beschäftigen, während sich der Rest etwas ausdauernder um das Notwendige auf dem Hof kümmern sollte.

Auf die vielen Worte Eriks folgte Stille, durch die jedoch Erwartung hervorlugte. Seit langem hatten sie nicht solch einen Gesichtsausdruck gesehen, und nun sah es in ihrer Welt wieder freundlich aus.

Die Leute zögerten, auseinanderzugehen. Der außergewöhnliche Wortschwall hatte sich in ihnen ausgebreitet wie Wärme in einem Haus, das mehrere Feuerstellen hatte. Ihre Sorgenfalten waren verschwunden und sie hatten nun wieder etwas von dem Glanz in ihren Augen zurückbekommen.

Erik spürte den unausgesprochenen Wunsch der Menge nach ein paar zusätzlichen Worten und verwies auf die Chance, dass eine von vielen eifrigen Händen ausgeführte Tat vielleicht Thor besänftigen könnte. Er selbst habe versucht, mit Thor Zwiesprache zu halten, jedoch erfolglos. In dieser Hinsicht sei sein kranker Vater unübertroffen. Daher könnten sie damit rechnen, dass beim Anbrechen des Frühjahrs sein Vater, Torvald Asvaldsson, die Übersiedlung von der kleinen, schmalen Landzunge auf den Hof von Drangar anführen werde. Darauf könnten sie zählen.

Die Kraft von Eriks Worten durchschnitt die zähen Taue, die während des Winters alle zu einem dichten und übel riechenden Ballen verrottenden Strohs zusammengebunden hatten. Torvald würde von seiner Krankheit erlöst und Ulf würde eine Weile von seinen schwermütigen Gedanken befreit. Die Schafe würden von dem wenigen Gras gerettet.

Torvald hielt sich oft lange Zeit in seinem Haus auf und beschäftigte sich mit seinen kleinen Lederbeuteln. Das erste Mal seit Langem rief er Erik zu sich und sie flüsterten zusammen im Dunkeln, und als dann Torvald endlich wieder in das Tageslicht hinaustrat, geschah dies mit breiten Schultern und klaren Worten, die von Drangar handelten.

Sie sollten bald übersiedeln. Thor hatte ihm das gesagt.

Nach dieser Nachricht entwickelte sich auf der kleinen Landspitze geschäftiges Treiben. Das Verstauen aller Gegenstände passierte mit großem Eifer und unter lautem Getöse. Die Knorr wurde aus dem Verschlag geholt und zu Wasser gelassen, und die folgenden Tage waren mit täglichen Touren zu den sieben Klippen ausgefüllt. Der letzte Transport von der Landspitze geschah ungefähr zu der Zeit, als die Überreste des Treibeises den Fjord verließen.

Kaum waren die letzten Kisten und Tonnen in Drangar an Land verladen worden, teilte Erik mit, dass er abfahren wolle. Sein Vater nahm die Nachricht derart ruhig auf, dass sich alle sicher waren, dass er den Entschluss seines Sohnes bereits im Vorhinein kannte. Eriks Mund war in dieser Sache verschlossen gewesen, doch zwischen Vater und Sohn existierte eine Übereinkunft, dass der Aufbruch kommen musste.

Alle erinnerten sich daran, wie frühzeitig Torvald Eriks Abfahrt auf der schmalen Landzunge vorausgesagt hatte, aber in letzter Zeit hatte keiner mehr daran gedacht. Nun ging ein unhörbares, missmutiges Seufzen durch die Menge. Das Seufzen erreichte auch Torvald, erschütterte allerdings nicht dessen Ruhe. Er sprach zu den Leuten vom Hof in einer langsamen Schwere, so dass man glauben konnte, er hätte den ganzen Winter über daran geübt.

- Die schmale Landzunge war zu klein für Erik. Drangar wird es sicher auch werden. Er fährt, da er gerade jetzt spürt, dass das Glück ihm im Blut liegt, und weil der Rotbärtige ihm zuflüstert, dass Zeitpunkt und Wind günstig sind.

Erik hörte mit geschwellter Brust die schleppende Stimme seines Vaters und bemerkte den fahlen Blick unter den welken Brauen und wusste, dass er ihm zur Hilfe kommen musste.

