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EINLEITUNG: IN EINER BRENNENDEN WELT AUFWACHEN

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Wenn du fällst … stürz dich hinab.«

Joseph Campbell

SAMSARA DAVANALA NADA LIDA LOKAH. »In dieser Welt gefangen zu sein ist, als würde man in einem Waldbrand schlafen.« Das waren während meines kurzen Ausflugs in das vedische Mönchtum allmorgendlich die ersten Worte, die mir von den Lippen kamen. Um vier Uhr morgens versammelten wir uns, erfrischt nach einer kalten Dusche, im Tempelraum, um die Mangal Aarthi (Skt. »glückverheißende Zeremonie«) zu singen. Bemerkenswerterweise beginnt dieses feierliche, andächtige Ritual mit einem sehr düsteren Eingeständnis: Die Waldbrände der Krisen (seien sie persönlich oder global) sind nicht nur ein ureigener Teil des Lebens, sondern sind so zur Normalität geworden, dass wir darin einschlafen können. Allerdings ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein glühender Funken auf unserem Kopfkissen landet.

Dennoch ist die Mangal-Aarthi-Zeremonie bei Weitem kein Manifest des Zynismus. Die oben zitierte Strophe soll ein Gefühl der Dringlichkeit hervorrufen, das befreiend wirkt. In ihm schwingt die Bedeutung mit: »Angesichts dessen dürfen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Wir müssen aufstehen. Wir müssen den Weg nach Hause finden. Wir müssen dafür sorgen, dass niemand auf der Strecke bleibt. Wir dürfen das nicht auf morgen verschieben.« Es ist ein Aufruf, uns dem Leben zu stellen, so wie es jetzt ist; ein notwendiger Tritt in den Allerwertesten, der eine verschlafene Menschheit aufrüttelt. Er weist uns auf eine geheime Wahrheit der alten Yogis und Meditierenden hin: dass die Schwierigkeiten und Katastrophen des Lebens zu einem endlosen Quell der Inspiration werden können, wenn wir wissen, wie wir ihnen begegnen können. Schon die damaligen »Oldschooler« wussten, dass es ein Tor zur Freiheit gibt, das sich öffnet, wenn wir uns unserer Bedrängnis und ihren Ursachen zuwenden, statt sie nicht sehen zu wollen. Ebenso wussten sie, dass dies keine religiöse oder an eine bestimmte Konfession gebundene Wahrheit ist, sondern eine universelle, die für uns alle gilt.

Der Andachtsgesang – oder Kirtan – spricht im weiteren Verlauf von einem »Ozean der Barmherzigkeit«, der die Feuersbrunst der leidenden Welt zu löschen vermag. Es heißt darin, dass uns ein solcher Segen nur durch die Kraft kluger Selbsterforschung in Verbindung mit mutigem, mitfühlendem Handeln zuteilwerden kann. Der Ozean der Barmherzigkeit bildet sich durch unsere Bereitschaft, einen besseren Zustand zu verkörpern – einen tieferen, einen kühn von Herzen kommenden, einen menschlichen, der gleichzeitig kämpferisch und liebevoll ist. Er wird dadurch manifest, dass wir für genau diesen Weg in der Welt einstehen und ihn umsetzen. In der zitierten Strophe wird Meditation zudem als waches, bewusstes Leben dargestellt; nicht als eine Reihe von Techniken zum Stressabbau, sondern als eine ganzheitliche Herangehensweise an das Leben – eine, die unsere Reaktion auf schlimmste Situationen beeinflussen kann. Meditation wird darin als eine Form betrachtet, sich auf Katastrophen vorzubereiten.

Die Katastrophe, liebe Freund*innen, ist jetzt da!

»ALS WÜRDE MAN IN EINEM WALDBRAND SCHLAFEN« – die verstörende Ehrlichkeit dieses Satzes schätze ich heute mehr denn je. Unsere Welt brennt, durch den ungeheuren Machtmissbrauch wird sie direkt vor unseren Augen verwüstet. 2019 gab es bis zum Zeitpunkt, da ich dies schreibe und etwa drei Viertel des Jahres hinter uns liegen, in den Vereinigten Staaten mehr Massenschießereien, als ein Jahr Tage hat.1 Klimakatastrophen, die alle Rekorde brechen, folgen in immer kürzeren Abständen aufeinander, während zum Beispiel die US-Umweltschutzbehörde zunehmend zurechtgestutzt wird. Ungefähr 15.000 Kinder illegaler Immigrant*innen hocken in etwa 200 gewinnorientierten Gefangenenlagern in den USA unter unhygienischen, menschenunwürdigen Bedingungen – allein, traumatisiert und von ihren Lieben getrennt – in überfüllten Käfigen. Weiße Nationalisten offen rassistischer Organisationen sind nicht nur aus ihren Löchern hervorgekrochen, sondern werden vom Präsidenten der Vereinigten Staaten auf Twitter zitiert und als »sehr gute Menschen« bezeichnet. Geringverdiener und Mittelschichtfamilien haben weiterhin hart zu kämpfen, während Gewalt, Polizeibrutalität und Drogenabhängigkeit in verarmten Vierteln, in denen der Anteil der schwarzen und Latino-Bevölkerung unverhältnismäßig hoch ist, rapide zunehmen.

