Читать книгу Wie ich das Schweigen brach - Rachael Denhollander - Страница 17

FÜNF

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»Also gut, Kleine, ich denke, das reicht für heute«, sagte Larry, als er meine Hose wieder zurechtrückte. Er drehte sich um und ging zum Waschbecken, wo er die Massagelotion abwusch, während er sich weiter mit meiner Mutter unterhielt.

»Wir kriegen sie wieder hin«, zwitscherte er fröhlich und warf die Papierhandtücher in einen kleinen Mülleimer, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder mir zuwandte. »Ich werde dir eine Liste mit Dehnungen und anderen Übungen mitgeben, und ich würde dich in nächster Zeit gerne regelmäßig sehen, um deinen Fortschritt im Auge zu behalten. Ich denke, wir sollten dir etwas Physiotherapie zwischen den Terminen verschreiben, um an der Stabilisierung deines Rückens und deines Beckens zu arbeiten. Ich bin mit den Therapeuten in regelmäßigem Kontakt, um ihnen Anweisungen zur besten Vorgehensweise zu geben. Warte einen Moment, ich hole, was du brauchst.«

Als er das Behandlungszimmer verlassen hatte, wandte sich meine Mutter mir zu und fragte: »Nun, was denkst du?«

Ich dachte darüber nach, bevor ich ihr antwortete. Er war gründlich. Er machte Ursachen ausfindig, die bisher niemand gefunden hatte. Er konnte mir genau sagen, was ich tun musste, um an dem jeweiligen Problem zu arbeiten, gab mir genaue Anweisungen, was ich beim Turnen tun durfte und was nicht. Er nahm sich sehr viel Zeit, um die Behandlung mit einem Physiotherapeuten zu koordinieren und einen auf mich angepassten Plan zu erstellen. Und wir wissen, dass die interne Beckenbodentherapie auch von vielen anderen Therapeuten praktiziert wird, rief ich mir in Erinnerung.

Nach dem letzten Fehlversuch bei dem Arzt in Kalamazoo war Larrys Ansatz ehrlich gesagt fantastisch. Im Gegensatz zu jenem Weißkittel, der kaum dazu bewegt werden konnte, von meiner Akte aufzusehen, war Larry aufmerksam. Er stellte Fragen, um herauszufinden, was genau meine Schmerzen verursachte und an welchen Trainingseinheiten ich gerade arbeitete. Er schien aufrichtig an mir interessiert zu sein – daran, wer ich war, nicht nur als Patientin, sondern als Person. Er unterhielt sich mit meiner Mutter über die alltäglichen Dinge im Leben – Schule, Familie, Kirche. Statt von einem Arzt behandelt zu werden, der sich nicht einmal die Mühe machte, auch nur einen einzigen praktischen Vorschlag anzubieten, bekam ich von ihm einen maßgeschneiderten Plan, der darauf abzielte, jeden Aspekt meiner aktuellen Beschwerden zu behandeln und zu verhindern, dass sie erneut auftraten. Der Arzt, dem unsere Olympionikinnen anvertraut waren, war bereit, einer unbekannten Turnerin auf Level 5 Zeit zu widmen, nur weil sie seine Hilfe benötigte.

»Ich denke, er ist wirklich gut«, sagte ich beinahe ungläubig. »Was meinst du?«

Meine Mutter war ziemlich praktisch veranlagt. Sie hatte weder Angst, Fragen zu stellen noch auf Antworten zu bestehen, und ein Arzt, der nichts erklärte oder Fragen als Belästigung ansah, war mehr als abschreckend für sie. Aber Larry schien alles richtig zu machen. Besser als jeder Arzt, bei dem ich je gewesen war. Er hatte sogar ein Skelett hervorgeholt, um zu erklären, was mit meiner Wirbelsäule geschah, und mir alle Namen der Muskeln, Knochen und Sehnen genannt, die mit meinen Rücken- und Handgelenksschmerzen zusammenhingen. Selbst die Physik der jeweiligen Abläufe in Handgelenk und Rücken, während ich bestimmte Übungen machte, hatte er erklärt und erläutert, warum die Dehnübungen, die er mir gegeben hatte, helfen würden.

»Ja, er scheint sehr gut zu sein«, stimmte meine Mutter mir zu. »Ich schätze seine Gründlichkeit und seine Bereitschaft, über das zu sprechen, was los ist. Das ist deutlich mehr Hilfe, als wir anderswo bekommen haben.«

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Larry kam zurück, er blätterte durch einen Stapel Papiere. »Das sind die Übungen und Dehnungen, über die wir gesprochen haben. Du machst sie zu Hause und in der Turnhalle, in Ordnung?« Er ging mit mir die Seiten durch und reichte mir dann einen zweiten Stapel. »Das ist für deinen Trainer, falls er weitere Details über deine Probleme wissen möchte.« Dann holte er ein paar weitere Blätter hervor, die seine medizinische Diagnose und ein paar handschriftliche Notizen darüber enthielten, welche Art von Aktivitäten ich vermeiden sollte. »Nimm dieses ganze Paket mit zur Physiotherapie. Es enthält die technischen Informationen für deinen Therapeuten. Meine Nummer steht auch darauf, sie können mich jederzeit anrufen, wenn sie deinen Behandlungsplan oder erste Fortschritte mit mir besprechen wollen.« Er lächelte und wandte sich an meine Mutter. »Oh, und sie könnte nach der Korrektur der Hüfte ein wenig wund sein, geben Sie ihr also ruhig eine Schmerztablette, wenn nötig.«

