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Lassen Sie mich zu Beginn eines klarstellen: Wenn Sie mit mir über meine Präsidentschaft reden wollen, so meine ich damit auch meine Präsidentschaft!

Ich meine, ich werde Ihnen Fragen zu meiner Präsidentschaft beantworten, keinesfalls jedoch Fragen zu angeblichen Frauengeschichten oder Fragen zu meinem Gesundheitszustand!

Ich bin der Präsident der Vereinigten Staaten, ein Mitglied der Demokratischen Partei, ein Ehemann, Vater, Bruder, Sohn, aber keinesfalls ein Schürzenjäger! Und wenn Sie mich dennoch dafür halten, so ist dies allein Ihre Sache, denn ich werde Ihre Gerüchte dazu weder bestätigen, noch werde ich sie dementieren!

Ich bin auch keinesfalls todkrank oder drogenabhängig, auch bin ich kein Alkoholiker! Se sehen mich hier, sitzen, während ich Ihnen Rede und Antwort stehe! Und Sie sehen mich dabei im Vollbesitz meiner körperlichen und geistigen Kräfte!

Da wir also nicht endlos Zeit haben und mir noch mein Rendezvous mit dem Tod bevorsteht, wie Sie alle wissen, schlage ich vor, alle Fragen zu meiner Präsidentschaft inhaltlich auf die relevanten Themen von Innenpolitik und Außenpolitik zu beschränken, denn das dürfte für Sie von höchstem Interesse sein, sofern Sie Ihren Job tatsächlich ernst nehmen und nicht allein an der Verbreitung von Klatschgeschichten interessiert sind?

Innenpolitik, damit meine ich die derzeit aktuellen und relevanten Themen! Außenpolitik: Dies beziehe ich thematisch auf die Aspekte Kuba und meinethalben auch Castro, auf Deutschland und hier insbesondere auf Berlin, auf die Sowjetunion und selbstverständlich auch auf unser Engagement in Vietnam! Thats it! Ok? Interessiert? Fein, dann dürfte dieser Aspekt unserer Unterhaltung ja geklärt sein! Wenn Sie übrigens noch Drinks oder Snacks möchten, bitte bedienen Sie sich!

Beginnen wir also, desto eher haben wir die Sache hinter uns!

Meine Innenpolitik bezog und bezieht sich vor allem auf zwei Aspekte, mit denen ich bestrebt war, das tödliche Verharren der Amerikaner in den verkrusteten Strukturen des Zweiten Weltkriegs aufzubrechen. Das Land schrie förmlich nach Reformen in jeder Beziehung und ich suchte mit meiner Politik der New Frontier wieder an den grenzenlosen Pioniergeist und dem Optimismus jener Siedler anzuknüpfen, die seinerzeit mit ihren Trecks in Richtung Westen zogen, in einer gefährlichen und unberechenbaren Zeit. In einer Zeit, die allerdings auch eine Zeit des nationalen Aufbruchs war. Eine Zeit, in der alles möglich schien und durch diesen hemmungslosen Glauben an die eigenen Möglichkeiten auch vieles für unmöglich Gehaltene letztendlich möglich wurde.

Damals waren die Herausforderungen die wilde ungezähmte Natur dieses gewaltigen und unerschlossenen Landes und die Auseinandersetzungen mit seinen Ureinwohnern und wilden Tieren, der Kampf mit den Jahreszeiten, der Kampf um den Jagderfolg und um die Ernte, der Kampf ums Überleben.

Heute waren die Herausforderungen im System des Kommunismus zu finden. Denn es galt den Menschen zu beweisen, dass die freie und demokratische Welt eine durchaus sinnvolle und vor allem lebenswerte Alternativwelt zu Chrustschows Staatensystem darstellen konnte. Und die entscheidende Herausforderung bestand vor allem in der Vermeidung eines atomaren Weltkrieges und darin, alle Menschen der freien Welt zu erreichen, ihre Kreativität und ihre Ressourcen zu mobilisieren, damit wir die kommunistische Welt hinter uns zurück lassen konnten. Und dies in jeder Beziehung: militärisch, wirtschaftlich, technologisch, wissenschaftlich, kulturell und meinetwegen auch finanziell.