- Der Platz ist für uns beide gewiss zu eng geworden. Das ist alles. Der Hof gehört dir, da ich all die Kraft und Fähigkeit, ihn zu betreiben, nicht besitze. Ich möchte es gerne erlernen, aber nicht hier.

Sein Vater schaute immer noch keinen an, noch nicht einmal Erik.

- Der Platz ist zu eng für zwei Sturköpfe. Darin hast du Recht. Aber es kann sicherlich Unterkunft für beide geschaffen werden. Es ist eher die Ungeduld mit deinem Vater, die dich fortgehen lässt, als mangelnder Platz, und wie wir den Winter über sehen konnten, hast du Lust, selbst zu bestimmen. In dieser Hinsicht kann ich stolz darauf sein, dass man daran deine Herkunft erkennt.

Erik spürte, wie die Worte in ihm widerhallten. Und er merkte, wie sich die folgenden Worte aus seinem Brustkorb drückten. Er tippelte unruhig mit den Füßen und nahm dann Anlauf.

- Es ist nicht meine Absicht, zu fliehen, so wie es wohl bei dir war. Ich möchte herausfinden, was die Ursache für deine Acht war, und dann werde ich auf meine eigene Weise damit abrechnen. Wenn ich zurückkehre, wird es sich zeigen, wie viel Platz in den Hütten in Drangar für Sturköpfe ist.

Torvald zog auf seine altbekannte Weise den Kopf zwischen die Schultern. Erik kannte diese Eigenart und wusste, wie gefährlich sie war. Er dachte, dass er vielleicht zu weit gegangen war.

- Halt die Klappe, Junge. Über Flucht weißt du nichts, und wenn du weiter an so etwas glaubst, wird es dir an Zuneigung und Erbe fehlen. Ich rettete dein Leben, damit du unsere Familie weiterführen sollst. So ist es!

Erik wich bereits bei den ersten Worten zurück, und er wusste nicht, woher seine folgenden Äußerungen kamen.

- Ich tue, was ich tue, und wenn Drangar ein wohlhabender Hof wird, passiert das nicht dank deiner Krankheit, und er wird niemals so wohlhabend werden wie derjenige Hof, den du in Jæren zurücklassen musstest. Das Erbe fiele unter allen Umständen sowieso klein aus.

In diesem Augenblick legte Ulf seine Hand auf den Schaft des Schwertes. Nun geschah das, worauf er einen Winter lang gewartet hatte, und er war bereit.

Torhal stand hinter Erik. Seine dunklen, scharfen Augen beobachteten jede einzelne Bewegung in der Menge, und auch er war bereit.

Während Erik sprach, hatte er sich aufgerichtet. Er hatte Ulfs Hand auf dem Schaft bemerkt. Er selbst hatte langsam seine Hand auf das Messer gelegt. Als sein Vater wieder das Wort ergriff, stand Erik immer noch da und ließ seine Finger über die anziehende Lederscheide gleiten.

- Keiner hat dir dein Erbe in Jæren weggenommen. Du kannst dort frei deinen Fuß darauf setzen, sofern du deine Füße dorthin bringen kannst. Und wenn du dich mit Harald Graufell und seinen Brüdern einigst. Wie du dich dem auch stellst, dein größtes Erbe wird doch immer noch deine Abstammung sein.

Torvald hatte seinen Tonfall verändert und eine Andeutung von Lächeln lag in seinen Augen.

- Und du, der eine so große Begabung zur Wildheit hat, und der sogar einen Hund getötet hat, du wirst es gewiss bei dem Aufeinandertreffen mit den norwegischen Jarlen verstehen, alles wieder in Ordnung zu bringen. Beruhig dich jetzt, Junge! Lass uns in Ruhe darüber reden, wie du Unterweisung und Zucht erlangen kannst.

Erik glühte vor Aufregung.

Er spürte, wie das Geschehen die gesamte Menge erfasste und wie sein Vater mit wenigen Worten das Wohlwollen des ganzen Frühjahrs hinweggefegt hatte. Eine breite Mauer des Widerstands richtete sich vor ihm auf und hinter ihm stand nur noch Torhal. Der Schmerz über die Verhöhnung war dennoch größer als seine Furcht. Zudem war er seit Langem ohne das Wohlwollen seines Vaters zurechtgekommen.

- Wenn das die Aufgabe sein sollte, die Jarle zurückzudrängen, mag dies vielleicht einem anderen von Axt-Torers Nachkommen gelingen.