Ich zuckte leicht zusammen. Das schien einfach so … persönlich. Meine Mutter lächelte zurück. »Ja, das können wir machen!«

»Alles klar«, sagte Larry. »Ich bringe sie noch nach vorne. Du kommst dann alle paar Wochen her, okay?« Ich sah meine Mutter an, nickte und lächelte verlegen. »Vereinbaren Sie etwa sechs Termine mit der Sprechstundenhilfe, damit wir die Zeit freihalten, und dann werden wir sehen, wie es weitergeht.«

Er legte seine Hand auf meine Schulter und führte mich sanft nach draußen. Wir gingen zurück durch den Flur, an den Fotos der Olympiateilnehmerinnen vorbei und zu meinen Geschwistern, die immer noch geduldig im Wartezimmer saßen und ihre Schularbeiten erledigten. Larry hatte mir die Tür aufgehalten, als wir gingen, und enthusiastisch seine nächste Patientin begrüßt. Ein Mädchen, das etwas jünger war als ich. »Heyyy! Schön, dich zu sehen! Wie geht es dem Knie? Komm herein, Kleine. Wir kriegen dich schon wieder hin.«

Wieder hinkriegen. Das klang gut.

Am nächsten Tag kehrte ich mit einem klaren Ziel und fester Entschlossenheit in die Turnhalle zurück. Die Handgelenksbandagen waren bestellt, meine Handgelenke mit der neuen Methode, die Larry mir gezeigt hatte, getapt, und zum ersten Mal hatte ich eine Orientierung. Ich folgte seinen Anweisungen wie einer Religion, mied gewissenhaft die Dinge, die ich vermeiden sollte, und gab mir bei allem, was ich tun konnte, die größte Mühe. Die neuen Dehnübungen und die Physiotherapie, die er empfohlen hatte, fügte ich zu meiner Trainingsroutine hinzu, und mein Trainer half mir, Möglichkeiten zu finden, die Übungen zu ersetzen, die ich aussetzen musste. Ich hatte großes Glück, einen Trainer zu haben, dem meine Gesundheit wirklich am Herzen lag. Er sperrte sich nicht gegen die Einschränkungen und Änderungen, die vorgenommen werden mussten, damit sich meine überanstrengten Muskeln und Sehnen erholen konnten. Ich stürzte mich also auf die Möglichkeiten, die ich hatte, und hoffte, dass sie genügen würden.

Das Übungsgerät in der Physiotherapie – eine dicke weiße Rolle aus Schaumstoff, etwas länger als meine Wirbelsäule – lag auf dem Boden, und ich versuchte mich so daraufzulegen, dass die Rolle an meiner Wirbelsäule entlang verlief. Dieses einfache Hilfsmittel hatte eine Vielzahl von Verwendungsmöglichkeiten, unter anderem, die Ausrichtung der Wirbelsäule zu trainieren. »Lass die Füße am Boden und lege deine Hände auf den Bauch«, erklärte mir meine Therapeutin.

»Das Ziel ist, das Gleichgewicht zu behalten. Heb einfach deinen linken Fuß ein paar Zentimeter an, dann stellst du ihn wieder ab und machst das Gleiche mit dem rechten Fuß. Wenn du eine Fehlausrichtung hast, wird es sich zeigen.«

Ich hob meinen Fuß, wie sie mir gesagt hatte. Kein Problem. Ich meine, ich trainierte vier Tage die Woche auf einem zehn Zentimeter schmalen Balken. Ich war es gewohnt, mich zu korrigieren und wieder ins Gleichgewicht zu kommen – wie schwer konnte das schon sein?

»Großartig, jetzt versuche es mit dem anderen Fuß.«

Gehorsam stellte ich den linken Fuß ab und begann, den rechten anzuheben. In dem Moment verstand ich, was sie damit gemeint hatte, dass eine Fehlausrichtung offensichtlich werden würde. Die steife Schaumstoffrolle rutschte unter mir weg, mein kaum angehobener Fuß ging nach unten und der andere flog in die Luft, um die enorme Gewichtsverlagerung zu kompensieren. Meine Hände schossen nach hinten und stützen sich am Boden ab.

»Meine Güte!« Ich begann zu kichern und die Therapeutin lachte mit. Offensichtlich hatte sie das schon mehr als einmal gesehen.

»Versuchen wir es noch einmal«, sagte sie. Wir taten es – mit dem gleichen Ergebnis. Wie sehr ich mich auch anstrengte, es war mir nicht möglich, auf der Rolle liegen zu bleiben, wenn ich den rechten Fuß anhob.