Die Seifenblasen sind geplatzt, die Masken gefallen. Aus unserem Schlummer aufgerüttelt, müssen wir nun herausfinden, wie wir mit einer noch nie dagewesenen bedrückenden Situation umgehen. Unser limbisches System pumpt bei jedem Unglück, von dem wir lesen, bei jeder gefährlichen Realität, mit der wir konfrontiert sind, Cortisol und Adrenalin in unseren Körper. Bei dem konstanten Strom an algorithmisch kuratierten »Klickköder«-Schlagzeilen ohne wirklichen Informationswert, dem wir ausgesetzt sind, kann es schwerfallen, den Lärm auszublenden und uns auf die bestehende Ungerechtigkeit auf der Welt und in unserem eigenen Hinterhof – vielleicht sogar besonders auf Letztere – zu konzentrieren.

Mit Blick auf das Pulverfass einer globalen Krise könnten wir vielleicht vermuten, so etwas wie emotionale Intelligenz, neuropsychologische Erkenntnisse und Meditation sei abwegig. Es mag den Anschein haben, dass wir uns nur auf konkrete Lösungen und Handlungen konzentrieren sollten. Wer Zweifel daran hegt, dass Praktiken, die eher auf das Innere ausgerichtet sind, sozialen Wandel unterstützen, liegt nicht unbedingt falsch. Denn der Kapitalismus hat die Meditations- und Wellness-Kultur für sich vereinnahmt. Das ist nicht nur entmutigend, sondern führt auch dazu, dass solche inneren Techniken allzu oft ausgerechnet denen nicht zugänglich sind, die sie am meisten brauchen. Was ursprünglich als Mittel gedacht war, um alle fühlenden Wesen aus den Bränden herauszuholen, ist in vielen Bereichen auf eine Strategie zur weiteren Optimierung von Privilegien reduziert worden. Meditation kann von unserer allumfassenden Neigung benutzt werden, uns angesichts von Schwierigkeiten zu betäuben und zu zerstreuen, und das ist bereits geschehen. Sie kann eingesetzt werden, um das Gefühl der Dringlichkeit angesichts unserer globalen Krisen – der gegenwärtigen und der noch bevorstehenden – zu unterdrücken, und auch das ist bereits geschehen. Das, was einen Ozean der Barmherzigkeit hervorbringen könnte, wird auf eine kultivierte Form des Erholungsschläfchens reduziert.

Solche Tendenzen können jedoch der an sich integren Praxis nichts von ihrem Wert nehmen (und, wo wir schon einmal dabei sind: Ebenso wenig können das die schändlichen Skandale, die sich in den letzten Jahren bei einigen bekannteren spirituellen Lehrern abgespielt haben). Meditation ist ein Mittel, das unbeugsames Mitgefühl und den ehrlichen Wunsch, füreinander da zu sein, zutage fördern kann. Nichts ändert daran etwas, und es gibt Tausende spirituelle Gemeinschaften und weltliche Orte der Achtsamkeit, die den wahren Geist, die wahre Absicht der Praxis fördern. Doch selbst in solchen Gruppen ist unter den Praktizierenden oft die vorherrschende Überzeugung anzutreffen, spirituelle Praxis und Politik sollten wenig miteinander zu tun haben – eine Überzeugung, die so stark ausgeprägt ist, dass sie viele solche Gemeinschaften dazu veranlasst hat, Diskussionen »politischer« Themen in ihren Praxisräumen mit einem formellen oder informellen Tabu zu belegen.

Genau solche Situationen haben den Titel dieses Buches inspiriert. Ich betrachte »Don’t tell me to relax« – »Sag mir nicht, ›Entspann dich!‹« – als ein Mantra der Selbstermächtigung. Es steht für unsere Bereitschaft, uns mit dem auseinanderzusetzen, was unserer angeborenen Würde als Menschen und das Überleben der Menschheit zerfrisst – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. So gesehen, könnte dieses Buch ebenso gut den Titel »Don’t tell me how to feel« – »Sag mir nicht, wie ich mich fühlen soll« – tragen. Es geht hier nicht um die Frage, ob man sich entspannen soll oder nicht – das hängt letztendlich ganz von der jeweiligen Situation ab –, sondern um unser angeborenes Recht, angesichts von Entmenschlichung Gefühle zu haben und sie auszudrücken. Andere drängen uns vielleicht, unsere Wut durch »zivilisiertes Benehmen« zu kanalisieren, oder sie bezeichnen uns als »gestört« oder »verwirrt«, weil wir wegen etwas, mit dem wir konfrontiert sind, verletzt, wütend oder verängstigt sind. Wenn einem gesagt wird, man solle andere Gefühle haben, dann wird genau dadurch der Verletzung noch eine Beleidigung hinzugefügt. Es ist wirklich paradox, wenn man Wut über zugefügtes Leid und Gräueltaten zum Ausdruck bringt, und andere sich dann aber nicht am Leid und an den Gräueltaten stören, sondern an unserer Wut. In diesem Buch geht es darum, wie wir das Salz aus solchen Wunden herauswaschen können.

