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Als Katholik irischer Herkunft und Abstammung, als Sohn eines Schürzenjägers und Millionärs, der in der Prohibition mit Hilfe der Mafia und durch Alkoholschmuggel und Schwarzbrennerei sein Vermögen gemacht hatte, wurde ich im Alter von 43 Jahren der 35. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.

Ich begriff, dass es weniger eine Sache des Charakters und der Bildung, sondern vielmehr eine Sache des privaten Vermögens und des wirtschaftlichen Einflusses war, Präsident dieses Landes zu werden. Alle Präsidenten waren bereits vor Antritt ihres Amtes wohlhabend und einflussreich gewesen. Wären sie dies nicht gewesen, hätten sie das Amt nicht erringen können.

Es lohnte nicht, darüber nachzudenken, warum es zu den Grundfesten und den Grundregeln der amerikanischen Demokratie gehörte, dass nur ein Reicher Präsident werden konnte, indem er sich das Amt praktisch dadurch erkaufte, indem er die eine Hälfte der Wähler bestach und die andere Hälfte dadurch beeindruckte, indem er ihre Sorgen und Nöte, die ihm im Grunde ganz egal waren, aufschnappte und zu seiner eigenen Sache machte, indem er sein Privatvermögen darauf verwandte, unermüdlich durchs Land zu reisen und dem Volke nach dem Munde zu reden.

Ein gebildeter und redlicher armer Schlucker hatte gar keine Chance, jemals auch nur in die Nähe des Präsidentenamtes zu gelangen, da ihm die Mittel dazu fehlten. Sicherlich, Grant war kein Millionär gewesen und auch Eisenhower nicht. Aber diese Beiden waren doch immerhin äußerst einflussreich. Und diesen Einfluß konnten sie wiederum darauf verwenden, reiche Mäzene und Gönner zu gewinnen.

Auch Lincoln war nicht reich gewesen. Aber dies waren damals andere Zeiten. Und er hatte von den Indianerkriegen und seiner Freimaurerei profitiert.

Ich hingegen profitierte von Dads Vermögen und von seinen guten Beziehungen zum organisierten Verbrechen in ganz Nordamerika.

Ich profitierte von der immensen Angst der Leute, dass die Russen uns in jeder Hinsicht überholen und eines Tages womöglich überfallen könnten, dass Eisenhower zu alt und zu schwach sei, um dies noch wirksam zu verhindern.

Ich profitierte von meiner Jugend, die die Mächtigen und die Hardliner im Lande zu der Annahme veranlasste, ich sei Wachs in ihren Händen und ließe mich lenken, wie eine Marionette.

Ich profitierte von meinem guten Aussehen, von meiner attraktiven Frau und von all den eloquenten Reden, die sie mir schrieben.

Ich profitierte von der Sympathie all der amerikanischen Frauen, die mich entweder beschützen oder heiraten wollten.

Ich profitierte vom Genie und Organisationstalent und vom Gespür meines Bruders Bobby. Ich profitierte sogar von Joes Tod über dem Ärmelkanal.

Dad zwang mich, Bobby zum Justizminister in meinem Kabinett zu machen. Nach zwei oder drei Amtsperioden sollte dann Bobby um die Präsidentschaft kandidieren und ich wäre sein Außenminister geworden. Nach einigen Amtsperioden, die Bobby als Präsident verbracht hätte, sollte schließlich Ted als Präsidentschaftsanwärter aufgebaut werden. So sahen Dads dynastische Ambitionen aus.

Bobby wurde mein engster Berater und Vertrauter. Einen Stabschef für das Weiße Haus ernannte ich bewußt nicht.

Auf diese Weise schuf und organisierte ich im innersten Kreis des Weißen Hauses ein Machtvakuum.

Alle, die ich im West Wing um mich scharte, hatten bereits seit längerer Zeit für mich gearbeitet und waren im Grunde Personen meines Vertrauens.

