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Neue Behandlungsstrategien der Krebsmedizin

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Nur Zentren, die auf dem neuesten Stand der Krebsforschung sind, bieten die Chance, die individuellen Behandlungschancen auszuschöpfen. Neue Methoden benützen Erkenntnisse der Molekularbiologie, um gezielter als bisher möglich am Tumor selbst wirksam zu werden und den Radius der Behandlung zu begrenzen. Diese zielgerichteten Ansätze, oft mit dem englischen Begriff »targeted therapies« belegt, nutzen zum Beispiel neue Verfahren, um Tumorzellen im Körper aufzuspüren, noch bevor sie auf irgendeinem Röntgenbild sichtbar werden – zum Beispiel durch Antikörper. Das sind maßgeschneiderte Moleküle, die sich im Organismus auf die Suche nach ihrem passenden Gegenstück (einem Teil der Krebszelle) machen und dann dort andocken. Dieses Verfahren kann vielfach nutzbar gemacht werden: Es kann Tumorzellen identifizieren, Funktionen in ihrem Stoffwechsel lahmlegen oder auch Abwehrzellen anlocken, um den Tumor zu zerstören.

Der Trend: individualisierte Medizin

Noch sind viele dieser Methoden in der Erprobung, andere erweisen sich bisher nur bei manchen der Tumorarten als erfolgreich, oder sie stehen auch nur in wenigen spezialisierten Zentren zur Verfügung. Doch der Trend ist eindeutig: Die Art und Weise, wie die Medizin Krebs behandelt, wandelt sich. Während heute von zehn Patienten mit einem Magenkarzinom vielleicht acht auf dieselbe Art und Weise behandelt werden, wird das in zehn Jahren schon völlig anders sein. Tumorgenetiker prognostizieren, dass dann jeder von ihnen völlig unterschiedlich therapiert werden könnte, je nach individuellem Stoffwechsel. Dann nämlich, wenn immer mehr der »Schalter« aufgeklärt werden, die in einer Art Kettenreaktion dazu führen, dass Krebs entsteht.

Weniger der Tumor selbst, sondern vor allem die Signalketten der Krebsentstehung stehen im Fokus moderner Forschung: Welche Faktoren setzen die körpereigenen Reparaturmechanismen außer Kraft, wenn eine Zelle beginnt, sich ungehemmt zu teilen? Was erlaubt einer vagabundierenden Tumorzelle, sich irgendwo im Gewebe anzuheften? Wie »organisiert« sie ihre Nährstoffversorgung, lässt neue Gefäße sprießen, die sie mit Blut versorgen? Auf welche Weise können Urzellen des Tumors, sogenannte Krebsstammzellen, sich jahrelang im Körper verstecken, um dann plötzlich zum erneuten Ausbruch der Krankheit zu führen?

Manchmal gelingt es, eine Schlüsselstelle im Krebsgeschehen zu blockieren – wie das etwa der Wirkstoff Imatinib bei der chronisch myeloischen Leukämie tut. Hier wurden 20 Jahre Forschung investiert, um einer relativ kleinen Patientengruppe zu deutlichen Fortschritten in Überlebenszeit und Lebensqualität zu verhelfen. Mittel- und langfristig zeichnet sich der Paradigmenwechsel in der Tumormedizin jedoch eher durch intelligentes Kombinieren verschiedenster Strategien aus – und Medikamente sind nur ein Teil davon. Eine wichtige Rolle spielen neben verbesserter Früherkennung neuartige diagnostische Instrumente – die zum Beispiel anhand von Genprofilen Prognosen darüber treffen, ob eine bestimmte Chemotherapie anschlagen wird oder nicht.

Die therapeutischen Möglichkeiten werden sich in eine Vielzahl möglicher Strategien auffächern, die immer genauer auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sein werden. Da dem Organismus vieler älterer Patienten – bedingt durch Verschleiß oder andere Grunderkrankungen – keine »harten« systemischen Therapien mehr zuzumuten sind (medically non-fit), wird die Tumormedizin in Zukunft immer stärker abwägen, welche Risiken mit einer Behandlung verbunden sind, die das Ausmerzen der Krebserkrankung zum Ziel hat. Immer häufiger wird sie den Patienten Behandlungswege anbieten, die auf eine »Koexistenz« abzielen – den Tumor und mögliche Metastasen nicht völlig vernichten, sie aber längerfristig »einfrieren«, indem zentrale Signalketten blockiert werden.

Grundlage solcher Strategien ist einerseits die Genetik beziehungsweise die molekularbiologische Entschlüsselung der individuellen Entwicklungsgeschichte der Krankheit Krebs. Aber auch der Lebensstil wird immer wichtiger, das, was jeder einzelne Patient zu seinem Wohlbefinden beitragen kann. Die Erkenntnisse der Epigenetik zeigen seit einigen Jahren auf beeindruckende Weise, dass Umwelt und Verhalten gravierenden Einfluss auf das Erbgut haben – auf die Frage nämlich, welche Gene zu welchem Zeitpunkt an- und abgeschaltet werden, aktiv oder stumm werden.

Neue Perspektiven der modernen Naturheilkunde

Vor dem Hintergrund dieser zunehmend »individualisierten« Medizin erlangen auch die Therapien der Naturheilkunde eine neue Legitimierung. Sie zielen in der Regel nicht auf ein akutes, lokales Krankheitsgeschehen ab, sondern wecken oder stärken die Regulationsfähigkeit des Körpers. Das fördert mittel- und langfristig nicht nur die Lebensqualität, sondern stärkt auch die Abwehrkräfte. Die Naturheilkunde setzt dabei von jeher auf die unterschiedliche Konstitution des Patienten, bemüht sich, der Individualität jedes Menschen Rechnung zu tragen. Sie erkennt in der Art und Weise, wie ein Körper reagiert, auch viele Einflüsse seiner Umwelt und therapiert deshalb »ganzheitlich« – von innen und von außen.

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