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Neue Konflikte und ein Friedensvertrag: Das Ende der Herrschaft Franz’ I.
ОглавлениеSomit war die kaiserlich-französische Entente zwei Jahre nach ihrem Zustandekommen am anscheinend unlösbaren Kernproblem Mailand gescheitert. Die unvermeidliche Umorientierung der französischen Politik auf einen neuen antikaiserlichen Kurs hin drückte sich in der rasch fortschreitenden Entmachtung Montmorencys aus, der den Angriffen seiner Gegner, unter denen sich des Königs Mätresse, die Herzogin von Etampes, der Kardinal de Tournon und der Kanzler Poyet mit ihrer jeweiligen Klientel befanden, nur mehr wenig entgegenzusetzen hatte: Obwohl er den Hof endgültig erst im Sommer 1541 verließ, um sich auf seine Domäne Chantilly zurückzuziehen, endete sein aktiver Einfluss auf die Außenpolitik spätestens mit dem Bekanntwerden von Philipps mailändischer Investitur.
Unter den neuen politischen Rahmenbedingungen musste es zunächst darum gehen, die alten Kontakte Frankreichs zu allen Kräften zu erneuern, die durch ihre eigenen Interessen in Gegnerschaft zu Karl V. und zum Haus Habsburg insgesamt standen. Doch zeigten alle Sondierungen, die in den Jahren 1541 und 1542 unternommen wurden, dass Franz I. in Europa weitgehend isoliert war. Der Papst, der für einen allgemeinen Türkenkrieg warb, war derzeit vom Kaiser nicht zu trennen. Die Verbindung zu den Mitgliedern des Schmalkaldischen Bundes hatte sich gelockert. In den Kriegsjahren 1537 und 1538 waren sie von Franz wegen eines Bündnisses noch heftig umworben worden, aufgrund der positiven Entwicklung der kaiserlich-französischen Beziehungen nach dem Treffen von Aigues-Mortes ging der König aber wieder auf Distanz und hielt sie schließlich sogar dazu an, einen Ausgleich mit dem Kaiser zu suchen. Diesen hatten sie im April 1539 auch gefunden, aber aus eben diesem Grund schieden sie jetzt als Verbündete für eine offensive Politik Frankreichs gegen den Kaiser aus. Ein innenpolitisches Element wirkte in das Verhältnis des Königs zu den Schmalkaldenern hinein: die kurz zuvor erfolgte Wiederaufnahme der Repressionen gegenüber den französischen Protestanten, die nur eine weitere Entfremdung zur Folge haben konnte50.
Allein Herzog Wilhelm von Jülich und Kleve, der 1537 auch von den Ständen des Herzogtums Geldern zum Nachfolger des kinderlosen Herzogs Karl von Egmond berufen worden war, bot sich im Reich jetzt noch als Stütze der französischen Politik an. Karl V. selbst hatte Anspruch auf die Nachfolge in der am östlichen Rand der Niederlande gelegenen Herrschaft Geldern erhoben, die den habsburgischen Territorialbesitz in der Region vorteilhaft abrunden konnte51. Äußeres Zeichen und dynastisches Unterpfand der im Juli 1541 geschlossenen Defensivallianz zwischen Frankreich und dem Herzog war die Vermählung Wilhelms mit der erst zwölfjährigen Jeanne d’Albret, einer Nichte des Königs aus der Ehe seiner Schwester Margarethe von Angoulême mit König Heinrich von Navarra. Neben dieser geldrischen Allianz schloss Franz I. noch zwei Bündnisse von vergleichsweise nachgeordneter Bedeutung, nämlich im November 1541 mit Dänemark und zu Beginn des Juli 1542 mit Schweden.
Von großer Bedeutung war es angesichts dieser nur schwer zu durchbrechenden Isolation Frankreichs, die Verbindungen zur Türkei wieder zu suchen und zu stärken. Schon im Oktober 1540 hatte sich die Gelegenheit zu diskreten Kontakten ergeben, als Frankreich zwischen dem Sultan und der Republik Venedig als Vermittler auftrat. Der Sultan, der König Ferdinand in Ungarn nach dem Tode des Gegenkönigs Johann Zapolya (1540) unter dem Vorwand zu bedrängen begann, die Interessen von dessen Sohn und Erben wahrzunehmen, sagte im März 1542 für eine französische Offensive gegen Habsburg effiziente Hilfe zu Wasser und zu Lande zu, an den ungarischen Grenzen ebenso wie in Unteritalien52.
