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Kapitel 3
ОглавлениеWährend er das Glas in der Hand hin und her drehte und die Eiswürfel sanft gegen das Kristallglas klirren ließ, ließ sich Dan das Aroma des Bourbons auf der Zunge zergehen.
»Cheers«, sagte der General und hob sein Glas.
»Cheers.« Dan nahm einen weiteren Schluck und genoss dabei den Geschmack, der angenehm in seiner Kehle brannte. Direkt nach seiner Rückkehr aus dem Irak war er einige Zeit alkoholabhängig gewesen und hatte nach seinem Entzug keinen einzigen Tropfen mehr angerührt. Inzwischen trank er aber gelegentlich wieder Alkohol, nun allerdings mit dem Wissen, dass es ein Vergnügen war und keine Krücke.
Er sah hoch, als sich die Tür zum Wohnbereich öffnete und Chris hereinkam.
»Komm rüber, Sohn«, lud ihn der General ein. Er stand hinter der Bar, die in eine Ecke des Wohnbereichs eingebaut worden war und füllte ein weiteres Glas mit Bourbon, das Chris mit einem freundlichen Nicken entgegennahm.
»Danke, General.«
Der General kam nun hinter der Bar hervor und ging durch den großen Wohnbereich auf einen steinernen Kamin zu, der die gegenüberliegende Wand dominierte. Er bückte sich, nahm ein paar kleinere Holzscheite und warf diese auf den Kaminrost. Prasselnd stoben die Funken den Schornstein hinauf. Während er sich aufrichtete, grinste er Dan an, der es sich in einem Sessel neben dem Kamin gemütlich gemacht hatte. »Die Winter in Arizona sind tagsüber meistens herrlich, aber nachts können sie verdammt kalt werden.«
Dan lächelte. »Ich würde sie trotzdem jederzeit einem englischen Winter vorziehen«, antwortete er. Er starrte in die Flammen, denn das flackernde Licht faszinierte und beruhigte ihn gleichermaßen. Doch er zuckte leicht zusammen, als er aus dem Augenwinkel plötzlich eine Bewegung wahrnahm, entspannte sich aber gleich wieder, als der Hund des Generals, ein Golden Retriever namens Ripley, an seinem Bein entlangstrich und zu seinem Platz auf dem Kaminvorleger trottete.
Die Stimme des Generals drang nun in seinen Tagtraum ein. »Also … was fangen wir mit diesen neuen Sprengvorrichtungen an?«
Dan schüttelte kurz den Kopf, dann runzelte er die Stirn. »Für einen Hinterhof-Bombenbauer sind sie eindeutig zu sehr Hightech«, stellte er fest. »Wenn man die Sprengvorrichtung betrachtet, die wir zerlegt haben, sind die einzelnen Teile einfach zu gut verarbeitet.«
Chris kam zu ihnen hinüber und ließ sich neben dem Kamin auf ein Sofa fallen. »Meinst du, sie stammen aus einer Massenproduktion?«
»Nicht so, wie du dir das vorstellst«, erklärte Dan, »aber ich denke, dass sie auf jeden Fall in größeren Mengen hergestellt worden sind.«
Der General stand mit dem Rücken zum Feuer und schwenkte den Bourbon in seinem Glas hin und her. »Ist das der Grund dafür, dass einige von ihnen sehr punktgenau explodieren und andere eine erheblich größere Streuwirkung haben?«
»Ich bin mir noch nicht ganz sicher«, antwortete Dan und nahm einen Schluck von seinem Drink, bevor er fortfuhr. »Uns ist aber aufgefallen, dass die Vorrichtung, die wir auseinandergenommen haben, mit einem blauen Klebeband umwickelt war. Die, die wir heute Nachmittag aktiviert haben und wieder entschärfen wollten, jedoch nicht. Ob das nun die Handschrift von zwei verschiedenen Bombenbauern ist, oder der bewusste Versuch, die Explosionskraft der einzelnen Bomben voneinander zu unterscheiden … ich denke, wir müssen das im Auge behalten.«
Er verstummte abrupt, als sich die Wohnzimmertür öffnete und eine schlanke Blondine hereinkam. Sie ging zum General hinüber und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange, bevor sie sich den anderen zuwandte.