Torvald legte seinen Kopf mit einem breiten Lächeln in den Nacken.

- Du bist wahrhaftig nicht ängstlich in deiner Wortwahl, Erik. Gewiss nicht. Schön wäre es, wenn du Arme hättest, die das in die Tat umsetzen könnten.

Dann senkte er wieder seinen Kopf und ein unfreundlicher Blick traf Erik.

- So zähm doch deine Zunge, Junge. Halt den Mund von Dingen, von denen du nichts verstehst und verlang nicht von mir, dass ich dir an diesem schönen Tag beibringen soll, wie die Fratze einer Flucht aussieht. Ich gebe dir die Möglichkeit, unter vier Augen zu sprechen, und wenn du das nicht annimmst, jage ich dich persönlich vom Hof.

Erik war besiegt. Und er wusste das.

Er wollte irgendetwas tun, mit seinem Vater gleichziehen, doch er wollte nicht sein Gesicht verlieren. Sein Kopf schmerzte vor lauter Gedanken, und sein Blut pochte heftig in ihm. Dann spürte er Torhals Hand auf seiner Schulter. Sie wollte nicht trösten, sondern ihn zurückhalten. Erik ließ sich jedoch nicht aufhalten. Diesmal nicht. Er schüttelte seine Schulter in solch einer heftigen Bewegung, dass er einen Schritt in Richtung seines Vaters taumelte.

- Die Flucht lerne ich vielleicht heute nicht kennen, aber ihre Fratze kenne ich seit Langem. Was ich heute lerne ist, wer mein Vater ist und was er seinem Sohn zutraut. Wenn der Preis für diese Unterweisung ein Aufeinandertreffen mit den Jarlen in Norwegen ist, soll es das sein, was ich bezahlen werde.

Jetzt entstand ein Augenblick, in dem alle Geräusche verstummten und sich eine nervöse Anspannung in der Stille ausbreitete. Eriks Worte waren verklungen, doch sie waren in einen Entschluss gemündet, der nicht mehr zu ändern war.

- Aber genau das ist der Preis, Erik. Und den wirst du bezahlen müssen. Ich will, dass du dir rasch ein Schiff nach Norwegen suchst und dort Jæren und die Söhne von Erik aufsuchst. Ich will, dass du in der Begegnung mit ihnen das Wesen deiner Vorväter entdeckst. Und ich will, dass du ein großes Blutopfer für diese Sache durchführst, und ich verspreche dir, dass alle Beute, die du von Harald Graufell und seinen Brüdern erringst, dir gehören wird.

Daraufhin sagte er nichts mehr an diesem Tag. Er drehte sich um und schritt durch die Menge, um sich hinauf zu seiner Wohnstätte zu begeben. Er hatte mit Nachdruck gesprochen, was man an seinem Rücken sehen konnte.

Als Torvald den Platz verlassen hatte, löste sich die Ansammlung auf. Ulf war wieder dabei, alle anzutreiben. Er war, wie die meisten anderen auch, immer noch von dem deutlichen Wortwechsel erhitzt, aber gleichzeitig erleichtert darüber, dass er nicht mehr länger gezwungen war, ihm beizuwohnen. Nun konnte er handeln, und bereits am Abend suchte er Erik auf. Gemeinsam mit Torhal und Kol war Erik dabei, unterhalb des Abhangs einen weiteren Verschlag für das Vieh zu errichten. Sie schwankten unter der Last der schweren Steine, als Ulf sie unterbrach und Erik zur Seite zog.

- Erik, es wurde ein viel zu trüber Tag.

In den Worten des Verwalters lag ein Versuch von Vertraulichkeit. Er sprach unsicher und leise.

- Heute hat sich ein schwereres Schicksal, als wir es verdient haben, auf uns gelegt. Dein Vater möchte dich nach Norwegen schicken mit einem Anliegen, für dessen Bewältigung du nicht die Kraft besitzt. Kommt es, wie er gesagt hat, schickt er dich in den Tod. Und wenn das geschieht, wird er das nie verwinden. Bleibst du hier, endet das auch mit dem Tod. Erst für dich, und dann für ihn.

Eriks Gesicht wurde schmal. Er spannte seine Lippen über den zusammengebissenen Zähnen an.