Nachdem die Rüstungen im Grenzgebiet zum Reich schon im Frühjahr 1542 angelaufen waren, erklärte König Franz I. unter Berufung auf die seiner Krone vom Kaiser entfremdeten und vorenthaltenen Rechte Karl V. am 12. Juli 1542 neuerlich den Krieg. Die militärischen Operationen schlugen allerdings schnell zum Nachteil Frankreichs aus: Ein Angriff in den Pyrenäen und im Roussillon wurde von den Spaniern zum Stehen gebracht, und der Dauphin Heinrich, der dort die Hauptarmee führte, musste die Belagerung von Perpignan ergebnislos abbrechen. Eine türkische Flotte unter Kaireddin Barbarossa traf zwar im Juli 1543 vor der französischen Mittelmeerküste ein und trug erheblich dazu bei, dem Herzog von Savoyen die wenigen Territorien, die Frankreich 1536 nicht hatte besetzen können, abzunehmen. Doch blieb die immer noch in der Hand Savoyens befindliche Zitadelle von Nizza nach wie vor unbezwungen. Um die türkische Seestreitmacht vor Ort zu halten, musste Franz I. ihr schließlich auf Monate hinaus die Stadt Toulon überlassen, deren Einwohner mit ihrer beweglichen Habe auf königlichen Befehl auszogen – ein Vorgang, den die kaiserliche Propaganda auszunutzen wusste. Im Nordosten konnte eine vom Herzog von Orléans geführte Armee zwar zeitweilig Luxemburg einnehmen, verlor es aber bald wieder an die Kaiserlichen. Karl V. hingegen vermochte den ungeschützten Herzog von Jülich, Kleve und Geldern rasch zu besiegen und ihn alsbald – da die Ehe mit Jeanne d’Albret niemals vollzogen worden war – durch die Vermählung mit seiner eigenen Nichte dauerhaft aus der französischen Allianz herauszubrechen. Den schwersten Rückschlag für Franz I. bedeutete aber eine kaiserlichenglische Allianz, die im Februar 1543 abgeschlossen wurde. Die Freundschaft oder wenigstens wohlwollende Neutralität Englands war seit dem Vertrag von Moore von 1526 eine konstante Grundvoraussetzung aller antihabsburgischen Politik Frankreichs gewesen. Die Annäherung zwischen Franz I. und Karl V. nach dem Waffenstillstand von Nizza hatte Heinrich VIII. jedoch mit dem allergrößten Misstrauen verfolgt. Nachdem Papst Paul III. 1536 endgültig den Kirchenbann über ihn ausgesprochen hatte – französische Interventionen beim Heiligen Stuhl hatten ihn davor nicht schützen können –, ließ ihn die Furcht vor einem gemeinsamen Unternehmen der beiden mächtigsten katholischen Herrscher mit dem Ziel einer Rekatholisierung Englands nicht mehr los: Montmorency war nur einer weiteren Täuschung erlegen, als er die Auffassung vertrat, dass gute Beziehungen zu England auch angesichts der neuen Freundschaft mit dem Kaiser aufrechterhalten werden könnten. Aber auch Frankreichs Unterstützung für Schottland, die im Dezember 1542 zu einer förmlichen Allianz geführt hatte, beschleunigte die Entfremdung zwischen den einstigen Allierten53.Nun legten Karl V. und Heinrich VIII. als Bündnisziel fest, dass Franz I. zum Verzicht auf die Türkenallianz und zur Erfüllung ihrer jeweiligen Ansprüche auf Teile des französischen Territoriums gezwungen werden sollte.