Wenn du ein junger Mensch bist, der nicht versteht, warum sich die Erwachsenen in deinem Leben anscheinend überhaupt nicht um die Zukunft unseres Planeten scheren; wenn du eine Frau bist, die sich gegen Mansplaining*, sträubt und sich daraufhin anhören muss, sie würde überreagieren; wenn du eine Person of Color (PoC) bist, die sich diese Woche zum x-ten Mal in eine feindselige weiße Umgebung begibt (oder in eine weiße Umgebung, wo alle großes Aufhebens um deine Anwesenheit machen, weil sie versuchen, sich entsprechend der Vorgabe #staywoke** zu verhalten), dann hast du allen Grund, dich nicht zu beruhigen. Wenn du ein älterer Mensch bist und dir angesichts sterbender Stadtviertel oder des Rückgangs naturbelassener Grünflächen, die du dein Leben lang geliebt hast, das Herz bricht; wenn du queer*** bist, und dich nicht daran gewöhnen willst, wie du behandelt wirst; wenn du Probleme mit deiner psychischen Gesundheit hast in einer Welt, in der Menschen wie du bei jeder Gelegenheit auf Misstrauen stoßen oder ihnen ihre Symptome zum Vorwurf gemacht werden; wenn du dir jede Woche den Allerwertesten aufreißt vor lauter Arbeit, dir aber trotzdem nicht die Krankenversicherung, die Rückzahlung deines Studienkredits oder eine Kinderbetreuung leisten kannst; und auch wenn du keine dieser Persönlichkeiten in dir trägst, aber tief in dir weißt, dass unsere Gesellschaft nicht mehr so weitermachen kann wie bisher, dann lass uns vereint den himmlischen Refrain anstimmen: »Wagt es ja nicht, ›Entspannt euch!‹ zu uns zu sagen!« Unsere Wut ist moralisch. Unser Zorn ist heilig. Unsere Angst birgt Weisheit in sich. Unser Herz sagt uns die Wahrheit. Wenn die Wahrheit andere aus ihrer Bequemlichkeit reißt – gut. Zeig mir einen Wecker, der ein sanftes Geräusch macht, und ich zeige dir einen Wecker, bei dem ich einfach weiterschlafen kann.

Und – es gibt da einen Haken.

DIE ARBEIT MIT TRAUMATISIERTEN KINDERN und Familien überforderte mich anfangs. Obwohl ich mir immer wieder in Erinnerung rief, »Ich bin hier nicht derjenige, der einen schlechten Tag hat«, hätten doch die Berührungspunkte meiner Arbeit mit Massenarmut, sexuellem Missbrauch, körperlicher Misshandlung und systemischem Missbrauch durch die Familiengerichte selbst schon ausgereicht, um jede(n) zu brechen. Während meiner ersten Arbeitstage in der klinischen Betreuung von Menschen in krisenhaften Lebenslagen war ich fortwährend bedrückt und das sah man auch. Eines Tages hielt mich eine leitende Angestellte aus der Verwaltung in der Halle an und versuchte mich unaufgefordert aufzumuntern: »Keine Sorge, bald haben Sie sich ein dickes Fell zugelegt, dann wird es besser.« Ich wies auf meine Brust, auf mein Herz, und erwiderte: »Nein, danke. Hier drin ist mein Kompass. Ohne das Ding wäre ich aufgeschmissen.« Obwohl ich immer noch mit der Frage rang, wie ich all das durchstehen sollte, wusste ich, dass die Antwort darauf nicht »Leg dir ein dickeres Fell zu« lauten konnte. Ein dickes Fell ist schließlich etwas, das uns unempfindlich macht. Und im Prozess mitfühlenden Handelns unempfindlich zu werden, ergibt einfach keinen Sinn.