»Das werden wir üben«, sagte meine Therapeutin. Sie erklärte, dass die Wiederholung dieser einfachen Schritte helfen würde, meine Muskeln so zu trainieren, dass sie richtig aktiviert wurden und somit halfen, meine Wirbelsäule wieder besser auszurichten. Wir setzten die Schaumstoffrolle auf die immer länger werdende Liste mit Therapiehilfsmitteln, mit denen ich zu Hause arbeiten sollte.

»Lass uns jetzt deine Hüften untersuchen«, sagte sie. Ich sollte mich vor sie stellen, während sie mit ihren Daumen die Rückseite meiner Beckenknochen ertastete. Sie überprüfte die Vorder- und Rückseite und bemerkte die Drehung und den Höhenunterschied auf einer Seite.

»Ja, dein Becken ist verdreht und seitlich versetzt.«

Genau wie Larry gesagt hat, dachte ich.

»Ich werde dir beibringen, wie du das selbst korrigieren kannst, okay?« Sie nahm sich etwas Zeit, um mir das Konzept des Gegendrucks zu erklären und wie er angewandt werden konnte, um das Becken wieder in Position zu bringen. Auch wie ich selbst überprüfen konnte, ob es falsch ausgerichtet war, zeigte sie mir. Zu Hause sollte ich etwas Festes, wie einen Türrahmen oder ein Sofa, verwenden und mich dagegen drücken, um so die Fehlstellung selbst zu korrigieren. Meine Kleidung behielt ich die ganze Zeit an.

Ich frage mich, warum Larry es anders macht, dachte ich kurz. Ich hatte nicht die Zeit, um über die Frage nachzudenken. Meine Therapeutin holte bereits ein paar große Gymnastikbälle hervor und nahm Augenmaß, um zu sehen, welche Größe ich brauchte. Ich liebte Übungen mit dem Gymnastikball, die Herausforderung machte viel Spaß. Und wer spielt nicht gerne mit einem riesigen Hüpfball, der groß genug ist, um darauf zu sitzen!

An diesem Tag verließ ich die Praxis mit noch mehr Übungen für meine Therapie und noch mehr Unterlagen, die ich zu Larry mitnehmen sollte.

Bei ihm hatten wir noch nicht viel für meine Handgelenke getan, obwohl ich inzwischen ein paarmal wieder dort gewesen war. Er schien sich auf meinen Rücken zu konzentrieren, und diese innere Behandlung, die er beim ersten Mal gemacht hatte, war zu einer regelmäßigen Sache geworden. Wahrscheinlich ist der Rücken das dringlichere Problem, dachte ich. Ich bin mir sicher, dass wir zu den Handgelenken kommen werden, wenn die Rückenprobleme einmal unter Kontrolle sind.

»Alles klar, Aufwärmen für die Radwende«, rief mein Trainer durch die Halle, wobei er mit seinem Akzent ganz leicht das R rollte. Es war wenige Tage vor Ostern, und ich versuchte aus jedem Training das Beste zu machen, bevor das Landesfinale stattfand. Wir übten Tumbling über Kreuz – in zwei Ecken stand je eine Gruppe von uns und führte abwechselnd Serien von Bodenturnübungen aus – immer zur gegenüberliegenden Ecke hin, wie auf den Linien von einem X. Gerade hatte ich meine Serie von Handstützüberschlägen vorwärts beendet und begann mit den Übungen für Rückwärtsüberschläge. Beim ersten Durchgang zuckte ich ein wenig zusammen. Der Knochen im seitlichen Bereich meiner Schienbeine bereitete mir schon längere Zeit Probleme, gelegentlich verspürte ich einen stechenden Schmerz beim Aufprall. Da aber mein Rücken und meine Handgelenke mit Abstand oberste Priorität hatten, weigerte ich mich, über die Schmerzen im Schienbein nachdenken. Ich biss einfach die Zähne zusammen.

»Rachael, durch die Schultern! Deine Schultern!«, rief mein Trainer. Die »Abdruckphase« der Radwende, bei der die Hände den Boden kurz berühren und sich dann schnell wieder abstoßen sollten (wie ein Flummi beim Aufprall), war nicht meine Stärke. Um ehrlich zu sein, das Rückwärts-Tumbling im Allgemeinen war nicht mein Ding. Während ich darauf wartete, dass ich wieder an die Reihe kam, machte ich Handstandsprünge auf dem Sprunganlauf, um diesen Teil der Radwende zu üben. Dabei hörte ich auf das rhythmische Stampfen meiner Teamkolleginnen, die über den Boden rannten und wirbelten. Ich war die Nächste.

»Schultern!«, erinnerte mich mein Trainer.

Ich nickte und begann mit dem Anlauf. Eins, zwei, drei, Sprung! Ich streckte meinen Körper, konzentrierte mich auf den Abdruck und drehte mich auf dem Weg nach unten. Als ich landete, spürte ich wieder dieses Stechen in meinem Schienbein.

Knacks!

Das hatte ich gespürt.

Das hatte ich gehört.