Erst im Sommer 1544 waren die Verbündeten so weit, zu einem konzertierten Stoß von zwei Seiten her ansetzen zu können: Englische Truppen rückten in der Picardie vor, während eine kaiserliche Armee bis weit in die Champagne hinein, auf die Höhe von Épernay und Chateau-Tierry, vorstieß und damit Paris bedrohte, wo die Bürger aus Furcht vor den herannahenden Feinden in Scharen die Stadt verließen54. Bereits zu Beginn dieser Invasion hatte Franz I., der aus Sorge, im Fall einer Niederlage die Hauptstadt jeden Schutzes zu entblößen, seine Reserven nicht gegen den Kaiser riskieren wollte, nach beiden Seiten hin Friedensmöglichkeiten ausgelotet. Bei Heinrich VIII. war er auf Ablehnung gestoßen. Karl V. hingegen, der schwer an den Kosten des französischen Feldzugs trug und auf die Situation im Reich zu achten hatte, hatte sich weniger verschlossen gezeigt. Seit Anfang September 1544 waren die Kontakte verstärkt worden. Am 19. des Monats unterzeichnete Franz, den tags zuvor die Nachricht von der Einnahme Boulognes durch die Engländer erreicht hatte, schließlich einen Vertrag mit dem Kaiser, der in die Überlieferung als der Frieden von Crépy eingegangen ist. Nur ein Teil der Vereinbarungen war öffentlich: Sie bezogen sich auf französische Verpflichtungen zur Hilfeleistung gegen die Türken, auf die gegenseitige Rückgabe aller seit dem Waffenstillstand von Nizza gemachten Eroberungen, auf die Restitution des Herzogs von Savoyen und den Verzicht auf alle französischen Ansprüche auf dessen Lande sowie, in einer unausgesprochenen Wiederaufnahme der Bestimmungen von Madrid und Cambrai, auf den Verzicht auf die Lehnshoheit über Flandern und Artois und die italienischen Ansprüche der Krone Frankreich. Der Kaiser entsagte im Gegenzug allen zu Beginn des Kriegs wiederbelebten Ansprüchen auf das Herzogtum Burgund. Schließlich wurde eine eheliche Verbindung zwischen den Häusern Habsburg und Valois verabredet: Karl V. wollte dem Herzog von Orléans entweder seine Tochter Maria mit den Niederlanden und der Freigrafschaft Burgund oder Anna, die Tochter seines Bruders Ferdinand, mit dem Herzogtum Mailand als Morgengabe zur Frau geben und behielt sich vor, die Wahl zwischen beiden Möglichkeiten nach einer mehrmonatigen Bedenkzeit zu treffen. Orléans sollte von Franz I. zusätzlich noch mit drei französischen Herzogtümern, nämlich Bourbon, Châtellerault und Angoulême, ausgestattet werden. Neben diesen Bestimmungen wurde eine geheime Zusatzvereinbarung getroffen, die Franz I. verpflichtete, sich für ein allgemeines Konzil zur Beseitigung der religiösen Spaltung einzusetzen und den Kaiser gegen die deutschen Protestanten zu unterstützen – mit allen hierzu notwendigen Mitteln, seien sie friedlich oder kriegerisch. Dies bedeutete, dass die französische Politik zwei ihrer wesentlichen Grundlinien aufgab: die Nutzung des antikaiserlichen Potenzials, das die Protestanten im Reich darstellten, und seinen bisherigen Widerstand gegen ein allgemeines Konzil. Sosehr Karl V. Letzteres auch immer angestrebt hatte, so wenig entsprach seine tatsächliche Einberufung unter der Führung des Kaisers französischem Interesse: Ein solches Konzil barg Risiken für Frankreichs staatskirchliche Privilegien, und es konnte dem Kaiser nur dazu verhelfen, seine Führungsrolle in der christlichen Staatenwelt zu unterstreichen.
Aus der Sicht Karls V. war Crépy nochmals der Versuch, den Zwist mit seinem alten Rivalen endgültig beizulegen und Frankreich in eine umfassende und von einer bestimmten Vision der kaiserlichen Aufgaben gespeiste Konzeption einzubinden – die Präambel des Vertragswerks, die von einem „guten und immerwährenden Frieden“ sprach, ist in diesem Zusammenhang zu verstehen55. Gleichzeitig hatte er die Gegebenheiten am französischen Hof – über die er durch seine Schwester, die Königin Eleonore, ausgezeichnet informiert war – geschickt ausgenutzt: Vor allem der Herzog von Orléans, der mit dem Dauphin im Streit lag und sich nichts mehr als eine eigene Herrschaft wünschte, musste für diesen Frieden leicht zu gewinnen sein. Die zusätzliche Ausstattung mit reichen französischen Territorien konnte dem Königreich künftig Substanz entziehen und nach dem Tode Franz’ I. höchstwahrscheinlich eine für Habsburg günstige Rivalität zwischen dessen Nachfolgern und der Linie des Herzogs von Orléans am Leben erhalten.
