Читать книгу STARS AND STRIPES (Black Stiletto 3) - Raymond Benson - Страница 10
3| Judys Tagebuch 1960
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3. Januar
Es ist spät in der Nacht. Eigentlich ist es früher Morgen, zwei Uhr. Ich bin gerade zurück in meinem Apartment. Und ich bin verletzt. Ich weiß noch nicht, wie schlimm. Mein Gesicht ist das reinste Schlachtfeld und es fühlt sich an, als wäre jeder einzelne Knochen in meinem Körper gebrochen.
Die Black Stiletto schlüpfte gegen 22 Uhr in die Nacht hinaus. Wie üblich kletterte ich auf das Dach des Gyms, sprang hinüber auf das angrenzende Gebäude auf der 2nd Street, fand meinen Lieblingstelefonmast, glitt daran hinunter und war auf der Straße. Niemand sah mich. Es war kalt draußen, also trug ich mein wärmeres Stiletto-Outfit. Ich war mit meinem Messer ausgestattet, dass in einer Scheide an meinem Bein steckte, dem kleineren Messer in meinem Stiefel, meinem Seil und den Haken, einer Taschenlampe und meinem Rucksack.
Ich war wütend wegen Freddie. Ich hasste es, ihn in diesem Zustand sehen zu müssen, und deshalb wollte ich ein oder zwei Straßengangster aus dem Rennen nehmen. Ob ich irgendwo einen Raub vereiteln würde? Irgendwer, der versuchte, einen Schnapsladen auszurauben? Ich hoffte es wirklich. Also begab ich mich nach Westen, zur Bowery, was immer ein heißes Pflaster war. Ein Großteil der nord-südlichen Verbindungsstraße war ziemlich heruntergekommen. Unglücklicherweise schien es aber selbst den Ganoven zu kalt zu sein, um sich draußen herumzutreiben. Die waren alle drin und betranken sich. Wenn ich mich am Silvesterabend nicht so spektakulär zugeschüttet hätte, hätte ich mich ihnen vielleicht sogar in einer ihrer Absteigen angeschlossen.
Etwas weiter westlich befand sich Little Italy. Ich huschte von Schatten zu Schatten, bis ich mich schließlich auf der Mulberry und Grand wiederfand. Für einen kurzen Augenblick spürte ich einen dumpfen Schmerz in meinem Herzen. Ich musste an Fiorello denken und wie sehr ich ihn vermisste. Seit wir zusammen waren, war so viel Zeit vergangen, aber es erschien mir, als wäre es erst gestern gewesen. Ohne Fiorellos Tod hätte es keine Black Stiletto gegeben. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass er auf der einen Seite mein Freund und Liebhaber, auf der anderen Seite aber ein Killer gewesen war, ein Mafia-Söldner, der Befehle von Kriminellen entgegengenommen hatte. Damals war ich sehr naiv gewesen.
Einige der italienischen Restaurants hatten noch geöffnet. Ich roch den satten Essensduft in der Luft und mein Magen begann zu knurren. Das Abendessen, das ich mir zubereitet hatte, konnte sich nun wirklich nicht mit einem dampfenden Teller Pasta mit Fleischbällchen messen. Während ich mich in einem abgedunkelten Hauseingang versteckte, sah ich zu, wie die Stammkunden das Etablissement verließen, zur Straßenecke liefen und sich Taxen riefen. Ich musste verrückt sein, dort zu hocken und zu zittern, aber die Straße brachte warme Erinnerungen zurück.
Schließlich war es an der Zeit, weiterzuziehen, was ich auch tat. Ich wandte mich nach Süden, an der Broom- und Grand-Street vorbei, aber nirgendwo fand ich Anzeichen auf ein Verbrechen. Ich beschloss, dass ich mir noch fünfzehn Minuten geben würde – weil ich mir langsam den Hintern abfror – und dann wieder nach Hause gehen würde.
