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Zwielicht, TEIL 1: Antworten en gros

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Dürfen private und andere Bäume von Rechts wegen eigentlich „einfach so“ in den Sicherheitsbereich einer oder mehrerer gut bestückter Mobilfunkanlagen hineinreichen?

Diese Frage sollte sich jeder mittelbare oder unmittelbare Anwohner stellen, der entweder kleine „Klettermaxe“ oder große Gärtner in seiner Familie hat – oder sogar selbst gern eines von beidem wäre.

Der „Sicherheitsbereich“ eines stationären Funkstandortes ist bestimmt durch die zum Beispiel im Internet unter www.Bundesnetzagentur.de in einer digitalen Deutschlandkarte einsehbaren Sicherheitsabstände (Suchbegriff: EMF-Karte [EMF=Elektro-Magnetische Feldstärken]). Davon gibt es immer zwei: einen in vertikaler und einen „in Hauptstrahlrichtung“, was beim Mobilfunk nichts anderes heißt als: in horizontaler Richtung. Der aus diesen beiden Abstandsmaßen gebildete Sicherheitsbereich rund um die Funkanlagen sollte, so will es die Politik, für die Allgemeinheit unzugänglich sein. Dieser sogenannte Sicherheitsbereich ist also nicht wirklich sicher, sondern der eigentliche, in der Regel hoch in der Luft angesiedelte Gefahrenbereich eines Mobilfunk-Standortes.

Es ist leider eine der häufigsten Unarten in Deutschland, Funkantennen einfach so auf vorhandene (Wohn-)Häuser zu pflanzen, ganz besonders dann, wenn es sich um Häuser von verhältnismäßig geringer Höhe wie bei dem hier diskutierten Göttinger Schlichtwohnheim Kesperhof 16 handelt. Der Grund für diese Unart war und ist meist wirtschaftlicher Natur, denn derartige „Hausinstallationen“ benötigten zumindest in der Vergangenheit außer der von der zuständigen Netzagentur ohne größeres Hin und Her erteilten, sogenannten Standortbescheinigung keine weiteren behördlichen Genehmigungen – ganz im Gegensatz zu freistehenden Funkmasten, für die in jedem Einzelfall eine formelle Baugenehmigung beantragt werden muss.

Erst seit dem Jahr 2013 ist die Standortwahl auch bei „rein privaten“ Hausantennen in die Mitverantwortung der jeweiligen Kommune übergegangen. Es bleibt zu hoffen, dass es dadurch auf lange Sicht zu einer nachhaltigen Besserung für die Anwohner kommt, was die Ortswahl und technische Ausführung neuer Funkanlagen betrifft.

Doch nun zurück zu der eingangs gestellten Frage nach privaten Bäumen im unmittelbaren Funkfeuer: Sie beschäftigte mich von dem Moment an, an dem der von uns selbst gepflanzte Amberbaum anfing, in unserem Garten hinterm Haus neue Wurzeln auszubilden, und wir – meine Frau und ich – nahezu zeitgleich darüber informiert wurden, dass der benachbarte Funkstandort zum wiederholten Mal um einige Antennen erweitert werden sollte.

Aus den Zahlenangaben der Standortbescheinigung, die uns die zuständige Bundesnetzagentur als unmittelbar betroffenen Anwohnern freundlicherweise auf Anfrage zugesandt hatte, hätten wir eigentlich die (für uns) sichere Höhe über unserem Grundstück nach folgender Formel berechnen können müssen:

Montagehöhe der Bezugsantenne über Grund“ (13,91 Meter) minus „vertikaler Sicherheitsabstand“ (2,32 Meter) gleich 11,59 Meter.

Nach den auch im Internet angezeigten Angaben der Standortbescheinigung sollte unser Gartenbaum also 11,59 Meter hoch werden können, bevor die Gefahr bestand, dass seine Spitze in den bereits erwähnten „Sicherheitsbereich“ hineinragen würde, in dem Überschreitungen der für die Allgemeinheit geltenden gesetzlichen Grenzwerte von Amts wegen nicht mehr sicher ausgeschlossen werden konnten. Eine der drei Zahlenangaben in dieser auch von der Behörde verwendeten Formel war aber nachweislich falsch und der Abstand zwischen dem Sicherheitsbereich und unserem Gartenboden daher in Wahrheit geringer als nach den amtlichen Angaben anzunehmen. Doch das erfuhren wir – obwohl unmittelbar betroffen – erst viel später im laufenden Gerichtsverfahren!

Anfang 2016 war der frisch gepflanzte Amberbaum kaum mehr als einen Meter hoch. Speziell unsere aus Nordamerika stammende Unterart ist jedoch recht wuchsfreudig und zeichnet sich auch in unseren Breiten durch einen beachtlichen Riesenwuchs aus: Bei bis zu einem halben Meter Höhenzuwachs pro Jahr sind zehn, zwölf Höhenmeter schnell erreicht.

Daher legte ich – fristgerecht und ohne lange zu zögern – bei der Bundesnetzagentur Widerspruch gegen die zuvor erteilte Standortbescheinigung ein. Daraufhin erhielten mein Rechtsanwalt und ich die folgende Antwort der oberen Bundesbehörde auf die von uns gestellte „Baumfrage“:

Mobilfunk kommt, der Rechtsstaat geht

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