Der innere Teil meines Fußes war bei der Landung leicht nach unten umgeknickt gewesen. Irgendetwas stimmt nicht. Ich spürte eine Mischung aus stechendem Schmerz und Taubheit. Während ich wieder in der Schlange wartete, schüttelte ich meinen Fuß, damit das Gefühl zurückkehrte und das Kribbeln aufhörte. Als ich wieder an der Reihe war, wollte ich losrennen, blieb aber nach zwei Schritten abrupt stehen. Es fühlte sich an, als hätte ich nicht die vollständige Kontrolle über meinen Fuß. Ich schüttelte den Kopf.

»Irgendetwas stimmt nicht«, sagte ich zu meinem Trainer. »Ich bin seitlich darauf gelandet«, erklärte ich und deutete nach unten.

»Ja, das habe ich gesehen.« Er schlug vor, dass ich eine Weile mit dem Tumbling pausierte und einfach an Übungen für den Handstütz arbeitete. Ich nickte, frustriert über ein weiteres potenzielles Problem. Also ging ich in den hinteren Teil der Halle und machte einen Handstand. Ich bog meinen Rücken durch, um meine Füße an die Wand zu stellen – so imitierte ich den letzten Teil eines Handstützüberschlags rückwärts –, dann schwang ich mich zurück auf meine Füße. Wieder und wieder übte ich diese Bewegung, aber die Übelkeit von den Schmerzen wurde so schlimm, dass ich schließlich zum Barren überging. Hier klappte es auch nicht besser. Schon der geringste Druck auf meinen Fuß führte zu Schwindel und Übelkeit. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu meinem Trainer zurückzugehen.

»Ich habe das Gefühl, als müsste ich mich übergeben«, gab ich zu.

»Lass mich mal sehen«, sagte er und deutete auf meinen Fuß.

Ich hob ihn auf die dicke Sprungmatte, wo er ihn nahm und vorsichtig mit den Fingern über eine Stelle fuhr, wo es geknackst hatte. Eine deutliche Schwellung und ein roter Fleck waren zu sehen. »Mädchen …« Er hielt inne. »Hast du dir jetzt auch noch den Fuß gebrochen?«

Unglücklich zuckte ich mit den Achseln. Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Er schüttelte den Kopf.

»Ich denke, du gehst besser nach Hause und wartest mal ab. Vielleicht musst du es röntgen lassen.«

Frustriert, aber auch mit einer gewissen Erleichterung, atmete ich aus. Tief im Innern wusste ich, dass ich mit meinem Fuß nicht weiter würde trainieren können, und ich war dankbar, dass mein Trainer diese Entscheidung für mich getroffen hatte.

»Ich werde mit deiner Mutter sprechen«, versicherte er mir. »Geh du dich schon umziehen. Ruf mich morgen an und lass mich wissen, was der Arzt gesagt hat, okay?«

Ich stand dabei, als er später mit meiner Mutter sprach. »Sie sollte den Fuß kühlen und heute Nacht gut schlafen. Wenn der Schmerz sie wach halten sollte, bringen Sie sie gleich morgen früh in die Notaufnahme.«

In der Nacht waren die Schmerzen schlimmer geworden, und als wir am Morgen in der Notaufnahme saßen, waren wir alle ziemlich sicher, was das Röntgenbild zeigen würde. Umso überraschter waren wir, als der Arzt hereinkam und verkündete: »Ja, Sie haben einige kleine Knochenbrüche in diesem Knöchel.«

Knöchel? Ich blinzelte. Ich bin doch nicht wegen eines gebrochenen Knöchels hier.

»Ich bin nicht wegen meines Knöchels hier«, wiederholte ich laut. »Es ist mein Fuß.«

»Nein, nein«, beharrte der Arzt. »Glaub mir, der Bruch ist in Ihrem Knöchel.«

Frustriert atmete ich tief durch. »Nein«, wiederholte ich. Noch einmal wies ich auf die Stelle an meinem Fuß. »Es ist mein Fuß. Ich habe mich am Fuß verletzt.« Nachdrücklich zeigte ich auf die Stelle, wo es wehtat. »Genau hier. Der fünfte Mittelfußknochen.« Gott segne meinen Biologielehrer, fügte ich innerlich hinzu. »Ich bin gestern Abend beim Tumbling unglücklich darauf gelandet.«

»Oh …«, antwortete der Arzt. »Hmm. Wir werden das noch einmal überprüfen.«

Ich versuchte, gnädig zu lächeln, aber ich hatte die halbe Nacht mit qualvollen Schmerzen wach gelegen. Wenn mir jetzt jemand einreden wollte, ich kenne den Unterschied zwischen meinem Fuß und meinem Knöchel nicht, machte er sich nicht gerade beliebt bei mir.

Wenige Minuten später kam der Arzt zurück und hielt ein paar Röntgenbilder gegen das Licht. »Ja, er ist gebrochen. Ihr Fuß, meine ich. Ich habe den Bruch nicht bemerkt, weil mir auf den ersten Blick Knochensplitter in Ihrem Knöchel ins Auge gefallen sind, und sie sind nicht verheilt.« Er zeigte mir drei kleine Stellen auf dem Knochen, die wie feine Linien aussahen. »Aber, ja. Sie haben sich auch den Fuß gebrochen. Glücklicherweise ist der Knochen nicht verschoben, also werden wir den Fuß eingipsen und Sie dann an einen Orthopäden verweisen.«

Toll …, dachte ich und verzog das Gesicht.