Auf den Straßen südlich der Canal Street schien mehr los zu sein. Ich hatte nie viel Zeit in Chinatown verbracht, außer wenn ich mit Lucy oder Freddie dort war, um deren fantastisches Essen zu genießen. Es war eine grundverschiedene Welt, beinahe wie ein eigenes kleines Land innerhalb der sehr viel größeren Stadt drumherum. Und genau das ist es ja auch. Eine Gemeinschaft, die nach ihren eigenen Regeln und Gebräuchen lebt. Auf eine gewisse Weise wirkt das einschüchternd. Ich bin mir sicher, dass alle Weißen so empfinden – wir sind hier Fremde. Die Chinesen sind glücklich, uns zu bekochen, unsere Wäsche zu waschen und unser Geld zu nehmen, darüber hinaus bleibt ihr Leben aber ein Mysterium.
In Chinatown gab es noch mehr Restaurants als in Little Italy, und viele davon waren noch geöffnet. Der Geruch von Frühlingsrollen und gekochtem Schweinefleisch schwebte durch die Luft und mein Magen begann erneut grummelnde Geräusche von sich zu geben. Was würde wohl passieren, wenn ich einfach so in einen der Läden spazierte und mir Hühnchen und Brokkoli mit frittierten Klößchen zum Mitnehmen bestellen würde? Darauf hatte ich jetzt noch mehr Appetit als auf Pasta.
Aber ich lief weiter, huschte von Hauseingang zu Hauseingang, hielt mich von den Lichtkegeln der Straßenlaternen fern und spähte an den seltsamen Gebäuden hinauf, die mit chinesischen Schriftzeichen bedeckt waren. Einige waren auch in Englisch beschriftet, die meisten von ihnen aber nicht. Einige der englischen Übersetzungen waren irgendwie lustig, wie etwa das No-Louding-Schild vor einer Tür oder der Hinweis in einem Ladenfenster, der besagte: Bitte geben Sie Acht, es nicht zu zerbrechen, es geht zu Bruch. Die Neonschilder waren farbenfroh und exotisch, und plötzlich fühlte es sich für mich mehr so an, als wäre ich nicht mehr in Amerika. Ich war noch nie irgendwo außerhalb der Vereinigten Staaten gewesen, doch so in etwa musste es sich wahrscheinlich anfühlen.
Die Läden waren alle geschlossen, aber ich verbrachte etwas Zeit damit, mir die verschiedenen Kleider in den Schaufenstern anzusehen. Sie nennen sie Cheongsams. Das weiß ich deshalb, weil es an einem der Läden auch in englischer Schrift angeschrieben stand. Es gab alle erdenklichen Sorten von Sandalen und Tüchern. Ich beschloss, eines Tages noch einmal hierher zu kommen – dann aber nicht als Stiletto! – und mir etwas zu kaufen. Das war alles sehr hübsch. Ich konnte Freddies Gesicht förmlich vor mir sehen, wenn ich eines Abends komplett in Seide gehüllt in seine Küche stolzieren würde.
Während ich meine Erkundungen fortsetzte, hörte ich die Stimmen der Menschen auf den Straßen und aus den Bars und Restaurants hallen. Ihre Sprache war melodiös und ihr Lachen ansteckend. Auf gewisse Weise ähnelte es dem Japanischen, das Soichiro sprach, unterschied sich aber auf der anderen Seite auch wiederum sehr davon. Es glich noch mehr einem Singsang, denn die Chinesen zogen die Vokale weiter in die Länge. Zumindest dachte ich, dass das ihre Vokale waren, aber woher sollte ich es auch genauer wissen?
Als ich die Bayard Street erreichte, reichte es mir. Noch länger in der Kälte und ich würde zur Black Icicle erstarren, haha. Ich überquerte die Mott Street und bog links auf die Elizabeth ab. Das dunkle Schaufenster einer Ladenzeile fiel mir ins Auge. Es war voller Spielzeug und Puppen. Es war eigenartig, Puppen mit asiatischen Gesichtern zu sehen. Das kannte ich so nicht. Die weiblichen Puppen waren ebenfalls in Cheongsams gehüllt. Die Jungspuppen trugen weite Hosen und lange Jacken mit hohen, steifen Kragen. Puppen in Mao-Kleidung, stand auf einem kleinen Schild in Englisch und Chinesisch. Da begriff ich, dass es sich bei ihnen um Nachbildungen von Mao Tse-Tung handelte! Ob das schon als kommunistische Propaganda durchging? Wahrscheinlich nicht. Das hier war Amerika, und letzten Endes handelte es sich dabei schließlich nur um Kinderspielzeug.