Als ich die Antwort dann fand, war sie das genaue Gegenteil eines dicken Fells: Die Situation besserte sich, als ich mir erlaubte, noch empfindsamer zu werden, noch mehr als zuvor mit meinen Emotionen und Reaktionen verbunden zu sein – und sogar zuzulassen, dass die quälenden Situationen, die ich miterlebte, mir einen Tritt in den Hintern verpassten. Ich musste aufhören zu denken, dass meine Gefühle anders sein sollten, und mir erlauben, das, womit ich es zu tun hatte, wirklich und wahrhaftig zu spüren. Das war Schritt eins, der wiederum die Tür zu Schritt zwei öffnete. Nachdem ich meinen Widerstand gegen sogenannte negative Gefühle beiseitegeschoben hatte, konnte ich mich mitfühlend um die verletzten, gequälten Teile in mir selbst kümmern und diesen Teilen helfen zu heilen. So konnte ich die Gefühle haben, die ich ganz natürlich empfand, und zulassen, dass sie Selbstmitgefühl in mir aufkommen ließen (was dann wiederum meine Fähigkeit zum Mitgefühl für andere erhöhte). Diese beiden Schritte bildeten einen tragfähigen Weg durch den Wald, einen resilienten Weg, der nicht nur frei von Abgestumpftheit war, sondern auch für unerwartetes Wachstum in meinem Leben sorgte. Solches Selbstmitgefühl macht einen Großteil dessen aus, worum es in diesem Buch geht. Natürlich kann das so aussehen, dass wir Pausen einlegen, das Leben feiern und besser für uns selbst sorgen, um die Situation abzumildern – Dinge, die wir inzwischen wohl alle können. Aber ich werde Gründe dafür vorbringen, dass wir zudem auch eine tiefergehende Medizin benötigen. Über das Aushalten von Emotionen und über Selbstfürsorge hinaus brauchen wir Prozesse, die unsere Gefühle und natürlichen Reaktionen verwandeln: Prozesse, die das in unseren Gefühlen unterschwellig vorhandene transformative Potenzial aufdecken und zu dauerhaften Veränderungen in unserem Leben (und damit auch in unserem Handeln) führen.

Unsere Gefühle zu verdrängen und zu »verbiegen« ist auf Dauer untragbar und unnatürlich. Und doch müssen wir im selben Atemzug, in dem wir uns Ängste, Sorgen und Wut zugestehen, auch anerkennen, dass solche Gefühle uns verhärten, sofern wir keine mitfühlenden Fähigkeiten entwickeln, die mit emotionaler Resilienz einhergehen. Wir können es uns nicht leisten, mit toxischem Cortisol und Adrenalin überflutet zu sein, wenn wir langfristig im Ring bleiben wollen (und bitte bleib!). Wir können Grausamkeit nicht wirksam entgegentreten, wenn wir den Kontakt zu unserem Herzen verlieren. Wir dürfen das große Ganze nicht aus den Augen verlieren. Wir können uns keinen Burn-out leisten. Wir brauchen Praktiken, die uns helfen, uns angesichts der Krise mit unserer tieferen Weisheit zu verbinden. Wir brauchen Mittel und Wege, mit denen wir uns in Erinnerung rufen können, dass der Kampf für Gerechtigkeit gleichbedeutend damit ist, unsere Menschlichkeit zu feiern. Wir brauchen Methoden, die uns helfen, auch dann einen klaren Blick zu bewahren, wenn wir im dichten grauen Nebel herumstolpern. Einen Weg des »Sowohl-als-auch« statt des »Entweder-oder«. Schließlich war genau das ursprünglich das Ziel vieler spiritueller Traditionen: die Wechselbeziehung von Innenleben und äußerem Engagement anzunehmen und einzubeziehen.

EINE AUSGEPRÄGTE BEWUSSTHEIT und wirksame Methoden für die Arbeit mit dem eigenen Geist und Herzen sind in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Sich gegen den »psychischen Tod zu wehren«, wie es in dem Song Resist Psychic Death der 1990er-Jahre-Punkband BIKINI KILL heißt, ist entscheidend. Denn Methoden der Meditation und des Heilens können tatsächlich als Mechanismen missbraucht werden, um Distanz herzustellen und die einschneidende Angst, die wir angesichts der Verzweiflung anderer eigentlich empfinden sollten, zu unterdrücken. Diese Form des Vermeidens ist in der Tat eine Form des psychischen Todes. Ich versichere dir, dass das nicht dem Vorgehen dieses Buches entspricht. Wir werden stattdessen in eine Weltsicht eintauchen, die sowohl in der östlichen als auch in der westlichen Tradition zu finden ist – zum Beispiel in ROBERT FROSTS Maxime, dass »der Weg hinaus der Weg hindurch« ist, im tibetischen Prinzip, »das Hindernis ist der Weg«, und in GLORIA STEINEMS Mahnung »die Wahrheit wird dich befreien, aber zuerst wird sie dich verärgern«. Liebe Freund*innen, wir sind hier, um uns unserer Situation zu stellen und damit zu ringen. Das ist unser Berg – und er muss versetzt werden.

Es kommt allerdings darauf an, wie wir ihn versetzen. Wir können »Sei die Veränderung« schreien, bis wir blau anlaufen, und doch bleibt die Frage bestehen: »Wie?« Wie verkörpern wir Liebe, Gerechtigkeit, Anstand, starke ethische Grundsätze, Weisheit und Vernunft, während wir versuchen, die Flammen einzudämmen? Wie können wir uns bei all der Hitze und dem Rauch daran erinnern, auf einem mittleren Weg zwischen den Extremen lähmender Empörung und teilnahmsloser Distanzierung zu bleiben? Betrachte dieses Buch als eine praktische Anleitung, um eigene Antworten auf solche Fragen zu finden und um in den Flammen deine eigene, dir innewohnende Weisheit zu entdecken.