Als der Arzt hinausging, um das Material für den Gips zu holen, sah ich meine Mutter verzweifelt an.

Ihr Gesicht spiegelte meine Frustration wider. »Weißt du was? Ich werde Larry anrufen. Vielleicht kann er dir spontan einen Termin geben, und wir können das Ganze gründlicher überprüfen lassen.«

Ein kleiner Hoffnungsschimmer keimte in mir auf. Larry würde wenigstens wissen, was ich selbst mit einem Gips noch tun konnte.

Und wieder zeigte sich Dr. Nassar verlässlich. Kaum hatte meine Mutter angerufen, hatten wir auch schon einen Termin. Larry würde sich um mich kümmern.

»Oh Mann!«, sagte Larry, umarmte mich und strich mir über die Schulter. »Es tut mir so leid. Warum hast du das gemacht?«, witzelte er, während er auf meinen blauen Gips deutete. Blau war die Farbe meines Teams. Wenn du sonst schon nichts machen kannst, sei wenigstens repräsentativ, hatte ich mir gesagt.

»Sehen wir uns mal die Röntgenbilder an.« Er befestigte sie am Leuchtkasten und betrachtete sie.

»Der erste Arzt dachte, es wäre mein Knöchel«, sagte ich verzweifelt. »Er hat den Bruch im Fuß nicht einmal gesehen.«

»Du meinst den Ermüdungsbruch hier?« Er wies auf eine Stelle am Wadenbein. »Das ist nicht einmal in der Nähe deines Fußes!«

»Ermüdungsbruch …?« Ich blinzelte irritiert. »Nein, davon hat er nichts gesagt.«

»Ja. Ja, genau hier. Hat dein Schienbein dir irgendwelche Probleme gemacht?« Er kam zu mir und hob mein gesundes Bein an. »Wir sollten auch das andere Bein untersuchen. Wenn die eine Seite betroffen ist, findet man es häufig auch auf der anderen Seite. Etwa hier«, sagte er und drückte mit dem Finger sanft auf einen bestimmten Punkt.

»Ja-ah!« Ich verzog das Gesicht und jaulte auf. »Das ist die Stelle.«

Larry lachte und entschuldigte sich. »Wir müssen auch von diesem Bein ein paar Röntgenbilder machen«, kündigte er an.

»Der andere Arzt hat aber nichts davon gesagt«, protestierte ich. »Er hat nur meinen Knöchel erwähnt.«

Larry schmunzelte und winkte ab. »Die sind schwer zu erkennen. Die meisten Ärzte wissen nicht, wie man danach sucht.«

»Aber was meinte er mit meinem Knöchel?«, fragte ich. »Er bestand darauf, dass ich wegen meines Knöchels gekommen sei, und es dauerte ewig, ihn davon zu überzeugen, dass es mein Fuß war.«

Larry schob seine Brille ein wenig nach oben und wies erneut auf das Röntgenbild. »Er meinte das hier, da hast du ein paar Knochensplitter. Das kommt relativ oft vor und passiert, wenn Turner bei ihren Überschlägen zu flach landen. Aber wenn die Splitter so winzig sind, sieht man sie erst, wenn der Knöchel zu heilen beginnt. Die Tatsache, dass der Kollege sie sehen konnte, hätte ihm zeigen müssen, dass es keine aktuelle Verletzung ist.«

Ich atmete tief durch. »Wie lange dauert es, bis man sie sehen kann? Ich meine, um eine Diagnose stellen zu können?«

»Oh, sie sind in der Regel frühestens nach ein paar Wochen zu sehen … Wenn man weiß, wonach man sucht«, sagte er. »Aber nie so schnell. Die hier sind ziemlich alt, sie sind fast verheilt.«

Inzwischen war ich wirklich verärgert. Larry wusste nicht, dass ich, noch bevor ich den ersten Termin bei ihm gehabt hatte, bereits zweimal bei einem Orthopäden gewesen war, um meinen Knöchel untersuchen zu lassen. Das erste Mal, nachdem ich schon einmal falsch aufgekommen war und starke Schmerzen hatte. Sechs Wochen später ging ich erneut zu ihm, um den Knöchel nochmals untersuchen zu lassen, weil er mir immer noch Probleme machte. Er hatte sogar Röntgenbilder machen lassen und mir, nachdem er sie angesehen hatte, versichert, dass alles in Ordnung sei.

In Gedanken begann ich, all die Ärzte aufzuzählen, bei denen ich gewesen war, die die Probleme völlig übersehen hatten oder nicht in der Lage gewesen waren zu helfen. Oh Mann. Wie gut, dass wir jetzt nur noch zu Larry gehen.

In einem Nebenraum wurde eine weitere Reihe Röntgenaufnahmen gemacht, die unsere Befürchtung bestätigten. Auch im rechten Wadenbein zeigte sich eine Ermüdungsfraktur.