Während ich vor dem Schaufenster stand, hielt direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite ein Wagen am Randstein an. Schnell huschte ich in einen dunklen Häusereingang und kauerte mich dort zusammen, wo mich niemand sehen konnte. Die New Yorker Cops waren noch immer auf der Suche nach mir und ich durfte nicht zu viele Risiken eingehen. Aber während ich darüber nachdachte, fiel mir auf, dass ich während meines Streifzuges durch Little Italy und Chinatown noch keinen einzigen Polizisten gesehen hatte. Normalerweise kann ich nachts kaum vor die Tür, ohne wenigstens einem Streifenwagen zu begegnen.
Das Fahrzeug auf der anderen Straßenseite war ein schwarzer Buick. Er sah blitzblank und nagelneu aus. Mit Autos kenne ich mich nicht besonders gut aus, aber es genügt. Dieser Wagen gehörte jemand Wohlhabendes. In dem Fahrzeug saßen zwei Männer, der Fahrer und ein Beifahrer. Der Wagen hatte direkt vor dem Lee-Noodle-Restaurant gehalten. In dem Laden brannte noch Licht, aber ich konnte drinnen nichts erkennen, weil einer von diesen dekorativen asiatischen Raumteilern vor dem Fenster stand.
Solange die Männer dort in dem Wagen saßen, wollte ich mein Versteck nicht verlassen, also wartete ich. Nach einer Weile stieg der Beifahrer aus dem Auto. Er war ein Chinese, vielleicht zwanzig oder dreißig Jahre alt. Es ist schwierig, das Alter von Asiaten zu schätzen. Der Mann trug einen schweren Mantel, aber keinen Hut. Zielstrebig hielt er auf die Eingangstür des Restaurants zu und versuchte sie zu öffnen. Sie war verschlossen, der Laden hatte also bereits geschlossen. Laut hämmerte er an die Tür. Und dann noch einmal. Schließlich erschien ein älterer chinesischer Mann. Der Neunankömmling bellte ein paar Worte. Er klang wütend. Der ältere Mann schloss die Tür auf und ließ ihn herein. Beide verschwanden. Der Motor des Wagens lief unterdessen weiter. Auspuffgase stiegen hinten aus dem Fahrzeug und erzeugten einen dicken, grauen Nebel, der die Straße füllte.
Es wurde von Minute zu Minute kälter, und ich erinnere mich noch, wie ich bei mir dachte, dass sich der Kerl im Restaurant besser beeilen sollte, damit ich nach Hause gehen und mir eine heiße Schokolade machen konnte.
Und dann hörte ich die vier Schüsse, gefolgt vom Schrei einer Frau.
Ich zögerte keine Sekunde. Blindlings rannte ich über Straße, umrundete das Auto im Leerlauf und stürmte durch die Tür, die er ältere Mann unverschlossen gelassen hatte. Ich betrat ein kleines Restaurant, wo sich mir ein schrecklicher Anblick bot. Der alte Mann lag zwischen zwei Tischen auf dem Rücken. Auf seinem weißen Hemd prangten zwei schwarz-rote Einschusslöcher und Blut lief ihm über die Brust. Ein anderer Chinese, ebenfalls grauhaarig, hing zusammengesunken über einem der Tische. Auch er war erschossen worden.
Der Beifahrer aus dem Auto wirkte aus der Nähe jünger. Er schien eher Anfang Zwanzig zu sein. Seine Pistole hielt er auf eine verängstigte Frau und einen Jungen im Teenageralter gerichtet. Beide ebenfalls Chinesen. Angsterfüllt klammerten sich die beiden aneinander. Die Frau weinte und stammelte etwas in ihrer Sprache. Es war eindeutig, dass der Gangster auch sie erschießen wollte.
Der Schütze bemerkte mich und schwenkte die Waffe in meine Richtung. Ich reagierte sofort mit einem Yoko-Geri – einem Seitwärtstritt – und entwaffnete meinen Gegner. Das überraschte ihn, und ich gab ihm nicht die Gelegenheit, zu reagieren. Ich trat auf ihn zu, um ihm einen schallenden Schlag gegen den Kiefer zu verpassen. Sein Kopf schnellte als Reaktion darauf zurück, aber er fiel nicht nach hinten um. Ich wechselte sofort meine Angriffstechnik und holte mit der Linken zu einem Schlag aus, doch er wehrte ihn geschickt mit einem Harai-Te ab, einer schwungvollen Handbewegung, die meine Attacke kraftvoll zur Seite ablenkte. Noch bevor ich wirklich verstand, was soeben passiert war, spürte ich einen gewaltigen Schmerz in meiner Magengrube. Er hatte mich getreten! Und dann, während ich noch dabei war, mich zusammenzukrümmen, ließ er drei schnelle und harte Hiebe auf mein Gesicht niederprasseln. Eine Schlagabfolge, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Unnötig zu erwähnen, dass ich davon zu Boden ging.