Ich möchte wirklich, dass du Folgendes weißt:

WIR BRAUCHEN DICH.

Deine Anwesenheit hier auf diesem Planeten zählt wirklich. In jedem Augenblick löst du einen Ripple-Effekt aus, eine Wellenbewegung, die sich ausbreitet und von der alle Wesen entweder direkt oder indirekt berührt werden. Mit Sicherheit kann man sagen, dass du wichtiger bist, als wir beide es uns überhaupt vorzustellen vermögen. Was du mit deiner Zeit und den dir zur Verfügung stehenden Mitteln anfängst, ist von allergrößter Bedeutung. Und so postkartenweisheitskitschig es auch klingen mag: Du bist ein Geschenk an uns alle. Es ist uns eine Ehre, dass du in dieser Welt lebst und atmest. Ich weiß, dass es sich manchmal anfühlt, als würdest du gegen eine riesige Flutwelle anschreien und könntest ohnehin nichts ausrichten. Ich weiß, dass du dir manchmal wünschst, dir einfach nur eine Pizza reinzuziehen, eine lange Schlafpause einzulegen und dich erst wieder von den anderen wecken zu lassen, wenn es vorbei ist. Aber wir brauchen dich. Mehr denn je brauchen wir es, dass du den einzigartigen Beitrag leistest, für den du hier bist. Wenn du diesen Beitrag, für den du geboren wurdest, nicht leistest, ist er für immer verloren. Bitte verweigere ihn uns nicht.

WIR BRAUCHEN DEINE GEFÜHLE.

Gefühle sind der Mittelpunkt unseres Lebens. Ob wir sie (an-)erkennen oder nicht, sie sind der Antrieb all dessen, was wir wahrnehmen, glauben, denken, sagen und tun. So gesehen, ist dein emotionaler Zustand die wichtigste Variable in jeder Situation. Er beeinflusst nicht nur alles, was von dir ausgeht, sondern filtert auch alles, was du in dich aufnimmst. Die Sache ist die (falls du es noch nicht bemerkt hast): Was wir fühlen, liegt nicht bei uns – was wir daraus machen, dagegen schon! Die Teile unserer selbst, die bedrückende Gefühle äußern, sind Menschen sehr ähnlich. Wenn wir uns verständnisvoll und behutsam auf sie einlassen, hat das tendenziell eine bestimmte Wirkung. Wenn wir ihnen dagegen so begegnen, dass wir sie in den Keller sperren oder sie zwingen, sich zu ändern, wirkt das auf eine andere Art.

Oder vielleicht ist es so:

Unsere emotionalen Anteile sind wie Katzen. Du kannst sie ignorieren, so viel du willst, aber irgendwann kacken sie dir ins Bett, damit du ihnen Aufmerksamkeit schenkst.

Unsere emotionalen Anteile sind wie Hunde. Du kannst Schuhe nach ihnen werfen, damit sie aufhören zu bellen, aber dadurch lernen sie nur, dich später anzugreifen.

Unsere emotionalen Anteile sind wie Schnaps. Sie können uns betrunken machen und wir können mit ihnen in Denk- und Verhaltensmuster der Sucht geraten.

Unsere emotionalen Anteile sind wie Kinder. Halte sie liebevoll im Arm wie ein Baby und sie werden gesund heranwachsen. Mit der Zeit werden sie zu einer Quelle innerer Harmonie, der Heilung und der Intuition. In diesem Buch geht es darum, genau das zu lernen.

WIR BRAUCHEN EIN NEUES PARADIGMA DER EMOTIONALEN RESILIENZ.

Wir haben als eine Art Erbe eine Auffassung, eine Sichtweise übernommen, der zufolge Gefühle fälschlicherweise als irrational gelten, als etwas, das unter Kontrolle gebracht werden muss. Gemäß diesem Modell haben wir nur die Wahl, entweder von unseren Emotionen erfasst und aufgezehrt zu werden oder aber sie wegzuschieben; ihnen entweder nachzugeben oder sie zu unterdrücken. Dies ist ein statisches Paradigma, ein Denk- oder Erklärungsmodell, das unsere emotionalen Anteile behandelt wie eindimensionale Objekte, so als wären sie keine lebendigen, zu uns und unserem Körper gehörigen Kräfte mit einem innewohnenden Wert und einer eigenen Intelligenz. Diese Sichtweise spielt nicht nur eine enorme Rolle dabei, dass unser Schmerz, unsere Scham und unsere Angst endlos fortgeschrieben werden, sondern trägt auch wesentlich dazu bei, dass Gewalt und Ausbeutung in unseren Gesellschaften normal geworden sind.