- Und weshalb schüttest du all deine Gedanken über mich aus?

- Wenn dies dein Tod bedeutet, worauf vieles hindeutet, wird es auch der deines Vaters. Aber es wird dann ein langsamer Tod auf dem Stroh. Es wird ein siechender und schmachvoller Tod, der kaum als eines Feiglings würdig erachtet werden würde. Und mein Gewicht hängt von dem deines Vaters ab. Steht die Waagschale oben, habe ich auch kein Gewicht. Neigt sich die Schale nach unten, komme ich mit. Und so wird es übrigens auch mit allen anderen hier passieren.

- Du schließt die Möglichkeit aus, dass ich bei meinem Vorhaben siegen könnte. Dass ich den Hof in Jæren zurückgewinnen und damit die Ehre unserer Familie wiederherstellen könnte.

Erik war dem Verwalter gegenüber misstrauisch. Er konnte die Vernunft aus den Worten heraushören, wusste aber nicht, was der Verwalter damit bezwecken wollte. Daher verhielt er sich schweigsam und hochmütig. Ulf fuhr indessen unverdrossen fort.

- Dann sei doch nicht so störrisch. Sieh doch ein, dass ich um dein Wohl besorgt bin. Sicherlich, auch um meins. Ich sage dir, dass es für dich eine kopflose Handlung sein wird, es mit den Söhnen von Erik aufzunehmen, denn die beiden sind nun einmal fest aneinander gebunden. Es sind arglistige und kräftige Leute, die nicht nur aufgrund ihrer Worte viele hinter sich haben.

- Wenn es mein Schicksal sein soll, mich gegen sie zu stellen, wie wirst du mich dann aufhalten wollen?

- Ich wünschte, Erik, du würdest in Norwegen umgehend Jarl Håkon aufsuchen. Ich möchte dir raten, dass du, soweit wie möglich, die Tochter des Dänenkönigs, Gunhild Gormsdottir, meidest. Sie ist schlau und hinterlistig. Es wird gesagt, dass ihre Fähigkeiten weit über dem Gewöhnlichen eines Menschen liegen. Ihre Söhne springen auf ihren kleinsten Wink hin, und es heißt, dass ihre Söhne schwer landen.

Ulf schaute Erik prüfend an und seufzte.

- Und Erik, ich wünschte, du würdest mit deinem Vater sprechen, bevor du abfährst.

- Halte ich nicht das Versprechen, was ich heute gab, wird es unmöglich sein, hierher zurückzukehren. Das weißt du genauso gut wie ich, Ulf!

- Ich weiß es. Daher sage ich dir ja auch, dass das Schicksal schwerer ist, als wir es verdienen. Und daher bitte ich dich, dass du zuerst Jarl Håkon aufsuchst.

- Warum flüsterst du mit mir über Jarl Håkon?

- Wenn dein Vater erfährt, dass der Name zwischen uns erwähnt wurde, ist das mein Tod. Jarl Håkon hat mit deinem Vater keine offene Rechnung zu begleichen, aber er lachte ihn aus wegen seines fehlenden Verlangens, zum Thing zu ziehen und sich für die gerechtfertigte Ermordung der zwei zweifelhaften Sendboten von Gunhild zu verteidigen. Dieses Auslachen verzeiht ihm dein Vater nie.

- Und nun möchtest du, dass ich ihn aufsuche?

- Ja, denn es ist deine einzige Möglichkeit in Norwegen. Und es ist diejenige Möglichkeit, in die dich dein Vater nicht einzuweihen vermag. Folg meinem Rat und vergiss niemals, dass er von mir kam.

Das Gespräch wurde beendet. Ulf zog sich mit eiligen Schritten zurück. Er schlich beinah über das Gras und es war deutlich zu erkennen, dass er mit einem schlechten Gewissen lief.

Es vergingen viele Tage, bevor Erik und sein Vater wieder miteinander sprachen. Nur kurze Wortfetzen kamen heraus und nur über das Notwendigste. Auch Ulf redete nicht mit Erik. Die Tage vergingen mit schwerer Arbeit und die Nächte mit düsteren Bildern.

Als auf Drangar das Frühjahr vom Sommer abgelöst wurde und die Errichtung des Hofs auf seinem Höhepunkt angelangt war, ging Erik zu seinem Vater und sagte, dass er nun abfahren wolle. Sein Vater betrachtete ihn schweigsam und wiederholte anschließend die Abmachung, die zwischen ihnen in großer Erregung besiegelt worden war.