Die Frau schrie nun noch lauter.
Der bewaffnete Killer wollte hinausstürmen, doch dazu musste er an mir vorbei. Ich war noch so geistesgegenwärtig, mein Bein in die Höhe zu reißen, als er über mich sprang. Er stolperte, krachte in einen Tisch und riss die Tischdecke und Gewürze hinunter.
Dann hatten wir auch schon Gesellschaft bekommen – der Fahrer des Wagens hatte das Restaurant betreten. Auch bei ihm handelte es sich um einen jungen Chinesen. Während sein Kumpel sich aufrappelte, hielt dieser direkt auf mich zu. Ich rollte mich ab und sprang auf die Beine, als er mich auch schon mit Martial-Arts-Techniken traktierte, die unvorstellbar für mich waren. Liebes Tagebuch, ich hatte einen schwarzen Gürtel in Karate und Judo erlangt, aber diese beiden Kerle hatten etwas ganz anderes auf dem Kasten. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, muss es wohl der Unterschied zwischen chinesischer und japanischer Martial-Arts gewesen sein. Doch was immer es auch war – ich war ihnen unterlegen.
Aber ich hielt mich wacker. Die nächsten dreißig Sekunden bestanden aus einem Hagel von Abwehrschlägen, Frontal- und Seitwärtstritten und meinen Halbmond-Kicks, von denen einer den zweiten Mann schließlich auf die Bretter schickte. Judo-Würfe waren unmöglich, dafür kam ich einfach nicht nahe genug an meine Gegner heran. Sie besaßen die Fähigkeit, mich immer wieder mit schnellen Schlägen und Tritten einzudecken, und es tat verdammt weh. Ich tat mein Bestes, ihre Manöver vorauszuahnen, wie es Soichiro mir beigebracht hatte, doch kaum etwas davon funktionierte. Es schien, als wäre ihre Technik eigens dafür entwickelt worden, es mit meiner aufnehmen zu können. Die beiden Männer bewegten sich ungeheuer schnell und setzten dabei ihren gesamten Körper aufs Akrobatischste dafür ein, mit ihren Fäusten, Handflächen und Füßen schmerzhafte Treffer landen zu können.
Es dauerte nicht lange, bis sie mich gegen eine Wand getrieben hatten. Ich gab alles, um mich zu verteidigen, aber ich verlor. Erst jetzt hatte ich Gelegenheit, sie mir etwas genauer anzusehen. Die Wange des Schützen, links von mir, war mit Pockennarben übersät, und von seinem linken Mundwinkel zog sich eine Narbe über sein Kinn. Der andere Kerl war unscheinbarer, aber ich bemerkte, dass er im Gegensatz zu den meisten Chinesen blaue anstatt brauner Augen besaß.
Sehr viel mehr Schläge konnte ich nicht mehr einstecken, also griff ich nach meinem letzten Strohhalm – ich zog mein Stiletto und streckte ihnen die Spitze entgegen. Nun arbeiteten beide Männer als Team zusammen. Pockengesicht deutete einen Tritt an, also bereitete ich mich darauf vor, diesen abzuwehren, aber es war Blauauge, der tatsächlich nach mir trat, was ich nicht kommen sah. Sein Tritt schlug mir das Messer aus der Hand und ließ es durch den Raum segeln. Dann holte Pockengesicht zu einem Tritt aus, der dem Ushiro-Geri ähnelte, den ich kannte, aber doch anders war, und traf mich hart im Gesicht. Ich ging zu Boden, sah Sterne und es klingelte in meinen Ohren. Wahrscheinlich habe ich auch für ein oder zwei Sekunden das Bewusstsein verloren, denn das Nächste, woran ich mich erinnere, war, dass die Frau wieder schrie. Ich blickte auf und traute meinen Augen kaum.