Glücklicherweise ist dieses statische Paradigma nicht unsere einzige Option. Eine Reihe von psychologischen Ansätzen bieten neue, sich gerade erst herausbildende Paradigmen der emotionalen Intelligenz und Resilienz, die wissenschaftlich viel fundierter sind und uns auf humanere Wege führen. Ganz vorn bei diesem Paradigmenwechsel steht der radikale psychologische Ansatz des Systems der inneren Familie (IFS – Internal Family System), von dem dieses Buch in hohem Maße geprägt ist.* IFS bietet uns ein Erklärungsmodell, das unseren vielfältigen Gefühlen Raum gibt; sie dürfen da sein, sodass wir lernen können, bei unseren emotionalen Teilen zu sein und nicht in ihnen. Von einem solchen Zustand aus können wir die darin enthaltenen Erkenntnisse und nützlichen Informationen enthüllen; wir können die Lebensenergie zurückgewinnen, die tendenziell von unseren Gefühlen geschluckt wird, und wir können dazu beitragen, jene Teile von uns zu entlasten, die in Mustern der Abwehr und Verteidigung steckengeblieben sind. Es handelt sich um ein Prozess-Paradigma, das unsere emotionalen Anteile als die dynamischen, multidimensionalen, intelligenten Energien behandelt, die sie sind. Es ist eine Einladung, die Art und Weise, wie wir innere Gespräche führen, zu verändern, wodurch wir auch in der Außenwelt anders wirken. Ein solches Prozess-Paradigma ist in Übereinstimmung damit, wie in einigen Praktiken des Tibetischen Buddhismus an Gefühle herangegangen wird (das betrifft vor allem Mahamudra-Praktiken, die auf Erfahrungen basieren, und einige Formen der Meditation, die insbesondere in der Kagyü- und Nyingma-Linie vorkommen); es wird auch von vielen renommierten amerikanischen Lehrenden des Theravada-Buddhismus, wie TARA BRACH und JACK KORNFIELD, gelehrt. Teilweise liegt das daran, dass das Paradigma des emotionalen Prozesses oft die Tür zu einer direkten Erfahrung unserer tieferen Natur öffnet – zu einer Energie des Selbstmitgefühls, die es ermöglicht, dass wir mit der »Sei die Veränderung«-Aufforderung bei uns selbst anfangen, im menschlichen Herzen, dort, wo Gerechtigkeit beginnt und endet.

WIR MÜSSEN MITGEFÜHL UND NEUGIER IN UNSERE EMPÖRUNG UND SORGE EINBRINGEN.

Das statische Gefühlsparadigma hat uns gelehrt, dass sich Gefühle gegenseitig ausschließen, das heißt: Wenn ich Mitgefühl empfinde, empfinde ich keine Wut; wenn mich das Auslöschen menschlichen Lebens bestürzt, bleibt in mir kein Raum mehr für Freude oder Dankbarkeit. Glücklicherweise ist das falsch. Unsere synaptischen Netzwerke haben jede Menge »Betriebskapazität«, sodass unsere sogenannten positiven und negativen Gefühle nebeneinander existieren können. In Wirklichkeit können wir sehr wohl Mitgefühl mit Wut verbinden. Wir können auch Neugier einsetzen, um unsere Angst zu klären, und wir können Empathie in jeden beliebigen Grad emotionalen Reagierens hineinmischen. Dies in Echtzeit zu praktizieren, mag komplex und schwierig klingen, aber ich arbeite schon lange genug mit einer solchen Art emotionaler Alchimie, um zu wissen: Es braucht nur Übung und Anleitung. Deswegen (du erinnerst dich?) ist dieses Buch dazu da, dir zu helfen.

WIR MÜSSEN PENDELN.

Ein Pendel schwingt von einer Seite des Kreises zur anderen und hat am Ende die gesamte Kreisfläche durchquert. Das kann uns als Vorbild für unser Leben dienen. Eine Form, solches Pendeln zu praktizieren, besteht darin, psycho-emotionale Brücken zwischen stärkeren Teilen unserer selbst und den tiefer verwundeten, heftiger reagierenden Teilen zu bauen (zum Beispiel Mitgefühl in unsere Wut einzubringen, wie oben beschrieben). Das ist Pendeln im unmittelbaren Sinne, so können wir es sofort praktizieren. Das Konzept des Pendelns kann aber auch in einem weiteren Sinne auf unser Leben und unser Umfeld angewandt werden. Zu manchen Zeiten müssen wir den ganzen Weg bis zur schwierigeren Seite des Spektrums zurücklegen (zum Beispiel bei innerer Trauma-Arbeit und Heilung, bei der Arbeit von Aktivist*innen im Außen, bei schwierigen Gesprächen mit anderen, wenn wir uns »die harten« Fragen stellen oder wenn wir unser Verhalten ändern, um unser Leben mit unseren Werten in Einklang zu bringen); zu anderen Zeiten wiederum müssen wir all das so weit wie möglich loslassen und auf die andere Seite schwingen (zum Beispiel wenn wir einfache Freuden genießen, wie die warme Sonne oder einen guten Song; wenn wir echte Selbstliebe und tiefe Selbstfürsorge üben, uns von Perfektionismus und Sorgen befreien und uns an unserem chaotischen, problematischen Leben freuen, so wie es ist). Wie die Erde um die Sonne kreist, müssen auch wir die Jahreszeiten in unserem Leben zulassen und würdigen. Es gibt eine Zeit des Aufblühens, eine Zeit der Winterruhe und eine Zeit der Veränderungen und der Ungewissheit.