Als ich ins Behandlungszimmer zurückkam, wartete Larry bereits auf mich. »Wenn du schon mal hier bist, wie geht es deinem Rücken?«, fragte er. »Ich kann mir vorstellen, dass er nach deiner schiefen Landung und dem Gehen an Stützen ziemlich wehtut?«

Ich nickte.

»Nun, wenn du jetzt da bist, können wir die Zeit nutzen, um dich wieder hinzukriegen. Mit der Physiotherapie musst du noch etwas warten, aber ich kann trotzdem etwas für dich tun, auch wenn du den Gips hast.«

Er wies auf den Tisch und half mir hinauf. Unterwegs schnappt er sich die Massagelotion. »Arme Kleine, alles tut weh!«, sagte er mit einem mitfühlenden Lächeln. Ich atmete tief durch und erinnerte mich an meine Frustration in der Notaufnahme. Bin ich froh, dass Larry bereit war, mir spontan einen Termin zu geben, dachte ich, während ich spürte, wie er mir die kurze Hose herunterrollte.

Die Behandlung war unangenehm und ich mochte sie nicht. Aber endlich schenkte mir jemand Aufmerksamkeit und war bereit, mir zu helfen. Ich sah zu meiner Mutter hoch, die auf dem Stuhl saß, hinter Larry konnte ich sie kaum sehen. Sie lächelte und ich lächelte zurück. Wir hatten endlich Hilfe bekommen.

Ein paar Wochen später war ich wieder in der Turnhalle – auf Krücken und mit Gips, aber wenigstens war ich zurück. Der Bruch war so weit geheilt, dass Larry keine Bedenken mehr hatte, der Knochen würde sich auch dann nicht mehr verschieben können, wenn ich mir versehentlich den Fuß stieß. Also hatte er grünes Licht gegeben. Ich durfte zwar keine Turnübungen machen, aber ich konnte meine Kondition trainieren, mich dehnen und einen Teil meiner Übungen aus der Physiotherapie machen. Es war eine lächerliche Angelegenheit, einen Turnanzug über den Gips zu bekommen, aber ich wollte es so gerne, dass es mir völlig egal war, wie lange es dauerte.

In den nächsten Monaten machte ich bei jedem Training meine Konditionsübungen – erst mit Gips, später mit einer Orthese – und wartete … wartete, dass der Knochen heilte. Den Gips konnte ich nicht leiden, aber ich mochte die Muskeln, die ich durch ihn bekam, weil ich bei jedem Klimmzug und jedem Beinheben sein zusätzliches Gewicht von mehr als vier Kilo stemmen musste. Schon vorher war ich ziemlich muskulös gewesen, aber es dauerte nicht lange, bis ich ahnte, dass ich im Armdrücken gegen die meisten Jungs in meinem Alter gewinnen würde. Das war immerhin auch schon etwas. Auch ein Sixpack zu haben, das sich unter dem Turnanzug abzeichnete, war ziemlich cool. Und ich wusste, dass es einfacher werden würde, den Sport wieder aufzunehmen, je fitter ich war. Sobald Larry sein »Okay« dafür gab.

In alldem war Larry da. Für die regelmäßigen Nachuntersuchungen ging ich zu ihm statt zu einem Orthopäden. Er blieb mit meiner Physiotherapeutin in Kontakt, sodass ich mit der Reha für mein Bein und meinen Fuß beginnen konnte, sobald der Gips abgenommen wurde. Und jedes Mal, wenn ich zu Larry kam, fragte er nach meinem Rücken. Das Gehen an Stützen brachte alles wieder aus dem Gleichgewicht. Ich ging nicht wegen meines Rückens zu ihm, aber er wusste, dass er wehtat, deshalb bot er bei jedem Termin an, ihn zu behandeln.

»Komm, auf die Liege, Kleine«, sagte er, und ich tat es. Ein paarmal rutschte seine Hand von vorne in meine Hose.

Sie muss ihm ausgerutscht sein.

Ist es möglich, so auszurutschen?

Natürlich war es ein Ausrutscher. Was sollte es sonst sein?

Einmal, als meine Mutter und ich aus dem Untersuchungszimmer kamen, waren Flur und Anmeldebereich bereits dunkel, scheinbar waren alle schon nach Hause gegangen. Ich hatte keine Ahnung, dass wir so lange drinnen gewesen waren, und war überrascht, dass Larry mit einer Patientin ganz allein gelassen wurde.

»Wen sollen wir morgen anrufen, um sicherzustellen, dass das über unsere Versicherung abgerechnet wird?«, fragte meine Mutter. »Wir waren ja eigentlich gar nicht wegen ihres Rückens hier, also sollte ich jemandem Bescheid sagen.«

Larry winkte ab, als wollte er ihre Bedenken beiseiteschieben. »Oh, keine Sorge. Sie brauchte die Hilfe. Das geht aufs Haus. Werde einfach schnell wieder gesund, ja, Rach?«

Er umarmte uns beide und wir gingen. Er war so anders als die anderen Ärzte, die nicht einmal von ihrem Papierkram hatten aufsehen oder zuhören können, wenn ich versucht hatte zu erklären, was mir wehtat. Gedankenverloren humpelte ich an den Fotos der »Glorreichen Sieben« vorbei. Ihre Unterschriften waren in der Dunkelheit kaum zu erkennen. Kein Wunder, dass USAG und die MSU ihn bei sich haben wollen.