»Hallo, Dad … hey, ihr zwei«, meinte sie grinsend. »Wir haben euch heute Nachmittag sogar bis hier draußen gehört … Mom hat Stein und Bein geschworen, dass das Küchenfenster dieses Mal wirklich fast aus dem Rahmen gefallen ist.«
»So schlimm war es nun auch wieder nicht, Anna«, antwortete Dan lächelnd.
Chris lachte. »Das sagt der Typ, der eine Nanosekunde, bevor es losging, mit dem Kopf zwischen seinen Händen den dreckigen Boden geküsst hat.«
»Wirklich?« Annas Augen weiteten sich vor Sorge. »Alles in Ordnung mit dir?«
Dan nickte. »Ist schon eine Weile her, seit es mich fast erwischt hat … aber ja, ich bin okay.«
»Wirst du jetzt wieder Albträume bekommen?«, platzte Anna heraus und wurde sofort rot, als sie ihren Fauxpas bemerkte. »Ich meine, sorry, aber …«
Dan winkte ab. »Ist schon in Ordnung, mach dir keine Sorgen. Ich hoffe, dass sie nicht wieder losgehen, aber wir werden sehen. Wenn ich mich heute Nacht entspannen kann, wird es mir danach hoffentlich wieder gut gehen.«
Anna lächelte unbeholfen, aber ihre grünen Augen blickten ihn traurig an.
»Nimm dir doch etwas zu trinken, Liebling«, sagte der General, als er sie in Richtung Bar schob.
Dan beobachtete Anna, als sie geschmeidig durch den Raum schlenderte. Sie war von durchschnittlicher Größe und schlank und bewegte sich vollkommen ungezwungen, fast schwebend durch den Wohnbereich. Dabei war sie sich der Wirkung, die sie auf die Gäste ihres Vaters hatte, absolut nicht bewusst. Dan schüttelte den Kopf, als er bemerkte, dass Chris ihn angrinste, stellte aber im nächsten Augenblick fest, dass ihm der General mit dem Finger drohte.
»Vorher friert die Hölle zu«, knurrte der General verhalten. »Sie macht zuerst die Universität fertig.«
Dan hob kapitulierend seine Hand und versuchte ihn ganz unschuldig auszusehen. »General, ich habe wirklich keine Ahnung, wovon Sie sprechen.«
Er wurde nun zum Glück durch einen vertrauten Ruf, der durch das Haus schallte, gerettet. »Essen fassen!«
»Diese Frau«, sagte der General grinsend, während er seinen Kopf schüttelte, »hätte einen verdammt guten Staff Sergeant abgegeben.«
Dan leerte seinen Drink mit einem Schluck, stand auf und reckte sich. Dann bückte er sich kurz, um den Hund hinter den Ohren zu kraulen und folgte den anderen ins Speisezimmer.
***
Obwohl sein Bauch nach dem gewaltigen Abendessen immer noch mehr als voll war, öffnete Dan die Heckklappe seines Pick-ups und zog die schwere Metallbox mit den zerlegten Bombenteilen zu sich heran. Chris nahm den Griff auf der anderen Seite, und nachdem sie die Box von der Ladefläche gehoben hatten, trugen sie diese quer über den ausgedehnten Hof auf eine große Scheune zu.
Eine Seite der zweiflügeligen Tür stand halb offen. Dan und Chris schlüpften durch die Öffnung und inzwischen atmeten sie wegen des Gewichts des Metallbehälters bereits schwer. Sie gingen nun auf eine niedrige Werkbank zu, die an einer der Scheunenseiten stand und hoben die Box auf die Arbeitsfläche.