IN MEINEM LETZTEN BUCH, Monkey Mind: Was dein Verstand dir sagen will, habe ich den Begriff der radikalen Nicht-Pathologie eingeführt. Radikale Nicht-Pathologie ist die Antithese zu dem medizinischen Modell, das von der konventionellen Psychologie und sogar von einigen Anhängern der östlichen Spiritualität aufgegriffen wurde. Das medizinische Modell wurzelt in der Vorstellung, dass eine Krankheit zugrunde liegt, wenn jemand ein Symptom hat: Etwas stimmt nicht mit der Person und sollte in Ordnung gebracht werden. Ein nicht-pathologisches Modell wurzelt hingegen in der Vorstellung, dass mit niemandem von uns etwas nicht stimmt.

Gemäß der Nicht-Pathologie sind Symptome, selbst leidvolle, ein Beweis für unser angeborenes Streben nach Gesundheit und Wohlbefinden. Fieber zum Beispiel bedeutet nichts weiter, als dass dein Körper Viren oder Bakterien aus dir »herauskocht«. Das Symptom des Fiebers ist kein Anzeichen dafür, dass dein Körper ein grundsätzliches Problem hat. Vielmehr ist es ein Beweis für seine innewohnende Intelligenz, sein Reaktionsvermögen, seine Resilienz und sein zuverlässiges Streben nach Gesundheit; darum radikale Nicht-Pathologie: die verwegene Vorstellung, dass unser Heilsein als Mensch Vorrang vor allem anderen hat. Das Grundlegende ist unsere Ausstrahlung, unser »Glanz« (tib. Ziji), und Schwierigkeiten in unserem Leben sind viel bedeutungsvoller, als wir meinen. Schwierigkeiten im Leben sind Alarmglocken, die uns wecken und unsere Motivation anstacheln, einen stimmigeren Weg zu finden. Sie sind deshalb kostbar.

Dieses Buch legt den Fokus weiterhin auf radikale Nicht-Pathologie und bettet sie in ein Empowerment-Modell ein: in die wahre Einsicht, dass die Weisheit, Klarheit und Freiheit unseres tieferen Wesens nicht darauf warten müssen, dass irgendjemand oder irgendetwas anderes daherkommt. Wir können anfangen zuzulassen, dass unsere weisere Wesensart jetzt, inmitten des Durcheinanders, zutage tritt. Wir können anfangen, die Verantwortung für unser Leben und unser Handeln zu übernehmen, ungeachtet dessen, was auf uns zukommt. Das müssen wir. Wir können es uns nicht leisten, fortwährend in einem Modus des Reagierens zu leben. Das Modell »Ich tue das, was ich tue, weil du das getan hast, was du getan hast«* ist so kindisch, kindischer geht’s nicht. Das ist das Burn-out-Modell, das statische Modell, das »Leg-dir-ein-dickes-Fell-über-dem-Herzen-zu«-Modell. Das können wir besser.

Unsere innewohnende Kraft ist die größte Ressource, die wir haben. Dies war FREDERICK DOUGLASS bekannt, als er schrieb: »Ich betete zwanzig Jahre lang, erhielt aber keine Antwort, bis ich mit den Füßen betete.« Auch JAMES BALDWIN wusste dies, als er schrieb: »Freiheit kann niemandem gegeben werden; Freiheit ist etwas, das Menschen sich nehmen, und Menschen sind so frei, wie sie es sein wollen.« VIKTOR FRANKL wusste es, als er schrieb, dass »man dem Menschen … alles nehmen kann, nur nicht die letzte menschliche Freiheit, sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen«.

Ein solches echtes Empowerment, eine solche Ermächtigung, wird offenbar nur auf eine Art erreicht, die der Intuition zuwiderläuft – indem wir kommunizieren, wenn wir lieber still wären; indem wir bewusster werden, wenn wir lieber als Schlafwandler durch die Welt gehen würden; indem wir die Verletzlichkeit der Verbundenheit wählen, wenn es einfacher wäre, abgeschottet zu bleiben; indem wir tiefer nach neuen, weiterentwickelten Wegen suchen; indem wir Anteil nehmen.

Nun, da haben wir einen Begriff: Anteil nehmen. In einer Zeit, in der die vorherrschende Maxime – »Give no fucks« oder auch »Das geht mir am Arsch vorbei« lautet – so aufreizend bildliche Ausdrücke, dass sie Buchtitel inspiriert haben –, gestatte man mir bitte, genau die gegenteilige Auffassung zu vertreten: dass die Dinge uns weniger denn je am Arsch vorbeigehen können und sollten. Die Energie des Anteilnehmens ist gleichbedeutend mit Empowerment. Die Welt mag uns frustrieren, verletzen und unterdrücken und uns zu der Annahme verleiten, die Lösung bestünde darin, uns einen Dreck darum zu scheren – to give no fucks –, aber mach dir einmal bewusst, wie reaktionär diese Haltung ist. Es ist dieses überholte Modell des »Ich tue das, was ich tue, weil du das getan hast, was du getan hast«, das dem Empowerment entgegensteht und uns entmachtet. Anteil nehmen angesichts dessen, was auch immer getan wurde oder geschehen ist, was auch immer für ein Durcheinander angerichtet wurde – das ist eine echte Entscheidung, eine Entscheidung, die keiner automatischen Reaktion entspringt, eine unerhörte Entscheidung, eine selbstbestimmte Entscheidung, eine Entscheidung, die Empowerment bedeutet.

