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2.4.2 Was sind und was tun Schemata?

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Eine Person weist jeweils eine Vielzahl von Schemata, also von »Überzeugungssystemen«, Annahmen u.ä., auf. Viele davon sind hoch funktional und ermöglichen ein gutes psychisches Funktionsniveau.

Es gibt jedoch auch eine Anzahl dysfunktionaler Schemata, die einer Person Probleme bereiten. Dysfunktionale Schemata führen zu dysfunktionalen Informationsverarbeitungen, ungünstigen Entscheidungen, problematischem Handeln und damit zu hohen persönlichen Kosten.

Wenn eine Person z. B. ein Selbst-Schema der Art hat »Ich bin nicht kompetent.«, »Ich kann Probleme nicht lösen.«, dann wird sie

• Leistungssituationen nicht als Herausforderungen, sondern als Bedrohungen interpretieren,

• Tendenzen haben, solche Situationen zu vermeiden,

• sich selbst in vielen Situationen nur wenig zutrauen,

• sich durch Zweifel, Grübeln usw. stark selbst behindern.

Dysfunktionale Schemata sind damit die Hauptursachen für eine Beeinträchtigung einer gut funktionierenden Selbstregulation (Sachse, 2020b). Sie führen zu

• ungünstigen Interpretationen von Situationen,

• zu Vermeidungsverhalten,

• zu ungünstigen Entscheidungen,

• dazu, eigene Ziele zu sabotieren,

• zu Verhalten, das das Schema immer wieder scheinbar bestätigt (»selbsterfüllende Prophezeiungen«).

Sie sind damit ein zentraler therapeutischer Ansatzpunkt.

Viele Probleme von Personen gehen auf ungünstige dysfunktionale Schemata zurück. Auf ein Schema wie »Ich bin ein Versager« (mit allen weiteren Implikationen, s. u.) kann Prüfungsangst zurückgehen und auf ein Schema »Ich bin unattraktiv.« (mit allen weiteren Implikationen, s. u.) kann zurückgehen, dass sich zwar jemand einen Partner wünscht, sich aber nie traut, die Initiative zu übernehmen, weil er mit Ablehnung rechnet und Angst davor hat, die Zurückweisung könnte seine negativen Annahmen auch noch bestätigen.

Jede PD weist ihre ganz spezifische Art von Schemata auf (wobei auch hier die genauen Schema-Inhalte idiosynkratisch sind) und diese erzeugen dann ganz spezifische Arten von Problemen.

Schemata sind organisierte Strukturen von Inhalten, die sich durch Erfahrungen und Schlussfolgerungen aus Erfahrungen bilden und deren Aktivierung aktuelle Verarbeitungsprozesse (stark) beeinflusst. Man kann diese Inhalte als Annahmen (über sich selbst, über die Realität usw.) oder als Überzeugungen bezeichnen. Unterschiedliche Arten von Schemata weisen unterschiedliche Arten von Annahmen auf.

Schemata werden durch aktivierende Stimuli (»bottom up« – von unten nach oben) aktiviert (getriggert) und steuern dann (»top down« – von oben nach unten) die Informationsverarbeitung der Person. Dabei können Schemata alle Arten der Informationsverarbeitung beeinflussen: Situationsinterpretationen, Interpretationen der persönlichen Relevanz, der Coping-Fähigkeiten usw. Schemata können somit auch die Emotionsgenese in hohem Maße beeinflussen. Auf diese Weise beeinflussen Schemata Schlussfolgerungen, Ziele, Entscheidungen und letztlich in hohem Maße Handlungen.

Diese automatische Aktivierung bedeutet u. a.,

• dass eine Person eine Schema-Aktivierung nicht willentlich herbeiführen kann. Sie kann sich allerdings relevante Situationen konkret vorstellen, die fast immer entsprechende Schemata aktiviert: Dies ist die Methode, mit der Therapeuten im Prozess Schemata aktivieren;

• dass eine Person aber eine Schema-Aktivierung auch so gut wie gar nicht unterdrücken oder kontrollieren kann;

• dass die Person sogenannte »automatische Gedanken« hat, also Gedanken, die sie nicht willentlich erzeugt hat, die sie meist gar nicht denken will (weil sie unangenehm sind), die sie unter Umständen auch rational für falsch oder absurd hält und die sie als aufdringlich oder »intensiv« empfinden kann.

Dies ist für Therapeuten wichtig, denn ein Therapeut weiß, dass ein Schema aktiviert ist, wenn Klienten solche Arten von Gedanken berichten.

Man kann bei Schemata also unterscheiden zwischen Inhalte des Schemas (Welche Arten von Annahmen usw. weist das jeweilige Schema auf?) und Funktion des Schemas (Was genau tut ein Schema, wie wird es aktiviert und wie beeinflusst es weitere Prozesse?).

Psychotherapie von Persönlichkeitsstörungen

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