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Die Verschärfung der Auseinandersetzung: Karl V. und Heinrich II. Die Neuausrichtung der französischen Politik vor 1552

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Heinrich II., der nach dem Tod Franz’ I. 1547 als dessen einzig noch lebender Sohn die Herrschaft antrat, hatte aus dem Verlauf des Konflikts zwischen seinem Vater und Karl V. wohl schon seit längerem die Schlussfolgerung gezogen, dass in der politischen Konzeption des Kaisers Frankreich nicht die Rolle eines gleichberechtigten Partners einnehmen konnte64. Von Anfang an deutete vieles darauf hin, dass er keine Verständigung mit dem Kaiser suchen, sondern die politische Gangart noch einmal deutlich verschärfen werde. Sein Verhältnis zu seinem Vater in dessen letzten Jahren war wie das zu seinem jüngeren Bruder Orléans von zahlreichen Spannungen getrübt gewesen – nach Orléans’ Tod hatte er die Annäherungsversuche seines Vaters zurückgewiesen und war den Einladungen zur Teilnahme am königlichen Rat nicht gefolgt. Gegen Karl V. hegte er eine aus den Tagen seiner Geiselhaft rührende tief sitzende persönliche Abneigung, über die der venezianische Gesandte urteilte, dass es keine Medizin gebe, um diesen Hass zu heilen, es sei denn der Tod oder der Ruin des Gegners65.

Der Herrscherwechsel des Jahres 1547 brachte viele Veränderungen am französischen Hof mit sich, unter denen die wichtigste der Sturz der Herzogin von Étampes und die Rückberufung Montmorencys an die Spitze des königlichen Rates war – Heinrich hatte dem Konnetabel auch während der Jahre seiner Ungnade demonstrativ seine Zuneigung bewahrt. Doch zeichnete sich rasch ab, dass Montmorency nicht mehr unbestritten den Rat und den königlichen Hof zu dominieren vermochte: In Heinrichs Umkreis waren die Brüder Guise aufgestiegen, die die zweite Generation eines in Frankreich ansässig gewordenen jüngeren Zweiges des lothringischen Herzogshauses darstellten66. Herzog Franz von Guise und sein jüngerer Bruder Karl, Erzbischof von Reims und Kardinal der römischen Kirche, genannt Kardinal von Lothringen, standen aufgrund der Interessen ihres Hauses in natürlicher Rivalität zum Konnetabel, was ganz bestimmte Folgen für die französische Außenpolitik hatte. Für die künftige antihabsburgische Strategie Frankreichs erwies sich etwa das von den Guise – die über ihre Vorfahren aus dem Haus Anjou Anspüche auf Neapel und Sizilien geltend machten – gegen den Willen des Konnetabels verfochtene militärische Engagement auf der Apenninenhalbinsel als richtungweisend, eine Option, für die im Übrigen auch die am französischen Hof zahlreich vertretenen „fuorusciti“, italienische Exulanten aus den unter habsburgischem Einfluss stehenden Territorien, wirkten67.

Für die französische Politik gegenüber Karl V. bedeutete der Herrschaftsantritt Heinrichs II. den Beginn einer über die letzten Ziele Franz’ I. weit hinausgehenden Phase der aktiven Auseinandersetzung, die sich in den Jahren 1551 und 1552 in Italien und parallel hierzu im Reich entfaltete68. Schon 1550 waren wieder intensive Kontakte mit Konstantinopel geknüpft worden, um die Möglichkeiten für einen türkischen Angriff auf Neapel zu sondieren. Etwa gleichzeitig fand das auf der Apeninnenhalbinsel seit längerem nur noch marginal präsente Frankreich hier wieder einen neuen Ansatzpunkt: Dieses Mal ging der Streit um die vom Kirchenstaat zu Lehen gehenden Herrschaften Parma und Piacenza, wo Papst Paul III. noch vor seinem Tod seinen Neffen Ottavio Farnese als Herzog eingesetzt hatte. Pauls Nachfolger Julius III. hatte im Verein mit dem Kaiser Farnese seiner Herrschaft zu entsetzen versucht, ihm Parma dann aber konzediert, während Karl V. Piacenza einbehielt. Im Winter 1550/51 nahm Heinrich II., für den Parma eine wertvolle Operationsbasis in Oberitalien bedeutete, Ottavio Farnese unter seinen Schutz. In den folgenden Verhandlungen versuchte die französische Diplomatie, Julius III. aus seiner bisherigen Verbindung zum Kaiser zu lösen und ihn zum Kristallisationspunkt einer Liga aller italienischen Staaten gegen Karl V. und für die „assurance de la liberté d’Italie“ zu machen. Dieses Ziel wurde zwar verfehlt, doch immerhin gelang es, dem Papst verschiedene Zugeständnisse abzuringen, unter anderem durch die unverhüllte kirchenpolitische Drohung eines gallikanischen Sonderweges nach englischem Vorbild: Julius III. stimmte einem Kompromiss Parma und Piacenza betreffend zu und erklärte sich darüber hinaus auch zur Suspension des vom Kaiser seit langem gewünschten und in Trient endlich zusammengetretenen Konzils bereit. Wenn auch nicht zu einer profranzösischen Parteinahme, ließ er sich doch zu einer neutraleren Haltung zwischen Kaiser und König bewegen.

WBG Deutsch-Französische Geschichte Bd. III

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