Der Teenager kämpfte nun gegen die beiden Killer und er benutzte dabei dieselbe Technik wie seine Gegner. Die Frau, bei der es sich zweifellos um seine Mutter handelte, flehte ihn an, damit aufzuhören. Eine Übersetzung ihre Worte war nicht nötig. »Hör auf, sie bringen dich sonst um.«
Benommen, etwas verletzt, und ja, ein wenig aus Mund und Nase blutend, zwang ich mich, aufzustehen. Ich hatte keine Ahnung, wie alt der Junge genau war, aber wenn mir ein vierzehn- oder fünfzehnjähriger Junge zu Hilfe geeilt war, dann würde ich bei Gott dasselbe auch für ihn tun!
Also schloss ich mich dem Handgemenge an. Und der Junge war wirklich gut! Er stand seinen Mann. Ich erinnere mich noch, dass er an einem Punkt hinter einem Tisch stand, auf dem noch etwas schmutziges Geschirr herumstand. Der Junge packte die Tischdecke, zog daran und ließ sie so in die Luft wirbeln, dass die Teller wie Raketen auf Blauauge zurasten. Die Tischdecke breitete sich in der Luft aus und senkte sich wie ein Baldachin über den Kopf des Mannes herab. Auf diese Weise seiner Sicht beraubt, war er für einen kurzen Moment hilflos. Der Junge sah mich an und nickte mir zu. Ich war an der Reihe. Also deckte ich den von der Tischdecke eingehüllten Eindringling mit einer einfachen Dreierkombination aus amerikanischen Boxschlägen ein.
Doch als ich für einen kurzen Moment nicht aufpasste, überwältigte mich Pockengesicht. Ich muss wohl noch von dem Kampf zuvor beeinträchtigt gewesen sein, denn ich hatte nicht bemerkt, dass er sich mir genähert hatte. Normalerweise konnte ich jeden Angriff vorhersehen, doch dieses Mal klappte es nicht. Etwas Hartes und Schweres traf mich seitlich am Kopf und der Lärm um mich herum erstarb. Es war, als hätte man mich unter Wasser gedrückt.
Alles um mich herum verschwamm, dann tätschelte mir jemand sanft das Gesicht.
»Lady! Lady!«
Ich hob die Hand, damit er aufhörte. Ich sah immer noch verschwommen, wusste aber, dass es der Junge sein musste. Er kniete neben mir.
Ich hörte seine Mutter wimmern. Drehte den Kopf. Sie hatte sich über die Leiche des älteren Mannes geworfen und jammerte kummervoll.
Dann drang ein anderes, mir wohlbekanntes Geräusch in meine Ohren. Polizeisirenen, die sich schnell näherten.
»Sie schnell gehen!«, sagte der Junge. Er hielt mir mein Stiletto entgegen.
»Wohin?« Ich sah mich in dem Restaurant um.
»Männer sind weg. Sie jetzt gehen! Schnell!«
Ich nahm mein Messer und steckte es in die Scheide. Der Junge half mir auf. Mir tat alles weh.
Liebes Tagebuch, wir haben das ganze Restaurant demoliert. Soweit ich mich erinnerte, standen hier mindestens zehn Tische, dazu eine Bar, ein Kassentresen und eine Schwingtür, die in die Küche führte. Als alles vorüber war, waren gerade noch drei Tische unberührt stehengeblieben.
Ich deutete auf die Frau und den toten Mann. »Deine Mutter?«
Der Junge nickte.
»Dein Vater?«
Er nickte wieder und seine Augen füllten sich mit Tränen. Dann wies er auf den anderen toten Mann. »Mein Onkel.«
Die Sirenen wurden lauter und kamen immer näher.
»Danke«, sagte er. »Jetzt Sie gehen!«
Das musste er mir kein zweites Mal sagen. Das Letzte, was ich gebrauchen konnte, war, dass man die Black Stiletto mit einem Doppelmord in Chinatown in Verbindung brachte.
Also humpelte ich davon. Die eiskalte Luft traf mich wie ein Schlag, half aber dabei, meine Sinne wiederzubeleben. Ich riss mich zusammen und verschwand auf der Elizabeth nach Norden, hielt mich in den Schatten und schaffte es so sicher ins Gym zurück.