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Ein selbsternannter Experte

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Dann bist du halt der Handwerker!“

Auskunft beim Bier

Wie zuvor schon der Widerspruch, zog sich auch das Gerichtsverfahren schier endlos in die Länge. Erst am 6. Juni 2019, volle zwei Jahre nach Erteilung der „streitgegenständlichen“ Standortbescheinigung, fand endlich die urteilstiftende Gerichtsverhandlung statt. Merkwürdigerweise ganz und gar ohne meinen Rechtsanwalt und mich:

Am nämlichen Tag sitze ich abends mit Freunden und Bekannten beim gemeinsamen Bier am allmonatlichen Stammtisch, als mich plötzlich einer aus der Runde – nennen wir ihn hier einfach mal „Klaus“ – anspricht und sofort meine volle Aufmerksamkeit hat:

Sag mal, Rainer, weißt du eigentlich, dass heute die mündliche Verhandlung deiner Klage stattgefunden hat?“

Fast fällt mir das halbvolle Bierglas aus der Hand. Ungläubig frage ich zurück – nein, ich frage nicht, laut prustet es aus mir heraus:

Wie bitte!?“

Ja, heute Nachmittag war deine Gerichtsverhandlung: Ich bin hingegangen, weil mich das Thema interessierte.“

Vollkommen unbewegt bringt Klaus diese für mich geradezu markerschütternde Schreckensnachricht heraus. Mir stockt sofort der Atem, und ich antworte nur mit Mühe:

Heute? Machst du Witze?“

Nein: Außer Telefónica waren alle da und haben sich sehr gewundert, wo DU eigentlich abgeblieben bist. Dein Rechtsanwalt ist übrigens auch nicht zur Verhandlung erschienen!“

Im Nu verschwindet alles um mich herum hinter einem undurchsichtigen weißen Nebel. Nur den Klaus, der mich fragend anschaut, nehme ich noch wahr:

Mensch Klaus, nun sag schon, wie wurde entschieden?“

Ich weiß es nicht genau, aber ich denke, sie werden deine Klage wohl abweisen...“

Mein Hirn steht so unter Volldampf, dass ich fast hören kann, wie es in meinem Kopf rumort:

Das darf doch überhaupt nicht wahr sein! Was ist denn mit den Funkanlagen, gegen die ich geklagt habe, und unserem Gartenbaum? Was soll ich bloß machen, wenn dieser Baum größer und größer wird und irgendwann einmal beschnitten werden muss? Mit absoluter Sicherheit wird seine Krone später einmal da angekommen sein, wo nach den eigenen Berechnungen der Netzagentur Grenzwertüberschreitungen zu erwarten sind!“

Macht aber nichts, wenn private Bäume in die Sicherheitsabstände hineinragen: Handwerker dürfen da ja trotzdem rein!“

Das Geld für Handwerker wollten wir, meine Frau und ich, uns eigentlich sparen. Ich wollte unsere Bäume gern selber pflegen – so wie ich’s bisher immer gemacht habe!“

Ganz klar, ist trotzdem kein Problem!“

Warum das? Ich darf in den Sicherheitsbereich der drei Funkanlagen von nebenan hineinklettern, obwohl der für die Allgemeinheit per Rechtsverordnung eigentlich gesperrt sein soll?“

Ja, so ist es: Wenn du dir ‘ne Leiter nimmst und in den Baum hinaufsteigst, dann bist du halt selbst der Handwerker! Rein rechtlich gesehen...“

Mir fiel erneut die Kinnlade runter: Okay, der Sicherheitsbereich war für die Allgemeinheit gesperrt, nur (geschulte!) Handwerker durften da hinein. Und wenn doch einer aus der Allgemeinheit da hineingeriet, dann war er mit einem Mal ein „geschulter“ Handwerker – rein rechtlich gesehen? Was war denn das für ein kompletter Unsinn!?

Doch Klaus hatte keinesfalls zu viel gesagt, der Original-Ton des Gerichts war um kein Stück besser:

Mobilfunk kommt, der Rechtsstaat geht

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