»Also … das war komisch«, flüsterte meine Teamkollegin Ashley.

Wir saßen auf der Rückbank des Minivans meiner Mutter und fuhren von Lansing nach Hause. Jetzt, wo ich die Orthese nicht mehr tragen musste, nahm ich zwar wieder am Turntraining teil – obwohl ich immer noch sehr eingeschränkt war und nur wenig mitmachen konnte –, setzte aber gleichzeitig meine Reha und Physiotherapie fort. Larry beaufsichtigte natürlich alles.

Da Ashley seit einiger Zeit erhebliche Rückenprobleme hatte und ihre Mutter sie nicht zu Larry bringen konnte, fuhren wir gemeinsam zu unseren Terminen bei ihm. »Behandelt er deinen Rücken auch so?«, fragte sie.

Ich dachte darüber nach, was Ashley mir anschließend beschrieben hatte.

Meine Mutter hatte sie und mich in das gleiche Behandlungszimmer mitgenommen. Sie wollte sichergehen, dass jemand bei Ashley war und ihrer Mutter berichten konnte, wie es weitergehen sollte. Larry kam herein, verteilte Umarmungen, machte Smalltalk und stellte Fragen über die Schule und das Turnen. Dann kam er zur Sache. Er untersuchte Ashleys Rücken gründlich und stellte dann einen umfassenden Plan zusammen – es war ja schließlich Larry. Er sagte ihr, dass er gerne etwas Weichteilmassage machen wollte, um die Muskeln zu lockern und alles wieder richtig auszurichten.

»Möchtest du, dass sie hinausgehen, oder ist es okay, wenn sie im Zimmer bleiben?«, fragte er. Ich fand es gut, dass er ihr die Möglichkeit gab, ihre Privatsphäre zu schützen.

»Nee, wir sind Teamkolleginnen. Wir sehen sowieso alle alles«, lachte sie.

Larry erwiderte das Lachen. »Keine Geheimnisse in der Umkleide!«, kicherte er.

Er ließ sie auf die Liege hüpfen und sich auf den Bauch legen, so wie auch ich immer lag. Ich sah, wie er ihre Hüfte mit einem Handtuch bedeckte, ihre Hose und ihr Shirt ein wenig zur Seite schob und begann, ihren Rücken mit seiner rechten Hand und seinem rechten Unterarm zu massieren, wie er es auch bei mir tat. Dann bemerkte ich, dass er seine linke Hand beiläufig unter das Handtuch gleiten ließ, während er sprach. Er scherzte und lachte mit ihr, während er ihre weichen Muskeln mit seiner sichtbaren Hand knetete.

Ich hatte die Hand unter dem Handtuch kaum bemerkt. Wow. Wenn ich nicht wüsste, was er da tut, würde ich es nie erraten. Ich wusste gar nicht, wie diskret er sein kann.

Bis Ashley es durch ihre Frage bestätigte, war ich mir tatsächlich nicht einmal sicher gewesen, ob Larry bei ihr das Gleiche gemacht hatte wie bei mir, obwohl ich diese innere Behandlung inzwischen schon oft erlebt hatte. Ich war erleichtert, festzustellen, dass es beinahe unmerklich war. Wir wollen ja schließlich, dass Ärzte unsere Privatsphäre schützen, oder? Die Fähigkeit, eine so heikle Behandlung durchzuführen, ohne etwas nach außen zu zeigen oder Aufmerksamkeit darauf zu lenken, schien der Notwendigkeit geschuldet zu sein, solch persönliche Anwendungen diskret zu behandeln.

Meine Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück. »Ja, es ist unangenehm.« Ich schwieg einen Moment. »Aber, ja. Meinen Rücken behandelt er auch immer so. Eigentlich jedes Mal.«

Seine Bewegungen waren so routiniert, dass es für mich offensichtlich war, dass es eine normale Behandlungsmethode für ihn sein musste. Die Tatsache, dass Ashley und ich das Gleiche erlebt hatten – während wir auch noch im selben Raum waren –, bestätigte es.

»Na ja … ich meine, es ist Larry, richtig? Also …« Ihre Stimme verlor sich. Ich murmelte etwas Zustimmendes, während wir die Autobahn entlangfuhren. Ashley hatte recht. Es war Larry. Er behandelte tagtäglich von morgens bis abends Mädchen. Sogar die Olympiateilnehmerinnen. Es musste normal sein.

Auf dem restlichen Heimweg sprachen Ashley und ich nicht mehr viel.

Wochen später informierte mich meine Mutter, dass wir das Datum unseres nächsten Termins ändern mussten, weil eines unserer Autos ein mechanisches Problem hatte.

»Ach, das ist in Ordnung«, antwortete ich beiläufig. »Wir hätten den Termin wahrscheinlich sowieso verschieben müssen, ich bekomme in der Zeit meine Tage.« Ohne einen weiteren Gedanken fuhr ich fort, den Boden zu kehren.