In Frankreich wurde der Frieden dementsprechend geteilt aufgenommen. Der Dauphin, der von einer Umsetzung der Bestimmungen am meisten zu fürchten hatte, weil er wieder mit der Eventualität einer nicht kontrollierbaren jüngeren Linie mit eigener Machtbasis konfrontiert wurde, legte umgehend Protest gegen den Vertrag ein56. Auch die Parlamente von Paris und Toulouse machten Vorbehalte gegen den Vertrag geltend57.
Indessen hatte Franz es mit der Erfüllung der meisten Vertragsbestimmungen, und vornehmlich mit dem Abzug aus Savoyen und Piemont, keineswegs eilig. Ein Jahr nach dem Friedensschluss, kurz nachdem der Kaiser seine Entscheidung mitgeteilt hatte, seine Nichte Anna als Heiratskandidatin zu präsentieren und ihr Mailand als Morgengabe mit in die Ehe zu geben, brachen im September 1545 durch den Tod des Herzogs von Orléans plötzlich die Grundlagen des Abkommens weg. Dass Franz I. gleich dem Kaiser in diesem wohl mehr gesehen hat als einen nur durch die Not diktierten Vertrag, sondern eine Basis für einen Neuanfang, könnten die Worte belegen, die er dem Bericht des kaiserlichen Botschafters zufolge beim Empfang der Todesnachricht über seinen Lieblingssohn gesagt haben soll: Er bezeichnete ihn als den Fürsten, „durch den die Christenheit in dauerhafter Ruhe hätte verharren und Frieden und Eintracht unter den Herrschern hätte erhalten werden können“58.
Der Tod des Herzogs von Orléans hatte in der Tat die einzig noch mögliche dynastische Kombination zunichte gemacht, die den französisch-habsburgischen Gegensatz hätte entschärfen können. Doch es kam noch nicht sofort zu einer erneuten Umorientierung der französischen Politik: Neue Eheprojekte wurden von Franz I. unter dem Einfluss des Kardinals de Tournon erwogen. Das wichtigste von ihnen sah eine Heirat seiner Tochter Margarethe mit Karls Sohn Philipp vor. Der Kaiser verschloss sich diesem Gedanken nicht von vornherein, doch liefen sich die Verhandlungen wieder einmal an den Fragen des weiteren Schicksals Mailands und des französischen Rückzugs aus Savoyen tot. Darüber hinaus stießen sie in der Umgebung des Königs auf den entschiedenen Widerstand einer erstarkenden Hofpartei, die von der Herzogin von Étampes angeführt wurde und zur Konfrontation mit dem Kaiser neigte59.
Der Krieg mit England hatte unterdessen angedauert und 1545 sogar zu einem erfolglosen Landungsversuch einer französischen Armee auf der Insel geführt. Alle Verhandlungen waren bis jetzt an Heinrichs VIII. festem Willen, Boulogne zu behalten, auf der einen und an Franz’ fortgesetzter Unterstützung für die Schotten auf der anderen Seite gescheitert.
Neue Perspektiven ergaben sich durch einen Wandel der Situation im Reich, wo die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes wieder in stärkeren Gegensatz zum Kaiser gerieten60. Im Herbst 1545 versuchte der Bund, der dringend englische und französische Hilfe benötigte, zwischen beiden Mächten zu vermitteln, doch scheiterten die im November schließlich begonnenen Friedensgespräche von Calais daran, dass sowohl Heinrich wie Franz sich insgeheim Hoffnungen hingaben, ein Bündnis mit dem Kaiser zuwege zu bringen. In Frankreich war die Vermittlungsaktion der deutschen Protestanten darüber hinaus auf den Widerstand der orthodoxen Katholiken um den Kardinal de Tournon gestoßen61.Im Juni 1546 verständigten sich Franz und Heinrich angesichts ihrer schwindenden Reserven im nordfranzösischen Ardres dann aber doch noch auf eine Übereinkunft, die vorsah, dass Boulogne gegen 2 Mio. écus an Frankreich zurückfallen sollte. England behielt sich bis zur Entrichtung der Summe – und bis zur Auszahlung von aus früheren Verträgen resultierenden Pensionen in Höhe von weiteren ca. 500.000 écus – die Verfügung über die Stadt vor. Es sicherte dafür zu, nichts gegen die Schotten zu unternehmen.