- Unabhängig von all den harten Worten bist du immer noch mein Sohn, Erik. Der einzige, den ich habe. Und unabhängig davon, was du von deinem Vater hältst, ist es an dir, unsere Familie zu retten. Das ist die einzige Möglichkeit.

Torvald betrachtete seinen Sohn und es kam immer noch keine Galle aus ihm herausgeschossen. Der Tonfall war fest und einfach, aber Erik konnte das erste Mal seit sehr langer Zeit eine fürsorgliche Absicht spüren.

- Erik, du bist längst über fünfzehn Jahre alt, und da ich nicht weiß, wie es sich hier auf Island verhält, halte ich mich an die norwegischen Gesetze, die sagen, dass du mündig bist. Als ich in deinem Alter war, lehrte mir mein Vater, dass die Familie und die Ehre über allem stehen. Über Gold, Frauen und fette Erde. Ich wünsche mir, dass du mit allem, was du hast, unser Geschlecht von Scham rein hältst.

- Das ist genau das, was ich befolgen werde. Das habe ich bereits gesagt. Laut!

- Du hast allmählich einen starken Arm bekommen, aber dein Gemüt ist umso unbändiger. Zügele deinen Zorn. Auch gegenüber mir. Betrug und Ränke vertrieben mich aus Norwegen, und du wirst ihnen ebenfalls begegnen. Und wenn du auf sie triffst, wird deine Heftigkeit dir schaden. Halt dich an Thor, denn er zähmt seinen Zorn, bis er nicht mehr zurückgehalten werden kann.

- Du hast mir nicht viel über deine Verbindung zu dem Rotbärtigen beigebracht, und dennoch rätst du mir, mich an ihn zu halten. Ich versuche, mit ihm zu sprechen, doch ich weiß nichts über deine Möglichkeiten, mit ihm Zwiesprache zu halten.

- Die erlernst du nicht so leicht. Dieser Weg ist verschlungen und schwierig zu betreten, und die erste Voraussetzung dafür ist, dass du dich ihm mit all deiner Innerlichkeit näherst, die du hast. Ich habe mit ihm darüber gesprochen, und er versprach mir, dass du einen Mann finden wirst, der dich auf diesen schwierigen Pfaden begleiten wird.

Erik war tief verwundert darüber, dass sein Vater mit Thor darüber gesprochen hatte, welche Wege gesucht werden müssten und wem er begegnen würde.

- Was spricht er noch über meine Aussichten?

- Das findest du selbst heraus, Erik. Aber erinnere dich immer an deine Familie, und zieh los, um Ehre zu erlangen. Mach dich um deiner selbst Willen um einen Namen verdient, denn dann wächst du darüber hinaus, nur Erik Torvaldsson zu sein. Dein größter Verdienst wird sein, einen ehrenvollen Namen zu erhalten, unter dem du bekannt sein wirst. Aber denk auch daran, dass du das nicht erreichst, indem du prahlst und aufschneidest. Lass andere deine Tat beurteilen.

Sein Vater gab ihm zu verstehen, dass das Gespräch beendet war, und sie saßen sich eine Weile ruhig gegenüber. Erik ließ die Worte in seinen Körper hinabsinken und spürte, dass sein Vater nie zuvor derart eindringlich zu ihm gesprochen hatte. Und das bewegte ihn.

Dann brachte er seine Wünsche für die Ausstattung der Reise hervor. Er erbat einen Beutel Silber, zwei Pferde, gute Reisemäntel und Felle, ein Kennzeichen für die norwegischen Jarle, eine kräftige Klinge und schließlich noch Torhal.

Die Dreistigkeit seiner Forderungen war nicht zu übersehen.

Alle wussten, dass Torhal wie ein Teil von Erik war, aber der kräftige Sklave konnte schwerlich auf dem Hof entbehrt werden, jetzt, da die erste Heuernte eingebracht werden sollte. Dass er zusammen mit Erik abreisen sollte, damit hatte keiner gerechnet. Am wenigsten sein Vater.

Nachdem er einige Tage über die Sache nachgedacht und offenbar mit Ulf darüber gesprochen hatte, willigte Torvald ein, Erik all das zu geben, was er verlangte, und obendrein gab er Erik ein paar gute Dolche und eines der Kurzschwerter.