»Warum sollte das eine Rolle spielen?«, unterbrach mich die verwirrte Stimme meiner Mutter.

Ich lachte. Peinlich! Äh, muss ich das jetzt wirklich erklären? »Na ja, ich meine … Er kann mich nicht wirklich behandeln, wenn ich meine Periode habe!«, sagte ich mit einem kurzen Lachen und warf ihr einen schiefen Blick zu, der meiner Meinung nach eindeutig war.

»Warum kann er dich nicht behandeln?«, sagte meine Mutter mit etwas mehr Dringlichkeit in der Stimme. »Rachael, macht er … macht er etwas Innerliches?«

Ich hielt verwirrt inne und stellte den Besen ab. »Äh, … ja?«

Warum ist das neu für sie? Wir gehen doch schon seit Monaten hin. Ich verstand es nicht.

»Rachael, das wusste ich nicht.«

Schock und Verwirrung, kombiniert mit einer Angst, die ich nicht verstand, stürzten auf mich ein. Ich zwang mich zu lachen. Mach es nicht noch unangenehmer, als es sowieso schon ist, ermahnte ich mich selbst. Ich wollte kein Theater. Es war schon peinlich genug, ohne zusätzliche Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Meine Mutter war immer sehr gut darin gewesen, mit meinen Geschwistern und mir über unseren Körper und über Sexualität zu sprechen, aber trotzdem … es war privat.

»Ich meine, was dachtest du, wie er mein Becken gedreht hat?«, fragte ich mit erzwungener Lässigkeit.

»Äußerlich!«, antwortete meine Mutter bestimmt. »Ich habe nicht gemerkt, dass er etwas Innerliches gemacht hat.« Sie hielt inne und atmete tief durch. »Na gut«, sagte sie mit fester Stimme, »Und was hältst du davon?«

Ich dachte eine Weile nach, bevor ich antwortete. Larry war der Arzt, dem USAG seine Olympiateilnehmer anvertraute. Außerdem war er der Arzt, an den die MSU ihre eigenen Turnerinnen überwies. Larry behandelte jeden Tag Mädchen, und das schon seit Jahren. Ich wusste, dass er das die ganze Zeit tat, sogar mehrmals am Tag. Und von der Freundin unserer Familie wusste ich, dass Physiotherapeuten spezielle Schulungen für die interne Beckenbodentherapie machen konnten. Also wählte ich meine Worte vorsichtig und ehrlich.

»Ich meine, es ist unangenehm … aber so ist das bei medizinischem Kram manchmal, oder?«

»Ja …«, antwortete meine Mutter, offensichtlich nicht überzeugt.

»Und wir wissen ja, dass es Therapeuten gibt, die interne Beckenbodentherapie praktizieren. Wir haben sogar schon darüber gesprochen, dass ich sie vielleicht brauche, nicht wahr? Und dass es nicht unbedingt angenehm sein wird, aber notwendig sein könnte?«, drängte ich.

»Ja, das stimmt.« Meine Mutter seufzte. »Das stimmt. Ich hatte nur vor, dich zu einer weiblichen Therapeutin zu bringen, wenn es sich herausstellen sollte, dass du wirklich irgendeine innere Behandlung brauchst.«

Ich zuckte mit den Achseln und begann wieder zu fegen. Der braune Geschirrschrank in unserem Esszimmer züchtete Wollmäuse, da war ich mir sicher. Ich zog eine besonders große aus der linken Ecke hervor. »Na ja, da Larry alles kann und das Fachwissen im Turnen hat, dachte ich eigentlich, dass wir entschieden hätten, bei ihm zu bleiben«, sagte ich.

Meine Mutter nickte, war aber noch nicht fertig. Sie gab nicht so leicht auf, und bald musste ich ihr eine Frage nach der anderen beantworten.

Hatte ich je das Gefühl gehabt, dass es unprofessionell war?

War es unangenehmer als eine normale ärztliche Untersuchung?

Hatte er je irgendetwas getan, das nicht wirklich medizinisch wirkte?

»Nein.«

»Nein.«

»Nein.«

Und ich glaubte meine Antworten. Nur eine schmutzige Fantasie würde eine medizinische Untersuchung sexualisieren. Dass ich daran arbeiten musste, nichts in die Behandlung »hineinzulesen«, war mein Problem.

Endlich gab meine Mutter nach. »Na gut. Aber wenn du dich je auch nur ein kleines bisschen unwohl fühlst oder das Gefühl hast, dass etwas nicht ganz richtig ist, sag mir sofort Bescheid. Wir können jederzeit zu einem anderen Therapeuten wechseln. Es gibt mehrere Physiotherapeutinnen in der Gegend, die interne Therapien durchführen.«

Ich nickte zustimmend. »Okay, das werde ich.« Und ich meinte es so, weil ich wusste, dass auch sie es so meinte. Wenn irgendetwas nicht stimmte, würde ich es ihr erzählen. Aber wenn wirklich etwas nicht stimmte, würde Larry bestimmt nicht jeden Tag Mädchen behandeln.

Wie ich das Schweigen brach

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