Schon bevor diese Einigung zustande kam, nämlich bereits Anfang 1546, war es zu neuen Initiativen der Schmalkaldischen Liga wegen eines Bündnisses mit Frankreich gekommen. Der König hatte das Angebot mit großer Zurückhaltung aufgenommen, die Tür dann aber doch einen Spalt weit offen gelassen und die Möglichkeit von Subsidiengewährung und des Abschlusses einer Defensivallianz, der allerdings auch England beitreten sollte, nicht ausgeschlossen. Von Emissären des französischen Hofes hatten die Schmalkaldener allerdings weitere sehr ermutigende Signale erhalten, bis hin zum Entwurf eines vom König angeblich gebilligten Projektes einer Offensivliga, das sogar eine neue Kaiserwahl im Anschluss an ein gemeinsames militärisches Vorgehen vorsah – ein Projekt, das von Franz I. merkwürdigerweise kurz darauf wieder desavouiert wurde. Beim gegenwärtigen Stand der Forschung lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, wer der Urheber dieser Initiative war: Nicht auszuschließen ist, dass sie ohne das Wissen des Königs von kriegsbereiten Fraktionen am Hofe, wie sie sich um die Herzogin von Étampes, aber auch um den Dauphin gebildet hatten, ausgegangen ist, um Frankreichs Eingreifen an der Seite der deutschen Protestanten zu erzwingen62. Der alternde und zunehmend von Krankheit gezeichnete Franz I. selbst hat, teils vielleicht in der Hoffnung auf eine Übereinkunft mit Karl V., teils wegen des andauernden Konflikts mit England und schließlich wohl auch wegen der übernommenen finanziellen Lasten, die aus dem Rückkauf von Boulogne resultierten, wohl lange zwischen den einzuschlagenden Wegen geschwankt. Zu Beginn des Jahres 1547 mehrten sich allerdings die Anzeichen dafür, dass er wieder auf seine alten kriegerischen Wege zurückzukehren gedachte: Befestigungsarbeiten in der Champagne und in der Picardie, Truppenwerbungen bei den Eidgenossen und diplomatische Vorstöße in Konstantinopel wiesen in diese Richtung; auch den sächsischen Kurfürsten ermutigte er, den zwischen dem Kaiser und den Schmalkaldenern ausgebrochenen Krieg fortzusetzen – ohne freilich konkrete Hilfe in Aussicht zu stellen63. Die entscheidende Niederlage des Schmalkaldischen Bundes bei Mühlberg am 24. April 1547, die Karl V. zum unbestrittenen Herrn im Reich machte, erlebte Franz bereits nicht mehr: Am 31. März 1547 ist er, nur zwei Monate nach seinem langjährigen Alliierten und schließlichen Feind Heinrich VIII. von England, gestorben. Drei Jahrzehnte lang hatte unter seiner Herrschaft die französische Politik gegenüber Karl V. zwischen den Extremen härtester Konfrontation und beachtlicher Kompromissbereitschaft geschwankt – einer Kompromissbereitschaft, die von der kaiserlichen Politik durchaus geschickt ausgenutzt worden war. Des Königs eigenes Handeln war gewiss nicht frei von Inkonsequenzen gewesen, seine Beeinflussbarkeit und seine Schwäche im Umgang mit ihm nahe stehenden Personen stehen außer Frage. Aber die objektiven Umstände, mit denen seine Außenpolitik es zu tun gehabt hatte, waren komplex und alles andere als einfach zu bewältigen gewesen. Es scheint, als hätte ein Einlenken Karls V. in der mailändischen Frage, die für Franz I. mehr und mehr zum Schlüssel der französisch-kaiserlichen Beziehungen geworden war, den Dingen eine andere Wendung zu geben vermocht. Das Ausbleiben einer Einigung gerade in diesem Punkt musste auf französischer Seite am Ende freilich die Erkenntnis fördern, dass ein dauerhafter Frieden nur möglich war, wenn der König von Frankreich sich mit einer deutlich untergeordneten Rolle in der Christenheit begnügte – eine Alternative, die weder Franz I. in Betracht zu ziehen geneigt war, noch sein Nachfolger, der nun eine neue Phase der französisch-habsburgischen Auseinandersetzung einleiten sollte.