Die Pferde suchte Erik selbst aus, und unter ausgiebigen Ermahnungen übergab ihm Torvald das Kennzeichen für die Jarle. Es war eine Axt mit kurzem Schaft, die Erik nie zuvor gesehen hatte. Sie hatte einen geschnitzten, reich verzierten Schaft aus Eichenholz und ein glänzendes Silbermuster im dunklen Metall.

Torvald hatte seinem Sohn eingeschärft, dass jeder der Jarle beim Anblick der Axt wüsste, dass Erik von Axt-Torer abstamme, und dass diese Tatsache eine angemessene Aufnahme garantiere. Außerdem hatte er ihm noch eindringlicher eingeschärft, dass es für die Jarle kaum erforderlich sei, die Umstände und den Aufenthaltsort von Torvald Asvaldsson im Detail zu kennen. Nur, dass er auf einem eigenen Hof in Island lebte.

Zudem hatte Torvald in Gegenwart aller Erik sein Wort gegeben, dass der Hof in Drangar ihm in dem Fall gehören sollte, dass er bei Eriks Rückkehr nicht mehr leben sollte. Torvald hatte Ulf zu sich gerufen, um sicherzustellen, dass seine Anweisung in Gegenwart mehrerer Zeugen abgegeben wurde, so dass feststand, dass Erik der einzige rechtmäßige Erbe Drangars war.

Sie gaben sich die Hand darauf.

Dann folgte eine große Überraschung für alle. Erik ergriff das Wort.

- Ich fahre nicht direkt nach Norwegen. Zunächst ziehe ich südwärts zum nächsten Fjord. Dort möchte ich mich einige Zeit bei Schild-Bjarne aufhalten. Er wohnt jetzt auf seinem Hauptsitz. Ich hoffe auf die Möglichkeit, bei ihm einiges über die Kunst des Überlebens mit dem Schwert lernen zu können. Die Arme werden schon selbst das Sachsenschwert führen können.

- Du bist zwischen deinen Ohren besser ausgerüstet als ich es noch heute früh am Tag vermutet hatte, Erik.

Danach wandte sich Torvald an alle Bewohner des Hofs.

- Ihr sollt wissen, dass alle Anzeichen und Warnungen meines Freundes Thor auf günstige Winde für Erik hindeuten. Schild-Bjarne wurde zwar in diesem Zusammenhang nicht erwähnt, dennoch hat Thor mir gegenüber von einer großen Hilfe berichtet, und sie kann ja auch aus Bjarnes Ecke kommen. Mit Schwertern kennt er sich aus. Soviel ist gewiss.

Diese Aussage stellte alle zufrieden.

An einem Frühlingstag, als vereinzelte Wellen träge an den Klippen von Drangar nach Norden zogen und sich das Meer ansonsten wie eine glatte, frische Haut präsentierte, wanderten vier Sklaven und zwei Knechte gemeinsam mit Erik, Torhal und zwei Pferden zur Landspitze unterhalb des Felsens Pferdemaul hinaus. Sie ließen die mit acht Rudern ausgestattet Schute zu Wasser und brachten die Pferde zur Beruhigung in das Mittelschiff. Dann steuerten sie den Steven in südliche Richtung.

Mit noch nicht vollständig mannhaften Schultern, der Zukunft zugewandt, hingen sie mit aller erwartungsvoller Kraft in den Rudern. Sie waren derart beschäftigt, dass sie kaum Zeit hatten, den Blick auf das hinter ihnen liegende Land, den Hof, das frische Gras, das vereinzelte Winken und Groas Weinen zu richten.

Die Nüstern der Pferde schnupperten nervös im Wind. Ihre Mähnen flatterten wie ein Banner und winkten zum Strand hinüber, der nun aus ihrem Blick verschwand.

Sie umrundeten die Landspitze und die sieben mächtigen Riesenzähne von Drangar und fuhren weiter südwärts. Es erfüllte Erik nochmals mit besonderer Kraft, die dunklen Zacken zu sehen, die ihnen aus der Ferne zulächelten. Sie nahmen Kurs auf Gelehrsamkeit und scharfe Klingen.

Erik näherte sich seinem siebzehnten Lebensjahr.

Erik der Rote - Schiff und Schwert

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