Neues Grenzland sollten die Amerikaner sich während meiner Präsidentschaft erobern! Ein Grenzland, welches in den Millionen Nischen der unerfüllten Hoffnungen und Träume tausender und abertausender Amerikaner lag. Es ging um all die existenzielle n und zugleich drängenden ungelösten Probleme von Krieg und Frieden. Es ging um die vielen ungeordneten Nischen in den Seelen meiner amerikanischen Landsleute, in denen sich an vielen verborgenen Stellen Ignoranz und Vorurteile breit machten. Ignoranz und Vorurteile, die uns lähmten und entsetzlich paralysierten. Die uns daran hinderten, wahrhaftig zu einer Nation zu werden, die alle ihr inne wohnenden Kräfte mobilisieren konnte. Ignoranz und Vorurteile, die uns hinter das System des Kommunismus zurück zu werfen drohten!

Es ging schließlich auch um all die immer noch unbeantworteten Fragen im Zusammenhang mit den Problemkreisen von Armut und Überfluss. Problemkreise, die wahrhaftig das Potential dazu in sich trugen, eine große und starke Nation von innen heraus mit einer gewaltigen Eruption, einer Atombombe vergleichbar, zu zerreißen!

Eine Vielzahl von Reformpaketen und Gesetzesinitiativen versuche ich dazu einzubringen!

Reformen, soziale Reformen und Frieden! Wobei Frieden nicht zwingend Abrüstung oder Demobilisierung bedeutet!

Besonders am Herzen lag mir jedoch stets das Problem der Rassentrennung in Amerika!

Dies musste teilweise mit militärischer Gewalt durchgesetzt werden und selbst davor schreckte ich nicht zurück, selbst wenn ich durch diese Maßnahmen meinen ohnehin nur schwachen und oberflächlichen Rückhalt in den ehemaligen Staaten des Südens, insbesondere jedoch im wilden und gewalttätigen Texas, völlig verlor!

Dennoch schickte ich im Jahre 1962 Militär an die Universität von Mississippi, um dem schwarzen Studenten James Meredith dort auf diese Weise und quasi unter bewaffnetem Schutz endlich die Immatrikulation zu ermöglichen! Das ist gelebte Demokratie! Das ist gelebte Gleichberechtigung! Das heißt es in meinen Augen, Bürgerrechte auch tatsächlich mit Leben zu erfüllen! Sie greif- und vor allem auch für Jedermann begreifbar zu machen!

Mehr noch! Am 11. Juni 1963, während des Stand in the Schoolhouse Door, schickte ich die Nationalgarde in den Bundesstaat Alabama an die dortige Universität von Tuscaloosa, um Gouverneur George Wallace auf diese Weise effektiv daran zu hindern, diese Universität noch länger für sämtliche afroamerikanischen Studenten zu sperren.

Ich erinnere mich, dass ich an diesem Abend außerdem eine Rede vor Bürgerrechtlern hielt, in der ich die Idee für ein amerikanisches Bürgerrechtsgesetz aussprach, welches endlich jede Diskriminierung farbiger Amerikaner unterbinden, die Rassentrennung beenden und als illegal erklären würde!

Ich ließ Dr. Martin Luther King aus dem Gefängnis von Atlanta holen, in das sie ihn gesteckt hatten und ich besetzte eine ganze Reihe von entscheidenden Posten im Lande mit Afroamerikanern, nachdem ich Präsident geworden war!