Dazu zählte zunächst Larry O’Brien als mein Verbindungsmann zur amerikanischen Legislative. Ted Sorensen schrieb meine Reden und war für Programmatisches und sämtliche Planungen zuständig. Pierre Salinger wurde mein Pressesprecher, Kenneth O’Donnell mein Terminkoordinator, wobei ihn David Powers nach Kräften unterstützte. Als Chefsekretärin behielt ich vernünftigerweise Evelyn Lincoln bei, die diese Funktion ja bereits seit 1953 für mich ausübte, seitdem ich in den Senat gewählt worden war.

McGeorge Bundy wurde mein Sicherheitsberater. Dies waren jene Mitarbeiter, mit denen ich mich im beengten West Wing umgab und die den direkten Zugang zum Oval Office hatten. Fernab von uns und wie auf einem anderen Stern, residierten weitere Mitarbeiter in den Büros und Räumen des Ostflügels des Weißen Hauses.

Da jeder neue Präsident stets eine Menge neuer Posten zu besetzen hat, was gewöhnlich mit Personen aus dem eigenen Umfeld geschieht, überließ ich meinem Schwager Sargent Shriver die Vorauswahl in Bezug auf diese Personen, die ein Amt erhalten sollten.

Da ich unbedingt mit den liberalen Kreisen von Washington in direktem Kontakt bleiben wollte, wählten wir direkt aus ihrer Mitte den Harvard-Professor Schlesinger zu meinem Berater. Um die Einheit mit den Republikanern herzustellen, erschien es uns sinnvoll, einen Republikaner in die wichtige Position des Finanzministers zu berufen. Daher wurde der Banker Douglas C. Dillon mein Finanzminister.

Um ihn allerdings auszuhebeln und ein Patt zu schaffen, ernannte ich Walter Heller zum Vorsitzenden des Council of Economic Advisers.

Als Außenminister benannte ich Dean Rusk, den Bobby und ich für einen geradezu profil- und konturlosen Bürokraten hielten, um auf diese Weise völlig freie Hand in der Gestaltung unserer Außenpolitik zu bekommen.

Ich wollte dem amerikanischen Volk bereits mit meiner Amtseinführung demonstrieren, dass die Zeiten der Militärs im Weißen Haus nun beendet waren und stattdessen Männer des Geistes das Oval Office beherrschten. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits 86 Jahre alt war, bat ich den prominenten Lyriker Robert Frost, ein Gedicht zu rezitieren.

Er wollte erst sein abgetipptes Gedicht „Widmung“ rezitieren, aber das an diesem Tag besonders grelle Sonnenlicht blendete den alten Frost so sehr, dass er stattdessen sein Gedicht „Das direkte Geschenk“ aus dem Gedächtnis rezitierte:

Dies Land war unser, bevor wir wurden dieses Lands.

Unser Land war’s schon über hundert Jahre

Vordem wir seine Leute wurden. Unser war’s

In Massachusetts, in Virginia,

Doch wir noch waren englische Kolonisten,

Besitzend, was von uns noch nicht besessen ward,

Besessen selbst, durch jenes, was jetzt nie mehr wir je besaßen.

Etwas uns Vorenthalt’nes machte uns noch schwach

Bis wir erkannten, dass wir’s waren selbst.

Unser Land, um dort zu leben, ward uns vorenthalten.

Und Übergabe brachte unverzüglich dann Erlösung.

So, wie wir waren, wurde uns das Land gegeben.

(Und viele kriegerische Akte gebaren dann die Schenkungsurkunde.)

Für jenes Land, das vage wir im Westen dort begriffen,

Noch ohne Sagen, noch schlicht und auch noch gänzlich unbesungen,

So wie es war, so wie es würde werden.