Dan streckte seinen Rücken durch und blickte sich dabei um. Die Scheune hatte früher auf der östlichen Seite Stallungen für Pferde enthalten, während auf der westlichen Seite die Sattelkammer und ein Büro untergebracht gewesen waren. Nachdem der General seine neue Aufgabe gefunden hatte, waren die Pferde sowie das Sattel- und Zaumzeug in Ställe umgezogen, die eine halbe Meile entfernt auf der anderen Seite des Haupthauses errichtet worden waren, und die Scheune hatte man anschließend in eine große, offene Werkstatt umgebaut.
An den Seitenwänden befanden sich jetzt Stahlregale und die Böden waren mit Metallteilen, Drähten und verschiedenen Kisten übersät, deren Inhalt man auf Etiketten an der Vorderseite notiert hatte. Ein Waffenständer, in dem verschiedene Gewehre hingen, war auf dem Boden festgeschraubt, während neben der Tür mehrere Werkbänke standen. Darunter auch die, die Dan und Chris benutzten, um ihre Untersuchungen an den neuen Sprengstoffvorrichtungen durchzuführen.
An einer weiteren Werkbank saßen zwei Männer, die gerade akribisch ein Sturmgewehr reinigten. Als Chris sich wieder auf den Weg zurück ins Haus machte, schlenderte Dan zu den beiden Männern hinüber, nickte und setzte sich dann ans Tischende.
»Noch mehr Spielzeug, Hatton?«, fragte er grinsend.
Der Ältere der beiden nickte kurz, wobei sein grau meliertes Haar im Schein der Deckenbeleuchtung silbrig schimmerte. »Ja.«
Dan sah sich die zusammengewürfelte Ansammlung von Pistolen auf dem Tisch an. »Wie lange warst du denn dieses Mal draußen, Steve?«
Der andere Mann schaute auf; sein jugendliches Alter wurde von den Jahren des Kampfes überschattet, was ein Blick in seine Augen sofort verriet. Sie hatten einen Ausdruck, den Dan aus eigener Erfahrung nur zu gut kannte.
»Sechs Monate. Der Einsatz wurde dieses Mal nicht verlängert«, antwortete er. »Ich bleibe jetzt erst mal für sechs Wochen hier, danach geht’s wieder los.«
»Und wo hast du das ganze Zeug gefunden?«, fragte Dan neugierig.
Hatton warf dem Mann neben sich einen schnellen Blick zu und schaute dann wieder Dan an. »Kann ich nicht sagen.«
Dan grinste. Er wusste verdammt gut, dass Marines die Tendenz hatten, von ihren Einsätzen Souvenirs mitzubringen, und die Männer vor ihm waren da keine Ausnahme. Er ging also davon aus, dass ein paar der Waffen letzten Endes in privaten Sammlungen enden würden.
Er drehte sich um, als ein Jeep schlitternd vor der Scheune zum Stillstand kam. Anna sprang heraus und rannte auf ihn zu.
Dan stand sofort auf und runzelte die Stirn. »Was gibt es denn?«
»Da ist ein dringender Anruf für dich«, sagte sie und reichte ihm ein Handy. »Er hat mir leider nicht verraten, wer er ist.«
Dan griff nach dem Telefon. »Hallo?«
»In Phoenix wartet ein Flugzeug darauf, dich nach London zurückzubringen«, sagte eine vertraute Stimme.
»Was ist denn passiert?«
»Das erkläre ich dir, wenn du hier bist. Was machst du denn gerade?«
»Ich arbeite mit General Collins.«
»Pack alles zusammen und übergib die Sachen den Leuten des Generals. Mach, was immer du machen musst. Hauptsache, du kommst so schnell wie möglich nach London zurück … du arbeitest jetzt für mich«, bellte David Ludlow ins Handy. Obwohl er inzwischen zum Leiter einer geheimen Dienststelle ernannt worden war, die man gegründet hatte, um die Sicherheit der Energiereserven des Vereinigten Königreichs zu schützen, verhielt er sich immer noch so wie damals, als er Dans Oberbefehlshaber in der britischen Armee gewesen war.
Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen. Dan starrte das Handy in seiner Hand an, während sein Herz in der Brust hämmerte.
Zeit, zu gehen.