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Wir dachten damals auch über einen Schülerstreik nach. Das hatten Schüler bisher am hiesigen Gymnasium noch nie fertiggebracht. Lange Zeit über konnten wir uns allerdings nicht auf einen Termin einigen. Eine geplante Klassenarbeit unseres Chemielehrers, die uns schwierig erschien und auf die wir, insbesondere ich, nicht vorbereitet waren, gab uns den letzten Schubs und spontan riefen wir den Schülerstreik aus. Wir verließen mitten am Vormittag einfach das Schulgebäude und baten um „Asyl“ bei dem evangelischen Pfarrer. Dieser stellte uns spontan für den Streik den Gemeindesaal zur Verfügung. Ich rechnete es meinen Mitschülern hoch an, dass sich alle an dem Streik beteiligten und sich solidarisch erklärten. Ich erinnere mich noch an die hochroten Gesichter unserer Zwillinge, zwei Mädchen einer bekannten Meßkircher Unternehmerfamilie, die es sichtlich Überwindung gekostet hat, da mitzumachen.

Der Südkurier berichtete sogar in seiner Ausgabe vom 17. April 1970 über unseren Streik:

Seit gestern streikt die Meßkircher Unterprima

Fünfunddreißig Schüler der Unterprima und Obersekunda des Meßkircher Gymnasiums haben sich dem Streik der Oberschüler im Land angeschlossen. Sie haben sich, da sie nicht in ihre Klassenräume können, im Paul-Gerhard-Saal zusammengefunden. Sie streiken, weil sie glauben, dass der Numerus Clausus verfassungswidrig ist, und dass bisher zu wenig Anstrengungen unternommen wurden, ihn zu beseitigen. Ausdrücklich erklären die Schüler, dass der Streik von keiner Partei inspiriert ist. Auch richte er sich gegen keine politische Partei.

Der Numerus Clausus ist ein Fehler, der allen maßgebenden Institutionen und Personen anzulasten sei, sagten sie. Wie im Paul-Gerhard-Saal, wohin der Pressevertreter eingeladen wurde, festzustellen war, handelt es sich um keinen passiven Streik, sondern um einen aktiven. Die Schüler erarbeiten in Gruppen eine Reihe von Themen, die sie sich im Zusammenhang mit dem Streikgrund selbst stellten: Schulprobleme, Numerus Clausus, die Probleme der gegenwärtigen Bildungspolitik und die Demokratisierung des Schulwesens.

Es muss als sehr positiv bezeichnet werden und widerlegt jedes Gerücht, die Oberschüler benutzen die drei Tage des Streiks zum Faulenzen, zu einem verlängerten Wochenende oder sogar zum Herumtreiben in Gaststätten.

Jakobsweg ist jeden Tag

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