»Die Energie der Anteilnahme« ist kein Gefasel; sie ist nichts Fadenscheiniges, nichts Schwaches. Sie ist – der Intuition zuwiderlaufend – ein Ausdruck von Stärke. Sich um etwas zu scheren bedeutet auch, sich zu empören. Es erfordert Mut. Es erfordert, dass wir aus dem Nest unserer Komfortzone herausspringen. Wir wollen das Gefühl haben, dass jemand Anteil nimmt – dass wir wichtig sind, respektiert werden, Gehör finden, dass man uns versteht, auf uns Rücksicht nimmt und dass unsere Bemühungen zählen –, und das bildet letzten Endes den Kern all dessen, was wir wollen und wonach wir streben. Egal ob es unser Beziehungspartner, eine Arbeitskollegin, eine Abgeordnete oder unser Präsident ist: Das wollen wir alle. Die Energie des Anteilnehmens bildet den Kern der Gerechtigkeit selbst. Und sie bildet den Kern der auf emotionaler Intelligenz basierenden und transformatorischen Prozesse, die im Folgenden angewandt werden.

Obwohl wir in diesem Buch eine Reihe von Praktiken erkunden werden, steht doch das im Zentrum, was gemeinhin als Teile-Arbeit oder Arbeit mit den inneren Anteilen bezeichnet wird. Wie du bald sehen wirst, verlangt eine solche Arbeit von uns, dass es uns ganz und gar nicht schnuppe sein sollte, wenn wir wütend sind, wenn wir abgestumpft sind, wenn wir zu viel nachdenken, wenn wir Groll gegen jemanden hegen, wenn wir uns selbst bestrafen – was auch immer es ist. Solche emotionalen Erfahrungen werden bei dieser Arbeit als wichtig und bedeutungsvoll angesehen, als Gelegenheiten für Wachstum, die wir nirgendwo sonst finden, und – vielleicht am wichtigsten – als Brücken, die helfen können, auf heilsame Weise mit der Welt um uns herum in Verbindung zu treten. Doch zuerst müssen wir die Entscheidung treffen zuzulassen, dass unsere psychoemotionalen Erfahrungen zu einem Anlass für Neugier und Selbsterkundung werden und nicht nur eine weitere Gelegenheit sind, Pillen zu nehmen oder auszurasten.

Dieses Buch gehört zu den ersten, die den Ansatz der Teile-Arbeit nutzen, um emotionale Resilienz zu entwickeln; es verwendet dabei Beispiele aus den derzeit drängendsten individuellen und gesellschaftspolitischen Anliegen. Ich hoffe, dass du anschließend in allen möglichen Situationen auf die Einsichten und Praktiken von Don’t Tell Me to Relax zurückgreifst: beim inneren Aufruhr der Selbstkritik oder angesichts der Angst, etwas in den sozialen Medien zu verpassen; bei der emotionalen Herausforderung, dass du ständig Brutalität in den Nachrichten ausgesetzt bist, oder bei der Schwierigkeit, mit den Menschen in deinem Leben ehrliche oder gar konfrontative Gespräche zu führen. Mit ein bisschen Beharrlichkeit können die Perspektiven und Praktiken, mit denen wir uns ausführlich beschäftigen wollen, zu Hilfsmitteln werden, die dir in emotional schwierigen Situationen zur Verfügung stehen. Mehr noch: Ich hoffe, dass die folgenden Erkenntnisse dir helfen, deine psychoemotionale Welt zu entwirren, sodass du weiterhin, aber nun effektiver, für Umweltgerechtigkeit, eine bessere Gesundheitsversorgung und allgemeine Menschenrechte kämpfen kannst.

»Das Private ist politisch«, wurde einmal gesagt. Ich glaube, das erfasst es nicht auch nur ansatzweise. Das Private ist politisch, ist spirituell, ist emotional, ist neuropsychologisch, ist familiär, ist ökonomisch, ist zwischenmenschlich, ist sexuell, ist gesellschaftlich, ist beruflich. Alle Fäden unseres Lebens bilden ein Gewebe. Auch wenn wir – oder das Gewebe unseres Lebens – inzwischen vielleicht ausgefranst sind: Ein Reintegrieren, Wiedereinweben, ist nicht nur möglich, sondern ist ein Ziel, das wir anstreben müssen, als hinge das Überleben unserer Spezies davon ab.

Denn es hängt davon ab.

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