Am Freitag, den 20. Januar 1961, exakt um 12:51 Uhr EST hielt ich meine Antrittsrede, welche exakt 1.364 Wörter lang war und 13 Minuten und 42 Sekunden dauerte. Beobachter meinten später, es sei eine der besten Antrittsreden eines amerikanischen Präsidenten gewesen, allerdings zugleich die viert kürzeste Antrittsrede in der amerikanischen Geschichte. Selbstverständlich hatte Ted Sorensen den Text dieser Rede entworfen, die im Fernsehen übertragen wurde.

Da ich um die Bedeutung meiner Antrittsrede wußte, hatte ich bereits im November des vorangegangenen Jahres mit der Sammlung und Sichtung von Ideen begonnen und Sorensen angewiesen, die berühmte Gettysburg Adress von Lincoln und sämtliche anderen Antrittsreden gründlich durchzusehen, denn ich wollte bereits an diesem Tag ein Zeichen für meine Präsidentschaft setzen.

Vorschläge des Ökonomen Galbraith u d Adlai Stevensons II. ließ ich in die Rede einfließen.

Am Tag der Amtseinführung schneite es, doch ich verbat mir sämtliche Vorschläge, die Antrittsrede deswegen abzusagen.

Zunächst nahm ich an der Heiligen Messe in der Holy Trinity Catholic Church von Georgetown teil, anschließend schritt ich in Richtung Kapitol, wobei mich der scheidende Präsident Dwight D. Eisenhower begleitete.

Robert Frost wollte ursprünglich sein abgetipptes Gedicht „Widmung“ verlesen, brachte dies aber aufgrund des grellen Sonnenlichts nicht fertig. Daher zitierte er jenes Gedicht, welches er auswendig hersagen konnte: „Das direkte Geschenk“.

Das Blatt mit den abgetippten Zeilen des Gedichtes „Widmung“ überreichte er Jacqueline und mir. Jacqueline schrieb auf die Rückseite des Blattes

„Für Jack. Die erste Sache, die ich rahmen ließ, um sie in dein Büro zu tun. Die erste Sache, die dort aufgehängt werden soll.“

(Quelle: Robert Frost's Original Poem for JFK's Inauguration Finds Way to Kennedy Presidential Library)

Dann rahmte sie das Blatt ein und hängte es an die Wand im Weißen Haus.

Berühmt wurden jedoch zwei schlichte Zeilen aus meiner Antrittsrede, die sich Sorensen ausgedacht hatte. Ihretwegen wählte mich die Zeitung „The Guardian“ auf Platz 2 der großen Reden des 20. Jahrhunderts:

„Und deshalb, meine amerikanischen Mitbürger: Fragt nicht, was euer Land für euch tun

kann - fragt, was ihr für euer Land tun könnt.

Meine Mitbürger in der ganzen Welt: Fragt nicht, was Amerika für euch tun wird, sondern fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen.“

(Quelle: The Guardian: Great Speeches).

Aber nicht nur jenes Gedicht, welches der greise Robert Frost an diesem Tage rezitierte, sollte ein Zeichen an meine Mitbürger und an die ganze Welt sein. Ich bat außerdem die prominente afroamerikanische Sängerin Marian Anderson, die Nationalhymne der Vereinigten Staaten zu intonieren.

Man hielt mir jedoch nicht nur meinen katholischen Glauben vor, sondern außerdem meine irische Abstammung. Die Öffentlichkeit erregte auch die Tatsache, dass ich viele irischstämmige Politiker zu meinen Vertrauten machte. Darunter Kenneth O’Donnell und Verteidigungsminister Robert McNamara.

Die Katholiken und die Iren würden zusammenhalten, wie Pech und Schwefel, meinten sie. Sie würden zusammenhalten, gemeinsame Sache machen und dadurch nach und nach die amerikanische Gesellschaft vollständig unterwandern. Gerade als Seeleute, als Hafenarbeiter und Stauer, die die schweren und schmutzigen Arbeiten verrichteten, waren ihnen die katholischen Iren gut genug!

Gilgul Neschamot: Das Experiment Gottes

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