Ich wendete mich an das amerikanische Volk, um die Rassentrennung zu beenden! Ich stellte mich ganz offiziell hinter die Bürgerrechtsbewegung und ich brachte einen Gesetzesentwurf für umfassende Bürgerrechte für alle Afroamerikaner in den Kongress ein, der dort allerdings scheiterte.

Natürlich hasste mich das Establishment dafür! Ich war für sie Joes undankbarer Bengel. Und sie hielten mich für zu jung und für zu weich und zu schwach, um ihnen lebenslang ihre herrschaftlichen und zugleich vorsintflutlichen Privilegien garantieren zu können!

Auch ließ ich, gegen alle Bedenken der Hardliner, am 28. August 1963 den Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit geschehen und empfing anschließend die Redner im Weißen Haus.

Nachdem mich verschiedene Bürgerrechtsbewegungen wie die American Civil Liberties Union, das American Friends Service Committee und Prominente wie Eleanor Roosevelt und Johnny Cash mich dazu gedrängt hatten, befasste ich mich intensiv mit dem Bau des Kinzua-Staudamms, für den die letzten Ureinwohner Pennsylvanias, das Volk der Seneca, zwangsweise umgesiedelt werden mussten.

Viele Bürgerrechtler hatten nach meinem Einzug ins Weiße Haus erwartet, dass ich nun den Bau dieses schon seit den 1930er Jahren geplanten Staudammes verhindern würde.

Ich fand jedoch keine Möglichkeit, dieses Bauvorhaben zu stoppen. Die Seneca wurden schließlich umgesiedelt.

Außerdem gebe ich zu, dass Pennsylvania traditionell ein sogenannter Swing State war, welcher mal den Demokraten, dann wieder den Republikanern zu neigte. Meine Wahlchancen hatten hier bis zuletzt auf tönernen Füßen gestanden und ich verdankte mein Wahlergebnis in Pennsylvania in erheblichem Umfang der Fürsprache von Gouverneur David Leo Lawrence, welcher seit je her ein großer Befürworter dieses Staudammes war, weil dieser zum Hochwasserschutz beitrug, für ein gewaltiges Gebiet von annähernd 6.000 Quadratkilometern als Wasserreservoir diente, die Auswirkungen der Dürre abmilderte, Elektrizität produzierte und außerdem noch ein interessantes und sehenswertes Naherholungsgebiet bildete. Da war es mir schließlich unmöglich, Gouverneur Lawrence durch ein präsidiales Veto gegen den Bau dieses Staudamms vor den Kopf zu stoßen!

Natürlich kümmerte ich mich auch um die Arbeiterschaft! Um die armen Weißen und all diese Einwanderer, die die Substanz dieser gewaltigen Nation und ihren Reichtum bilden!

Am 5. Mai 1961 unterzeichnete ich eine Erweiterung des Fair Labor Standard Acts aus dem Jahre 1938.

Dadurch erhöhte sich der Mindeststundenlohn in nur zwei Jahren immerhin auf 1,25 US-Dollar!

Ebenso wurde der Geltungsbereich für diese Mindestlohn-Regelung erweitert, so dass nun zusätzlich 3,6 Millionen amerikanischer Arbeiter in diesen Mindestlohnsektor fielen!

Erste Vorschläge dazu hatte ich bereits als Senator, also Anfang des Jahres 1959 vorbereiten lassen!

Ich initiierte eine deutliche Verbesserung der Wohnverhältnisse aller Amerikaner und eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes!

Auch dafür hassten sie mich! Sie sagten, ich sei zu weich und würde vor der Arbeiterschaft und vor den Niggern in die Knie gehen! Ich griff ihnen in ihre prall gefüllten Geldbeutel und das verziehen sie mir nicht! Ich war Joes undankbarer zweiter Bengel! Ich war nicht nur ein katholischer Ire und ein kranker Frauenheld, ich war auch ein weicher Feigling und ein Grünschnabel in ihren Augen!

Gilgul Neschamot: Das Experiment Gottes

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